Tesa
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Nach dem Konzil: Probleme, leere Seminare, geschlossene Klöster. Letzte große Rede des Papstes vor dem Klerus von Rom.More
Nach dem Konzil: Probleme, leere Seminare, geschlossene Klöster.
Letzte große Rede des Papstes vor dem Klerus von Rom.
thousand Hail Marys
„Die Kirchengeschichte ist mir das große Trostbuch. ... Immer wechseln Zeiten des Aufstiegs und Verfalls, nackter, kahler, doch knospenreicher Vorfrühling mit steriler, augentäuschender Herbstpracht, immer wieder wandelt sich Reife in Scheintod, dieser in neue aufbrechendes Leben. Die Kirche IST der Phönix.
Heute, scheint mir, knäueln sich zwei entgegengesetzte, doch in der Erscheinung oft unheimlich …More
„Die Kirchengeschichte ist mir das große Trostbuch. ... Immer wechseln Zeiten des Aufstiegs und Verfalls, nackter, kahler, doch knospenreicher Vorfrühling mit steriler, augentäuschender Herbstpracht, immer wieder wandelt sich Reife in Scheintod, dieser in neue aufbrechendes Leben. Die Kirche IST der Phönix.
Heute, scheint mir, knäueln sich zwei entgegengesetzte, doch in der Erscheinung oft unheimlich ähnliche Strömungen durcheinander: Erneuerung und Revolution. Dieses Doppelgesicht, diese ungeheure Zweideutigkeit macht das Eigentümliche und die besondere Gefahr dieser Stunde aus.
Stichwort zur Erneuerung ist: das Konzil. Fälschlich übrigens, oder sagen wir lieber: vordergründig und oberflächlich, wenn man es als absoluten Anfang setzt. Denn faktisch war es selbst Frucht und Resultat einer starken, doch in lauter kleinen Brennpunkten weit verstreuten Wiedergeburtsbewegung, die aus unsichtbaren Keimen (‚aller Anfänge sind unsichtbar’, sagt Teilhard de Chardin) etwa seit dem Ersten Weltkrieg wuchs und in vielen Bächen durch ein halbes Jahrhundert hin in dieses Becken zusammenfloss. Das Konzil hat Ideen, Impulse, Ahnungen und Ansätze, auch schon fertige Bildungen vieler Jahrgänge zum Bewusstsein der ganzen Kirche erhoben, bestätigt, legitimiert und ausgestrahlt.
Nun sollte, müsste eigentlich nach jener langen, mühevollen, geduldigen Vorbereitung als zweite Stufe der großen, ja der pfingstlichen Wiedergeburt! – so haben die kleinen Feuerkreise sie immer verstanden – die zweite Phase der allgemeinen Verwirklichung folgen. Das war die ungeheure, die berauschende Hoffnung der 60er Jahre, kristallisiert um die leuchtende Gestalt Johannes’ XXIII.
Und genau an diesem Punkt mischt sich das Gegenspiel, der Widersacher ein.
Mutter Theresa von Kalkutta, die große charismatische Missionarin, sagte mir vor wenigen Jahren: ‚Das Konzil muss schon etwas sehr Großes gewesen sein, dass der Teufel sich so anstrengt, seinen Sinn zu verfälschen, ihn geradezu auf den Kopf zu stellen.’
Denn immer deutlicher läuft nun neben, innerhalb der Erneuerung eine Bewegung, die nicht auf Läuterung, Stärkung, Entfaltung, Neugeburt, sondern auf Untergang der Kirche bedacht ist, auf ihre Ersetzung durch ein wesensfremdes Neugebilde. Diese durchaus echte Revolution arbeitet mit allen Mitteln des politischen Umsturzes, .... Suggestion, Überrumpelung, Unterwanderung. ...
Und wo bleibt das Heil aus der Krise?
Ich glaube daran. Ich glaube mit Zuversicht und Vertrauen auf die unzerstörbare Zukunft der alten und neuen, der einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche. ...
Ich glaube an Gottes Treue.
Und ich glaube einfach nicht, dass der Heilige Geist Seinen eigenen Pfingstausbruch, die große Verheißung des Konzils, im Stich lassen, der Vergiftung und Verzerrung überlassen wird, es sei denn, es geschähe durch unsere eigenen übergroße Schuld. ..
Ich vertraue auf die ungeheuren Regenerationskräfte der Kirche – sie werden erweckt werden, wenn die Not am größten ist.
Ich vertraue auf die unsichtbaren Verbündeten, auf die Gemeinschaft der Heiligen im alten Sinn ...
Ich glaube und vertraue darauf, dass auch die hässlichsten und übelsten Erscheinungen dieser Revolution Phasen einer notwendigen Selbstreinigung des Kirchenleibes darstellen und zugleich ein verdientes Gericht. ...
Weit mehr noch vertraue ich dem Leiden in der Kirche. Es wird unermesslich viel gelitten, stumm und bis auf den Grund. Vor allem von den vielen, vielen guten getreuen Priestern, die kaum in Presse und Fernsehen auftauchen, sondern sich ... für ihre Anvertrauten verzehren, auch wenn sie äußerlich die Schwächeren sind, und der Verführung wehrlos zusehen müssen. Ihr Leid treibt die Saat, die in der Winternacht wächst.
Ich glaube an die betende Kirche aus Laien und Priestern, an die duldende, an die sühnende.
..
Ich glaube an die verborgenen Heiligen -... nicht in der Erscheinungsform des ragenden, weithin strahlenden Leuchtturms, sondern der Heizung, im Keller versenkt, dennoch unbemerkt das Leben erhaltend. Ich glaube aber auch, dass schon mancher sichtbare Gottesgesandt näher sein mag, als wir ahnen. ...

Wir müssen Schneeschmelze und Hochwasser abwarten können und selbst sternenlose Nacht, wissend, dass Gestirne beständiger sind als Wolken. An uns ist die unaufhörliche Bitte um Unterscheidung und Liebe, um Gerechtigkeit und Geduld – und um die unerschütterliche Liebe zur Kirche. Denn nur der Liebende erkennt. ... Beten müssen wir aber auch um die innere Freiheit, viel uns Liebes und Teures loszulassen, wenn es zum Umbau und zum Frieden der Gottesstadt wirklich Not tut. Denn Gott nimmt doch nicht nur Schlechtes und Wertloses hinweg, sondern sehr oft auch Kostbares:
‚Du bist’s, der, was wir bauen,
mild über uns zerbricht,
dass wir den Himmel schauen:
darum so klag ich nicht.’ (Eichendorff)“

i.f. görres, (im winter wächst das brot, einsiedeln 1970)