Nicky41
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Das Marienlob des heiligen Franziskus

Ein Gruß an die Gottesmutter

Der heilige Franz von Assisi hatte vom Augenblick seiner Bekehrung an keinen anderen Wunsch, als das Evangelium Wort für Wort in sein Leben zu übersetzen.

Das Beispiel Jesu ließ ihn ganz arm werden. Das Beispiel Jesu machte ihn zum Friedensstifter. Das Beispiel Jesu veranlasste ihn, die Menschen zu Buße und Umkehr zu ermahnen. Das Beispiel Jesu führte ihn zu den Kranken. Das Beispiel Jesu ließ ihn in der Liebe wachsen. Das Beispiel Jesu öffnete ihm die Augen für die Wunder von Gottes Schöpfung. Das Beispiel Jesu lehrte ihn beten.

Diese innige Beziehung zum Herrn wirkte sich aus in der Liebe zur Kirche, sowohl als dem Haus Gottes als auch auf die Gemeinschaft der Gläubigen mit ihren Hirten. So wie er die Kapellen rund um Assisi erneuert hat, so führte sein Gehorsam zu einer Erneuerung der Kirche seiner Zeit. Wer wie Franziskus dem Beispiel des Herrn folgen möchte, der findet auch zur Mutter des Herrn, zu Maria. Jesus hat sie all seinen Jüngern, der ganzen Kirche zur Mutter gegeben. Franz von Assisi hat seine Liebe zur Mutter des Herrn und seine innige Verehrung für sie in folgendem Gebet ausgedrückt :

Sei gegrüßt Herrin,

heilige Königin, heilige Gottesmutter Maria,

die du zur Jungfrau Kirche gemacht worden bist

und erwählt wurdest

vom heiligen Vater im Himmel,

die er geweiht hat

mit seinem heiligsten geliebten Sohn

und dem Heiligen Geiste, dem Tröster ;

in ihr war und ist

alle Fülle der Gnade und jegliches Gute.

Sei gegrüßt, du sein Palast,

sei gegrüßt, du sein Gezelt,

sei gegrüßt, du seine Wohnung,

sei gegrüßt, du sein Gewand,

sei gegrüßt, du seine Magd,

sei gegrüßt, du seine Mutter.

Und seid gegrüßt, ihr heiligen Tugenden,

alle, die durch die Gnade und Erleuchtung

des Heiligen Geistes

in die Herzen der Gläubigen eingegossen werden,

um sie aus Ungläubigen

zu Gott getreuen Menschen zu machen.


So wie der Engel Gabriel auf Maria mit einem Gruß zutritt, so beginnt Franz von Assisi sein Gebet.

Bevor er aber ihren Namen ausspricht, nennt er sie Herrin, Königin und Gottesmutter. Darin liegt eine Steigerung. Er, der Arme von Assisi, wendet sich an seine Herrin, die über ihn befehlen kann; an seine Königin, die ihm Gnade bei Gott erwirken kann wie Königin Esther am persischen Hof; an die Gottesmutter. Damit spricht Franziskus den höchsten Ehrentitel aus, den Maria besitzt. Denn Gott hat sie zur Mutter seines Sohnes erwählt. Die einzigartige Erwählung Marias macht sie förmlich zur Kirche, denn sie hat den Heiland unter ihrem Herzen getragen. Alle Gnade besitzt Maria, so hat es auch der Engel Gabriel in der Stunde der Verkündigung im Hause Nazareth formuliert. Alles Gute sehen wir in Maria verkörpert. Sie ergibt sich in Gottes Willen. Sie kann sich ganz zurücknehmen und sich in den Dienst Gottes stellen. Sie ist die große Beterin und sie geht den Kreuzweg mit. Sie steht unter dem Kreuz.

Wenn Franziskus das alles bedenkt, dann veranlasst ihn das zu kindlicher Freude. Immer wieder möchte er Maria grüßen. Sie, die den Heiland unter ihrem Herzen getragen hat, war ihm Wohnung, war ihm Zelt, war ihm Palast. Franz von Assisi nennt Maria „du sein Gewand“. Könnte man die innige Beziehung von Mutter und Kind noch besser ausdrücken ? Maria hat sich selbst die „Magd des Herrn“ genannt und ihre Base Elisabeth bezeichnet sie erstmals als Mutter des Herrn. Die Magd des Herrn wird, weil sie Gottes Willen annimmt, zur Mutter des Herrn. Im letzten Teil des Gebetes macht Franziskus einen großen Sprung von Maria zu allen Gläubigen, indem er im Blick auf all die Tugenden, die die Gottesmutter auszeichnen, die Bitte ausspricht, dass diese Tugenden durch die Gnade Gottes und das Wirken des Heiligen Geistes in den Herzen der Gläubigen wirksam werden mögen. Nur so sieht er eine Chance, dass aus Ungläubigen gottgetreue Menschen werden. Als Ungläubige sieht Franziskus nicht die Heiden, sondern jene Christen, die zwar getauft sind, aber ihren Glauben nicht leben, ihn nicht zur Tat werden lassen. Sie will Franz von Assisi nicht aus den Augen verlieren, und wir sollten es ebenso halten.

(Ludwig Gschwind, Maria dich lieben)