Neuzugang zur Piusbruderschaft im Jahre 2022

29. Oktober 2022
79 SEMINARISTEN – I
Gott segne die jungen Männer, die das Banner des Glaubens schwenken,
Doch wird der Brüderschaft Führung ihren Glauben wohl richtig lenken?
Eine gute Nachricht für das, was man als Neubruderschaft St. Pius X. bezeichnen kann, ist, dass sie dieses Jahr in ihren vier wichtigsten Seminaren insgesamt eine Rekordzahl von 79 jungen Männern aufnehmen konnte, die Ernst mit ihrer Berufung für die traditionelle katholische Priesterschaft machen wollen: Flavigny (Econe), Frankreich, 21; Zaitzkofen (Deutschland) 21; Dillwyn (USA) 28 und La Reja (Lateinamerika) 9. In der heutigen, anti-traditionellen Welt ist dies eine bewundernswerte Bilanz, und auch wenn ein Teil dieser Seminaristen den ganzen Weg zur Priesterschaft sicherlich nicht schaffen wird, besteht dennoch ernsthafte Hoffnung, dass viele von ihnen in, sagen wir, sechs Jahren die katholischen Sakramente spenden werden.
Zum Vergleich: Das einzige klassische Seminar dessen, was man die „Widerstandsbewegung“ nennen kann, verfügt in Morannes, Frankreich, in diesem Jahr lediglich über einen oder zwei Jungmänner, welche sich für die Priesterlaufbahn entschieden haben. Zumindest ein Leser dieser „Kommentare“ hat die Frage aufgeworfen, ob der „Widerstand“ vom Beginn seiner Existenz an nicht besser daran getan hätte, innerhalb einer bereits bestehenden Gemeinschaft und bereits bestehender Seminare – wie der von Erzbischof Lefebvre geschaffenen – zu wirken, und von dort aus „Flüchtlinge“ und Dissidenten von jener ursprünglichen Priesterbruderschaft St. Pius X. zu sammeln und zu organisieren, statt sie einfach in unabhängiger Obskurität versinken zu lassen. Derselbe Leser räumt ein, dass die Substanz und die Zielsetzungen der Neubruderschaft nicht mehr den Verhältnissen unter dem Erzbischof entsprechen, schreibt diesen Niedergang jedoch dem Fehlen einer glaubwürdigen Führung zu und nicht den bestehenden Strukturen und Organisationen; hätte also der „Widerstand“ nicht dazu tendiert, sagt er, diesen Strukturen den Rücken zu kehren, wäre ihm deswegen mehr Erfolg beschieden gewesen, als vielleicht nur einen oder zwei neue Seminaristen aufbieten zu können, während die Neubruderschaft deren 79 zählt.
Die Frage ist berechtigt und war es seit den Anfängen des „Widerstands,“ weil Unser Herr die katholische Kirche als Monarchie eines Papstes (Petrus) gegründet hat, mit Aposteln (Bischöfen), Jüngern (Priestern) und Laien, die hierarchisch unter ihm organisiert sind, wobei jedes Mitglied der Hierarchie einen rechtmässigen Vorgesetzten, oder deren mehrere, besitzt, bis hin zu und einschliesslich des Papstes, der vor Gott dafür verantwortlich ist, wie er alle ihm unterstehenden Katholiken führt. Diese Struktur ist bereits im Neuen Testament vom Beginn der Kirche an klar festgelegt, und letztere ist für ihren Zusammenhang auf den Gehorsam sämtlicher Katholiken gegenüber ihren jeweiligen Vorgesetzten angewiesen, damit sie die Seelen für die Ewigkeit retten kann, indem sie die katholische Wahrheit und Moral aufrechthält. Ausserdem bot Unser Herr durch Seinen furchtbaren Tod am Kreuz den Katholiken ein grossartiges Beispiel jenes Gehorsams, den sie als seine Gefolgsleute benötigen würden, um den Willen ihres Vaters im Himmel zu erfüllen. Katholisch zu sein verlangt Struktur und Gehorsam!
Allerdings sind dieser Gehorsam und die Struktur der Kirche, die auf ihm beruht, kein Selbstzweck. Ihr letztendlicher Zweck oder Ziel ist die Rettung von Seelen zu Gottes Ruhm. So lautet der letzte Kanon im kirchlichen Kodex des kanonischen Rechts: „Das oberste Gebot ist die Rettung von Seelen.“ Doch können Seelen erst dann gerettet werden, wenn sie Gott wohlgefällig sind, und ohne Glauben können sie Gott nicht wohlgefällig sein (Hebräer XI, 6). Deshalb besteht ein Hauptzweck der Kirchenautorität darin, die katholische Wahrheit unter den Menschen vor den Verheerungen zu schützen, die durch ihre Erbsünde sowie ihre persönlichen Sünden hervorgerufen werden. In anderen Worten: Die katholische Wahrheit ist der Zweck und die Substanz der katholischen Autorität und nicht umgekehrt. So sagt Unser Herr während Seiner Passion zu Petrus, Satan werde ihn versuchen, doch er, Unser Herr, werde für ihn beten, dass sein Glaube „nicht aufhöre,“ und als Petrus, nachdem er seinen Herrn dreimal verleugnet haben wird, selbst (zur Wahrheit) umgekehrt ist, muss er seine Autorität nutzen, um „seine Brüder zu stärken,“ d. h. die anderen Apostel. Die Wahrheit ist die Grundlage von Petri Autorität (Lukas XXII, 31).
Nun aber besteht das Herz und Seele der heutigen Krise der Kirche, die in der gesamten Kirchengeschichte keine Parallele kennt, darin, dass Vatikan II (1962–1965) die katholische Autorität von der katholischen Wahrheit getrennt hat. Seither sind sechs Päpste aufeinander gefolgt, welche mit der ganzen katholischen Hierarchie die katholische Tradition aufgegeben haben, auf solche Weise, dass alle Katholiken, die sowohl an die Wahrheit als auch an die Autorität glauben, gezwungen sind, sich mehr oder weniger schizophren zu verhalten. Hätte Erzbischof Lefebvre nicht den Weg der Rückkehr zur Tradition, d. h. zur Wahrheit gebahnt, so hätten diese 79 Seminaristen kaum die Wahrheit gefunden. Doch werden sie in der Neubruderschaft diese größte Lektion des Erzbischofs lernen? Näheres hierzu in der nächstwöchigen Ausgabe dieser „Kommentare.“
Kyrie eleison
Quelle
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