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Der Fehler des pastoralkonziliaren Ökumenismus. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem subsistit-Satz, der Elemente-Ekklesiologie und dem Ökumenismus des Pastoralkonzils? Bekanntlich hat das …Mehr
Der Fehler des pastoralkonziliaren Ökumenismus.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem subsistit-Satz, der Elemente-Ekklesiologie und dem Ökumenismus des Pastoralkonzils?

Bekanntlich hat das Pastoralkonzil den Absolutheitsanspruch der katholischen Kirche aufgegeben. Wenn man in den Konzilsakten nachschaut, warum das Konzil den Absolutheitsanspruch der Kirche Gottes aufgegeben hat, dann lautet die Antwort: Es hat ihn aufgegeben, um seinen Ökumenismus einführen zu können. Aber auf welche Weise hat es denn die Brücke zu diesem geschlagen? Die Antwort lautet: Mit seiner Elemente-Ekklesiologie. Der logische Gedankengang verläuft folgendermaßen:

Wenn die Kirche Christi, wie der subsistit-in-Satz behauptet, in der katholischen Kirche verwirklicht ist und diese sich, was das Ökumenismusdekret behauptet, aus Elementen, aus Teilen, zusammensetzt, dann ist die Kirche Christi in einem Kompositum von Teilen verwirklicht.

Wenn nun ein Teil dieser Teile der katholischen Kirche identisch auch in anderen christlichen Gemeinschaften existiert, was ebenfalls das Ökumenismusdekret behauptet, - es heißt in diesem ja, dass viele und bedeutende der Elemente der katholischen Kirche auch in den anderen christlichen Gemeinschaften existieren - dann ist zu folgern, dass die Kirche Christi in diesen zwar nicht voll aber doch teilweise in diesen Gemeinschaften verwirklicht ist.
Weiter kann man folgern, dass die Verwirklichung der Kirche Christi in den anderen christlichen Gemeinschaften umso vollständiger ist, je mehr kirchliche Elemente in ihnen existieren.

Nachkonziliare römische Dokumente, insbesondere die Erklärung der Glaubenskongregation vom 10.7.2007, wenden allerdings den Begriff der Subsistenz nur auf die katholische Kirche an, aber diese Sprachregelung ändert nichts an der Tatsache, dass die Lehre des Konzils, der Sache nach, bei den anderen christlichen Gemeinschaften eine unvollständige Verwirklichung der Kirche Christi sieht, wenn es auch diese Sprechweise vermeidet.

Kardinal Kasper spricht diesbezüglich aber Klartext, wenn er sagt:

„ …dass sich außerhalb der katholischen Kirche zwar keine volle, aber doch eine unvollkommene Verwirklichung der Kirche Jesu Christi findet.“[1]

Und diese unvollkommene Verwirklichung hat nach der neuen Lehre ihren Grund in den in den anderen christlichen Gemeinschaften vorhandenen kirchlichen Elementen, was aber nicht stimmt, weil kirchliche Elemente nur im Zusammenhang mit der katholischen Kirche kirchliche Elemente sind. Außerhalb von ihr kann man zwar gewisse Inhalte dieser Elemente in den anderen christlichen Gemeinschaften antreffen, aber da sie dort an Irrlehren gekoppelt sind, handelt es sich nicht um kirchliche Elemente, denn kirchliche Elemente sind nicht an Irrlehren gekoppelt.

Da das Konzil diese Tatsache ignoriert, bleibt es in dem Wahn befangen, dass die anderen christlichen Gemeinschaften teilweise mit der katholischen Kirche identisch sind, und diese Fehlvorstellung beherrscht die ganze nachkonziliare Ära unter dem Stichwort: Gemeinsamkeiten.
Professor Georg May bemerkt mit Recht:

„Gemeinsamkeit heißt heute das große Wort. Gemeinsamkeit von Katholiken und Protestanten auf allen Gebieten, auf allen Ebenen, mit allen Mitteln und ohne alle Bedenken.“[2] (Zitat Ende)

Dass die Annahme von Gemeinsamkeiten auf der Elemente-Ekklesiologie beruht, bringt Papst Johannes Paul II. zum Ausdruck, wenn er, unter Bezugnahme auf die Kirchenkonstitution des Konzils über die Versuche der Zusammenarbeit von Katholiken und anderen Christen auf dem Gebiet der Katechese sagt:

„Solche Versuche finden ihr theologisches Fundament in den Elementen, die allen Christen gemeinsam sind.“[3]

In seinem Buch Die Schwelle der Hoffnung überschreiten stellt Johannes Paul II. den Zusammenhang zwischen diesen angeblichen Gemeinsamkeiten und dem konziliaren Ökumenismus mit folgenden Worten her:

„Papst Johannes XXIII., der, von Gott angetrieben, das Konzil einberief, pflegte zu sagen, daß das, was uns als Christen trennt, viel geringer ist als das, was uns eint. Diese Aussage enthält das Wesen ökumenischen Denkens. Das II. Vatikanische Konzil ist dieser Richtung gefolgt, wie auch aus den bereits zitierten Abschnitten der Konstitution über die Kirche ‘Lumen gentium’ hervorgeht; …

Das, was uns eint, ist größer als das, was uns trennt: Die Dokumente des Konzils konkretisieren diese grundlegenden Gedanken von Johannes XXIII. Wir alle glauben nämlich an denselben Christus; und dieser Glaube ist im Wesentlichen das Erbe der Lehre der ersten sieben, vor dem Jahr 1000 einberufenen ökumenischen Konzilien.“ [4] (Zitat Ende)

Übrigens huldigte Johannes Paul II. dieser Gemeinsamkeitsideologie auch dadurch, dass er sie über die christlichen Gemeinschaften hinaus ausdehnte, sagte er doch:

Wir Christen und Moslems als Gläubige [!] und als Menschen haben viele Gemeinsamkeiten … Wir glauben an denselben einzigen Gott, …“[5]

Wie steht es nun um die angeblichen Gemeinsamkeiten der katholischen Kirche mit den anderen christlichen Religionen?
Zweifellos gibt es eine Reihe von Inhalten kirchlicher Elemente, die auch bei einer anderen christlichen Gemeinschaft vorhanden sind, z. B. der Inhalt des Glaubenssatzes von der Dreifaltigkeit Gottes. Die Übereinstimmung im Inhalt ist aber nur eine notwendige und keine hinreichende Bedingung für eine Gemeinsamkeit mit einer anderen christlichen Gemeinschaft.

Hinzukommen müsste, um von einer Gemeinsamkeit sprechen zu können, dass der Inhalt des betreffenden kirchlichen Elements auch das Eigentum der anderen christlichen Gemeinschaft ist. Das ist aber nicht der Fall, da kirchliche Elemente ausschließlich das Eigentum der katholischen Kirche sind.
Hinzu kommen auch noch die Unterschiede, die den Zusammenhang dieses Inhalts in den Religionen betreffen. Dieser ist in einer anderen christlichen Gemeinschaft nicht mit denselben Inhalten verbunden, wie in der katholischen Kirche und zwar schon deshalb nicht, weil er in dieser mit ausschließlich wahren Glaubensaussagen verbunden ist, wogegen er in den anderen christlichen Gemeinschaften auch mit Lehrirrtümern verbunden ist.

Schließlich ist er im Zusammenhang mit der katholischen Kirche mit der gottgewollten Hierarchie, insbesondere mit dem Stellvertreter Gottes auf Erden, dem Papst, verbunden, wovon bei der Existenz dieses Inhalts außerhalb des Gefüges der katholischen Kirche keine Rede sein kann.
Aus den genannten Gründen gibt es keine Gemeinsamkeiten zwischen der katholischen Kirche und einer anderen christlichen Gemeinschaft, wohl aber gibt es Gemeinsamkeiten zwischen ihnen im Hinblick auf Abstraktionsprodukte kirchlicher Elemente, die man erhält, wenn man von dem Verbundensein derselben mit dem Ganzen der katholischen Kirche, von der Eigentumsfrage und der Herkunft absieht.

Ich möchte das näher erläutern. Der Begriff der Abstraktion kommt vom Lateinischen abstrahere und das heißt wegziehen. Wenn man also aus der katholischen Lehre z. B. einen Glaubenssatz abstrahiert, herauszieht, dann ist er nicht mehr mit den übrigen Elementen der katholischen Kirche verbunden und deshalb kein kirchliches Element mehr. Es handelt sich bei diesem Produkt der Abstraktion nur noch um einen wahren Glaubenssatz.
Wenn dieser Glaubenssatz auch in einer protestantischen Lehre vorkommt, dann kann ich ihn auch aus der Lehre derselben herausziehen, wodurch er kein Element dieser Gemeinschaft mehr ist, weil er aus der Anbindung an die anderen Elemente dieser Lehre gelöst wurde und dann genau derselbe Glaubenssatz ist, den man zuvor durch Abstraktion aus dem katholischen Wahrheitssystem erhalten hat.
Die beiden Abstraktionsprodukte sind identisch, es sind übereinstimmende Abstraktionsprodukte, also übereinstimmende Ergebnisse von zwei Herauslösungsprozessen.
Aber es sind keine Gemeinsamkeiten der katholischen Religion mit der protestantischen Religion, weil sie, eingebettet in diese Religionen zu verschiedenen Systemen gehören und dort in verschiedenen Zusammenhängen stehen. Im katholischen System steht dieser Glaubenssatz im Zusammenhang mit ausschließlich wahren Elementen, im protestantischen System steht er auch im Zusammenhang mit Lehrirrtümern und dem Frevel der Abspaltung von der katholischen Kirche.
Der Fehler der Elemente-Ekklesiologie des Pastoralkonzils besteht darin, dass sie bei einem kirchlichen Elemente nur die inhaltliche Seite berücksichtigt, aber nicht den Zusammenhang, in dem es steht. Ein kirchliches Element, also ein Element der Kirche, hat jedoch zwei Komponenten, die inhaltliche Komponente und die Komponente des Verbundenseins mit dem ganzen System. Deshalb ist es falsch die inhaltliche Komponente zum alleinigen Maßstab für eine Gemeinsamkeit zu machen.

Fazit: Entgegen der üblichen Vorstellung gibt es in Wirklichkeit keine Gemeinsamkeiten der katholischen Kirche mit anderen christlichen Religionen im Sinne von teilweiser Identität mit denselben.

Vgl. dazu wwwelemente-ekklesiologie.de

[1] W. Kasper: „Communio – Leitbegriff katholischer ökumenischer Theologie“, Münster 2002, S. 255.
[2] G. May: „Die Krise der Kirche ist eine Krise der Bischöfe“, 1987, S. 73.
[3] Johannes Paul II.: „Apostolisches Schreiben ‘Catechesi Tradendae’“, Bonn 1998, S. 109.
[4] Johannes Paul II.: „Die Schwelle der Hoffnung überschreiten“, Hamburg 1994, S. 173f.
[5] Johannes Paul II: Ansprache 1985 in Marokko. Zitiert nach H.-P. Raddatz: „Von Gott zu Allah – Der Dialog der Kirche mit dem Islam“, in Kirchliche Umschau, Nr. 11, November 2000, S. 31.
Benedikt XVI. teilt offenbar diese Auffassung von Johann Paul II., sagte er doch mit Bezug auf den Islam: „Wichtig ist, das Gemeinsame zu finden und da, wo es geht, in dieser Welt einen gemeinsamen Dienst zu tun.“ Benedikt XVI.: „Licht der Welt“, Freiburg 2010, S. 126.