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Ausland Sexismus

"Vagina-Streit" entzweit das türkische Parlament

Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan (r.) und sein Vize Bülent Arinc (l.) werden auf Twitter und Facebook heftig kritisiert Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan (r.) und sein Vize Bülent Arinc (l.) werden auf Twitter und Facebook heftig kritisiert
Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan (r.) und sein Vize Bülent Arinc (l.) werden auf Twitter und Facebook heftig kritisiert
Quelle: AFP
Darf eine verheiratete Frau und Abgeordnete des türkischen Parlaments das Wort „Vagina“ verwenden? Nein, findet der türkische Vizepremier – und löst so eine hitzige Debatte über Sexismus aus.

Nachdem Aylin Nazliaka, Abgeordnete der Oppositionspartei CHP, die Pläne der türkischen Regierung für ein Abtreibungsverbot im Sommer diesen Jahres mit dem Begriff „Vagina“ kritisiert hatte, ist Monate später in der Türkei eine Debatte entbrannt: Bülent Arinc, Vizepremierminister der Türkei, schäme sich für das Wort, verkündete er jüngst im Parlament.

Die Politikerin hatte wörtlich gesagt: „Der Premierminister soll aufhören, Wächter der Vagina zu sein.“

Anfang dieser Woche griff der Vizepremier Arinc im Parlament die Äußerung auf: Er sei „im Boden versunken“, als die Abgeordnete das Wort „Vagina“ verwendete.

„Als wir über das Thema Abtreibung sprachen, haben Sie ein Wort verwendet, dass mein Gesicht erröten ließ. Geschämt habe ich mich – und ich bin in den Boden versunken. Wie kann eine verheiratete Frau und eine Abgeordnete mit Kindern über ihr eigenes Organ so offen sprechen? Wie kann sie aufgrund dessen nicht erröten?“

„Sexistische“ Rede des türkischen Vizepremiers

Während ihrer Replik bei der Haushaltsdebatte schaute Nazliaka wiederum Arinc direkt an. Der störte sich an den Blicken und bat die Parlamentarierin zum Parlament zu sprechen. Dabei bezeichnete Arinc die Abgeordnete als „weibliche“ Abgeordnete. Im Türkischen gibt es das Wort „Abgeordneter“ nicht in weiblicher Form. Es existieren auch keine Artikel. Nazliaka bezeichnete die Rede des türkischen Vizepremiers als „sexistisch“.

„Er sagt, dass er sich aufgrund meiner Blicke schäme. Ich wünschte, dass sich der Vize-Premier nicht wegen seines Geschlechts, sondern wegen seiner Worte schäme.“

Sie missbillige seine Äußerungen und wolle ihm ein Buch über Gleichberechtigung schenken. „Wir wollen nicht über unser Geschlecht, sondern als Person wahrgenommen werden.“

„Er wollte die politische Agenda ändern“

Der türkische Vizepremier habe nur von der Diskussion über die Vakifbank ablenken wollen, bei der er seine Position um „180 Grad“ seit 2000 verändert habe.

„Er wollte die politische Agenda ändern“, sagte Aylin Nazliaka gegenüber der „Welt“. Arincs Absicht sei es, die CHP-Politikerin zum Schweigen zu bringen.

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So stehe sie auch heute noch hinter ihrem Statement über Erdogan als Vagina-Wächter: „Solange die Regierung Politik über Intimität macht, kann ich den wissenschaftlichen Begriff 'Vagina' verwenden.“

„Amt als Abgeordnete auf Geschlecht reduziert“

Im Sommer hatte die türkische Regierung ein Abtreibungsverbot geplant, das Abtreibungen nur in medizinischen Notfällen vorsieht. Der türkische Premier Erdogan forderte öffentlich drei Kinder von jeder Frau in der Türkei.

„Telefonate, E-Mails und Reaktionen in den sozialen Medien zeigen, dass mich Menschen aus allen Lagern unterstützen“, so Nazliaka.

Die „Vagina“-Diskussion rief zahlreiche Reaktionen auf Facebook und Twitter hervor – teils mit viel regierungskritischem Humor.

„Sie glauben wohl, wenn sie ständig nach drei Kindern verlangen, dass diese aus dem Mund herauskommen“, schrieb ein Student der renommierten Sabanci University. „Ihm gefällt wohl nicht der Ort, aus dem er herauskam“, schrieb ein anderer Twitter-User.

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