Nach Vorwurf von Rechtsextremismus: Geheimdienst-Professor geht gegen BND vor

Martin Wagener geht gegen den Vorwurf vor, in seinem Buch vertrete er rechtsextremes Gedankengut

Martin Wagener geht gegen den Vorwurf vor, in seinem Buch vertrete er rechtsextremes Gedankengut

Foto: Stefan M. Prager
Von: RALF SCHULER

Mit seinem Buch „Deutschlands unsichere Grenze – Plädoyer für einen neuen Schutzwall“ ist Prof. Martin Wagener bekannt geworden.

Doch in der Öffentlichkeit wurde der Professor für Internationale Politik an der Hochschule des Bundes (Fachbereich Nachrichtendienste) heftig angefeindet. Jetzt geht Wagener in einem Schreiben, das BILD vorliegt, juristisch gegen seinen Arbeitgeber, den Bundesnachrichtendienst (BND) selbst vor.

Der Grund: Eine BND-Sprecherin hatte öffentlich erklärt, man prüfe den Vorwurf, in seinem Buch vertrete er rechtsextremes Gedankengut. Ein Vorwurf, der inzwischen durch ein internes Gutachten ausgeräumt wurde.

Wagener hat nun ein Anwaltsteam zusammengestellt, um gegen den deutschen Auslandsgeheimdienst vorzugehen und erhebt drei schwere Vorwürfe:

▶︎ Verletzung der Fürsorgepflicht gegenüber einem verlässlichen Bundesbeamten wie ihm, der 20 Jahre Politikwissenschaft unterrichtet.

▶︎ Eingriffe in die vom Grundgesetz (Art. 5 Abs. 3) garantierte Lehr- und Forschungsfreiheit, weil die öffentlichen Ankündigung der Prüfung seines Buches eine „einschüchternde Wirkung“ habe.

▶︎Rufschädigung und Mobbing seiner Person.

Nachteile bei Vorträgen und Veröffentlichungen von Beiträgen

Obwohl er in seinem Buch lediglich die völlig zulässige These vertrete: „Illegale Migration, Grenzkriminalität, Terror-Einreise und -Rückkehrer, Waffen- und Drogenschmuggel gefährden den inneren Frieden der Gesellschaft“, sei er durch die Aussage der BND-Sprecherin ins öffentliche Kreuzfeuer geraten, sagt Wagener:

„In den folgenden Wochen und Monaten musste ich eine medial angefeuerte, zu großen Teilen wahrheitswidrige Kampagne über mich ergehen lassen, in der die üblichen Vorwürfe erhoben worden sind: Rechtsextremismus, Verfassungsfeindlichkeit, Rassismus – um nur die drei wichtigsten Punkte zu nennen.

Begleitet wurden die Vorwürfe von Erfindungen wie jener, ich würde im Buch Internierungslager für Flüchtlinge fordern, was in meinem Text nicht ein einziges Mal Erwähnung findet. Die Folgen der Kampagne waren für mich unübersehbar, und sie wirken bis heute nach. Zu nennen sind nicht nur die Sorgen der Familie und irritierte Nachfragen von Kolleginnen und Kollegen, sondern natürlich auch Benachteiligungen, die nun für mich entstehen können, wenn jemand z.B. meinen Namen bei Google eingibt.“

Auch Vorträgen und Veröffentlichungen seiner Beiträge habe das Verhalten des BND bereits Nachteile für ihn gebracht.

Verärgert ist der Professor auch darüber, dass der Nachrichtendienst „seit September 2018 nicht ein einziges Mal das Gespräch mit mir gesucht hat“.

Bitter fasst Wagener zusammen: „Wir sind zu einem Land der Verdächtigungen und Denunziationen geworden. Von dominierenden Narrativen (Darstellung, Erzählung – d.Red.) abweichende Meinungen werden viel zu oft nicht konstruktiv diskutiert, sondern mit den üblichen Totschlagargumenten ins vermeintliche Abseits gestellt. Immer wieder geht es dann um die pauschalen Vorwürfe des Rechtsextremismus, Linksextremismus, Rassismus, Kommunismus, Militarismus und ganz allgemein der Verfassungsfeindlichkeit. Wir brauchen dagegen gerade in einer sich zunehmend polarisierenden Gesellschaft mehr Offenheit und Toleranz.“

Teaser-Bild

Und auch mit dem BND geht Wagener hart ins Gericht: „Abschließend sei nun gefragt: Was hat das Vorgehen des BND in der Substanz gebracht? Internes Personal wurde zur Bearbeitung des Falls gebunden; ein sicherlich kostspieliges Gutachten wurde mit Steuermitteln finanziert; eine nach meiner festen Überzeugung zuvor bestens funktionierende Arbeitsbeziehung wurde erheblich belastet; das Ansehen eines Wissenschaftlers wurde schwer ramponiert; weitere Personen wurden durch das Vorgehen in der Folgewirkung eingeschüchtert.

Der BND hat eine Untersuchung eingeleitet, weil er den Verdacht hegte, mein Buch könnte die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden. Das Ergebnis seines Vorgehens dürfte nun ganz andere Fragen aufwerfen.“

Der letzte Satz im Klartext: Ein Dienst, der die Freiheit schützen soll, gefährdet sie.

BILD fragte auch beim BND an.

Die Stellungnahme: „Der BND stellt sicher, dass der nachrichtendienstliche Nachwuchs auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgebildet wird. Deshalb muss er diesbezügliche Zweifel ausräumen. Die Hochschule des Bundes hat die Pflicht, fragliche Lehrinhalte zu beobachten und gegebenenfalls zu korrigieren. Der Bundesnachrichtendienst hat auch den Inhalt des von Herrn Prof. Dr. Martin Wagener verfassten Buches „Deutschlands unsichere Grenze. Plädoyer für einen neuen Schutzwall“ durch einen externen Sachverständigen in einem Rechtsgutachten prüfen lassen. Im Ergebnis ist Herr Prof. Dr. Wagener weiterhin als Professor an der Hochschule des Bundes zu beschäftigen.“

Und weiter: „Der BND sieht keine Veranlassung, die von Professor Wagener auf seiner privaten Website am 12. März veröffentlichte Erklärung zu kommentieren.“

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