De Profundis
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Ablass - Das gibt´s noch?; Ulrich Nersinger - Bibel TV das Gespräch. Ablass - ja, den gibt es noch in der katholischen Kirche. Auch 500 Jahre nach Luther gibt es also den Erlass der zeitlichen …Mehr
Ablass - Das gibt´s noch?; Ulrich Nersinger - Bibel TV das Gespräch.
Ablass - ja, den gibt es noch in der katholischen Kirche. Auch 500 Jahre nach Luther gibt es also den Erlass der zeitlichen Sündenstrafen im Fegefeuer. Was genau es damit auf sich hat, erklärt der Vatikanist Ulrich Nersinger im Gespräch mit Moderator Wolfgang Severin.
Antal Gördele
Sühne immer erst einmal für unsere eigenen Sünden, wir sind nicht einfach an allem unschuldig, was wir heute als Verfehlungen erkennen. Sühne für so viele andere in hohen Stellungen, denn nur jene können sie leisten, die an deren Irrtümern etc. leiden. Sühne für alles, was uns ständig in direkter Nachbarschat begegnet. Die Lüge der Gemüseverkäuferin, die Schäbigkeit des Trafikanten, die …Mehr
Sühne immer erst einmal für unsere eigenen Sünden, wir sind nicht einfach an allem unschuldig, was wir heute als Verfehlungen erkennen. Sühne für so viele andere in hohen Stellungen, denn nur jene können sie leisten, die an deren Irrtümern etc. leiden. Sühne für alles, was uns ständig in direkter Nachbarschat begegnet. Die Lüge der Gemüseverkäuferin, die Schäbigkeit des Trafikanten, die Häßlichkeit der Windräder. Nur aus der Sühne kann jenes Tor geöffnet werden, das keine Situation letztlich sinnlos macht. Denken Sie sogar an das Exultet der Osternacht.

Wenn auch vieles nicht wünschenswert ist, gerade wenn man Verantwortung für andere hat ist Sühne Ausflußt einer Kampfhaltung. Weil Sühne auch nicht definiert, was wir zu tun haben, weil sie nämlich nur darauf die Antwort sein kann und muß: Erst müssen wir objektiv knallhart (uns aufs Objektive transzendierend) tun, was sich aus unserem Ort ergibt, an den wir gestellt sind. Position, Ort, Sinn ... logos, auf den hin wir zu leben haben. Bis in die kleinsten Pflichten aus diesem logos. Nicht in sentimentaler Dunstschwunselei.

Kritik ist notwendig, man muß die Wahrheit aus allem was uns bestürmt herausfiltern. Wenn wir es können (!) Wenn und wo es unsere Aufgabe ist (!) Bei ständiger Prüfung unserer eigenen Haltung. Denn ich glaube auch, daß viele, sehr viele vorsichtiger, redlicher sein sollten. Auch Konservative. Auch ich. Jedes Wort wird gewogen werden. Denn ... in principio erat verbum, et verbum erat apud Deum, et Deum verbum erat. Im Sprechen nehmen wir am göttlichen Wort teil. Wir sind Instrument, getrieben von der Liebe, ohne die sich keine Saite an uns bewegt.

Ich will nicht meine Welt. Ich will auch nicht meine Vorstellung von Kirche, so sehr ich oft recht haben und manches objektiv tatsächlich besser wissen mag. Ich will ... Gott Raum geben durch mein Sterben, durch mein Anähnlichen an ihn. Damit habe ich täglich alle Hände voll zu tun. Ich bin Teil dieser Kirche. Stellvertretend. Und ich bete täglich, Gott möge mich nicht prüfen (et ne nos inducas in tentationem!), denn ich glaube ich versage sofort.

So, ich werde es dabei nun belassen. Gute Nacht.
Antal Gördele
@Anno
Ich werde Ihnen nicht widersprechen.
Wenn Sie mich aber nach meiner Meinung fragen, was es heute von "konservativen Katholiken ..." braucht, dann habe ich nur drei Worte: Sühne, Sühne, Sühne.Mehr
@Anno

Ich werde Ihnen nicht widersprechen.

Wenn Sie mich aber nach meiner Meinung fragen, was es heute von "konservativen Katholiken ..." braucht, dann habe ich nur drei Worte: Sühne, Sühne, Sühne.
5 weitere Kommentare von Antal Gördele
Antal Gördele
@Anno
Ich gebe Ihnen weitgehend recht. In gewisser Hinsicht ist die von der Philosophie des 20. Jhds. getragene Theologie in eine Tiefe gelangt, die der der Kirchenväter sehr nahe kommt, aber es fehlt der Anker, die Befestigung - der Vater. Ein Aspekt der Haltung, der Verankerung im logos.
Das kann man in alle Weltbereiche verlängern. Selbst wenn sie so in katholisch-konservativen Kreisen so …Mehr
@Anno

Ich gebe Ihnen weitgehend recht. In gewisser Hinsicht ist die von der Philosophie des 20. Jhds. getragene Theologie in eine Tiefe gelangt, die der der Kirchenväter sehr nahe kommt, aber es fehlt der Anker, die Befestigung - der Vater. Ein Aspekt der Haltung, der Verankerung im logos.

Das kann man in alle Weltbereiche verlängern. Selbst wenn sie so in katholisch-konservativen Kreisen so geschätzte Figuren wie Gerl-Falkovitz betrachten, dann sehen sie, wie das alles in tiefsten Relativismus und Auflösung führt, trotz mancher richtiger, guter, sehr tiefer Einfließungen - ja, Treibsand, richtig, das Ganze wird nicht mehr umfaßt.

Papst Franziskus hat ja nicht in allem einfach Unrecht. Die Kirche hat sich aus der Höhe des Spätmittelalters über die Gegenreformation in ein sehr starres Fahrwasser begeben. Da trifft schon das Wort vom "Rigorismus" zu, Katholizismus darf nicht zur Ideologie erstarren, um funktionale Politik zu betreiben. Und vor dem 2. Vatikanum war durchaus manches nicht rosig.

Aber dann hat man das Bündel aufgeschnürt, und nun kriegt man den Deckel nicht mehr drauf. Ich bin mir noch nicht ganz im Klaren, worin das wirklich wurzelt, vermute aber die letztlich entscheidende Wurzel in der Zeit der Renaissance. Die ja prompt in die Reformation gemündet ist. Beides hat direkt miteinander zu tun.

Widersprechen muß ich was das Ankommen bei der "Basis" anbelangt. Leider kommen diese Spielchen mehr als genug an, aber nicht mehr der Deckel. Denn sie treffen Strömungen, die man als Zeitgeist bezeichnen kann. Was etwa Papst Franziskus sagt, ist oft regelrecht ein Vollbad in diesem Zeitgeist. Mit demselben Ergebnis, weil derselben Ursache: Verwirrung. Irrationalismus, und in der Realität natürlich völlige Irrelevanz. Nach so vielen theologisch so festen, zumindest tief denkenden Päpsten des 20. Jhds. ein irritierender Absturz, weil sich hier Medienentwicklung und Unfehlbarkeitsdogma unselig und endgültig multiplizieren. Aber Franziskus hat seine Wurzeln bereits in gefährlichen Tendenzen bei Johannes Paul II., dem ersten subjektivistischen Papst des 20. Jhds. Ich kriege schon standardmäßig von meinen eigenen Kindern Franziskus um die Ohren gedroschen, wenn ich versuche, ihre zeitgeistigen Irrtümer aufzuhellen.
Antal Gördele
@Anno
Ich weiß gar nicht, ob man da viel von Absichten sprechen kann. Vielmehr glaube ich, daß die Folgen mancher Aussagen, die mittlerweile am laufenden Band fallen, gar nicht ge- und bewußt sind, weil die Basis des Urteils über die Wirklichkeit fehlt bzw. deformiert ist.
Das hat mit Irrationalismus zu tun, den ich so manchen attestiere, und der sich auf eine gewisse Unfähigkeit zurückführt, …Mehr
@Anno

Ich weiß gar nicht, ob man da viel von Absichten sprechen kann. Vielmehr glaube ich, daß die Folgen mancher Aussagen, die mittlerweile am laufenden Band fallen, gar nicht ge- und bewußt sind, weil die Basis des Urteils über die Wirklichkeit fehlt bzw. deformiert ist.

Das hat mit Irrationalismus zu tun, den ich so manchen attestiere, und der sich auf eine gewisse Unfähigkeit zurückführt, das letztlich hegelianische Gedankengebäude, das die Philosophie (auch im kirchlichen Umkreis) seit Jahrzehnten beherrscht, und das auf einen faktischen Relativismus hinausläuft, dem nur noch "Moral" bleibt, um irgendwie im Format "Kirchenkonvention" zu bleiben. Es geht um die Anbindung an das absolute Sein, das denkerisch zu durchdringen noch kaum jemandem gelingt. Auch leider Kard. Kasper nicht, der ja früher so manches durchaus nicht so schlechte Buch geschrieben hat, aber zu dieser Grenze der Ganzheit denkerisch nie durchgedrungen ist. Entsprechend löst er ständig nur noch Grenzen auf, weil er die Teile nicht mehr zusammenbringt.

Ich meine also daß hier vielfach gilt, was man immer schon sagte: Wer denkt, muß zu Ende denken. Und das ist sehr mühsam. Die (nicht nur katholische) Philosophie (und Theologie) hat im 20. Jhd. viele Wege aufgemacht, die viele nun nicht mehr mit dem Einen zusammenführen können.

Man müßte es sogar so sagen: Es geht hier auch um sittliche Zustände, Haltungen, Tugenden als (Form-)Voraussetzung fürs Denken. Jeder denkt letztendlich so, wie er als Form ist.

Denken und Form (aus der Liturgie!) sind also zwei entgegengesetzte Richtungen gegangen - das Denken ging voran, die Liturgie (als Formgeberin) löste sich auf. Die daraus erwachsene Form kann dieses Denken nun nicht mehr "einfangen". Das ganz auszuführen geht hier aber zu weit.

Noch aber ein wichtiges Wort als Realitätsrichtung: Die Kirche hat vergessen oder verdrängt, was VERANTWORTUNG heißt, und darauf folgte das Volk. Und das hängt mit einem ganzen Ursachenkomplex zusammen, auch in der Liturgieverdunstung erkennbar. Wir haben heute das, was die Liturgie so lange dargestellt hat, nichts anderes. Samt einem im ganz Persönlichen zentral gewordenen Klerus, was diesen persönlich enorm unter Druck setzt, weil er sich auf objektives Handeln, das "er vollzieht", gar nicht mehr verlassen kann. Der völlig überforderte Klerus versucht also irgendwie "mimisch" zu simulieren, zu "spielen", über dessen objektive Vorhandenheit er sich nicht mehr sicher ist. Also urteilt er auch äußerst weltlich, transzendiert sich nicht mehr auf den logos, das objektive Sinnhafte aus und in Gott hin, das aber nur aus der objektiven Stellung, nicht dem subjektiven Getue in die Welt als Gnaden- und Erneuerungsangebot quillt. Von einer anderen Seite: Funktion, Effekt soll nun das Sein, die Gestalt und deren Dynamik ergeben, nicht umgekehrt ("Agere sequitur esse" gilt aber immer noch!)

Die mangelnde Väterlichkeit, Männlichkeit, die hinter dem Verantwortungsverlust steht, hat mit mangelnder ÜBERantwortung zu tun, mit der Stellung und Anforderung des Klerus ("Pater; Hl. Vater" etc. etc.) in der Kirche. Sie hat mit "Eigentum" (als das, für deren Vollkommenheitsgelingen ich zur Rechenschaft gezhogen werde) zu tun, mit dem "auf den Klerus Hinschreiben" des Volkes, mit seiner Kopfhaftigkeit, dem Auf-das-Volk-Hinschreiben des Klerus.
Antal Gördele
Antal Gördele
@Anno - Welche Teile meinen Sie konkret? Die vieldiskutierten Passagen über die Zulassung "Wiederverheirateter Geschiedener" zur Kommunion?
Die sind gar kein Gnadenakt der Barmherzigkeit. Grundsätzlich kann ein solcher Gnadenakt der Kirche keine bestehende Ordnung einfach auslöschen, um eine neue zu schaffen. Auch meine Ausführungen betreffen ja lediglich die Wiederaufnahme in eine bestehende, …Mehr
@Anno - Welche Teile meinen Sie konkret? Die vieldiskutierten Passagen über die Zulassung "Wiederverheirateter Geschiedener" zur Kommunion?

Die sind gar kein Gnadenakt der Barmherzigkeit. Grundsätzlich kann ein solcher Gnadenakt der Kirche keine bestehende Ordnung einfach auslöschen, um eine neue zu schaffen. Auch meine Ausführungen betreffen ja lediglich die Wiederaufnahme in eine bestehende, verletzte Ordnung, was aber vom Täter klar als solche erkannt und in der Hoffnung auf Vergebung und Wiedereingliederung abgelehnt werden muß. Sonst ist auch ein Ablaß, ein Erlaß der Sündenstrafe gar nicht möglich.

Das Wesen des Menschen ist ehelich. Das ist ein antropologischer, ontologischer Tatbestand. Die Ehe nimmt im Getauften ihre Vollgestalt an - EIN Fleisch, also auch EINE gemeinsame, reale Aufgabe. Das passiert mit einem einmaligen Willensakt und kann sich nur einmal und nur auf einen andersgeschlechtlichen Menschen (als Person) beziehen. Das ist auch nicht mehr auslöschbar, es hat unzerstörbaren Charakter, und steigt bindend und prägend durch alle Ebenen des Menschseins. Unser Sprachgebrauch ist daher in vielem nicht nur ungenau, sondern eigentlich falsch. Im eigentlichen Sinn GIBT es gar keine Scheidung, sie ist nur eine Art "modus vivendi", für beide Beteiligten. (Die alte katholische "Trennung von Tisch und Bett" trifft es also viel besser.)

Auch ein beschleunigtes Annullierungsverfahren, das in jedem Fall nur eine nie gültig geschlossene Ehe (wofür es mehrere Gründe geben kann; ein rein bewußtes "Wissen" um theoretische Ehefolgen gehört übrigens nicht dazu) als Bezugspunkt haben kann, kann als Barmherzigkeitsakt dann verstanden werden, wenn die Wahrhaftigkeit der Annullierungsprüfung nicht darunter leidet. Es kann darin nur um Ausschaltung von unnötigen bürokratischen Hürden gehen, die - das wäre dann Barmherzigkeit - ein solches Verfahren bisher (und ich kenne solche Fälle) so lange und unbotmäßig hinausgezogen haben, daß es die Lebensführung der Betroffenen, wo sie in einer unhaltbaren Situation einer Scheinehe festgehalten blieben, schwer beeinträchtigt hat. Z. B. weil sie keinen "richtigeren" Lebensentwurf fortsetzen konnten. (Z. B. für eine diesmal richtige Eheschließung zu alt wurden.) Bleiben natürlich die "politischen Signale", denn die Außenwirkung dieser Verkürzung dürfte von manchen als "katholische Schnellscheidung" angesehen werden. Das muß man natürlich auch sehen, und es wäre fatal. Denn es gibt wie gesagt gar keine Scheidung einer Ehe. Aber ansonsten könnte man diese Beschleunigung als "Akt der Barmherzigkeit" bezeichnen, wie gesagt aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Es bleibt also in jedem Fall das Keuschheitsgebot bei NICHT-Ehe, wie Joh. P. II. es sehr richtig formuliert hat. Und eine standesamtliche "zweite" Ehe ist rein natürlich schon gar keine Ehe. Um die Anerkennung dieser Ordnung geht es ja, anders ist Gnade gar nicht möglich, es wäre bestenfalls vermessenes Spekulieren auf ein Wunder. Auch wenn aus rein praktischen Gründen eine faktische Auslösung einer neuen Lebensgemeinschaft nur noch mehr Leid bewirken würde. Das Fallen ist dabei gar nicht das Problem, das unterläge der Beichte. Es geht um die Anerkennung der (ersten) Ehe. Und natürlich das Problem der Öffentlichkeit einer Ehe, ein Problem das meist völlig unterschätzt wird. Denn die Ehe IST ein Akt zweier Menschen MIT der Gemeinschaft/Gesellschaft (und Kirche ALS Gesellschaft). Hier sind Irritationen kaum vermeidbar. Und sehr viele kaum oder nur sehr schwierig zu lösende Fragen tauchen da auf, viele davon betreffen zumindest gegen die Demut.

Heiratet jemand zivilrechtlich "wieder", nach "Scheidung", lebt er also im Grunde in Polygamie, damit Ehebruch. Wo soll da gnädige Barmherzigkeit einsetzen, was soll sie "herstellen"? Gratia supponit naturam - die Gnade kann nur eine (ontologisch fundierte) Natur (also deren Wahrheit) in die Vollgestalt überhöhen, die sowohl Natur wie Übernatur zu einem Ganzen schmilzt.

Die Ehe setzt auch so anfänglich im Menschsein an, daß es keinen späteren "speziellen Umstand" geben kann, der sie übertrifft. Und es ist in jedem Fall aus besagten Gründen unzureichend, subjektives "Gewissen" anzuführen, weil es bei der Ehe ein rein internes Forum und damit völlige rein subjektive Gewißheit gar nicht geben kann - sie ist kein rein subjektiver Akt, das Gewissen dafür entsteht nicht einfach subjektivistisch, sondern es braucht die Setzung durch das vermittelte Wissen (Ordnung) Gottes - durch ein herangetragenes Außen also. Und dafür hat die Kirche auch ein geregeltes Procedere, etwa das Annullierungsverfahren.

Der Verweis auf die Orthodoxen Kirchen, die eine "Zweitehe" kennen, ist wenig zielführend. Weil deren Sakramentenverständnis speziell bei der Ehe, aber auch bei der Kirche (das umstrittene "filioque" der Katholiken ist gerade in der Sakramentenauffassung real viel weitreichender als das aktualistischere "nur vom Vater" der Orthodoxen, als manche glauben) abweicht. Aber das auszuführen würde hier zu weit führen.

Ein Ablaß für die aus Ehebruch folgenden zeitlichen Strafen ist also in jedem Fall an dieselben Bedingungen wie der Ablaß überhaupt gebunden. Er muß getragen sein von allem, was Sünde und Beichte überhaupt betrifft. Er kann (wie die Vergebung etc.) erhofft werden, wenn der Wille den Ehebruch NICHT (mehr) zu begehen vorhanden ist.

Daß das alles heute in der völlig ausufernden faktischen Lebenspraxis oft schwer zu entwirren ist soll nicht bestritten werden.

In Amoris Laetitia wird m. E. aber die notwendige prinzipielle Unterscheidung nicht ausreichend getroffen, ja es wird sogar tendentiell so getan, als könne die Kirche eine neue göttliche Ordnung setzen oder erfinden, oder als wäre die göttliche Ordnung gar nicht so wichtig. (Und die Aufnahme bei den Menschen ist auch so.) Das kann die Kirche aber nicht!

Die Liebe, unter die manches angeblich gestellt wird, ist unglaubwürdig weil unmöglich - man kann nur ein GUT lieben. Es gibt keine Liebe ohne Wahrheit. Nur wer die Wahrheit ehrlich sucht, wer die Ordnung sucht, kann auch Barmherzigkeit erfahren. Der verlorene Sohn ist nur zurück in jene Ordnung gestellt, in der der andere Sohn immer stand. Deshalb ist auch sonst noch vieles, was uns seit geraumer Zeit als "Barmherzigkeit" vorgestellt wird, einfach keine Barmherzigkeit, weil es die göttliche Ordnung oft regelrecht fragwürdig macht. Besonders tragisch, unwahr-lieblos und zynisch dabei: die vorgeblich so "barmherzige Pastoral für Homosexuelle", die die Betroffenen sogar noch in ihre Qual hinabdrückt und jeder Hoffnung auf Ausweg beraubt. (Besonders erhellend dazu die Homepage von Joseph Sciambra. Googeln Sie danach.)

Also gibt es Liebe nur für die göttliche Ordnung, und Barmherzigkeit bei der bereitwilligen Gewährung, dem der zurück will zu ihr zurück zu helfen. Alles andere wäre Zynismus. Und dieser Verdacht muß für so maches, was als "Barmherzigkeit" in diesem Jahr dargestellt wurde, gelten. Auch ein Ablaß schafft keine Ordnung, die eine alte ignoriert, im Gegenteil: Er bekräftigt diese sogar, macht die Bedingungen des Gewährens des Wiedereintritts in diese aber gnädiger, rascher, leichter.

Es gibt nur einen Gnadenakt der Kirche, der hier ein wenig ausbricht, und das betrifft die (sehr seltene) kirchliche gnadenhafte Aufhebung einer Ehe. Z. B. bei Ehen, die nicht konsumiert wurden. Hier wurde jeweils die reale Vollform der Ehe nie gewirklicht, das "Ding" Ehe hängt gewissermaßen unvollkommen in der Luft, wurde nie ganz real. (Zumal die Ehe überhaupt gar nicht auf "Mann/Frau", sondern auf "Vater/Mutter", die volle Realität des Mann-/Frauseins, abzielt, erst dann ist sie ganz. Kinderausschließung ist ja deshalb sogar ein Annullierungsgrund: so eine Ehe ist nie zustandegekommen.) IST eine Ehe aber dann überhaupt, wenn sie nicht vollzogen wird? Eben nicht so wirklich. Hier entscheidet die Kirche tatsächlich aus Gnade, und löscht den unvollendeten und unvollendbaren Anfang, weil die Gestalt des Sakraments nie ganz wirklich wurde. Sie gräbt das Fundament wieder aus, auf dem nie ein Haus stand.
Antal Gördele
Ein wenig um den heißen Brei herumgeredet, das ganze. Ich erlaube mir den Versuch, das während meines Vormittagskaffees ein wenig zu ergänzen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber in der Hoffnung, das Wesentliche besser zu treffen als Nerlinger es im Interview m. E. tat.
Jede Sünde ist ein Verstoß gegen die Vorsehung Gottes, also den in ihm beschlossenen und gewollten Plan mit der Schöpfung. …Mehr
Ein wenig um den heißen Brei herumgeredet, das ganze. Ich erlaube mir den Versuch, das während meines Vormittagskaffees ein wenig zu ergänzen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber in der Hoffnung, das Wesentliche besser zu treffen als Nerlinger es im Interview m. E. tat.

Jede Sünde ist ein Verstoß gegen die Vorsehung Gottes, also den in ihm beschlossenen und gewollten Plan mit der Schöpfung. Sie hinterläßt in diesem Plan gewissermaßen ein "Loch", Gott muß "umdisponieren". (Eine Verbildlichung, bitte nicht direkt so sehen; aber wir Menschen können nicht anders denken als durch Anschaulichkeit, und in der erbsündlichen Gebrochenheit auch in deren Gebrochenheit.) Dieses Loch ist objektiv da, während die Buße und die Vergebung ja nur die subjektive Seite der Sünde ist.

Zur Wiedereingliederung in die Gemeinschaft der societas perfecta, der Kirche als gesamter Ordnung (auch mit den armen Seelen, mit allen Getauften eben) gemäß bzw. in Gottes Plan (dem Sein selbst) braucht es eine objektive Gutmachung, die den Einzelnen wieder in diese Gemeinschaft hineinhebt, von beiden Seiten her.

Dieser Akt ist auch stellvertretend möglich, und zwar überall dort, wo der Mensch zugehört, wo also "pars pro toto" einer für alle sprechen kann, ohne den Einzelnen zu ersetzen. Er spricht nur auch für ihn. Darin liegt ja die Erlösungsleistung Christi, der als Mensch für alle Menschen handelte - wir müssen uns nur darein, in dieses Menschsein Christi eingliedern wollen. Also kann auch einer für alle leiden. Dieser Gedanke ist tatsächlich alt wie die Menschheit. Aber es geht nie ohne den letzten Rest der Individualität, das eigene Ich- bzw. Selbstsein, das erst ganz in diesen Sühnenden einbindet.

Diese individuelle (oder von mehreren Individuen repräsentierte) Sühne (es gibt ja auch Kollektivstrafe/-sühne) leistet die Strafe, die deshalb immer mit dem Vergehen korrespondiert, in der Art wie in der Schwere. Sie wird damit zur Sühne, die an Schmerz des Bestraften das
ausleiden soll, was der Täter an Schmerz der objektiven Wahrheit (Gott) und der objektiven Gemeinschaft zugefügt hat. Sie muß deshalb auch zeitlich sein, weil der Mensch ja in der Zeit sündigt, ja gewissermaßen die weltliche Zeit durch die Sünde herstellt. (In der Vollendung gibt es keine weltliche Zeit.) Der Schmerz der Strafe ist das "Wiedereintrittsgeld" in die volle Gemeinschaft, der auch von der Gemeinschaft her das "vergeben und vergessen, alles ist wieder gut, du gehörst wieder ganz zu uns" folgen muß. Und deshalb war immer der Strafakt öffentlich, vor jenem Forum, aus dem man durch die Sünde ausgetreten ist. Strafe ist deshalb immer Sühne. (Das ist dann das, was die armen Seelen im Fegefeuer leiden: den zeitlichen Schmerz der Strafe zur Wiedereingliederung, die nach Ableistung gewährt wird.)

Deshalb obliegt es auch der Binde- und Lösegewalt der Kirche (als dieser Gemeinschaft, auch mit Gott), diese Strafe in einem Akt der Barmherzigkeit zu erlassen, d. h. eigentlich: den vollen Wiedereingliederungsakt deutlich zu reduzieren. So wie der König/Präsident etc. einen Gnadenakt setzt und den Straftäter vorzeitig freiläßt.

Dieser Akt hat eben zwei Seiten: Die subjektive Haltung, als den Willen nicht mehr zu sündigen, denn das muß natürlich sein, sonst will man ja diese Barmherzigkeit gar nicht. Zeitlich. Zu der deshalb auch die Wiedergutmachung gehört, soweit das geht, die von der Strafe zu trennen ist, die Reue, die Vergebung. Es braucht also die Beichte zuvor. Und die objektive, aber deutlich reduzierte Sühneleistung (als Gnadenvermittlung) FÜR die Kirche als (marianischen) Gnadenort (Gebete für den Papst als Prinzip der Einheit und damit der Kirche; Besuch der Gräber; Schreiten durch das aufgestellte Tor; etc. etc.) als Haltung, die die völlige Einheit mit der Kirche wieder her- und darstellt und damit vollzieht.

Aber eines ist klar: Das KANN ein Protestant gar nicht akzeptieren. Denn es würde seine gesamte (nicht vorhandene) Metaphysik in Frage stellen, in der die Zeitlichkeit selbst ja wertlos geworden ist.
Josephus
Ach ja, der Ablass. Den Wissenden beglückt er, den Zweifelnden und Unwissenden geht ein ungeheurer Schatz verloren.