Copertino
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"Wie hat Jesus ausgesehen?" - Ein Weihnachts-Podcast als verpasste Chance

"War Jesus hässlich oder schön? - Gesichter eines Unbekannten", so ist die aktuelle Weihnachsthematik in der Sendung "Perspektiven" von SRF übertitelt.

Als Leittext ist dort zu lesen: "Wie Jesus aussah und wie er als Mensch wirklich war: 250 Jahre wissenschaftlicher Forschung zeichnen nur Umrisse einer der wichtigsten Personen der Menschheitsgeschichte. Kunst, Glaube und Kino füllen die Leerstellen umso üppiger aus." Als Autorin zeichnet die Redaktorin Judith Wipfler verantwortlich, zuständig für die Thematik Religion bei SRF.

Mein Fazit: Wenn man/frau's partout nicht wissen will, dann wird dabei auch nichts Konkretes herauskommen. Mit einem solchen Ansatz präventiven Nichtwissens wird vor allem jedem allfälligen Verdacht vorgebeugt, das Spielfeld weltanschaulicher Neutralität zu verlassen. Das gelingt noch immer am besten, wenn man möglichst bestimmt im Unbestimmten herumstochert.

Es ist bezeichnend, dass überall dort, wo tatsächlich neue Erkenntnisse greifbar wären, sich die Verantwortlichen auf SRF bei einem solchen Thema darum futieren und sich lieber an ausgetretene Mantras halten. SRF im O-Ton:

"Stilbildend für die westliche Kirchenkunst wurden das Schweisstuch der Veronika und das Turiner Grabtuch. Beide gelten als «im Himmel geschaffen». Beim Turiner Grabtuch wird immer wieder die Echtheitsfrage gestellt. In der Theo-Logik christlicher Ikonen ist es «echt», weil «wahr» im Glauben. In naturwissenschaftlich historischer Logik ist es nicht «echt», weil nicht historisch."

Das ist zwar meisterhaft formuliert, trifft aber den Kern gerade nicht. Es würde bei der Frage, wie der historische Jesus ausgesehen hat, doch genau darum gehen: Kann uns das Turiner Grabtuch allenfalls Hinweise geben oder nicht. Dazu muss man es als reales Objekt der Geschichte, sei es als Fälschung oder als authentische Reliquie, zuerst einmal vornehmen und sich die Mühe machen, sich mit den gesicherten Ergebnissen und neusten Untersuchungen dazu auseinanderzusetzen. Gerade in den letzten Jahren hat sich diesbezüglich nämlich Einiges getan.

Nochmals SRF-Perspektiven: "In naturwissenschaftlich historischer Logik ist es nicht «echt», weil nicht historisch." Diese Aussage ist auch gegen den Strich gebürstet falsch, denn das Turiner Tuch ist nun einmal ein historisches Objekt, entweder ein echtes oder dann eben ein gefaktes. Es geht aber nicht an, in einem Nebensatz zu erledigen, was von der Ausgangsfrage her her überhaupt erst einen Zugang zu einer möglichen Antwort sein könnte. Es wäre etwa dasselbe, wie wenn der berühmte Sherlock Holmes es abgelehnt hätte, ein mögliches Hauptindiz überhaupt näher zu untersuchen aus dem einfachen Grund, weil es "zu gut" und "zu passend" sei.

Man müsste sich schon die Mühe machen zu checken, was nach dem aktuellen Forschungsstand für und was allenfalls gegen eine Authentizität des Turiner Leinens als Grabtuch des Jesus von Nazareth spricht. Nicht nur zur Zeit Jesu war es so, dass nur findet, wer zuvor auch gesucht hat. Der Autorin als ausgebildeter Theologin hätte dieses Jesuswort in den Ohren klingeln müssen: "Wer sucht, der findet!", zu finden im Matthäusevangelium 7,8.

Zur relativen Ehrenrettung unseres öffentlich-rechtlichen Senders wäre zu ergänzen, dass SRF beim oberflächlichen bis fahrlässigen Umgang mit der Grabtuchthematik nicht allein auf weiter Flur dasteht. Wäre eine Rangliste zu erstellen, welche grossen Blätter und TV-Kanäle die grösste Ignoranz gegenüber dem neusten Forschungsstand an den Tag gelegt haben, so wäre die Kandidatenliste lang. Glücklicherweise gibt es auch positive Beispiele, wie etwa eine BBC-Reportage vor einem Jahr:

Shroud Of Turin - BBC Documentary

Doch in vielen Medienbeiträgen wird leider mit unschöner Regelmässigkeit längst Überholtes und Widerlegtes immer wieder aufgewärmt, sobald damit beauftragte Redaktoren unter Zeitdruck zu Weihnachten oder Ostern ihren Pflichtartikel mit Jesusbezug abliefern müssen.

Da wären die Untersuchungen unter Prof. Giulio Fanti von byzantinischen Münzen mit aufgeprägten Christusporträts, welche unzweideutige Merkmale des Turiner Tuchporträts aufweisen. Was bedeutet, dass schon in der Zeit der oströmischen Kaiser das heute in Turin aufbewahrte Tuch als Referenz galt, was das Aussehen des historischen Jesus von Nazareth betraf. Das bedeutet immerhin, dass das Objekt älter sein müsste als die berühmten aber mittlerweile längst als falsch und unzureichend erkannten C-14-Altersdatierungen aus dem Jahre 1988.

Übergangen wurden vom SRF-Team z.B. ein neuer Altersdatierungs-Ansatz zum Turiner Grabtuch mittels Röntgenstrahlen-Analyse:
X-ray Dating of a Turin Shroud’s Linen Sample

Im "Abstrakt" der neuen Studie hätte Judith Wipfler etwa erfahren können, dass an einer Probe des Turiner Grabtuchs (TG) eine neue Methode zur Datierung alter Leinenfäden angewendet wurde, indem der strukturelle Abbau mittels Weitwinkel-Röntgenstreuung (WAXS) untersucht wurde.

Die Röntgendatierungsmethode wurde auf eine Probe des TG angewendet, die aus einem Faden bestand, der in der Nähe des 1988/Radiokarbon-Bereichs entnommen wurde. Damit wurde ein Datenprofil für die Probe erhalten, welches vollständig mit den analogen Messungen kompatibel war, die an einer vergleichenden Leinenprobe erhalten wurde, deren Datierung nach historischen Aufzeichnungen in die Jahre 55–74 n. Chr., das heisst in die Zeit der Belagerung der israelischen Festung Masada verweist.

SRF hätte zur Kenntnis nehmen können, dass der Grad der natürlichen Alterung der Zellulose, aus der das Leinen der untersuchten Grabtuch-Probe besteht, ermittelt durch Röntgenanalyse, zeigt, dass das Gewebe viel älter ist als die sieben Jahrhunderte, die von der Radiokohlenstoffdatierung von 1988 vorgeschlagen wurden.

Das ist immerhin schon etwas, und daraus hätte der Schluss gezogen werden können, dass die experimentellen Ergebnisse mit der Hypothese vereinbar sind, dass das TG ein 2000 Jahre altes Relikt ist, wie es die christliche Tradition annimmt, und dass damit das Porträt möglicherweise doch einen Jesusbezug aufweist.

Die Gegenprobe: Um das vorliegende Ergebnis der Röntgen-Analyse mit dem des Radiokarbontests von 1988 kompatibel zu machen, welche das Tuch ins Mittelalter datierten, hätte das TG während seiner hypothetischen siebenhundertjährigen Lebensdauer bei einer Raumtemperatur konserviert werden müssen, die sehr nahe an den auf der Erde registrierten Maximalwerten liegt, also eine völlig unplausible Annahme. Das zeigt die neue Studie. Hier nochmals der Link zur Studie:
X-ray Dating of a Turin Shroud’s Linen Sample

Damit wäre schon mal der Weg freigeräumt gewesen, um im Turiner Grabtuch das MÖGLICHE Aussehen des historischen Jesus von Nazareth zu erkennen und zu erkennen, dass dieses als Vorbild für die ikonografische Bildertradition der christlichen Kunstgeschichte beispielgebend hätte werden KÖNNEN.

Damit hätte die Sendung einige interessante neue Aspekte in eine Diskussion eingebracht, die natürlich nicht abgeschlossen ist. Darüber hinaus wären auch Vergleiche des Antlitzes des Turiner Grabtuches möglich gewesen z.B. mit der bekannten ältesten Christus-Ikone aus dem Katharinenkloster am Sinai, welche signifikante Entsprechungen zum Gesicht auf dem Turiner Grabtuch aufweist:
wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4a/Spas_vsederzhitel_sinay.jpg

Schliesslich hätte ein Seitenblick auf die kürzlich in Spanien präsentierte 3D-Rekonstruktion des Gekreuzigten nach dem Turiner Grabtuch auch gezeigt, dass es sich bei den Spuren der Verletzungen um medizinisch korrekte Befunde einer römischen Geisselung und Kreuzigung handelt.
An Inside Look at a New Exhibition on the Shroud of Turin in Spain | EWTN News Nightly

Darüber wurde auch hier berichtet:
Is this what the actual body and face of Jesus Christ look?

So, wie sich der SRF-Beitrag zeigt, gleicht er einem bewussten Stochern im Dunkeln. Wer über seine vorgefassten auch theologischen Denkschablonen nicht mutig hinwegzuschreiten wagt und den Spiegel zur Seite legt, in dem immer nur das eigene Bild aufscheint, wird dem lebendigen Jesus nie begegnen, und nie erkennen, wer jener Unbekannte war, und ihn somit auch nicht von Angesicht zu Angesicht schauen - weder als Mensch, noch als Gott.
Ursula Wegmann
Mit himmlischer Liebe durchflutetes Antlitz! Und seine Augen nur Liebe pur! Nur Liebe!
JohannesT
JESUS CHRISTUS MUSS WUNDERSCHÖN GEWESEN SEIN, DENN ER WAR OHNE SÜNDE UND GOTTES SOHN! Die Sünde zerstört uns!
martin fischer
Den Zusammenhang verstehe ich nicht.
JohannesT
@martin fischer Schauen Sie sich ein neugetauftes Kind an! Das strahlt auch die Reinheit aus. Da wir alle Adams Kinder sind, sind wir alle irgendwie mit der Sünde verkettet. Deshalb müssen wir das Böse in uns bekämpfen! JESUS CHRISTUS:"SEID HEILIG, WIE EUER VATER IM HIMMEL HEILIG IST". DENN NICHTS UNREINES GEHT IN DEN HIMMEL HINEIN"!
martin fischer
ok Danke für die schöne Erläuterung
JohannesT
@martin fischer GERNE! GOTTES REICHSTEN SEGEN WÜNSCHE ICH IHNEN FÜR DAS NEUE JAHR!
mike-volto
Endor
Shalom! Sehr gut ! Dazu auch
das Antlitz auf dem Grabtuch.