Churer Bischof kanzelt Homosexuelle ab

Bischof Vitus Huonder lässt eine Streitschrift gegen die Gleichstellung Homosexueller verlesen. Er fordert die Gläubigen darin auf, politisch aktiv zu werden.

Pascal Hollenstein
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Das «Wort des Bischofs» zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember hat es in sich. Unter dem Titel «Gender – die tiefe Unwahrheit einer Theorie» lässt der Churer Bischof Vitus Huonder in den Kirchen seiner Diözese dagegen predigen, dass «jede sexuelle Identität als gleichwertig akzeptiert wird», wie es im Manuskript heisst. Genau darum, schreibt Huonder, gehe es nämlich beim staatlich geförderten Genderismus: «Dass jeder Mensch sein Geschlecht und seine sexuelle Orientierung frei wählen könne, ob er Mann oder Frau sein wolle, ob er hetero-, homo-, bi- oder transsexuell leben wolle.»

Die konkrete gesellschaftliche Durchsetzung dieser Ideologie, so Huonder mit Blick auf gegenwärtige politische Debatten weiter, geschehe durch «das vermeintliche Recht gleichgeschlechtlicher Paare, zu heiraten und Kinder zu adoptieren, oder durch die (Homo-)Sexualisierung der Kinder in Kindergarten und Schule». Huonder argumentiert in der Predigt, die Gleichwertigkeit sexueller Neigungen halte den Grundlagen der Wissenschaft nicht stand: «Dass es psychische und physische Störungen der Geschlechtsidentität gibt, hebt die grundsätzliche Verschiedenheit von Mann und Frau nicht auf», schreibt er. Die Verwischung natürlicher Unterschiede im Gender-Konzept schade zudem den Frauen. Diese müssten «besonders auch in ihrer lebenserhaltenden Aufgabe der Mutterschaft von der Gesellschaft geachtet werden». Ein «Streben der Frau nach Gleichheit mit dem Mann» lehnt Huonder ab.

Gerade für die Kinder sei die heterosexuelle Ehe essenziell, schreibt Huonder weiter. Ihre Zerstörung führe «immer häufiger zu psychischen Störungen». Staatliche Ersatzstrukturen indes böten Kindern niemals die «gleiche Liebe und Geborgenheit», wie dies die traditionelle Familie tue. Die «Auslieferung von Kindern an gleichgeschlechtliche Paare» beraube die Kinder gar «der Grundlage einer gesunden psychischen Entwicklung».

Huonder schreibt, immer mehr Gläubige seien «beunruhigt durch die staatliche Vereinnahmung ihrer Kinder zugunsten des Genderismus und die politische Infragestellung von Ehe und Familie». Er fordert sie deshalb auf, «ihre gesellschaftlichen und politischen Rechte und Pflichten wahrzunehmen».

Der Bischof ermutige die Gläubigen, bei allen anstehenden Volksentscheidungen zu Ehe, Familie, Sexualerziehung, Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare oder Krankenkassenfinanzierung als Katholiken kohärent zu sein und gemäss der Lehre der katholischen Kirche abzustimmen, ergänzt dazu sein Sprecher Giuseppe Gracia. Konkrete Anwendungsfälle wären etwa die Volksinitiative, welche es den Krankenkassen verbieten will, Abtreibungen aus der Grundversicherung zu zahlen. Oder die CVP-Familieninitiative, mit der die Ehe als Partnerschaft zwischen Mann und Frau auf Verfassungsstufe definiert werden soll.

Rolf Trechsel, Vorstandsmitglied der Schwulenorganisation Pink Cross, sagt, von den Einlassungen Huonders zum Gender-Konzept stimme «so ziemlich nichts» und «bei einer Diskussion mit Fachleuten würde der gute Bischof schlecht aussehen». Das Bischofswort komme zwar sanft daher, sei aber vollgespickt mit Unterstellungen und Polemiken. Wenn der Bischof die Adoption von Kindern durch Homosexuelle als «Auslieferung» bezeichne, sei dies ein «ungeheuerliches Wort und eine gemeine, billige Polemik, die jede Menschenfreundlichkeit vermissen lässt». Dies treffe auch auf die Behauptung zu, Kinder, die in gleichgeschlechtlichen Beziehungen aufwüchsen, würden in ihrer psychischen Entwicklung geschädigt, sagt Trechsel. Dies sei durch unzählige wissenschaftliche Studien widerlegt. Als «tiefes Stammtischniveau» bezeichnet er die von Huonder behauptete «(Homo-)Sexualisierung im Kindergarten». «Wenn solch billiger Populismus von Kanzeln verkündet wird, schadet das dem Ansehen der Kirche», sagt Trechsel.