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Die neuen Kardinäle – eine erste Orientierungshilfe

Die neuen Kardinäle – eine erste Orientierungshilfe
9. Oktober 2016 0
Dritte Kardinalskreierung durch Papst Franziskus: 19. November 2016

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(Rom) Am kommenden 20. November werden zum dritten Mal, seit dem Konklave vom März 2013, von ihm ernannte Kardinäle mit Papst Franziskus im Petersdom ein Pontifikalamt zelebrieren. Am Tag zuvor wird das katholische Kirchenoberhaupt 13 neue Kardinäle kreieren, die beim nächsten Konklave, das seinen Nachfolger bestimmen wird, eine Rolle spielen werden. Vier weitere neue Kardinäle sind bereits über 80 Jahr alt. Sie werden nicht mehr an einem Konklave teilnehmen können. Ein erster Überblick zu den Neuernennungen.

Kardinalskreierungen durch Papst Franziskus erfolgten bisher am 22. Februar 2014 und am 14. Februar 2015. Mit den neuen Kirchenvertretern, denen der Papst im November zum Abschluß des Heiligen Jahres das Kardinalspurpur verleihen wird, erhöht sich die Zahl der von Papst Franziskus ernannten Papstwähler auf 44. Das ist mehr als ein Drittel aller Papstwähler.
Die katholische Kirche zählt derzeit 211 Kardinäle, von denen 111 Papstwähler sind. Johannes Paul II. hatte die Höchstzahl der Konklave-Teilnehmer auf 120 festgelegt. Mit den Neuernannten steigt die Gesamtzahl der Kardinäle auf 228. Die Zahl der Papstwähler wird am 20. November 121 Kardinäle betragen.
Bis zum Konsistorium scheiden drei derzeitige Papstwähler wegen Erreichung der Altersgrenze aus. Am 18. Oktober wird Jaime Lucas Kardinal Ortega y Alamino, emeritierter Erzbischof von San Cristobal de la Habana (Kuba), 80 Jahre alt und scheidet aus dem Kreis der Papstwähler aus. Am 31. Oktober wird Nicolás de Jesús Kardinal López Rodríguez, der emeritierte Erzbischof von Santo Domingo (Dominikanische Republik), 80 Jahre alt. Kardinal Ennio Antonelli, emeritierter Vorsitzender des Päpstlichen Familienrates, vollendet am 18. November sein 80. Lebensjahr. Kardinal Antonelli trat gemeinsam mit anderen Kardinälen rund um die doppelte Bischofssynode der Gruppe um Kardinal Kasper entschieden entgegen.
Bereits am 24. November wird die von Johannes Paul II. festgelegte Höchstgrenze erreicht sein, wenn Théodore-Adrien Kardinal Sarr, emeritierter Erzbischof von Dakar (Senegal) seinen 80. Geburtstag begeht.
Im Februar 2017 gilt dasselbe für Audrys Juozas Kardinal Bačkis, den emeritierten Erzbischof von Wilna in Litauen, und Raymundo Kardinal Damasceno Assis, den Erzbischof von Aparecida in Brasilien. Bis Juni 2017 werden weitere zwei Kardinäle als Papstwähler ausscheiden und die Gesamtzahl auf 116 sinken.
Unter den neuernannten Papstwählern fällt der Apostolische Nuntius von Syrien, Msgr. Mario Zenari auf. Eine Geste, mit der Papst Franziskus dem Friedensbemühen der Katholischen Kirche im krisengeschüttelten Land Sichtbarkeit und Gewicht verleihen will. Erstmals seit langem wird wieder ein amtierender Nuntius eines Landes den Rang eines Kardinals haben.
Zudem fallen einige namhafte Vertreter des progressiven Lagers auf, darunter Erzbischof Blase Cupich von Chicago (USA) und Erzbischof Jozef De Kesel von Mecheln-Brüssel (Belgien). Beide wurden von Papst Franziskus auf diese führenden Erzbischofsstühle ihrer Länder berufen und werden nun von ihm auch in den Kardinalsrang erhoben. Beide gelten als dem Paps und seiner Linie nahestehend und fielen in der Vergangenheit durch progressive Positionen auf. Erzbischof Cupich sprach sich für eine „Öffnung“ gegenüber den wiederverheiratet Geschiedenen in Sachen Kommunion aus, Erzbischof De Kesel für die Abschaffung des Priesterzölibats.
Unter den Neuernannten findet sich neben Erzbischof Cupich noch ein zweiter US-Amerikaner. Msgr. Joseph William Tobin ist seit 2012 Erzbischof von Indianapolis, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Bischof Thomas Tobin von Providence (Rhode Island). Erzbischof Joseph Tobin war zuvor Sekretär der Ordenskongregation in Rom. Seine Ernennung zum Erzbischof von Indianapolis durch Benedikt XVI. wurde als „Entfernung“ aus Rom gesehen, weil ihm zu große Nachgiebigkeit gegenüber dem rebellischen Dachverband LCWR progressiver Frauenorden in den USA vorgeworfen wurde.
Bisher schien es, daß Papst Franziskus nicht mehr den Erzbischöfen der traditionell mit der Kardinalswürde verbundenen Bischofsstühle Purpur verleiht, sondern andere Bischofssitze vor allem der nicht-westlichen Welt bevorzugt. Die drei bisherigen Konsistorien bestätigen diese Wahrnehmung nur zum Teil. Sie gilt für konservative Erzbischöfe, denen die Kardinalswürde verwehrt bleibt (Patriarch Moraglia von Venedig), aber nicht für progressive Erzbischöfe, denen sie weiterhin gewährt wird (Erzbischof Cupich, Erzbischof De Kesel). Erneut fehlt unter den Neuernannten der ehrgeizige Erzbischof Bruno Forte, der die umstrittenen Passagen zur Homosexualität bei der ersten Bischofssynode verfaßte und im Mai 2016 Hintergründe zur Bischofssynode und dem nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia enthüllte.
Hinzu kommen strategische Entscheidungen wie die Kardinalskreierung von Nuntius Zenari und des Erzbischofs von Madrid, Carlos Osoro Sierra. Erzbischof Osoro wurde von Papst Franziskus ernannt. Im vergangenen April hatte der Madrider Erzbischof in einer unglaublichen Aktion Kardinal Gerhard Müller, dem Präfekt der römischen Glaubenskongregation die Vorstellung von dessen neuestem Buch an der Katholischen Universität von Madrid untersagt mit der Begründung, das Buch des Kardinals sei „gegen den Papst“.
Die Kardinalserhebungen sind ein Gradmesser dafür, wen der Papst belohnen, und wen er zurückstellen will.
In der Liste der neuen Kardinäle fällt der erste Legionär Christi auf, der die Kardinalswürde erhält. Es ist Msgr. Kevin Joseph Farrell, der erste Präfekt des neuerrichteten Dikasteriums für die Laien, die Familie und das Leben. Msgr. Farrell war zuvor Bischof von Dallas in Texas. Die Ernennung ist eine große Auszeichnung für den noch vor kurzem krisengeschüttelten Orden. Durch die schockartige Katharsis, die der Orden durchlebte, sei er „zahmer“ geworden. Franziskus versuche den disziplinierten und gut organisierten Orden, der in Nord- und Mittelamerika besonderes Gewicht hat, „im richtigen Moment an die Leine zu legen“, wie ein Mitarbeiter des Vatikans meinte
Auffallend ist wiederum der Hang des Papstes, unbekannte Bischöfe aus exotischen Winkeln der Erde zu ernennen. Dieses Mal trifft es Erzbischof John Ribat aus Papua-Neuguinea, Erzbischof Maurice Piat von den Mauritius Inseln, Erzbischof Dieudonné Nzapalainga aus Zentralafrika und Erzbischof Patrick D’Rozario von Bangladesch. In allen vier Fällen handelt es sich um die erste Kardinalserhebung in der Geschichte der vier Staaten.
Unter den Kardinälen, die bereits über 80 Jahre alt sind, sticht Ernest Simoni heraus, der die Christenverfolgung während der kommunistischen Diktatur in Albanien durchlitt. Er wurde im Untergrund zum Priester geweiht und verbrachte viele Jahre in Gefangenenlagern und Gefängnissen.
Mit der Kardinalswürde geehrt wird auch der emeritierte Bischof Renato Corti von Novara, der bereits 2015 von Papst Franziskus mit der Formulierung der Meditationen für den Kreuzweg am Kolosseum in Rom beauftragt worden war. Nach der Veröffentlichung des Motu Proprio Summorum Pontificum entschieden sich drei Priester der Diözese Novara im überlieferten Ritus zu zelebrieren. Sie wurden vom Bischof in entlegene Bergdörfer versetzt. Eine Entscheidung, die von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone im Namen von Benedikt XVI. gutgeheißen wurde, was bekräftigte, daß ein Diözesanpriester zwar ausschließlich im Neuen Ritus zelebrieren und den Alten Ritus völlig mißachten kann, aber nicht umgekehrt.
Text: Giuseppe Nardi