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Paraguays Präsident, Ex-Bischof Lugo, abgesetzt

(c) Bild: Antonio Cruz/ABr, Creative Commons

(gloria.tv/ KNA) Paraguays Parlament hat am Freitag (Ortszeit) Präsident Fernando Lugo mit deutlicher Mehrheit abgesetzt. Einen Tag zuvor hatte die Abgeordnetenkammer des südamerikanischen Landes eine Amtsenthebungsklage gegen den linksgerichteten Präsidenten beim zuständigen Senat eingereicht. Begründet wurde die Klage mit einer mangelhaften Ausübung seins Amtes in Zusammenhang mit den jüngsten Bauernprotesten bei denen nach Medienberichten 17 Menschen ums Leben kamen.

Der ehemalige katholische Bischof war vor vier Jahren ins Amt gewählt worden. Zugleich endete damit eine mehr als 60 Jahre andauernde Herrschaft der Colorado-Partei. Als Nachfolger wurde bereits der bisherige Vizepräsident Federico Franco von der «Liberal-radikal authentischen Partei» (PLRA) vereidigt. Franco soll das Präsidentenamt bis zu den turnusmäßigen Wahlen im April 2013 ausüben. Südamerikas Staatengemeinschaft Unasur kritisierte das Vorgehen. Das Wirtschaftsbündnis Mercosur kündigten Maßnahmen gegen die neue Regierung an.

Vor der Abstimmung hatten die paraguayischen Bischöfe ihren ehemaligen Kollegen Lugo zum Rücktritt aufgefordert. «Um die Spannung im Land zu lösen», so die Bischöfe Claudio Gimenez und Edmundo Valenzuela nach einem Treffen mit Lugo.

Lugo, geboren 1951, wurde nach einem Theologiestudium 1977 zum Priester geweiht und arbeitete für den Orden der Steyler Missionare zunächst in Ecuador, dann in seinem Heimatland Paraguay. Dabei machte er sich durch seinen Einsatz für Arme einen Namen. Wegen eines Konflikts mit dem Regime Alfredo Stroessners verbrachte Lugo die Jahre von 1983 bis 1987 in Rom. Dort studierte er an der Päpstlichen Universität Gregoriana Soziologie. Nach Paraguay zurückgekehrt, wurde er 1994 Bischof von San Pedro.

2006 beantragte Lugo beim Vatikan seine Rückversetzung in den Laienstand, um sich seiner politischen Karriere widmen zu können. 2008 gab Papst Benedikt XVI. dem Antrag statt. Wenig später wurden frühere sexuelle Affären Lugos bekannt. Erst vor zwei Wochen hatte Lugo die Vaterschaft eines Kindes anerkannt.
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Ex-Befreiungstheologe und Ex-Präsident Paraguays Fernando Lugo, wittert einen "Putsch" der rechten Kräfte in Paraguay und dürfte damit trotz eigener Fehler nicht ganz falsch liegen. Das der ehemalige Befreiungstheologe ausgerechnet von der politischen Rechten aus dem Amt gejagt wird, birgt einen gewissen Zynismus. Tatsächlich dürfte die nationalkonservative Colorado-Partei die Gunst der Stunde …Mehr
Ex-Befreiungstheologe und Ex-Präsident Paraguays Fernando Lugo, wittert einen "Putsch" der rechten Kräfte in Paraguay und dürfte damit trotz eigener Fehler nicht ganz falsch liegen. Das der ehemalige Befreiungstheologe ausgerechnet von der politischen Rechten aus dem Amt gejagt wird, birgt einen gewissen Zynismus. Tatsächlich dürfte die nationalkonservative Colorado-Partei die Gunst der Stunde genutzt haben, um Lugo auf das Abstellgleis umzuleiten. Die Colorado-Partei hatte die Geschicke Paraguays über 60 Jahre lang bestimmt und die Diktatur des deutschstämmigen Rechtsaußen Alfredo Stroessner gestützt, der das Land zwischen 1954 und 1989 regiert hatte. Dessen Regime hatte Lugo in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts vier Jahre ins Exil gezwungen und daher war Lugo als Hoffnungsträger gewählt worden. Wegen politischen Meinungsverschiedenheiten im linken Lager verlor Lugo immer mehr an Rückhalt. Zuletzt hatte es sich der 61-Jährige, der sich ab 1994 als Bischof der ländlichen Diözese San Pedro als Schutzherr der Landlosenbewegung einen Namen gemacht hatte, auf vielen Ebenen verscherzt. So forderte auch die paraguayische Bischofskonferenz ihren Ex-Bischof vor der Parlamentsabstimmung zum Rücktritt auf. Vielleicht auch deshalb, weil in den vergangenen Jahren immer wieder durchgesickert war, daß es Lugo in seiner Zeit als Geistlicher mit der Nächstenliebe etwas übertrieben hatte. Er wurde mit mehreren Vaterschaftsklagen konfrontiert, zwei Kinder erkannte er bereits als die eigenen an. Es soll aber noch weitere geben. Ex-Befreiungstheologe Fernando Lugo vertrat als "Bischof der Armen" von 1994 an die linksgerichtete "Theologie der Befreiung" und geriet damit in Konflikt mit dem Vatikan. Im Dezember 2006 legte er sein geistliches Amt nieder, weil er sonst nach der Verfassung des Landes nicht für ein politisches Amt hätte kandidieren können. 2008 trat er als Streiter für die Armen das Präsidentenamt an und war am vergangenen Freitag vom konservativ dominierten Parlament seines Amtes enthoben worden. Er akzeptierte diese Entscheidung, sprach aber gleichzeitig von einem Schlag gegen die Demokratie und einem "als legal getarnten Putsch". Costa Rica bot Lugo und seinen Ministern politisches Asyl an. Als Nachfolger wurde bereits der bisherige Vizepräsident Federico Franco vereidigt. Franco konnte mit freundlicher Unterstützung der traditionellen und konservativen Colorado-Partei rechnen. Schon mehrfach hatte er versucht, Lugo aus dem Amt zu hebeln. Der neue katholische Präsident Franco hat derweil die Nachbarländer um Verständnis aufgerufen. In Paraguay haben er Rechtsstaat und die demokratischen Ordnung weiterhin volle Gültigkeit, sagte Franco am gestrigen Samstag. Er wehrte sich gegen den Vorwurf, es habe einen Staatsstreich gegeben. "Es hat keinen Putsch gegeben. Es war ein Amtswechsel im Rahmen der Verfassung", so der Präsident. Franco rief bei seiner Amtsübernahme zur nationalen Einheit aller Parteien auf und kündigte eine aktivere Förderung einer nachhaltigen Agrarpolitik an. Der Vatikanstaat hat die neue Regierung unter Federico Franco bereits anerkannt und schickte seinen Vertreter in den Regierungspalast in Asunción. 👍