Neun Monate Haft auf Bewährung: Stalkerin (76) macht Pfarrer das Leben zur Hölle
Meschede (NRW) – Nackt-Auftritte im Garten, obszöne Briefe, Telefonterror und Annäherungsversuche im Gottesdienst: Seit 18 Jahren stalkt Christel G. (76) den katholischen Gemeindepfarrer. Am Montag wurde sie im Amtsgericht Meschede verurteilt: neun Monate Haft, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung.
„Das muss jetzt ein Ende haben. Sie wissen ja selbst, dass Sie dem Pfarrer nichts Gutes tun“, sagte Richter Dr. Sebastian Siepe zu der Frau, die sich hinter einem schwarzen, breitkrempigen Hut versteckte. „Liebeswahn“ hatten ihr Gutachter in zwei früheren Prozessen attestiert – damals war die geschiedene Seniorin deswegen freigesprochen worden.
Für Pfarrer Michael Hammerschmidt (65) ein Alptraum – die Belästigungen seien nahezu täglich weitergegangen.
Jetzt hatte die Staatsanwaltschaft einen neuen Anlauf genommen, als bekannt wurde, dass ein renommierter Psychiater die Stalkerin für schuldfähig hielt. Dr. Josef Lessmann (63) kennt Christel G. schon seit vielen Jahren, fertigte in diesem Jahr ein neues Gutachten an. Zwar leide sie an einer histrionischen Persönlichkeitsstörung, doch für eine Wahn-Erkrankung gebe es keine Anzeichen. „Sie weiß sehr wohl, was sie tut. Sie kann ihre Aktionen steuern“, sagte der Gutachter im Prozess.
Die Frau habe den Pfarrer im kleinen Ort Meschede-Freienohl im Jahr 2000 kennengelernt und sich derart in eine angebliche Liebesbeziehung hineingesteigert, dass sie ihm seither massiv nachstelle, so das Gericht. Staatsanwältin Sabine Krippendorf (54) hatte exemplarisch drei Taten angeklagt.
- Am 5. November 2017 soll sie wieder einmal im Pfarrgarten aufgetaucht sein. „Sie öffnete ihren Mantel, zeigte sich dem Zeugen nackt und fasste sich wiederholt in den Schritt.“
- Ein Jahr später gab es laut Anklage an gleicher Stelle einen Tanz mit entblößten Brüsten.
- „Sie hinterließ zudem Dekorationen mit sexuellen Anspielungen, zum Beispiel Möhren mit angebundenen Ballons“, so Krippendorf.
Der Pfarrer machte deutlich, dass er längst gesundheitlich und psychisch an seine Grenzen gekommen ist. „Ich plane jeden Weg, den ich mache – aus Angst, ihr wieder zu begegnen. Die Vorstellung, dass sie wieder da war und etwa mein Auto angefasst hat, erfüllt mich mit Ekel. Ich könnte mir ständig die Hände waschen“, sagte der katholische Priester.
Man könne nicht ermessen, was 18 Jahre tägliche Anspannung bedeuten, meinte Staatsanwältin Krippendorf in ihrem Plädoyer. Sie hatte sogar eineinhalb Jahre Haft auf Bewährung gefordert.
Der Rechtsanwalt von Christel G., Michael Babilon, plädierte auf Freispruch. „Das ist kein faires Verfahren. Meine Mandantin ist schuldunfähig, wie es andere Gutachter schon festgestellt haben“, sagte er.
Und was glaubt der Rechtsanwalt, wie man den Priester vor der irren Stalkerin schützen kann? „Sie sollten sich an einen runden Tisch setzen und die ganze Problematik mal erörtern“, meint Babilon.
Pfarrer Hammerschmidt glaubt nicht daran. Auf die Frage, was die Frau seiner Ansicht nach aufhalten könne, sagte er resigniert: „Ein natürlicher Tod…“