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Neuer Pfarrer in Heilig Kreuz

Wirken auf Augenhöhe

Münster

Der neue Pfarrer von Heilig Kreuz, Stefan Jürgens, weiß, worauf er sich einlässt: auf postmoderne Menschen, die ihre Freiheit lieben, wie er im Einführungsgottesdienst erklärte.

Klaus Möllers

Mit viel Zuspruch aufgenommen wurde Stefan Jürgens (l.) bei seinem Einführungsgottesdienst in der Heilig-Kreuz-Kirche. Eingeleitet hatte ihn Stadtdechant Jörg Hagemann (r.) in der sehr gut besuchten Kirche.
Mit viel Zuspruch aufgenommen wurde Stefan Jürgens (l.) bei seinem Einführungsgottesdienst in der Heilig-Kreuz-Kirche. Eingeleitet hatte ihn Stadtdechant Jörg Hagemann (r.) in der sehr gut besuchten Kirche. Foto: Oliver Werner

Viel wisse er noch nicht von der Pfarrgemeinde Heilig Kreuz, gab Stefan Jürgens freimütig zu. Aber er wisse, was für die Zukunft wichtig sein könnte, so der neue Pfarrer am Schluss seiner Einführungsmesse am Sonntag. Und als er die Besucher vom Altarraum aus fragte: „Machen Sie mit?“, fiel die Antwort auf seine Vorschläge deutlich aus: Es gab großen Applaus für ein klares „Ja“.

Bis dahin hatte Jürgens als Nachfolger von Pfarrer Thomas Frings, der die Gemeinde im April verlassen hatte, wesentlich skizziert, wie er Kirche, Gemeindeleben und eine „Säkularisierung des Glaubens“, also die Verweltlichung, sieht. „Gott ist auch säkularisiert. Er hat sich selbst total verweltlicht. Jesus ist in die Welt gegangen – weltlicher geht es nicht.“

Mit dieser Einschätzung sprach Jürgens, der bisher Pfarrer in Stadtlohn war und sich selbst als „totales Landei“ bezeichnete, Eigenschaften an, von denen er als charakteristisch für die Menschen in Heilig Kreuz gehört habe. Die seien nämlich „ganz schön säkularisiert“. Das Kreuzviertel – Mittelpunkt der Gemeinde – sei ein „postmodernes Umfeld“ und „der postmoderne Mensch liebt seine Freiheit über alles“, erklärte Jürgens. Viele Menschen seien hochgradig individualisiert und misstrauten jeder Autorität, die Wahrheit beanspruche. Der 48-Jährige empfahl Geduld miteinander anstelle einfacher, schneller oder gar keiner Antworten.

Jürgens feierte den ersten Gottesdienst unter seiner Leitung zusammen mit dem Seelsorgeteam aus Heilig Kreuz und Stadtdechant Jörg Hagemann. Priestern, Pastoralreferenten und dem Pfarrbüro dankte Hagemann, dass sie „die Zeit der Vakanz“ im Pfarramt so gut überbrückt hätten.

Die Messe am Sonntagvormittag war sehr gut besucht. Es waren zusätzliche Holzklappstühle in den Seitenflügeln aufgestellt worden. Dennoch mussten etliche Leute während des rund eineinhalbstündigen Gottesdienstes stehen. Möglicherweise hatte man gar nicht mit einem solchen Zustrom gerechnet.

Zur gesunkenen Zahl von Gottesdienstbesuchern bezog Pfarrer Jürgens Stellung: „Die Zeiten haben sich geändert“, sagte er. „Die Zeiten der vollen Kirchen sind vorbei.“ Aber er wisse von einer „sehr lebendigen Kerngemeinde“ in Heilig Kreuz. Der Geistliche zog einen Vergleich mit der „Speisung der 5000“ aus dem Neuen Testament heran, wonach so viele Menschen zur Brotvermehrung kamen aber bloß 72 als Jünger losgeschickt wurden, um die Botschaft zu verbreiten. „Nur mit zwölf Jüngern feierte er Eucharistie.“

Ihm sei „Persönlichkeit“ wichtiger, als „von oben nach unten“ zu agieren, erklärte Jürgens. Die Gemeinde solle als Gemeinschaft „Identität nach innen und Offenheit nach außen“ leben. Der Pfarrer schlug „ein Alleinstellungsmerkmal für Heilig Kreuz“ vor: die Gemeinde als „Schlupfloch der Barmherzigkeit“. Verbunden mit einem „Denken und Wirken auf Augenhöhe“.

Drei Fragen an: Pfarrer Stefan Jürgens

Spielt es eine Rolle für Sie, dass Ihr Vorgänger Thomas Frings sein Amt aufgab, weil er die Kirche als zu wenig zukunftsorientiert sah?

Jürgens: Ich fange hier vorbehaltlos an, ohne von dem auszugehen, was vorher war. Man muss alle Gelegenheiten suchen, um mit den Menschen in Kontakt zu treten.

Frings hat kritisiert, dass viele Gemeindemitglieder die Gottesdienste nicht besuchen, aber den Service – etwa Trauungen und Taufen – gerne wahrnehmen.

Jürgens: Ich kann mit diesem Service-Gedanken gut leben. Ja, es gibt Menschen, die nur die rituellen Gelegenheiten suchen. Aber man muss mit Ihnen so umgehen, dass Sie die Nähe Gottes suchen.

Wie haben Sie die Gemeinde bisher erlebt?

Jürgens: Sehr offen, sehr freundlich und reflektiert. Es wurden mir schon am Anfang viele kluge Fragen gestellt. Ich bin sehr zufrieden.