Sonia Chrystie
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Hamas, von Israel erschaffen und finanziert?

Tacheles mit Aviel – Hamas, von Israel erschaffen und finanziert?
Tacheles, offen und unverblümt sage ich meine Meinung. Kann es sein, dass Israel die barbarische Hamas mit eigenen Händen erschaffen hat?
von Aviel Schneider | Jan 21, 2024 at 12:45 pm | Themen: Hamas, Gazastreifen

Graffiti in der Stadt Khan Younis im südlichen Gazastreifen,
die Hamas-Kämpferam 30. Mai 2022.beim Abfeuern von
Raketen zeigen — ,Foto: Abed Rahim Khatib/Flash90


Ich bin am Wochenende mehrfach aus dem Ausland auf die Äußerungen des EU-Spitzendiplomaten Josep Borrell angesprochen worden, der Israel die Finanzierung der Hamas vorwirft. Borrell hat kurz vor der Ankunft des israelischen Außenministers morgen in Brüssel eine brisante Behauptung aufgestellt. „Die Hamas wurde von der israelischen Regierung finanziert, um die Palästinensische Autonomiebehörde zu schwächen“, sagte Borrell der spanischen Zeitung El País. Stimmt das oder wird Israels rechtsorientierte Regierungskoalition unter Benjamin Netanjahu wieder einmal mit Fake News geschädigt? Kann es wirklich sein, dass Israel das Monster oder den Teufel im Gazastreifen selbst erschaffen hat?

Die Finanzierung war Teil einer Reihe von Entscheidungen israelischer Politiker, Militärs und Geheimdienstler, die alle auf der grundlegend falschen Einschätzung beruhten, dass die Hamas weder an einem großangelegten Angriff interessiert noch dazu in der Lage sei. Die israelische Regierung unter Benjamin Netanjahu hatte der palästinensischen Terrororganisation Hamas jahrelang katarische Finanzmittel in Höhe von mehreren Millionen US-Dollar gewährt, in der Hoffnung, dass die Millionen US-Dollar dem Hamas-Regime helfen würden, im Gazastreifen Ordnung zu schaffen und sich so des politischen Drucks zur Schaffung eines palästinensischen Staates zu entledigen. Die USA gründeten ISIS, Israel gründete Hamas. Beide schufen ein Monster. Die Obama-Regierung half beim Aufbau der IS-Dschihadisten und des IS-Kalifats, um die Assad-Armee im syrischen Bürgerkrieg zu bekämpfen, und die israelische Regierung unterstützte die Hamas, um die Fatah-Regierung in Ramallah zu kontrollieren. Beides ist gescheitert. In diesem Fall hat Borell völlig Recht!

Josep Borrell, der Europäische Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik.
Archivbild: EPA-EFE/CHRISTOPHE PETIT TESSON


In seiner Rede am Freitag betonte Borell, der Europäische Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik, dass die Schaffung eines palästinensischen Staates notwendig sei, um den andauernden Konflikt zu lösen. „Die einzige Lösung ist die Schaffung von zwei Staaten, die sich das Land teilen, für das sie seit 100 Jahren kämpfen“, betonte Borrell. Eine solche Lösung müsse beiden Seiten von außen aufgezwungen werden. In diesem Fall hat Borell völlig Unrecht!
Mit dem Geld sollte das Leid und die finanzielle Not gelindert werden. 30 Millionen Dollar reichten aus, um die Gehälter für einen Monat zu finanzieren. Katar stellte insgesamt mehr als hundert Millionen Dollar für die Bezahlung von Angestellten im öffentlichen Dienst zur Verfügung, und zwar in Absprache mit Israel. Benjamin Netanjahu, der Israel von 2009 bis heute – mit Ausnahme von 18 Monaten dazwischen – regiert, hat alles getan, um einen palästinensischen Staat zu verhindern. Zwischen Konfliktmanagement und Friedensverhandlungen entschied sich Netanjahu für das Konfliktmanagement. Das Bedürfnis, „etwas zu tun“ und eine angemessene und dauerhafte Lösung für den Konflikt Israels mit den Palästinensern zu finden, ist tief in der israelischen Kultur und Mentalität verwurzelt.

Archivbild: Palästinenser erhalten ihre Finanzhilfe, die Teil der von Katar bereitgestellten 480 Millionen US-Dollar ist, in einem Postamt in Gaza-Stadt am 19. Mai 2019. Foto: Abed Rahim Khatib/Flash90

Als Gegner der Osloer Verträge sah Netanjahu nie große Chancen für einen Frieden mit den Palästinensern, dennoch gab auch er in seiner ersten Amtszeit (1996 – 1999) Land an die Palästinenser ab, Hebron im biblischen Kernland. Als er zehn Jahre später wiedergewählt wurde, war wenige Monate vor ihm in den USA Barack Obama zum 44. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt worden. Netanjahu war von Anfang an klar, dass er und Israel mit dem neuen amerikanischen Präsidenten keinen politischen Partner für den Nahen Osten haben würden. Deshalb hat seine Regierung beschlossen, solange Obama in Washington regiert, die Zeit ungenutzt verstreichen zu lassen. Zu dieser Entscheidung kam Netanjahu, als das Außenministerium in den ersten sechs Monaten eine Studie zusammenfasste, die besagte, dass Obama kein Partner für Israel sei. Und Netanjahu hat es geschafft. Acht Jahre lang nervte Netanjahu den US-Präsidenten, bis 2017 Donald Trump zum 45. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, Netanjahus bester Freund, der wahrscheinlich Ende 2024 wiedergewählt werden könnte. Bis dahin wird Netanjahu aber möglicherweise nicht mehr an der Spitze des Volkes stehen.

Foto: Abed Rahim Khatib/Flash90

In diesen Jahren unter Obama und Trump hat Netanjahu den israelisch-palästinensischen Konflikt gemanagt. Die Gründung eines palästinensischen Staates im biblischen Kernland wollte er um jeden Preis und mit allen Mitteln verhindern. Das radikale Hamas-Regime im Gaza-Streifen war für seine politische Strategie das passende Gegengewicht zur vermeintlich gemäßigten Fatah-Regierung unter Mahmud Abbas in Ramallah. Die ständigen Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf Israel, die darauf folgenden Operationen und Bodeninvasionen im Gazastreifen waren für Israel immer eine passende Ausrede, um die Welt davon zu überzeugen, dass die Palästinenser nur die Vernichtung Israels im Sinn hätten und sich deshalb weigerten, überhaupt über einen möglichen palästinensischen Staat zu verhandeln. Seit 2009 hat Israel etwa alle zwei Jahre einen Krieg mit der Hamas im Gazastreifen geführt, nachdem das Land mit Raketen beschossen wurde, bis 2014. Im Mai 2021 war die Operation „Wächter der Mauern“ und 29 Monate später wurde Israel am 7. Oktober im Süden grausam angegriffen. Das gesamte israelische Abschreckungs- und Sicherheitskonzept hat versagt.

Spuren der Verwüstung durch Hamas-Terroristen im Kibbuz
Kfar Aza, nahe der Grenze zwischen Israel und Gaza, im Süden Israels,
15. Oktober 2023. Foto von Oren Ben Hakoon/Flash90


Netanjahus Regierungen prägten in diesen Jahren die israelische Politik durch ein solches Konfliktmanagement. Wegen der katarischen Finanzierung wurde er ständig kritisiert, nicht nur von der Opposition, sondern noch mehr von seinen rechten Koalitionspartnern, die darin eine Sünde sahen. Aber mit dem katarischen Geld und dem ganzen Drumherum hat sich seine Regierung und auch der israelische Sicherheitsapparat Ruhe gekauft. Und das ging vielleicht ein paar Jahre gut.

Aber das israelische Raketenabwehrsystem Iron Dome hat auch Israels Sicherheitskonzept betäubt. Wir dachten, ein Raketenschild ist genug und haben alles andere übersehen und vernachlässigt. Israel hat sich auf die Technologie und das Drumherum konzentriert und dabei die Absichten und Pläne der Hamas-Terroristen übersehen.
Jetzt verstehen wir, dass das Konfliktmanagement nicht so genial war und dass Israel den Konflikt nicht mit Weisheit, Geduld und enormer Kraft bewältigt hat. Denn nur so kann es als Stärke und nicht als Schwäche wahrgenommen werden. Das Konzept „Frieden jetzt“ ist bei aller Liebe zum Frieden für die Mehrheit der Menschen eine völlige Illusion. „Nicht jeder Konflikt hat eine Lösung. Es gibt Dinge, die erst gelernt werden müssen, um mit ihnen in Sicherheit leben zu können“, sagte vor Jahren der strategische Berater und Ex-General Tal Brown. „Das kann Generationen dauern.“

Siehe dazu: Konfliktmanagement oder Friedensverhandlungen?
In dem erwähnten Artikel schrieb ich, dass “Israel mit der Hand am Schwert leben muss. Das ist einerseits Teil der Realität im Nahen Osten und andererseits leider nichts Neues für das jüdische Volk in seiner Geschichte. Der Frieden wird uns sicherlich überraschen, aber bis dahin muss Israel vorsichtig sein und darf sich keine Flüchtigkeitsfehler erlauben.”

Einen größeren Fehler beging Israel jedoch schon viel früher, im Jahr 1973. 1987, während der ersten Intifada, gründeten Achmed Yassin und sechs weitere Mitglieder der islamistischen Mudschaheddin die Hamas, die sie ursprünglich als „paramilitärischen Flügel“ der palästinensischen Muslimbruderschaft bezeichneten, und Yassin wurde ihr geistiger Führer. Die neue Al-Mujama’ al-Islami (Islamisches Zentrum) ist eine islamische Wohltätigkeitsorganisation, die bereits 1973 von Scheich Achmed Yassin in Gaza gegründet wurde. Sechs Jahre später wurde Al-Mujama’ al-Islami von Israel als Wohltätigkeitsorganisation anerkannt, was es der Organisation ermöglichte, die Islamische Universität in Gaza (IUG) zu gründen und neben anderen sozialen Einrichtungen Moscheen, Clubs, Schulen und eine Bibliothek in Gaza zu errichten.
Yassins Organisation leistete humanitäre und wohltätige Hilfe und wurde von der israelischen Militärverwaltung in den Gebieten unterstützt. Und warum? Um die Macht der säkularen PLO von Yassir Arafat zu schwächen. Israel erlaubte Yassins Organisation, aus der schließlich die Hamas hervorging, die Kontrolle über praktisch alle religiösen Organisationen zu übernehmen und gleichzeitig die gemäßigten Elemente zu unterdrücken. Mitte 1987, kurz vor Ausbruch der ersten Intifada im Dezember 1987, versuchte Israel, die Hamas zu stoppen, was jedoch nicht gelang.
Ich war in den ersten Wochen des Ausbruchs der Intifada Soldat im Gazastreifen, und die Hamas war damals nichts, nur Al-Mujama. Und die sollten wir in Ruhe lassen, weil das eine soziale Hilfsorganisation war. So wurde es uns damals gesagt. Alles andere ist Geschichte. Vor genau 20 Jahren wurde Ahmed Yassin von drei Hellfire-Raketen aus einem israelischen Hubschrauber im Rahmen einer gezielten Tötungsaktion in der Stadt Gaza eliminiert.

Archivbild: Wandbild des 2004 getöteten Hamas-Gründers Ahmed Jassin.Rafah, 20. April 2014. Foto: Abed Rahim Katib/Flash90

Das Problem ist, dass niemand die Gefahren solcher harmlosen Bewegungen vorhersehen kann. Aber wir müssen daraus lernen, nicht alles so kompliziert zu machen. Seitdem ist so viel schiefgelaufen und Israel steht vor einem schicksalhaften Jahr. Die Amerikaner drohen und Benjamin Netanjahu muss sich entscheiden.

„Netanjahu kann entweder jede Zusammenarbeit mit den Palästinensern zur Beendigung des Gaza-Konflikts und darüber hinaus ablehnen und als israelischer Führer in die Geschichte eingehen, der an der Spitze des Versagens vom 7. Oktober stand. Oder er kann mit den USA, Europa, Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten zusammenarbeiten und als der israelische Führer in die Geschichte eingehen, der einen palästinensischen Staat geschaffen hat, der Israels Sicherheit garantieren kann, und der den Weg zum Frieden mit den Saudis und der weiteren muslimischen Welt geebnet hat“, schrieb der jüdisch-amerikanische Publizist Tom Friedman in der New York Times. Für Benjamin Netanjahu sind beide Optionen schlecht, die erste und die Gründung eines palästinensischen Staates. Israel muss jetzt umdenken.

Quelle :
ISRAEL HEUTE - Tacheles mit Aviel – Hamas, von Israel erschaffen und finanziert?
DrMartinBachmaier
Selbstgemachte Feinde sind halt einfacher zu steuern und zu kontrollieren.
Als die Hamas den jetzigen Krieg entfacht hatte, wunderte sie sich, dass die Checkpoints unbesetzt waren (oder zumindest keinen Widerstand leisteten; weiß ich jetzt nicht mehr so genau).
Theresia Katharina
Die Hamas kriegt auch Geld von Deutschland, erst kürzlich wiedeer 50 Millionen Euro.