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Die Ordnung der Messe und das Ordnungsprinzip. 1. Vortrag von Don Reto Nay beim Pfingstseminar im Kloster HohenfurthMehr
Die Ordnung der Messe und das Ordnungsprinzip.

1. Vortrag von Don Reto Nay beim Pfingstseminar im Kloster Hohenfurth
tantumergo_ teilt das
1
Hl. Messe
Salzburger
Quasi alles - besonders das zu Gegenreformation und JOACHIM - ist sehr richtig&wichtig - danke!
Salzburger
Wie unten schon gesagt, begann der Verfall schon lange vor dem BuchDruck.
In der Weltgeschichte einmalig latein&buch-lastig (cf. P.CHAUNU) war schon die Gotik.
DrMartinBachmaier
@Don Reto Nay: Das Jahr 1260, ab dem nach Joachim von Fiore das Zeitalter des Heiligen Geistes beginnen soll, kommt von den 3 mal 14 Generationen zu Beginn des NT (Mt 1, 1-17). Dabei rechnet Joachim von Fiore 30 Jahre pro Generation, wie wir dies heute noch tun.
Eigentlich sind es von Abraham (gemäß Genesis Nr. 20) bis Christus (gemäß Matthäus Nr. 60) nur 41 Geschlechter, aber David wurde sowohl …Mehr
@Don Reto Nay: Das Jahr 1260, ab dem nach Joachim von Fiore das Zeitalter des Heiligen Geistes beginnen soll, kommt von den 3 mal 14 Generationen zu Beginn des NT (Mt 1, 1-17). Dabei rechnet Joachim von Fiore 30 Jahre pro Generation, wie wir dies heute noch tun.

Eigentlich sind es von Abraham (gemäß Genesis Nr. 20) bis Christus (gemäß Matthäus Nr. 60) nur 41 Geschlechter, aber David wurde sowohl zur ersten als auch zur zweiten 14er-Gruppe gezählt. So müsste man korrekterweise das Jahr 41 mal 30 gleich 1230 ansetzen oder, da Christus 31 n. Chr. gestorben ist, das Jahr 1231 (40 30-Jahre Generationen nach Christi Tod).

Das Fatale an dieser Jahreszahl war, dass zwischen Joachims Tod, 1202, und dieser Jahreszahl 1260 (bzw. 1231) das Wirken des heiligen Franz von Assisi (*1181/82, +1226) fiel. Mit ihm oder besser gesagt: nach seinem Tod hätte das Zeitalter des Heiligen Geistes beginnen sollen, wie eben nach Christi Tod das Messias-Zeitalter begann. Das Zeitalter des Heiligen Geistes sei bereits seit Benedikt von Nursia, dem Gründer des abendländischen Mönchtums vorbereitet worden. Die gesamte Kirche sollte wie ein Benedikt von Nursia (oder auch Franziskus, den Joachim aber noch nicht kannte) viel vergeistigter werden als die bisherigen weltlichen Geistlichen, die ja alle ihre Pfründe hatten. Ein neues Evangelium schien angesagt, nach dem sich auch der Papst zu richten habe.

Nun trug Franziskus die Wundmale Christi, etwas, was bisher noch nie gesehen wurde, und seine Vita wurde wie die Vita Jesu ebenfalls von vier "Evangelisten" festgehalten, nämlich von Bruder Thomas Celano (= Matthäus), von Bruder Leo (= Markus), von Julian von Speyer (= Lukas) und von Bonaventura (= Johannes). Später dann schrieb Bartholomäus von Pisa in seinem Werk "De conformitate . . ." über die Gleichförmigkeit des Lebens des Franziskus mit dem Leben Jesu.

Man male sich doch mal aus, welchen Eindruck es gemacht hat, dass nun, kurz nachdem Joachim von Fiore davon gesprochen hat, die "42 (eigentlich 41) Generationen" die zu Beginn des Neuen Testaments vom Gründer des Alten Bundes, Abraham, auf den Gründer des Neuen Bundes, Christus, führten, in den 42 (eigentlich 41) Generationen von Christus, dem Gründer des Neuen Bundes, bis Franziskus, der ja wohl dann ein Gründer eines Neuen Neuen Bundes sein musste, wiederkehrten. Das konnte doch nur heißen, dass Joachim Recht hat. Jetzt beginne ein "Neues Neues Testament", das Heilig-Geist-Zeitalter. Abraham ist nach Genesis die Nummer 20, Christus nach Matthäus die Nummer 60 und der heilige Franz von Assisi wäre nach der 30-Jahre-pro-Generation-Regel die Nummer 100, da er ziemlich genau 40 Generationen nach Christi Tod gestorben ist, und zwar 1226 (statt exakt: 1231). Der Alte Bund hielt von Nr. 20 bis zur Nr. 60, dem Gründer des Neuen Bundes, der Neue Bund sollte also von Nr. 60 bis zur Nr. 100 halten, dem Gründer des Hl.-Geist-Bundes, dem hl. Franz. Dass nun ein zweiter Christus da war, der wie er die Wunden trug, der in seinem Leben ihm völlig gleich wurde, konnte doch nur heißen, dass Joachim von Fiore Recht hatte. Nun, da hab ich jetzt zwar die 42 Generationen auf die 41 Generationen bzw. 40 Differenz-Generationen korrigiert. Solche Gedanken mögen aber auch die damaligen Franziskaner-Spiritualen gehabt haben. Die konnten ja auch zählen.

Jedenfalls waren die Tiefgläubigeren, sag ich mal, die sog. Spiritualen, die Franziszi Armutsregel viel ernster nahmen als die Konventionalen, für solche Irrlehren äußerst anfällig. (Vergleichbar mit heute: gerade die Tiefgläubigen fallen gerne auf Fake-Erscheinungen herein).

Doch diese Irrlehren waren das gefundene Fressen für die Gegner der Mendikantenorden (Bettelorden) an der Pariser Universität, an welcher Thomas von Aquin und Bonaventura so stark angegriffen wurden, dass sie nur auf Befehl des Papstes zum Professor berufen wurden. Paris hätte sie von sich aus nicht berufen.

Während aber Thomas von Aquin in Ruhe seinen theologischen Arbeiten nachgehen konnte, hatte sein kongenialer Kollege Bonaventura zeit seines Lebens nur gegen Dreckschleudern aus der Pariser Universität zu kämpfen, um seinen Orden zu verteidigen. Und so kommt es, dass wir von Bonaventura wesentlich weniger haben als von Thomas von Aquin. Von Bonaventura stammt ja ein genialer Kommentar zum Johannes-Evangelium. Als er vom Papst beauftragt wurde, auch zu den anderen Evangelien Kommentare abzugeben, gab er diesen Auftrag mangels Zeit zurück. Der Papst hatte ihn dann an Thomas von Aquin weitergeleitet.

Etwas Positives zu Joachims Geschichtsphilosophie gibt es auch noch zu vermerken. Bonaventura, der ja mit ihr konfrontiert war, rückte sie zurecht, indem er eine neue Geschichtstheologie entwarf, in der er sieben Zeitalter des Alten Testaments mit sieben Zeitaltern der Neutestamentlichen Zeit parallel setzte. Diese trug er an der Pariser Universität vor. Selbst schrieb er sie nicht nieder. Es gibt Studentenmitschriften und ein größeres Werk, soweit ich mich erinnere, als ich in Ratzingers Habilitationsschrift gelesen hatte. Das Thema dieser Habilitationsschrift hatte sich nämlich auf die nicht rot angestrichene Geschichtsphilosophie Bonaventuras reduziert, nachdem Professor Schmaus die ersten zwei Drittel der ursprünglichen Habilitationsschrift Ratzingers über Bonaventura fast durchgehend rot angestrichen hatte.

Ich habe nicht nur das Gefühl, dass mit Papst Benedikt der Korrektor Bonaventura zurückgekehrt ist, sondern auch, dass man sich wieder anmaßt, den Namen des heiligen Franziskus als Beginn eines falsch verstandenen Zeitalters des Heiligen Geistes, jetzt sogar etwas sinnvoller, statt generations-äquivistant, jahres-äquidistant: 2000 Jahre nach Gründung des Neuen Bundes, 4000 Jahre nach Gründung des Alten, zu missbrauchen. Und dieses neue falsche Verständnis des Heilig-Geist-Zeitalter sollte wiederum der Bonaventura-Kenner-Papst zurechtrücken. Hoffentlich greift er mal ein.

An der abgeänderten Fiore-Lehre: 4000 Jahre Gott Vater, 2000 Jahre Gott Sohn, 1000 Jahre Gott Heiliger Geist, mag ja was dran sein, aber man muss das Zeitalter des Hl. Geistes dann auch richtig verstehen. Man darf zumindest nichts in der Vergangenheit Definiertes aufheben.
Santiago_
@Don Reto
Nachhaltigen Einfluss hatte Joachim von Fiores Geschichtstheologie nicht nur in der Reformationszeit, insbesondere auf Thomas Müntzer, sondern später auch auf Gotthold Ephraim Lessing und die Philosophen des Deutschen Idealismus, darunter besonders Georg Wilhelm Friedrich Hegel, schließlich auf Karl Marx und im 20. Jahrhundert auf Ernst Blochs Opus Magnum "Das Prinzip Hoffnung".Mehr
@Don Reto

Nachhaltigen Einfluss hatte Joachim von Fiores Geschichtstheologie nicht nur in der Reformationszeit, insbesondere auf Thomas Müntzer, sondern später auch auf Gotthold Ephraim Lessing und die Philosophen des Deutschen Idealismus, darunter besonders Georg Wilhelm Friedrich Hegel, schließlich auf Karl Marx und im 20. Jahrhundert auf Ernst Blochs Opus Magnum "Das Prinzip Hoffnung".
Salzburger
GOMEZ DAVILA (und E.VOEGELIN) meinten überhaupt, daß der retrospektive Gnostizismus der Katharer erst durch eine Fusion mit dem utopistischen Joachimitismus (an einem entlegenen Kloster in Kalabrien?) zum modernen Progressismus führte.
Harmonia celestiala
Diese Vergleiche der Erfindung des Buchdruckes (= Förderung der Sprache und Literatur) mit der Erfindung des Internets (= minimaler Sprachgebrauch mit bildlichen Darstellungen und Abkürzungen), angewandt auf die Liturgie der Kirche, sind Gedankengänge, auf die hier aufmerksam gemacht wird.
So hatte die Entwicklung der Zeit mit neuen Erfindungen auch Einflüsse auf die Gestaltung von Kultur und …Mehr
Diese Vergleiche der Erfindung des Buchdruckes (= Förderung der Sprache und Literatur) mit der Erfindung des Internets (= minimaler Sprachgebrauch mit bildlichen Darstellungen und Abkürzungen), angewandt auf die Liturgie der Kirche, sind Gedankengänge, auf die hier aufmerksam gemacht wird.
So hatte die Entwicklung der Zeit mit neuen Erfindungen auch Einflüsse auf die Gestaltung von Kultur und Liturgie der Kirche. Wenn man dies bedenkt, kann man auch die Darstellung und Bedeutung der ganzen Liturgie besser verstehen. Danke für diese interessanten Betrachtungen.
Salzburger
Erstens waren die Geistes- und Bluts-Adeligen keine "Eliten": "Elite" (von griech. elyein [=herauslösen]) ist der minderwertige StreberPöbel, der in egalitären Gesellschaften nach oben kommt.
Zweitens war die Hl.Kirche schon unterm Hl.FRANZISKUS in bestürzender SchiefLage; die beispiellose ApoStasie des AbendLandes begann schon unter dem Hl.BERNHARD, OTTO v. Freising, HILDEGARD v. Bingen. Die …Mehr
Erstens waren die Geistes- und Bluts-Adeligen keine "Eliten": "Elite" (von griech. elyein [=herauslösen]) ist der minderwertige StreberPöbel, der in egalitären Gesellschaften nach oben kommt.
Zweitens war die Hl.Kirche schon unterm Hl.FRANZISKUS in bestürzender SchiefLage; die beispiellose ApoStasie des AbendLandes begann schon unter dem Hl.BERNHARD, OTTO v. Freising, HILDEGARD v. Bingen. Die GeschichtsSchauende gerade deshalb waren, weil Sie mit EntSetzen in den kommenden AbGrund blickten; die unsere GegenWart&Zukunft besser erkannten als das heutige DämmerVieh von "Historikern".
studer
Grossartig erhellendes Referat, ich könnte viele weitere Stunden zuhören.
PIUS13
Spannender als ein Kriminalroman! Völlig neue Sicht auf die Hl. Messe! Fünf Opfer! Kampf gegen die Welt! Kein Schott-Mitlesen! "Herrunterlocken" der Trinität"! Geschehen statt Worte! Leichentuch und Feuer! Priesterschwert als Himmelsöffner!
Bloß die Bedeutung des Brotbrechens hat er uns - mit Absicht - vorenthalten. Dafür braucht es als "Strafe" ein follow up!
Salzburger
Klingt sehr spannend - hoffentlich komme ich bald zu einem richtigen Computer, wo ich es hören kann!
Alexander VI.
Hervorragend! Aber anderes haben wir auch nicht erwartet. 👏