Nach dem Betroffenenbeirat aus Köln hat sich nun auch die Initiative Missbrauchsopfer & Betroffene im Bistum Trier (MissBiT) zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Reinhard Marx geäußert. „Wir sehen uns herausgefordert, dagegen Einspruch zu erheben“, so MissBiT in einer Stellungnahme zur geplanten Ordensverleihung. Rein formal sei diese Würdigung problematisch, denn sie geschehe in dem noch schwebenden Verfahren der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt, zu der auch die Verantwortung der Bischöfe gehöre, so die Initiative weiter.
Negative Erfahrungen
Ferner hält MissBiT der Verleihung negative Erfahrungen entgegen, die einige Betroffene mit Marx als Bischöfe von Trier gemacht hatten. Die Initiative nennt Gesprächsverweigerung, Verharmlosung und Einschüchterung als Beispiele für das Verhalten des heutigen Kardinals. Zudem wirft MissBiT dem früheren Bischöfe von Trier Pflichtverletzungen durch aktiven Täterschutz vor.
Orden wird zurückgegeben
Erneut hat sich Peter Henselder, Mitglied des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln, zu Wort gemeldet. In einer Mail an Bundespräsident Steinmeier stellt der Vertreter der Missbrauchsopfer die Frage, wie die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Pater Klaus Mertes und Matthias Katsch, die sich beide um die Aufklärung von sexuellem Missbrauch verdient gemacht hätten, mit der Verleihung an Reinhard Marx vertrage? Für Betroffene sei die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Kardinal Marx kaum zu ertragen. Dadurch stünden nämlich die Aufklärer und der mögliche Vertuscher in einer Reihe. Henselder hatte schon zuvor angekündigt, sein Bundesverdienstkreuz, welches er 2012 erhalten hatte, zurückgeben zu wollen, falls der Bundespräsident an der Verleihung an Kardinal Marx festhalte.
Schon die Vorgänger erhielten den Orden
Ein Sprecher des Bundespräsidialamtes erklärte auf Nachfrage gegenüber dieser Zeitung Kardinal Reinhard Marx habe in seiner Zeit als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz in besonderer profilierter Weise für Gerechtigkeit und Solidarität in der Gesellschaft gestanden. Er habe sich für die Aufnahme von Geflüchteten eingesetzt, sei Populismus und Hetze entgegengetreten und habe zur Hilfe für Bedürftige in Deutschland und der Welt aufgerufen – unabhängig von Herkunft und Religion. In einer Zeit zunehmender Polarisierung habe er damit zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und zur Vermittlung zwischen Kirche und Gesellschaft beigetragen. Für diese Verdienste werde er – wie seine Vorgänger im Amt des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland – mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. DT/pwi
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