Der kleine große Unterschied: „Rechte“ Christen unter Beschuß (die-neue-ordnung.de)

Nr. 5 / 2018 Oktober

Felix Dirsch

Der kleine große Unterschied

„Rechte“ Christen unter Beschuß

Bei manchen Büchern stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, sich mit ihren Inhalten auseinanderzusetzen. Totschweigen ist in Zeiten einer ungeheuren Medienfülle schwierig, grundsätzlich wohl aber der bequemere Weg. Deshalb hat sich der Verfasser dieser Zeilen entschieden, das Pamphlet der neuerdings als „Hamburger Publizistin“ firmierenden Autorin Liane Bednarz etwas näher unter die Lupe zu nehmen.

Liane Bednarz: Die Angstprediger. Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern, Droemer-Knaur, München 2018, 256 S.

Nun gibt es ja viele Intellektuelle, die unter rechter Paranoia leiden. Nur wenige machen daraus aber ein so einträgliches Geschäft wie die 44-jährige Juristin, die seit der Publikation ihrer Schrift „Gefährliche Bürger“ (damals noch gemeinsam mit Christoph Giesa) in viele Talkshows und Diskussionsveranstaltungen eingeladen worden ist. Besondere Resonanz fand ihr Auftritt auf dem Evangelischen Kirchentag 2017. Als roter Faden zieht sich der Versuch einer Differenzierung zwischen konservativen und rechten Christen durch die Publikation. Die Polarisierung der Gesellschaft spiegelt sich nach Bednarz‘ Meinung auch im protestantischen wie katholischen Lager. Die einen sind gen rechts gedriftet, was natürlich schlimm ist; die anderen verbleiben auf akzeptablen Terrain. So die simplifizierende Einteilung der Verfasserin, die wohl die erste linke Autorin ist, die sich selbst im liberalkonservativen Lager verortet. Die heutige Rechte nimmt angeblich Anleihen an dem Gedankengut der „Konservativen Revolution“. Bei genauerem Hinsehen ist dieses Erbe aus den 1920er Jahre gegenwärtig äußerst marginal, da die Themen im Vergleich zu heute sehr unterschiedlich sind. In der „Jungen Freiheit“ wie in der „Sezession“ findet man nur gelegentliche Hinweise auf die entsprechenden geistesgeschichtlichen Traditionen. Der mediale Aufschrei war groß, als ein CSU-Politiker überhaupt die Verbindung „konservative Revolution“ in den Mund genommen hat. Wahrscheinlich war ihm gar nicht bewußt, daß er auf das Ideenkonglomerat der Zwischenkriegszeit angespielt hat. Nun ist Bednarz‘ Unterfangen schon deshalb problematisch, weil Allgemeinbegriffe der politisch-sozialen Sprache stets trenn-unscharf und hochgradig definitionsabhängig sind. Das gilt auch für die Umschreibungen „rechts“ und „konservativ“. Sie sind in manchen geschichtlichen Epochen eng verbunden, in anderen herrscht der Versuch vor, beides strikt zu scheiden. Zu beachten ist, daß solche Zuschreibungen „Pudenda“ sein können, d.h. solche, die den Bezeichneten von anderen angeheftet werden. Manche von ihnen werden von den Betroffenen dann übernommen.

„Made in Germany“, „Gotik“, „Urknall“ und so fort sind Beispiele. „Konservativ“ und „rechts“ werden meist nicht zu Selbstkennzeichnungszwecken verwendet. In den ersten Jahrzehnten nach 1945 dominierte insgesamt das Bestreben, Konservative und „Rechte“ voneinander abzusondern – wer immer sich in diese Ecke stellt oder gestellt wird. Letztere werden gerne direkt oder indirekt in der Nähe des Nationalsozialismus oder seiner Erben gesehen. Das ist zwar historisch nicht stimmig, weil der Nationalsozialismus linke wie rechte Extreme programmatisch und praktisch-politisch synthetisierte, gilt aber als beinahe dogmatisch-sakrosankte Annahme der Spätgeborenen. Daß eine konsensfähige Differenzierung von „konservativ“ und „rechts“ wohl nicht möglich ist, zeigt auch die öfters verwendete Verbindung beider Ausdrücke („rechtskonservativ“). Spannend ist es zu sehen, welche inhaltlichen Argumente Bednarz zugunsten dieser fein ziselierten Scheidung vorbringt. Hier eine kleine Auswahl: Rechte präferierten den Opfergestus, Konservative nicht. Konservative bevorzugten keine Feindbilder, Rechte hingegen schon. Konservative seien Westler, Rechte hingegen flirten mit dem „bösen“ russischen Präsidenten. Konservative dürften zwar ebenfalls gegen Masseneinwanderung sein, sollten aber nicht „Invasoren“ sagen, das sei schon sehr weit rechts. Konservative dürften weiter Gender-Mainstreaming, Abtreibung und „Ehe für alle“ mißtrauisch beäugen, freilich nur in einer eingeschränkten Bandbreite. Überschreite man diese, sei man automatisch „rechts“. Die „Demo für alle“ sei demnach natürlich „rechts“, da ihre Mitglieder die Proteste gegen Gender-Ideologie und der Abwertung von bürgerlicher Ehe und Familie zu weit treiben. Konservative dürften die EU … lesen Sie weiter auf: kirchfahrter.wordpress.com/…/der-kleine-gros…

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