Lastenausgleichs-Gesetz wie nach dem Zweiten Weltkrieg: Gabriel fordert Vermögens-Umverteilung nach Coronakrise

Quelle: BILD

Es wird eine Zeit nach der Corona-Krise geben. Und schon jetzt stellt sich die Frage, wie Deutschland die enormen Kosten, die in der Krise entstanden sind, stemmen kann.

Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel (60) bringt nun einen Lastenausgleich ins Spiel: „Wir stehen vor einer dramatischen Entwicklung in unserer Wirtschaft.“

Deswegen fordert er: „Unsere Eltern und Großeltern haben schon mal eine Lösung finden müssen - die nannten wir ‚Lastenaustausch‘. Darüber muss man dann öffentlich reden.“

Gabriel sei besorgt, dass Deutschland mit einem großen Schuldenberg in die Zukunft gehe, gleichzeitig aber auch große Aufgaben vor sich habe, für die viel Geld benötigt würde: „Und meine Angst ist, dass wir all das vergessen, was wir jetzt gesagt haben – und am Ende wieder bei sozialen Kürzungen landen.“ Mit Blick auf die Zeit nach Corona erklärt Gabriel: „Es kann schon sein, dass es zu einem solchen Lastenausgleich kommen wird. Da ist dann aber nicht nur die Politik dran beteiligt, sondern sehr viele Menschen und auch die, die weit mehr verdienen als jeder Abgeordnete des Deutschen Bundestages.“

Beim Thema Lastenausgleich habe man in Deutschland ein sehr gelungenes Vorbild, auf das man stolz sein könne: „Lastenausgleich – also dass der, der starke Schultern hat in der schwersten Krise, die das Land seit seiner Gründung zu bestehen hat, etwas mehr dazu beiträgt, das Land wieder aus der Krise rauszuholen, als er das normalerweise tun muss“, sei ein gutes Konzept.

Zur Erinnerung: Nach dem Ende des 2. Weltkriegs gab es 1952 einen Lastenausgleich. Damit sollte vor allem den Opfern von Bombardierungen, Vertreibung und Währungsreform geholfen werden. Das Geld wurde von den Bürgern bezahlt, die ihren Besitz im Krieg nicht verloren haben.

Konkret wurden alle Vermögen über 5000 D-Mark mit einer Abgabe in Höhe von 50 Prozent belastet - die Zahlungen allerdings über 30 Jahre gestreckt. Am Ende kamen etwa 150 Milliarden D-Mark zusammen.

Historiker Winkler: „Es wird eine Umverteilung großen Stils notwendig sein“

Ganz neu ist die Idee nicht. Auch der renommierte Berliner Historiker Heinrich August Winkler erwartet gravierende Auswirkungen der Corona-Krise auf die deutsche Gesellschaft.

„Es wird im Zuge dieser Krise zu einer der größten materiellen Herausforderungen der deutschen Nachkriegsgeschichte kommen“, sagte der Geschichtsprofessor der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ Ende März.

„Die Geldsummen, um die es geht, dürften mit denen der deutschen Einheit vergleichbar sein. Es wird eine Umverteilung großen Stils notwendig sein, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu mildern“, äußerte Winkler, der am 8. Mai 2015 die Rede im Bundestag zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs hielt.

Der Historiker bezieht sich bei der Bewältigung der Folgeschäden auf den Lastenausgleich nach 1945.

„Zu vergleichen ist das nur mit dem Lastenausgleich zugunsten der Vertriebenen und Ausgebombten nach dem Zweiten Weltkrieg“, sagte Winkler, der bis 2007 an der Humboldt-Universität in Berlin lehrte und forschte.

Winkler fordert: „Es muss zu steuerlichen Belastungen derer kommen, die von der Krise wirtschaftlich weniger stark betroffen sind oder gar von ihr profitieren.“

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