Afghane Abdul D. (angeblich 15) erstach Mia (15): Welche Strafe droht dem Messer-Killer?

BILD sprach mit drei Rechtsanwälten über den Fall

Von: Niclas Renzel

Berlin – Mias (15) erste Teenager-Liebe endete mit ihrem Tod: Der Flüchtling Abdul D. (angeblich 15) erstach die Schülerin am Mittwoch in einem Drogeriemarkt in Kandeln (Rheinland-Pfalz) mit einem 20 Zentimeter langen Küchenmesser.

Nach der Tat wurde er von Kunden des Ladens festgehalten, bis die Polizei eintraf. Mit dem Mädchen soll er den Ermittlern zufolge eine Beziehung geführt haben, die über mehrere Monate gegangen sei. Anfang Dezember kam es dann zur Trennung: Mia wollte nicht mehr mit D. zusammen sein, der das aber offensichtlich nicht akzeptieren.

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► Die Eltern des Opfers hatten Abdul D. Mitte Dezember 2017 wegen Beleidigung, Nötigung und Bedrohung angezeigt.

► Nach Darstellung der Polizei soll er Mia nach Ende der Beziehung über soziale Netzwerke und telefonisch immer wieder belästigt haben. Auch habe er gedroht, er wolle Mia „abpassen“. 

► Die Polizei machte am 17. Dezember eine Gefährderansprache. Einen Tag später gab es ein Gespräch in der Schule. Das sei standardmäßiges Vorgehen in einem solchen Fall, so die Ermittler.

Gegen D. erging Haftbefehl wegen Totschlags, er sitzt in Untersuchungshaft. Die Ermittler wollen auch prüfen, ob Mord als Vorwurf infrage kommt. Die Höchststrafe liegt in beiden Fällen im Jugendstrafrecht bei zehn Jahren. Abdul D. hat sich laut Staatsanwaltschaft bislang nicht zu der Tat geäußert.

BILD sprach mit drei Strafrechtsexperten über den Fall und fragte, welche Strafen auf den Tatverdächtigen zukommen können.

Das droht dem Messer-Killer

In Deutschland sind Personen ab dem Alter von 14 Jahren strafmündig. Bis zum Alter von einschließlich 17 Jahren gelten Verdächtige vor Gericht als Jugendliche, zwischen 18 und 21 Jahren als Heranwachsende.

► Im ersten Fall droht bei einer Verurteilung wegen Mordes eine Maximalstrafe von zehn Jahren, bei Totschlag sind es maximal fünf Jahre. Im zweiten Fall ist bei Mord eine Maximalstrafe von 15 Jahren möglich, bei Totschlag wiederum liegt sie bei zehn Jahren.

Was für eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht spräche: „Der Verdächtige ging noch zur Schule, wohnte in einer betreuten Wohngemeinschaft, hatte also keinen eigenen Hausstand – dies spräche für eine Beurteilung nach Jugendstrafrecht“, so Dr. Matthias Losert, Anwalt für Strafrecht.

Bei Jugendlichen würde außerdem eine erzieherisch ausgestaltete Jugendstrafe gebildet. Das heißt im Klartext: Der Verurteilte kann eine Ausbildung in der Haft machen. Und: „Eine Entlassung zur Bewährung ist schon nach der Hälfte der Strafe möglich“, sagt Hans Reinhardt, Anwalt für Strafrecht.

Unklar ist allerdings, ob D. wirklich 15 Jahre alt ist. Seit Ungereimtheiten in einem früheren Fall sind Ermittler bei Altersangaben skeptisch. Zuletzt war das beispielsweise im Fall Hussein K. so: Der mutmaßliche Mörder der Studentin Maria L. (†19) behauptete, jünger zu sein, als er in Wirklichkeit war – das angegebene Alter zum Tatzeitpunkt war 17, die Ermittler allerdings vermuteten, dass es bei 33 Jahren lag.

Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht?

Wird im aktuellen Fall nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt, würden auch die Strafen höher ausfallen. Die Maximalstrafe in diesem Fall: Lebenslänglich! Nach 15 Jahre wird allerdings geprüft, ob der Verurteilte vorläufig entlassen werden kann. So will es das Gesetz: „Laut Urteil des Bundesgerichtshof muss auch der übelste Mörder ein Recht auf Resozialisierung haben“, so Arndt Kempgens, Anwalt für Strafrecht.

„Bei besonderer Schwere der Schuld, die meines Erachtens hier nicht vorliegt, wären bis zu 25 Jahre möglich“, sagt Losert. Auch dann wird eine etwaige Entlassung überprüft. Für ein Verfahren wegen Mordes spricht: „Der Täter hat offenbar aus Eifersucht gehandelt und damit ein Mordmerkmal erfüllt: niedere Beweggründe“, so Losert weiter.

Dass der Täter ein 20 Zentimeter langes Küchenmesser dabeihatte, ist allerdings rechtlich unerheblich. Genauso wie die Frage, ob der Tatverdächtige mit Tötungsabsicht zum Opfer kam oder sich erst kurz vor dem tödlichen Angriff zu der grausamen Tat entschloss.

„Die Frage ist: Hat er die Arg- und Wehrlosigkeit des Mädchens ausgenutzt, war sie sich des Angriffs bewusst? Falls nicht, wäre auch das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt“, so Kempgens.

Da die Tat in Deutschland begangen wurde, gilt das Tatortprinzip. Das heißt, dass die Strafe auch in Deutschland verbüßt werden muss. Außerdem besteht mit Afghanistan kein sogenanntes Vollstreckungsabkommen – das bedeutet, der deutsche Staat kann nicht sicher sein, dass der Verurteilte seine Strafe dort auch wirklich absitzen muss.

„Da eine erhebliche Straftat vorliegt, würde der Täter nach Verbüßung der Strafe abgeschoben werden müssen – sofern die politischen Grundlagen für eine Abschiebung gegeben sind“, sagt Reinhardt.

Im Normalfall aber wird schon vorher das Abschiebeverfahren eingeleitet: „Er ist illegal in Deutschland, genießt also kein Asylrecht. Deshalb ist die Abschiebung zwingend, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vorliegt“, so Reinhardt weiter.

Das heißt: Er bliebe so lange in Haft, bis die Abschiebung durchgeführt wird. „Das bedarf der Zustimmung der Staatsanwaltschaft. In der Regel stimmt diese nach der Hälfte der verbüßten Strafe zu“, erklärt Reinhardt.

D.s Leben in Deutschland

Teaser-Bild

Foto: info.BILD.de

D. kam im April 2016 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling illegal nach Deutschland, ist derzeit Asylbewerber. Polizeilich erfasst war Abdul D. nicht nur wegen seiner illegalen Einreise – sondern auch wegen Körperverletzung bei einer Schlägerei auf einem Schulhof im November 2017. 

Laut Ermittlern war er mit einem Jugendlichen in Streit geraten, Beleidigungen wurden ausgesprochen. Dann soll Abdul D. seinen Widersacher mit Faustschlägen verletzt haben.

Von Mai 2016 bis September 2017 war Abdul D. im Kreis Germersheim in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht gewesen, danach wurde er nach Neustadt an der Weinstraße verlegt (circa 30 Kilometer von Kandel entfernt). Dort lebte er in einer betreuten Jugendwohngruppe.

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