Die Konservativen von Premierminister Boris Johnson haben die Parlamentswahl in Großbritannien klar gewonnen und können den geplanten Ausstieg aus der Europäischen Union nun vollziehen. Die Hoffnung auf ein zweites Brexit-Referendum, wie von Labour befürwortet, ist damit geplatzt.

Die Partei errang nach Auszählung von etwa 600 der 650 Wahlkreise am Freitagmorgen mindestens 326 Sitze und damit die absolute Mehrheit im Unterhaus. Dreieinhalb Jahre nach dem knappen Votum der Briten zum EU-Austritt scheint dem Brexit nun nichts mehr im Wege zu stehen.

Seine Regierung habe "ein machtvolles Mandat erhalten, den Brexit durchzuziehen", sagte Johnson in seinem Wahlkreis nahe London. Als Termin für den Brexit ist der 31. Januar vorgesehen. Johnson versprach, er werde "das Land einen und voranbringen und sich auf die Prioritäten des britischen Volks fokussieren".     

Johnsons Konservative werden nach Berechnungen der BBC auf insgesamt 362 der insgesamt 650 Mandate kommen. Labour erhält demnach 199 Mandate das wäre ein historisch schlechtes Ergebnis. Oppositionsführer Jeremy Corbyn erkannte die Niederlage von Labour an und kündigte seinen Rückzug von der Partei nach einer Übergangsphase an.

Schottische Regierungschefin will Unabhängigkeitsreferendum

In Schottland kündigte SNP-Chefin Nicola Sturgeon an, für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum kämpfen zu wollen. "Boris Johnson hat erstens kein Recht, Schottland aus der EU zu nehmen, und zweitens kein Recht, zu verhindern, dass das schottische Volk über seine eigene Zukunft bestimmt", sagte die schottische Regierungschefin der BBC.

Die sozialdemokratisch und proeuropäisch ausgerichtete Schottische Nationalpartei wird Vorhersagen zufolge möglicherweise mehr als 50 der 59 schottischen Parlamentssitze gewinnen. Die Konservativen könnten in Schottland komplett leer ausgehen, nachdem sie 2017 noch 13 Mandate geholt hatten.

Donald Trump froh über Johnsons Sieg

US-Präsident Donald Trump zeigte sich zufrieden mit dem voraussichtlichen Ausgang der Wahl in Großbritannien. "Sieht nach einem großen Sieg für Boris aus!", twitterte Trump. Johnson war ähnlich wie Trump mit einem populistisch geführten Wahlkampf angetreten. Die beiden Politiker stehen sich nahe. Großbritannien und die USA wollen ein gemeinsames Handelsabkommen abschließen, sobald Großbritannien aus der EU ausgetreten und nicht mehr an EU-Regelungen gebunden ist.

Dem Austrittsabkommen zufolge soll das Land bis Ende 2020 in einer Übergangsphase bleiben. Bis dahin will Johnson einen Vertrag über die künftigen Beziehungen mit der EU aushandeln. Die Zeit dafür gilt jedoch als denkbar knapp. Eine Verlängerungsoption um bis zu zwei Jahre, die noch bis Juli 2020 möglich ist, hat der Premier ausgeschlossen. Sollte kein Anschlussabkommen zustande kommen, droht Ende kommenden Jahres wieder ein No-Deal-Szenario.

Die Briten hatten 2016 in einem Referendum mit knapper Mehrheit für den EU-Austritt gestimmt. Nach zähen Verhandlungen konnte Johnsons Vorgängerin Theresa May im November 2018 ein Austrittsabkommen vorlegen. Doch die anschließende Ratifizierung im britischen Parlament scheiterte. Nicht zuletzt, weil ihre Regierung seit der vergangenen Wahl 2017 keine eigene Mehrheit mehr hatte. Der Brexit wurde mehrmals verschoben, May musste schließlich zurücktreten.