De Profundis
1781
»Das Utopische schwingt mit in modischen Glaubenssätzen, wonach die Nation etwas Verwerfliches ist, der Kapitalismus etwas Übles, die westliche Zivilisation historisch für alles Böse verantwortlich. Es geht dabei nicht um intellektuelle Kohärenz, es geht vielmehr um ein Gefühl – um das moralische Leiden an einer unvollendeten Welt. Die Leute, die das richtige Leben verwirklichen wollen, zählen zu …Mehr
»Das Utopische schwingt mit in modischen Glaubenssätzen, wonach die Nation etwas Verwerfliches ist, der Kapitalismus etwas Übles, die westliche Zivilisation historisch für alles Böse verantwortlich. Es geht dabei nicht um intellektuelle Kohärenz, es geht vielmehr um ein Gefühl – um das moralische Leiden an einer unvollendeten Welt. Die Leute, die das richtige Leben verwirklichen wollen, zählen zu einer verwöhnten Generation, sind in der Regel verwöhnte Söhne und Töchter wohlbestallter Eltern, wie übrigens einst auch die antibürgerlichen Frankfurter Klosterschüler um Theodor W. Adorno. Heute haben die Rebellen des einzig Guten, Wahren allerdings keine gemeinsame ideologische Prägung, sondern lediglich eine gemeinsame Sozialisation an den Universitäten. Sie sind von einem Erziehungsfuror getrieben, sie möchten ihre Befindlichkeit und ihre Nöte zur Richtschnur der ganzen Gesellschaft machen. Was sie tatsächlich verbindet, ist die Sorge um den eigenen Machterhalt. Denn Meinungsmacht bedeutet Positionsmacht – und umgekehrt. Je mehr ihre Macht infrage steht, desto dünnhäutiger und aggressiver reagieren sie – Sensibelchen, die sich damit als Spiesser entlarven.
Das neue Feindbild der verwöhnten Jungakademiker ist der alte weisse heterosexuelle Mann, also jemand wie Sie . . .
. . . das ist höchst amüsant, in der Tat! Die ganze Welle schwappt ja von den USA nach Europa. Und je elitärer die Universität, also je wohlbehüteter die studierenden Wohlstandskinder, desto doktrinärer und autoritärer treten sie auf. Eine ihrer gerade angesagten Kernthesen besagt, dass sich weisse Menschen die Kultur anders pigmentierter Menschen nicht aneignen dürften, denn das sei Rassismus. In dieser Logik dürfte ein Schwarzer oder ein Asiat auch nicht mehr Bach spielen, denn das wäre doch rassistische Aneignung weisser Kultur? Damit kommt der ganze Schwachsinn zutage. Wir müssen nur die richtigen Fragen stellen, dann zerfällt dieser ganze neue Puritanismus zu Staub.«
nzz.ch

Frank A. Meyer: Das grosse Gespräch mit dem Rebell und Geniesser

Er kommt von unten und hält sich gutgelaunt ganz oben. Er liebt seine helvetische Heimat und fühlt sich doch in Berlin am wohlsten. …
onda
Leider nur mit Abo zu lesen. Schade.