"Die Geschichte der Kreuzzüge und des Königreichs Jerusalem" - Chronik des Wilhelm von Tyrus (1130-1186)

Chronik des Wilhelm von Tyrus (1130-1186) - "Die Geschichte der Kreuzzüge und des Königreichs Jerusalem"


Buch 21-23: Von der Krönung Königs Balduin IV. (der Aussätzige) bis zum Ende des Königreichs Jerusalem

aus: www.manfredhiebl.de/…/wilhelm-von-tyr…
Übersetzer und Autor: Manfred Hiebl.

Einundzwanzigstes Buch

Inhalt: Balduin der Vierte wird zum König gewählt und gekrönt. Schilderung seines Äußeren und Inneren. (Kap. 1. 2.) Unglückliche Unternehmung des Königs von Sizilien gegen Ägypten. Der Graf von Tripolis verlangt die Vormundschaft über den König. (Kap. 3) Milo von Planci fällt bei Akkon. Tod des Erzbischofs Friedrich von Tyrus. (Kap. 4.) Der Graf von Tripolis wird zum Vormund des Königs ernannt. Schilderung seines Äußeren und Inneren. Der Verfasser wird Kanzler des Königs. (Kap. 5.) Saladin gewinnt Damaskus. Der Graf von Tripolis wird ihm mit einem Heer entgegengeschickt. (Kap. 6.) Untersuchungen über die Verschlimmerung der Lage des Königreichs. (Kap. 7.) Der parthische Fürst Mussul zieht dem Sohn Noradins zu Hilfe. Der Graf von Tripolis schließt Frieden mit Saladin. (Kap. 8.) Tod des Bischofs Mainard von Berythus, der Verfasser wird Erzbischof von Tyrus. (Kap. 9.) Der König verheert Damaskus. Tod des Erzbischofs Hernesius von Cäsarea. (Kap. 10.) Der König macht aufs neue einen Einfall ins Damaszenische. Rainald von Chatillon und Joscelin kommen aus der Gefangenschaft zurück. (Kap. 11.) Der griechische Kaiser wird bei Ikonium geschlagen. (Kap. 12.) Markgraf Wilhelm von Montferrat heiratet die Schwester des Königs. (Kap. 13.) Ankunft des Grafen von Flandern auf einer griechischen Flotte. Schlechte Absicht des Grafen. Seine Weigerung, mit dem Heer und der griechischen Flotte nach Ägypten zu ziehen. (Kap. 14-18.) Der Graf von Flandern belagert mit dem Fürsten von Antiochien und dem Grafen von Tripolis den festen Platz Harenk. (Kap. 19.) Saladin kommt von Ägypten zurück. De König zieht ihm entgegen. Schlacht bei Askalon. (Kap. 20.) Die Feinde verheeren weit und breit hin das Land. (Kap. 21.) Der König zieht Saladin entgegen. Es kommt zur Schlacht, in welcher Saladin eine gänzliche Niederlage erleidet. Eine Menge Feinde kommen auf der Flucht um. (Kap. 22. 23. 24.) Die Belagerung des festen Platzes Harenk wird aufgehoben. (Kap. 25.) Allgemeine Synode in Rom. Der König erbaut über dem Jordan eine Burg. (Kap. 26.) Der König wird in dem Wald bei Paneas geschlagen. (Kap. 27.) Saladin fällt im Gebiet von Sidon ein, der König zieht ihm entgegen und wird geschlagen. (Kap. 28. 29.) Ankunft abendländischer Fürsten. Saladin zerstört die neuerbaute Burg. (Kap. 30.)

I. Der sechste König von Jerusalem war Balduin der Vierte, der Sohn König Amalrichs, dessen Geschichte ich oben erwähnt habe, und der Gräfin Agnes, der Tochter des jüngeren Grafen Joscelin von Edessa, dessen wir früher oft gedacht haben. Als Amalrich zum väterlichen Thron berufen wurde, hatte er sich, wie früher erzählt worden ist, von dieser Frau scheiden lassen müssen, hauptsächlich auf Betreiben des Patriarchen Amalrich von Jerusalem, der hierin den Fußstapfen seines Vorgängers Fulcher folgte. Es hieß nämlich, daß beide nahe Verwandte seien, wie dies auch wirklich der Fall war, und wie wir dies bei der Regierungsgeschichte des Königs Amalrich weitläufig auseinandergesetzt haben. Sein Vater, dem viel an seiner Erziehung lag, übergab ihn uns, als wir damals noch Archidiakon von Tyrus waren, als einen ungefähr neunjährigen Knaben zum Unterricht, und ersuchte uns mit vielen Bitten und Verheißungen seiner Gnade, ihn in die edlen Wissenschaften einzuweihen. Als er nun bei uns war und wir sowohl auf seinen Unterricht in den Wissenschaften als auf die Ausbildung seiner Sitten alle Sorge, die einem königlichen Kind zukam, verwandten, geschah es, wenn die edlen Knaben, die er um sich hatte, miteinander spielten und einander zum Scherz mit den Nägeln an Händen und Armen kniffen, daß er allein, während alle anderen ihren Schmerz durch Schreien zu erkennen gaben, alles ganz ruhig litt, als ob er keinen Schmerz empfände, obgleich sie ihn nicht verschonten. Als dies einmal und öfter vorfiel und mir angezeigt wurde, glaubte ich zuerst, es komme dies nicht von Unempfindlichkeit, sondern von seiner Geduld und Ausdauer her. Als ich ihn aber zu mir rief, um der Sache auf den Grund zu kommen, entdeckte ich endlich, daß sein rechter Arm und die rechte Hand unempfindlich sei, so daß er, wenn man ihn kniff oder biß, nicht das geringste spürte. Es machte mich dies bedenklich, denn ich gedachte des Wortes des Weisen: "Man darf gewiß sein, daß ein Glied, welches gefühllos geworden ist, noch weit von der Heilung entfernt ist, und daß der am gefährlichsten krank ist, der nichts davon empfindet." Ich ließ es also seinen Vater wissen, der die Ärzte um Rat fragte, aber alle die Einreibungen und Umschläge wie die vielen Arzneien, die man ihm verordnete, wollten nichts fruchten. Es war dieses Übel, wie sich nachher im Verlauf seines weiteren Lebens deutlich zeigte, der Anfang einer schweren und ganz unheilbaren Krankheit, von der wir nicht mit trockenen Augen reden können. Als er nämlich die Jünglingsjahre erreichte, sah man, daß er schlimmstens an Aussatz litt, und dieser kam von Tag zu Tag immer weiter und griff ihm die Extremitäten und das Gesicht in solchem Grade an, daß seine Getreuen ihn nicht ohne tiefstes Mitleid anschauen konnten. Daneben machte er jedoch in den Wissenschaften gute Fortschritte und zeigte von Tag zu Tag schönere Anlagen, die zu den besten Hoffnungen berechtigten. Er war nämlich von jugendlich schöner Gestalt und war im Reiten und Lenken der Pferde gegen die Art seiner Voreltern sehr gewandt, er hatte ein treues Gedächtnis und liebte es sehr, sich durch Gespräche zu unterhalten. Dabei war er sparsam und vergaß Wohltaten und Beleidigungen nicht leicht. Seinem Vater war er nicht nur im Gesicht, sondern auch im ganzen Körperbau, in seiner Haltung und in der Art seines Sprechens durchaus ähnlich. Er hatte wie dieser einen schnellen Geist, aber eine langsame Rede, war ebenfalls ein großer Freund der Geschichte und war stets geneigt, auf heilsamen Rat zu hören.

II. Er war, als sein Vater starb, kaum dreizehn Jahre alt, und hatte eine ältere Schwester namens Sibilla, von derselben Mutter, die im Kloster Sankt Lazarus in Bethanien bei der Äbtissin Iveta, der Muhme seines Vaters, erzogen wurde. Nach dem Tod seines Vaters nun kamen die Fürsten des Königreichs, die weltlichen sowohl als die geistlichen, alle zusammen, und auf ihren einstimmigen Wunsch wurde er in der Kirche zum Heiligen Grab vom Patriarchen Amalrich von Jerusalem unter Dienstleistung der Erzbischöfe, Bischöfe und der übrigen Prälaten der Kirche am fünfzehnten Juli, am vierten Tag, nachdem sein Vater gestorben war, mit der herkömmlichen Feierlichkeit zum König gesalbt und gekrönt. Vorstand der Kirche war damals Papst Alexander der Dritte, Patriarch von Antiochien war Aimerich, von Jerusalem Amalrich, Erzbischof von Tyrus Friedrich, das griechische Reich regierte Kaiser Manuel, das römische Friedrich, Frankreich Ludwig, England Heinrich, Sohn des Grafen Gottfried von Anjou, Sizilien Wilhelm der Zweite, ein Sohn Wilhelms des Älteren, Fürst von Antiochien aber war Bohemund, der Sohn des Fürsten Raimund, und Graf von Tripolis Raimund der Jüngere, Sohn des Grafen Raimund des Älteren.

III. Im ersten Jahr dieses Königs Balduin, im Anfang August, schickte König Wilhelm von Sizilien eine Flotte von zweihundert Schiffen mit einer stattlichen Menge von Reitern und Fußvolk nach Ägypten hinab, um Alexandrien zu bestürmen. Da aber ihre Anführer sich allzu unvorsichtig betrugen, so mußten sie, nachdem sie sich fünf oder sechs Tage in der Nähe der Stadt aufgehalten hatten und nachdem viele ihrer Reiter und Reisigen teils getötet, teils gefangengenommen waren, verwirrt und bestürzt wieder abziehen. In unserem Königreich aber, wo Milo von Planci die Angelegenheiten leitete, erhoben sich zwischen ihm und einigen Fürsten des Königreichs schwere Streitigkeiten. Sie waren nämlich neidisch und ärgerlich, daß er allein, sich allzuviel vermessend, stets um den König war und die anderen ausgeschlossen und ferngehalten wurden, und daß er es war, von dessen Rat sich der König leiten ließ. Indessen trat der Graf von Tripolis zum König und bat bei den Fürsten, die gerade anwesend waren, um die Verwaltung des Königreichs, da ihm vermöge seiner Verwandtschaft rechtmäßig die Vormundschaft über den noch minderjährigen König zukomme. Außer dem, daß er sein nächster Verwandter war, führte er auch noch weiter für sich an, er sei der reichste und mächtigste von allen Vasallen des Königs, und was der stärkste Überzeugungsgrund war, in seiner Gefangenschaft habe er von dem Gefängnis aus seinen Vasallen bei ihrer schuldigen Treue befohlen, dem König Amalrich, dem Vater von diesem, sein ganzes Land und alle seine Burgen und festen Plätze zu übergeben und alles durchaus zu seiner Verfügung zu stellen. Und diesem fügte er zum Schluß noch hinzu, wenn er in der Gefangenschaft gestorben wäre, so hätte er den genannten König als seinen nächsten Verwandten zu seinem Universalerben gemacht. Für dies alles verlangte er nun, daß man ihm mehr der Ehre als des Vorteils wegen die Vormundschaft übergebe. Die Antwort auf diese Forderung des Grafen wurde unter dem Vorwand, daß der König gegenwärtig zu wenige der Großen des Reichs zu seiner Beratung um sich habe, aufgeschoben, doch versprach der König, er wolle sie zu gelegener Zeit alle in Bälde versammeln und ihm dann mit Gottes Hilfe zu allem diesem eine Antwort geben. Daraufhin begab sich der Graf wieder in sein Land. Er hatte nämlich beinahe das ganze Volk auf seiner Seite, von den Baronen Humfried von Toron, den Connetable des Königs, Balduin von Rames, seinen Bruder Balian und Rainald von Sidon, die Bischöfe aber alle.

IV. Der genannte Milo aber war ein edler Mann aus der Champagne, aus dem Land des Grafen Heinrich von Troyes, und war mit König Amalrich, von dem er ein Verwandter war, so vertraut gestanden, daß ihn dieser zum Seneschall des Königreichs machte und ihm, nachdem Humfried der Jüngere, der Sohn des älteren Humfried, gestorben war, dessen Witwe, eine Tochter Philipps von Neapolis, zur Frau gab. Von seiner Frau her war er ein Herr von Syrien- Sobal, nämlich von jener Gegend über dem Jordan, die gewöhnlich das Land von Montreal genannt wird. Die genannte Witwe hatte aber aus ihrer früheren Ehe zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Dieser Milo von Planci nun sah, wie wir gesagt haben, im Vertrauen darauf, daß er mit dem Vater dieses Königs so vertraut gestanden hatte, auf die übrigen Fürsten des Reichs herab, sogar auf die, welche mächtiger waren als er. Er war ein stolzer und anmaßender Mensch, ohne jede Vorsicht äußerst freigebig mit unnützen Reden, und hatte eine höchst übertriebene Meinung von sich selbst. Um nun den Neid und Haß der übrigen etwas zu beschwichtigen, gebrauchte er den allzu sichtbaren Kunstgriff, daß er einen gewissen Roard, einen völlig unbedeutenden Menschen, der die Aufsicht über die Burg in Jerusalem hatte, über sich stellte und sich den Anschein gab, als ob er den Befehlen von diesem gehorchen müsse. Es war aber umgekehrt, dieser Roard hatte den glänzenden Titel, Milo aber verwaltete das Königreich nach seinem Gefallen. Dadurch daß er nun in seinem Reden und Handeln unvorsichtig war und gegen den Willen der übrigen alle Reichsgeschäfte an sich zog und über alles nach seinem Gutdünken verfügte, zog er sich solchen Haß zu, daß einige gedungen wurden, die ihm nach dem Leben trachten sollten. Als man ihm dies hinterbrachte, nahm er die Sache allzu leicht und bekümmerte sich nichts darum. Als er nun aber einmal in der Stadt Akkon verweilte und nach seiner gewohnten Art alle Vorsicht hintansetzte, wurde er um die erste Abenddämmerung auf öffentlicher Straße niedergestoßen und starb auf diese Art nach schändlichen und schmählichen Mißhandlungen. Im Volk herrschten verschiedene Ansichten über seinen Tod, indem die einen sagten, es sei ihm dies wegen seiner Treue und Anhänglichkeit dem König gegenüber begegnet, andere aber die Behauptung aufstellten, er habe im geheimen nach der Krone getrachtet und deswegen Boten an seine Freunde und Bekannten in Frankreich geschickt, um sie herbeizurufen und mit ihrer Hilfe auf den Thron zu kommen. Wir können aber keine dieser Meinungen mit Bestimmtheit für die wahre ausgeben, allgemein bekannt war jedoch, daß Balian von Joppe, der Bruder des vorgenannten Roard, mit königlichen Briefen und Geschenken in die Länder über den Alpen geschickt worden war, und daß man seine Ankunft von Tag zu Tag erwartete. Um dieselbe Zeit und in demselben Monat ging unser Vorgänger, der Erzbischof Friedrich von Tyrus, ein Mann von sehr edler Geburt, dessen wir oben gedachten, bei Neapolis, wo er einige Zeit schwer krank gelegen war, am dreißigsten Oktober den Weg allen Fleisches. Seine Leiche wurde mit den gebührenden Ehren und Feierlichkeiten nach Jerusalem gebracht und im Kapitel des Tempels des Herrn, wo er früher regulierter Chorherr gewesen war, bestattet.

V. Um dieselbe Zeit versammelten sich die Fürsten und Prälaten des Königreichs in Jerusalem, wo der König anwesend war, und der Graf von Tripolis erschien wieder, um wegen seiner früher eingereichten Bitte um Übertragung der Vormundschaft jetzt eine Antwort zu vernehmen. Da er seine Wünsche von neuem vorbrachte und auf seiner Forderung beharrte, so wurde ihm, nachdem sich der König zwei volle Tage hierüber beraten hatte, nach dem einstimmigen Rat von allen im Kapitel der Kirche zum Grab des Herrn unter dem Zuruf des Volkes als dem zweiten nach dem König die Regierung des ganzen Königreichs übergeben. Und weil wir nun im Verlauf unserer Geschichte auf den Grafen gekommen sind, so wollen wir, was wir als gewiß über ihn erfahren haben, dem Andenken der Nachwelt überliefern. Wir wollen aber keinen Panegyrikus schreiben, sondern nur in der Kürze, soweit es uns der Umfang unserer Geschichte erlaubt, berichten, wie und wer er gewesen ist. Dieser Graf Raimund, von dem jetzt die Rede ist, stammte von dem älteren Raimund ab, der sich bei dem Heer des Herrn, durch dessen eifrige Bemühungen das morgenländische Reich wieder an die Christenheit gekommen war, so sehr ausgezeichnet hatte, wie wir hiervon oben, wo von den Fürsten des ersten Kreuzzugs die Rede war, ausführliche Nachricht gegeben haben. Der vorgenannte ältere Graf Raimund nun hatte einen Sohn, namens Bertram, der nach dem Tod seines Vaters und nachdem Wilhelm- Jordan, der Neffe des genannten Grafen, ermordet worden war, die Grafschaft Tripolis erhielt. Dieser hatte einen Sohn namens Pontius, der nach dem Tod seines Vaters dieselbe Grafschaft erbte und Cäcilia, die Tochter des Königs Philipp von Frankreich und Witwe Tankreds, heiratete, die ihm einen Sohn namens Raimund gebar, der ihm in derselben Grafschaft nachfolgte. Dieser heiratete Hodierna, die Tochter Balduins, des zweiten Königs von Jerusalem, und ein Sohn von diesem nun war der Raimund, von dem jetzt die Rede ist und der seinem Vater, nachdem dieser unter dem Tor der Stadt Tripolis von den Assassinen überfallen und ermordet worden war, in derselben Grafschaft nachfolgte. Der genannte Graf war also mit König Amalrich und Balduin von der Mutter her Geschwisterkind, denn sie waren Söhne zweier Schwestern. Von väterlicher Seite her aber war er um einen Grad entfernter verwandt denn seine Großmutter, die Mutter seines Vaters nämlich, Cäcilia, von der wir oben sprachen, war die Schwester König Fulkos, des Vaters von Balduin und Amalrich, von derselben Mutter, aber nicht von demselben Vater. Die Mutter von beiden aber, die Schwester Amalrichs von Montfort, heiratete den Grafen Fulko den Älteren von Anjou, verließ nachher, nachdem sie Fulko den Jüngeren geboren hatte, ihren Gemahl und gebar dem König Philipp von Frankreich außer einigen anderen Töchtern diese Cäcilia. Der König hatte nämlich aus Liebe zu der genannten Gräfin die Königin, seine rechtmäßige Gemahlin, die schon zwei Kinder von ihm hatte, nämlich Ludwig und Konstantia, den kirchlichen Gesetzen zuwider verstoßen. So waren also der Herr Graf und die genannten zwei Könige von beiden Eltern her miteinander verwandt. Der genannte Graf war schmächtig und ziemlich mager, von Wuchs nicht groß, hatte ein Adlergesicht, hellbraune schlichte Haare, scharfe Augen; sein Haupt trug er hoch, war mäßiger und vorsichtiger Sinnesart. In allem was er tat, zeigte er sich entschlossen. Im Essen und Trinken war er unbegreiflich enthaltsam, gegen Fremde freigebig, gegen die Seinigen aber nicht besonders freundlich. Er hatte einige gelehrte Kenntnisse, die er sich in der Gefangenschaft mit großer Anstrengung erworben hatte, doch war es, wie bei König Amalrich, mehr die natürliche Lebendigkeit seines Geistes, die ihm das Verständnis der Schriften öffnete. Er fragte viel, wenn er jemand vor sich hatte, von dem er glaubte, daß er ihm genügend Auskunft geben könne. In demselben Jahr, wo er die Regierung übernahm, heiratete er die sehr reiche Witwe des Fürsten Walter von Galiläa, Frau Eschiva, die von ihrem früheren Gemahl viele Söhne hatte, nachdem sie sich aber mit ihm verheiratet hatte, aus unbekannten Gründen keine Kinder mehr bekam. Er soll aber sie und ihre Kinder so geliebt haben, als wären diese seine eigenen. Nach dieser kurzen Abschweifung kehren wir wieder zu unserer Geschichte zurück. Um dieselbe Zeit berief der König, da im vergangenen Sommer der Bischof Radulf von Bethlehem, welcher der Kanzler des Königreichs gewesen war, diese Welt verlassen hatte, nach dem Rat seiner Fürsten uns zu dieser Würde, damit er jemand haben mochte, der die königlichen Briefe besorgte.

VI. In demselben Jahr eilte Saladin, der Sohn Negemedins, ein Bruderssohn Sirakons, der von diesem seinem Oheim den Thron von Ägypten geerbt hatte, während der rechtmäßige Herr von Damaskus, nämlich Noradins minderjähriger Sohn Mehele-Salah sich bei Haleb aufhielt, nachdem er seinem Bruder Seifedin sein Reich übergeben hatte, durch die Wüste nach Syrien und Damaskus, wohin ihn die Großen dieses Landes insgeheim berufen hatten. Die Bürger übergaben ihm nach wenigen Tagen die Stadt, und jetzt eilte er nach Cölesyrien, wo er alle Städte dieses Landes ohne Schwertstreich in seine Gewalt zu bekommen hoffte. In dieser Hoffnung täuschte er sich auch nicht, denn die Einwohner dieser Orte öffneten ihm in kurzer Zeit die Tore von selbst, und er eignete sich, uneingedenk der Treue, die er seinem Herrn, dessen Diener er gewesen, schuldig war, alle Städte dieser Provinz an, nämlich Heliopolis, wie sein griechischer Name lautet, und das heutzutage Malbek, arabisch aber Baalbeth heißt, Emissa, das gewöhnlich Kamela genannt wird, Hama und das sogenannte große Cäsarea. Er wollte außerdem auch Haleb und durch einige Verräter den Knaben selbst in seine Gewalt bringen, woran er aber durch einen Zufall verhindert wurde. Während nämlich dies hier vorfiel, beriet sich der König mit seinen Fürsten, was bei dieser plötzlichen Veränderung der Dinge zu tun sei, und man kam dahin überein, der Herr Graf sollte mit einem Heere aus dem Königreich sowohl als aus seiner Grafschaft sobald als möglich nach Cölesyrien ziehen. Man befahl ihm auch alles aufzuwenden, um die Fortschritte Saladins zu hemmen, und zwar mit Recht, denn der Zuwachs seiner Macht war für uns gefährlich, und alles, was er gewann, mußte als ein Verlust für uns angesehen werden. Er war nämlich ein einsichtiger, tapferer und äußerst freigebiger Mann und flößte daher den Klügeren unter uns große Besorgnis ein, denn nichts gewinnt heute den Fürsten die Herzen der Untertanen und anderer Leute so sehr als die Freigebigkeit, welche die Fremdesten an sich zu fesseln weiß. Wir mußten darum fürchten, wenn sich seine Macht und sein Reich verdopple, so möchte er sich noch ungestümer gegen uns erheben und nur noch mehr zu schaffen machen. Diese unsere Bemühungen, seine Kraft zu schwächen, sind aber, wie wir jetzt mit tränenden Augen sehen müssen, vereitelt worden, denn er hat sich zu Land und zur See so stark gegen uns erhoben, daß wir, wenn uns nicht der Aufgang aus der Höhe mitleidig besucht, keine Hoffnung zu längerem Widerstand haben. Klug wäre es gewesen, dem minderjährigen Knaben zu Hilfe zu kommen, nicht um ihn zu begünstigen oder ihm einen besonderen Dienst zu erweisen, sondern um unserem mehr zu fürchtenden Gegner einen Nebenbuhler zu erhalten, durch den seine Angriffe auf unser Reich geschwächt worden wären.

VII. Wir wollen hier ein wenig in unserer Erzählung innehalten, nicht um unnötig abzuschweifen, sondern um etwas beizubringen, das gewiß nicht ohne Nutzen ist. Man fragt oft, und man darf allerdings wohl so fragen, was wohl der Grund sei, daß unsere Väter mit einer geringeren Anzahl so oft einem weit stärkeren feindlichen Heere im Treffen gewachsen waren und unter Gottes Beistand so oft mit wenigen die größten Scharen und eine unermeßliche Menge von Feinden geschlagen haben, so daß der christliche Name den Heiden, die nichts von Gott wissen, zum Schrecken war, und daß der Herr durch die Taten unserer Väter verherrlicht wurde. Unsere Zeitgenossen aber wurden umgekehrt oft von einer geringeren Zahl besiegt, und es geschah mehrmals, daß sie mit einem weit stärkeren Heere gegen ein geringeres nichts ausrichteten oder ihm unterlagen. Wenn wir hierüber nachdenken und unseren Zustand sorgfältig betrachten, so müssen wir zuerst den Grund zur Sprache bringen, der sich auf Gott bezieht. Unseren Vätern, die fromme und gottesfürchtige Männer waren, sind ganz verderbte und lasterhafte Kinder nachgewachsen, die die Gebote des christlichen Glaubens übertreten und sich alles erlauben, was ihnen in den Sinn kommt, so schlimm oder noch schlimmer als die, die zu dem Herrn ihrem Gott sprachen: "Heb dich von uns, wir wollen von deinen Wegen nicht wissen", und denen der Herr billig seine Gnade entzieht, da ihre Sünden mit Recht seinen Zorn herausfordern. Die Menschen der gegenwärtigen Zeit und hauptsächlich im Morgenland sind so, daß, wer ihre Sitten oder vielmehr ihre abscheulichen Laster schildern sollte, der ungeheuren Arbeit erliegen müßte und statt einer Geschichte eine Satire geschrieben zu haben schiene. Der zweite Grund ist der: In der vergangenen Zeit, als jene ehrwürdigen Männer zuerst in göttlichem Eifer und voll von brünstigem Glauben nach dem Morgenland zogen, da waren sie an die Kriegszucht gewöhnt, im Kampf geübt und im Gebrauch der Waffen erfahren, die Morgenländer hingegen waren in langem Frieden erschlafft, im Kriegswesen unerfahren und ungeübt und erfreuten sich eines beruhigten Zustandes. Daher war es nicht zu verwundern, wenn wenige einer größeren Zahl leicht gewachsen waren oder im Kampf die Oberhand über sie gewannen und den Sieg davontrugen, denn im Krieg kommt es oft vor, wie dies die, welche in diesen Dingen bewandert sind, noch besser wissen als wir, daß eine durch lange und ununterbrochene Übung erworbene Erfahrung oft der rohen und ungeübten Kraft überlegen ist. Der dritte Grund, der uns einfällt, ist ebenso bedeutend als dieser. In den alten Zeiten hatte beinahe jede Stadt ihren besonderen Herrn, und diese standen, um mit Aristoteles zu reden, nicht untereinander und verfolgten nur selten die gleichen, viel öfter ganz entgegengesetzte Zwecke. Gegen solche Feinde, die verschiedenes und oft entgegengesetztes wollten und sich voreinander selbst fürchteten, war der Kampf nicht so schwierig, denn sie konnten und wollten sich nicht so leicht zur Abwehr gemeinsamen Schadens vereinigen, und da sie vor den Ihrigen nicht weniger Furcht hatten als vor den Unseren, so konnten sie sich nicht ohne Schwierigkeiten gegen uns wappnen. Aber jetzt sind alle die uns benachbarten Reiche durch Gottes Zulassung in die Gewalt eines einzigen gekommen, denn in den letztverflossenen Zeiten, deren wir uns noch erinnern können, hat unser greulicher Feind Sanguin, der den christlichen Namen wie die Pest haßte, der Vater des neulich verstorbenen Noradin, nachdem viele andere Reiche gewaltsam unter sich gebracht hatte, auch die edle und vortreffliche Hauptstadt der Meder, nämlich Nages, das sonst auch Edessa heißt, samt ihrem ganzen Gebiet erobert und die Gläubigen, die in der Stadt waren, getötet. Ferner hat sein Sohn Noradin den König von Damaskus vertrieben und mehr durch Verrat der Leute des Königs als durch eigene Kraft dieses Reich erobert und mit seiner väterlichen Erbschaft vereinigt. Und zuletzt hat dieser Noradin sich durch Sirakon in den Besitz des alten und reichen Ägyptens gesetzt, wie wir hiervon oben in der Regierungsgeschichte Amalrichs weitläufiger gehandelt haben. So stehen also, wie wir gesagt haben, alle die uns benachbarten Reiche unter der Herrschaft eines einzigen und wappnen sich auf einen Wink von diesem, dem sie alle, wenn auch ungern, dienen wie ein Mann gegen unser Reich, und da ist keiner, der eines andern Sinnes sein oder sich ungestraft der Aufforderung seines Herrn entziehen darf. Dies alles besitzt jetzt Saladin, von dem wir oben sprachen, ein Mann von niedrigem Geschlecht und aus dem untersten Stand, den aber das Glück im höchsten Grad begünstigte. Er bezieht aus Ägypten und den angrenzenden Ländern eine unschätzbare Menge des besten und reinsten Goldes, das man Obryzum nennt, und aus den anderen Provinzen sammelt er sich unermeßliche Scharen von Reitern und Kriegsvolk, die nach seinem Golde dürsten, und wie man sie, wenn man so viel Gold hat, leicht zusammenbringen kann. Aber jetzt wollen wir zur Geschichte zurückkehren. Es waren also, wie wir oben sagten, alle Anwesenden der Meinung, man müsse diesem großen Mann, der durch ununterbrochene Siege dem höchsten Gipfel der Macht zueilte, auf alle Art Widerstand leisten, daß er nicht uns zum Schaden immer gewaltiger werde. Der Graf eilte deswegen mit den Fürsten des Königreichs und mit allen Hilfstruppen, die er hatte zusammenbringen können, in das Land von Tripolis und lagerte sich hier in der Nähe von Archis, in dem Teil der Provinz, der Galifa heißt.

VIII. Während dies bei uns vorfiel, sammelte der väterliche Oheim von Noradins Sohn, ein unter den Morgenländern großer und mächtiger parthischer Fürst, namens Kotobedi, auf die Nachricht, daß sich Saladin nach seines Bruders Tod allen menschlichen Gesetzen zuwider und undankbar gegen den Vater des Knaben, der ihn als einen Sklaven mit Wohltaten überhäuft hatte, gegen seinen minderjährigen Herrn erhoben habe, ein großes Heer von Reitern, deren er eine Menge gehabt haben soll, und setzte über den Euphrat, um seinem Neffen gegen seinen Verräter zu Hilfe zu kommen. Es war aber dieser große Fürst Herr der alten und berühmten Stadt Ninive, die einst auf die Predigt des Propheten Jonas in Sack und Asche Buße tat, jetzt aber, nachdem sie nicht weit von dem Ort, wo sie im Altertum stand, aus den Überbleibseln der alten Gebäude und des Volkes, das sich noch vorfand, wiederhergestellt worden ist, den Namen Mossul erhalten hat und noch gegenwärtig die Hauptstadt von ganz Assyrien ist. Als er hier ankam, lagerte er sich in der Ebene um Haleb. Unterdessen war Saladin nicht müßig gewesen, sondern hatte, nachdem ihm Bostrum, die große Hauptstadt des Ersten Arabien, wie auch Heliopolis, das man heutzutage gewöhnlich Malbek heißt, von den Bürgern ohne Kampf und freiwillig übergeben worden war, die Stadt Emissa belagert, die auch Kamela heißt, und den unteren Teil der Stadt übergaben ihm auch die Bürger ohne zu zögern, in die Burg aber, die auf einem mäßigen Hügel lag und stark befestigt war, hatten sich die Anhänger des genannten Knaben geflüchtet, welche den Platz schon früher sorgsam mit Waffen und Lebensmitteln versehen hatten. Auch die benachbarten, in dieser Provinz gelegenen Städte Hama, Cäsara und das ganze Land, bis nach Haleb selbst, hatte er durch freiwillige Übergabe der Einwohner in seine Gewalt bekommen. Die nun in der Burg der Stadt Emissa schickten Boten an den Grafen von Tripolis und die Unseren, welche diesen Zug in der Erwartung unternommen hatten, von einem der beiden Teile in diesem Gewirr unter günstigen Bedingungen zu Hilfe gerufen zu werden, und baten den Grafen schleunigst, zu ihnen zu kommen, indem sie ihm versprachen, es werde zu seinem großen Vorteil gereichen, wenn er ihnen gegen einen so verderblichen Menschen Beistand leiste. Nun waren in diesem festen Platz noch Geiseln des Herrn Grafen, die er dem Vater des Knaben, Nuredddin, für die Ausbezahlung der sechzigtausend Goldstücke, die seine Freilassung gekostet hatte, hatte stellen müssen. Ferner waren hier auch einige Geiseln Rainalds von Sidon, die er für seinen Bruder Eustach gestellt hatte. Sie hofften also, diese Geiseln für die gewünschte Hilfe von dem Herrn der Burg zurückbekommen zu können, und zogen schleunigst mit all ihrer Mannschaft dahin. Als sie aber ankamen, sahen sie, daß auf jene früheren Anträge kein Gewicht zu legen sei, da die Belagerten Hoffnung hatten, durch den oben genannten Fürsten von der Belagerung befreit zu werden, und so kehrten sie, nachdem sie sich hin und her beraten hatten, wieder in ihr Lager zurück. Da Saladin unterdessen sah, daß die Unseren entrüstet wieder abgezogen seien, wurde er dadurch noch mehr ermutigt und drang, weil er wußte, daß die Unseren nicht in der Nähe waren, weiter gegen Haleb vor. Er machte nun häufige Ausfälle und Streifzüge, um das Heer des genannten Fürsten zum Kampf herauszufordern, uns so kam es endlich zu einem schweren Treffen, in welchem beide Heere Mann gegen Mann gegeneinander kämpften. Endlich gewann Saladin den Sieg, und die von Ninive unterlagen, wie man sagt, durch Verrat der Ihrigen, die sich hatten bestechen lassen. Jetzt wandte er sich wieder nach Emissa und bekam, wie früher die Stadt, so jetzt auch die Burg in seine Gewalt. Von hier schickte er eine Gesandtschaft an den Grafen und ließ ihn bitten, ihn nicht am Sieg zu hindern und ihn, ohne sich einzumischen, mit dem Sohn Noradins und denen, die ihm zu Hilfe gekommen waren, sei Glück versuchen zu lassen, und um den Grafen hierzu geneigter zu machen, versprach er, ihm zum Lohn für diesen Dienst seine und Rainalds Geiseln umsonst zurückzugeben. Dieser Antrag gefiel dem Grafen, und nachdem ihm, den Vertragsbedingungen gemäß, die Geiseln zurückgegeben, und nachdem auch die übrigen Edlen, die bei diesem Zug waren, stattlich beschenkt worden waren, brach er sein Lager ab und kehrte in die Heimat zurück. Dieses alles soll durch Humfried von Toron, den königlichen Connetable, gegangen sein, denn man hatte diesen im Verdacht, er stehe mit Saladin in einem allzu vertrauten Verhältnis. So wurden also ganz gegen unseren Vorsatz, dem, welchem man auf alle Art hatte entgegentreten wollen, damit er nicht allzu mächtig werde und uns noch heftiger als bisher bedränge, Freundschaftsdienste von uns erwiesen, und der, dessen Macht sich zu unserem Nachteil unausgesetzt vergrößerte, wagte es jetzt, seine Hoffnung auf uns zu setzen. Sie waren um Anfang Januar ausgezogen und kamen jetzt um Anfang Mai wieder zurück.

IX. In diesen Tagen, am fünfundzwanzigsten April, starb der Bischof Mainard von Berythus, nachdem er in der Stadt Tyrus einige Zeit krank gelegen hatte. Seine Seele ruhe in Frieden. In demselben Monat wurden wir, nachdem die Kirche von Tyrus volle sieben Monate unbesetzt gewesen war, durch die einstimmige Wahl des Klerus und des Volkes und durch die herkömmliche Bestätigung des Königs nicht sowohl unserer Verdienste halber als durch die Langmut und Gnade Gottes zum Erzbischof dieser Kirche berufen und empfingen innerhalb zehn Tagen in der Kirche zum Heiligen Grab, durch den Willen Gottes und durch die Hand des Patriarchen Amalrich von Jerusalem, am achten Juni, obgleich dieser Würde unwürdig, unsere Weihe.

X. Um dieselbe Zeit, als Saladin in jenen Gegenden ernstlicher beschäftigt war, erhielt der König die Nachricht, das damaszenische Gebiet sei völlig von Mannschaft entblößt und habe gegenwärtig keinen Regenten, so daß man hier ganz frei Beute machen und dem Land allen Schaden zufügen könne, zu dem das Kriegsrecht Vollmacht gibt. Sobald er dies erfahren hatte, versammelte er einige Ritterschaft, setzte über den Jordan und zog durch den Wald, der bei der Stadt Paneas liegt und von ihr den Namen führt, rechts an dem berühmten Berg Libanon vorbei, in die Nähe von Damaskus. Es war nämlich zur Zeit der Ernte. Die Unseren durchstreiften also die ganze Gegend und verbrannten alle Früchte, mochten sie schon auf den Tennen oder garbenweise auf den Feldern liegen oder noch am Boden stehen. Die Menschen aber hatten sich auf die Nachricht von ihrer Ankunft mit ihren Weibern und Kindern in die festen Plätze geflüchtet. So kamen die Unseren, ganz nach Willkür in der Gegend hausend, bis nach Daria, einem Dorf in der Nähe von Damaskus, kaum vier Meilen davon entfernt. Von da kamen sie nach Bedegene, das am Fuß des Libanons liegt und sehr klares Wasser hat, weswegen es das Haus des Vergnügens genannt wird. Sie eroberten diesen Ort, trotz der starken Gegenwehr der Einwohner, und kamen dann mit Beute beladen, ihren Raub hinter sich herschleppend, vor den Augen der Damaszener, die nicht stark genug waren, ihnen entgegenzutreten, gesund und wohlbehalten nach einigen Tagen in die Heimat zurück. Um dieselbe Zeit starb der Erzbischof Hernesius von Cäsarea, und an seine Stelle wurde der Archidiakon Herakleus von Jerusalem gewählt und geweiht.

XI. Im zweiten Regierungsjahr König Balduins des Vierten berief der König, während Saladin noch bei Haleb beschäftigt war, die Großen und die Ritterschaft des Reichs zusammen und fiel im Monat August, am ersten Tag des Monats, aufs neue in das feindliche Land ein. Er zog über das Gebiet von Sidon und über das Gebirge, das in der Mitte zwischen unserer und der feindlichen Grenze liegt, und kam nach Messaara, einem Ort, der beinahe mit allen zeitlichen Gütern reichlich gesegnet ist und den fruchtbarsten Boden und die schönsten Quellen hat. Von da stieg er in das Tal Bakar hinab, wo er in ein Land kam, von dem man sagen kann, daß hier Milch und Honig fließen. Einige sind der Meinung, dieses Land sei das alte Ituräa, das, wie auch Trachonitis, nach dem Evangelium des Lukas, der Tetrarch Philipp, der Sohn des älteren Herodes, beherrschte. In noch älteren Zeiten aber, nämlich zur Zeit der Könige von Israel, hieß es der Wald von Libanon, weil sich nämlich das Tal, das sich durch seinen fruchtbaren Boden, seine gesunden Quellen, seine gute Luft, seine starke Bevölkerung und die vielen Dorfschaften, die man hier trifft, auszeichnet, am Fuße des Libanon hinzieht. In der Tiefe dieses Tales zeigt man eine Stadt, die heute noch mit starken Mauern umgeben ist und an ihren alten Gebäuden noch viele Spuren einstiger Herrlichkeit zeigt. Ihr neuer Name ist Amegarra, und die Altertumsforscher halten sie für die edle phönizische Kolonie Palmyra, deren Ulpianus von Tyrus im Digestum novum Tit. 10. de censibus erwähnt. Als die Unseren hierherkamen, begannen sie ungehindert die ganze Gegend zu durchstreifen und alles in Brand zu stecken. Die Einwohner jedoch hatten sich auf das Gebirge geflüchtet, wohin die Unsern nicht so leicht gelangen konnten, und ihr großes und kleines Vieh hatten sie größtenteils, als sie die Ankunft der Unseren erfuhren, nach den Sümpfen gebracht, die in der Mitte des Tales liegen und wo die reichsten Weiden sind. Unterdessen kam die Nachricht, der Graf von Tripolis, der, der Verabredung gemäß, über das Gebiet von Biblius bei dem festen Platz Manthera plötzlich in die Gegend von Heliopolis eingefallen war, verwüste und verbrenne mit den Seinigen alles in ebendiesem Tal. Als dies die Unseren hörten, eilten sie ihm entgegen, und da auch jene sich ebenso sehnten, mit ihnen zusammenzukommen, so trafen sie einander ungefähr in der Mitte des Tals. Als dies Semsedol, Saladins Bruder, der als Statthalter in Damaskus residierte, vernahm, versuchte er mit einiger Mannschaft, die er zusammenbrachte, und mit Hilfe der Einwohner dieser Gegenden, ihnen Widerstand zu leisten, und stellte seine Scharen in Schlachtordnung, um den Unseren entgegenzuziehen. Auch die Unseren kamen kampfbegierig und in Schlachtordnung einher, und es kam zu einem Treffen, in welchem von beiden Seiten männlich gekämpft wurde. Mit Gottes Hilfe aber gewannen endlich die Unsern den Sieg, und die Feinde ergriffen die Flucht, nachdem viele von ihnen getötet und unzählige gefangengenommen worden waren. Semsedol entkam mit einigen wenigen und rettete sich auf die Höhe des Gebirges. Die Unseren aber kehrten mit Siegesbeute beladen, mit Herden und sonstigem Raub wieder zurück, doch verloren sie einige der Ihrigen, die in dem Treffen in die Sümpfe gegangen waren und jetzt die Wege nicht mehr wußten und nicht vermutet hatten, daß sich die Unsrigen so schnell wieder zurückziehen würden. Der König und die Seinen kehrten also zurück und kamen unter Gottes Führung mit Herden von großem und kleinem Vieh und mit Gerät aller Art, das sie als Zeichen ihres Sieges und Glücks mit sich brachten, wohlbehalten nach Tyrus. Auch der Graf von Tripolis kam ebenfalls mit unermeßlicher Beute auf demselben Weg, auf dem er hergekommen war, glücklich mit all den Seinigen wieder in seinem Lande an. In demselben Jahr erhielt Rainald von Chatillon, der Nachfolger des Fürsten Raimund von Antiochien, dessen Witwe, Constantia, er geheiratet hatte, nachdem er viele Jahre bei Haleb in äußerst harter Gefangenschaft gehalten worden war, durch Vermittlung seiner Freunde, die eine große Geldsumme für ihn bezahlten, seine Freiheit wieder, und mit ihm kam auch Joscelin zurück, der Sohn des Grafen Joscelin von Edessa, der Oheim des Königs, der durch die Bemühungen seiner Schwester, der Gräfin Agnes, der Gemahlin Rainalds von Sidon, die die Mutter des Königs war, aus der Gefangenschaft erlöst worden war. In demselben Jahr, im Monat Mai, am zweiten des Monats, wurden Otto, erwählter Bischof von Sidon, der Vorgänger bei der Kirche von Tyrus gewesen war, und Rainald, der erwählte Bischof von Berythus, durch uns in der Kirche von Tyrus eingesegnet.

XII. Um dieselbe Zeit erlitt unserer Sünden halber Kaiser Manuel von Konstantinopel, der beinahe die ganze Welt seine Freigebigkeit fühlen ließ, bei Ikonium, als er aus frommem Eifer zur Vergrößerung der Macht der Christenheit das greuliche Volk der Türken und ihren gottlosen Anführer, den Sultan von Ikonium, bekämpfte, mit seinem unglaublich großen Heer eine unermeßliche Niederlage. Es kamen hier auch mehrere von seinen Verwandten um, angesehene und ruhmwürdige Männer, und unter diesen auch der Protosebastos Johannes, nachdem er in tapferem Kampfe mehrere Wunden erhalten hatte, ein Bruderssohn des Kaisers, ein Mann von ausgezeichneter und großartiger Freigebigkeit, dessen Tochter Maria Amalrich geheiratet hatte. Der Kaiser selbst sammelte den größten Teil seiner Heere wieder und kam, persönlich unverletzt, aber im höchsten Grad über sein Unglück bestürzt, in seine Heimat zurück. Diese Niederlage soll aber mehr durch die Unvorsichtigkeit seiner Heerführer als durch die Stärke des Feindes veranlaßt worden sein. Während es nämlich nicht an breiten und offenen Wegen fehlte, auf denen das Heer samt der unermeßlichen Last von Gepäck, dessen Menge Zahl und Maß überschritten haben soll, bequem fortrücken konnte, drängten sie sich unbehutsam in gefährliche Engpässe, wo sie den Feind, der diese Plätze bereits besetzt hatte, weder angreifen noch ihm Widerstand leisten konnten. Von diesem Tage an drückte sich die Erinnerung dieses Unglücks so tief in das Gemüt des Kaisers, daß er seine gewohnte Heiterkeit, durch die er sich ganz besonders auszeichnete, völlig verlor, und so sehr ihm die Seinigen zusprachen, sich nie mehr vergnügt zeigte, und auch die gute Gesundheit, die er bisher genossen hatte, erhielt er bis zu seinem Tod nicht wieder, und sein damaliges Mißgeschick, das in seinem Gedächtnis immer wieder auflebte, benahm ihm all die Ruhe, die ihm früher eigen gewesen war.

XIII. Im dritten Regierungsjahr Balduins landete um Anfang Oktober Markgraf Wilhelm, mit dem Beinamen Langschwert, der Sohn des Markgrafen Wilhelm von Montferrat des Älteren, der auf Wunsch des Königs und der sämtlichen Fürsten des Königreichs, der weltlichen sowohl als der geistlichen, nach Syrien kam, bei Sidon, und vierzig Tage nach seiner Ankunft gab ihm der König, da er und alle Fürsten ihm im vergangenen Jahr, als man ihn zu diesem Zweck herbeirief, dies mit einem körperlichen Eid versprochen hatten, seine Schwester, die jünger war als er, zur Frau, und mit ihr schenkte er ihm die Seestädte Joppe und Askalon samt dem dazugehörigen Gebiet und der ganzen Grafschaft, wie dies im Vertrag ausbedungen worden war, gegen den Willen von mehreren, die, ungeachtet daß er auch auf ihren Rat berufen worden war, öffentlich Widerspruch gegen diese Schenkung erhoben, wobei sie nicht bedachten, daß es für Charakterlosigkeit gilt, wenn man dem entgegenhandelt, was man selbst beschlossen hat. Der genannte Markgraf war nämlich ein schön und hoch gewachsener Jüngling von untadeliger Gestalt und blonden Haaren. Er war sehr tapfer und mutig, über das Maß jähzornig, äußerst freigebig, von offener Sinnesart, so daß er nie sein Inneres geheimhielt, sondern sich immer völlig gab, wie ihm zumute war. Im Essen und Trinken war er unenthaltsam, doch nicht so, daß sein Geist darunter litt. Im Gebrauch der Waffen soll er seit seiner Kindheit schon geübt worden sein, und an hoher Abstammung kamen ihm, wenn nicht keiner, so doch nur sehr wenige gleich. Sein Vater nämlich war der Oheim des Königs Philipp von Frankreich, ein Bruder von dessen Mutter. Seine Mutter aber war die Schwester Konrads, des erlauchten römischen Kaisers, und eine Base Friedrichs, der seit dem Tod seines Oheims Konrad das römische Reich mit Kraft regierte. Und so war der genannte Markgraf in gleichem Grade mit diesen beiden hohen Königen verwandt. Nachdem er geheiratet hatte, war er kaum noch drei Monate gesund und fiel dann in eine sehr schwere Krankheit, an der er, nachdem er ungefähr zwei Monate ununterbrochen an ihr gelitten hatte, im folgenden Juni, während zugleich auch der König bei Askalon schwer erkrankt war, dahinstarb. Er hinterließ seine Frau schwanger. Sein Leichnam wurde nach Jerusalem gebracht und im Vorhof der Kirche des Hospitals, links, wenn man hineingeht, mit großer Feierlichkeit von uns bestattet. Um dieselbe Zeit heiratete Humfried von Toron, der Connetable des Königs, die Philippa, eine Tochter des Fürsten Raimund von Antiochien und eine Schwester Bohemunds des dritten, der jetzt das Fürstentum regiert, und der Kaiserin Maria von Konstantinopel. Sie war früher die Gemahlin von Andronikus, einem Verwandten des Kaisers, gewesen. Dieser hatte sie aber nachher verlassen und ebenso schamlos als unverschämt seine Nichte Theodora, die Witwe des Königs Balduin, heimlich entführt. Dieser Humfried nun fing sogleich, nachdem er sie nach Hause geführt hatte, rettungslos zu erkranken an, und auch sie wurde von einer heftigen Krankheit ergriffen und starb nach wenigen Tagen.

XIV. Im vierten Regierungsjahr Balduins des Vierten, im zweiten Monat, landete um Anfang August der längst erwartete Graf Philipp von Flandern bei Akkon, und der König, der sich, noch krank, in einer Sänfte von Askalon nach Jerusalem hatte bringen lassen, wurde durch die Nachricht davon sehr aufgeheitert und schickte ihm einige seiner Fürsten und Prälaten entgegen, um ihn aufs ehrenvollste zu empfangen. Als er nach Jerusalem kam, bot ihm der König, der noch schwer krank lag, nach gemeinschaftlichem Beschluß des Patriarchen, der Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte, Prioren, der Meister des Hospitals und der Tempelritterschaft wie auch aller weltlichen Fürsten die unumschränkte Regierungsgewalt über das ganze Königreich an, so daß er im Frieden und im Krieg auswärts und zu Hause über Hohe und Niedere volle Gerichtsbarkeit ausüben und mit den Schätzen und Einkünften des Königreichs frei schalten könnte. Nachdem sich nun der Graf mit den Seinigen beraten hatte, gab er zur Antwort, er sei nicht darum gekommen, um irgendeine Herrschaft zu erlangen, sondern um sich dem Dienst des Herrn zu widmen, und es sei nicht seine Absicht, irgendein Amt zu bekleiden, das ihn, wenn ihn seine eigenen Angelegenheiten nach Hause rufen, zurückhalte. Der König möchte, wen er wolle, zu seinem Statthalter ernennen, dem dann er zum Frommen des Königreichs wie seinem Herrn, dem König von Frankreich, gehorchen wolle. Da sie nun sahen, daß er den Antrag so entschieden zurückwies, so ließ ihn der König durch seine Fürsten dringend darum ersuchen, wenigstens bei dem Kriegszug, der, längst mit dem Kaiser von Konstantinopel verabredet, mit nächstem unternommen werden sollte, den Oberbefehl über das ganze christliche Heer zu übernehmen und die Kämpfe des Herrn gegen die Ägypter zu leiten. Auch hierauf gab er dieselbe Antwort wie auf den früheren Antrag. Der König übertrug also, wie er es schon früher, vor Ankunft des Grafen, getan hatte, Rainald, dem früheren Fürsten von Antiochien, einem Mann von erprobter Treue und wunderbarer Standhaftigkeit, die Regierung des Königreichs und den Oberbefehl über das Heer, so daß er, wenn der König nicht in eigener Person erscheinen könnte, die Regierungsgeschäfte besorgen sollte, jedoch immer mit Beiziehung des Herrn Grafen. Als dies dem Grafen gemeldet wurde, antwortete er, ein Statthalter dieser Art scheine ihm nicht nötig zu sein, der König solle einen solchen aufstellen, der den Siegesruhm, wenn Gott das Unternehmen glücken lasse, und die Schande, wenn der Herr zulasse, daß sie unterliegen, für sich allein habe, und dem das Reich von Ägypten, wenn es in unsere Gewalt komme, eigens zufalle. Auf dieses antworteten wir, die wir vom König an ihn geschickt waren, einen solchen Statthalter könne der König nicht aufstellen, wenn er ihn nicht auch zu einem König mache, was weder des Königs noch unsere Absicht sei. Auf dieses eröffnete der Graf seine geheimen Gedanken endlich deutlicher und hielt nicht mehr verborgen, wohin seine ganze Absicht ging. Er sagte nämlich, er müsse sich wundern, daß niemand wegen der Verheiratung seiner Verwandten mit ihm rede. Als wir dieses Wort vernahmen, verwunderten wir uns über die Bosheit des Menschen und seine schlimmen Absichten, und daß er, der vom König so ehrenvoll aufgenommen worden war, uneingedenk dieser Gastfreundschaft und den Gesetzen der Verwandtschaft zuwider, den König auf diese Art beeinträchtigen wolle.

XV. Wir müssen hier eine Abschweifung machen, um unseren Zuhörern deutlicher zu machen, in was denn eigentlich die Bosheit des genannten Grafen, von der wir uns sowohl aus dem, was wir von vielen anderen hörten, als aus seinem eigenen Geständnis überzeugten, eigentlich bestanden habe. Es hatte sich dem Herrn Grafen auf dieser Pilgerreise ein mächtiger Mann, der Vogt von Bethune, angeschlossen, welcher zwei erwachsene Söhne bei sich hatte. Dieser stellte dem Grafen, wie man sagt, auf Eingebung des Grafen Wilhelm von Mandevilla, der auch mit ihm des Wegs gekommen war, vor, wie er sich in betreff des Königreichs große Vorteile zuwenden könne, indem er ihm sagte, er habe in seiner Grafschaft ein großes Besitztum, das er ihm alles als erbliches Eigentum überlassen wolle, wenn der Graf es zustande bringe, daß die zwei Töchter des Königs Amalrich mit seinen zwei Söhnen vermählt werden. Es waren auch wirklich zwei Töchter Amalrichs vorhanden. Die eine war die Gemahlin des Herrn Markgrafen gewesen, und die andere, die noch nicht mannbar war, lebte mit ihrer Mutter, der Frau Königin, bei Neapolis. Diesen Worten nun gab der Graf seine Beistimmung und bemühte sich jetzt, die Sache ins Werk zu setzen. Wir wollen aber jetzt zu unserer Geschichte zurückkehren. Als wir merkten, was der Graf im Schilde führte, antworteten wir, wir müßten davon erst den König benachrichtigen, und wir wollten ihm am nächsten Tag melden, was der König nach dem Rat seiner Fürsten hierauf zur Antwort gebe. Am andern Morgen, nachdem zuvor eine Beratung gehalten worden war, gingen wir wieder zum Grafen und antworteten ihm, es sei bei uns die Gewohnheit, die sich durch langen Gebrauch erprobt habe, daß eine Witwe, besonders wenn sie schwanger sei, innerhalb eines Jahres nicht mit Ehren zum zweiten Male heiraten könne. Seit dem Tod des Gemahls der Tochter Amalrichs seien aber kaum drei Monate verflossen. Es sei uns also nicht als böser Wille auszulegen, wenn wir das Herkommen unserer Zeit und unseres Landes beachten und noch keine Verhandlungen über die Verheiratung der genannten Frau beginnen. Doch sei es uns allen höchst erwünscht, wenn noch, solange er mit seinem Rat bei uns sei, von dieser Sache gesprochen werde, denn der König lasse sich wie in allem anderen, so gewiß auch hierin, gerne von seinem Rat leiten und unterwerfe sich seinem Willen stets, soweit es sich mit seiner Ehre vertrage. Er möchte nun vorangehen und eine taugliche Person nennen, und wir seien dann bereit, die Sache nach dem allgemeinen Beschluß weiterzuführen. Diese Rede nahm der Graf übel und sagte, er werde dies nicht tun, wenn ihm nicht zuvor alle Fürsten schwören, daß sie sich ohne Widerspruch seinem Vorschlag fügen wollten, denn es hieße einen edlen Mann beschimpfen, wenn man ihm, nachdem er sich genannt hätte, eine abschlägige Antwort geben würde. Wir aber antworteten, es wäre unserer und des Königs Ehre zuwider, wenn wir seine Schwester einer unbekannten Person geben würden, deren Namen wir nicht einmal wissen. Nachdem er also erfahren hatte, was der Wille des Königs und seiner Fürsten sei, stand er, obgleich sehr entrüstet und ärgerlich, von diesem Vorschlag ab.

XVI. Um diese Zeit waren zu Jerusalem Gesandte des Kaisers, hochgestellte und erlauchte Männer, nämlich Andronikus, der den Beinamen Angelus führt, ein Schwestersohn des Kaisers, der Megatriarch Johannes, ein sehr angesehener Mann, der edle Graf Alexander von Conversana in Apulien und Georg Sinaites, ein Diener des kaiserlichen Hofes. Diese waren im Auftrag des Kaisers zum König gekommen, weil es nach der Ankunft des Grafen von Flandern, wie man allerdings hoffen durfte, Zeit schien, den Vertrag, der einst zwischen dem Kaiser und dem König Amalrich geschlossen und von demselben Kaiser und dem jetzt regierenden Balduin unter den beinahe gleichen Bedingungen erneuert worden war, jetzt ins Werk zu setzen. Es war deswegen eine allgemeine Versammlung, bei der alle Großen des Reichs erschienen, nach der Heiligen Stadt berufen worden. Alle nährten die Hoffnung, das gottgeliebte Königreich werde durch den Rat und Beistand des genannten Grafen und den Seinigen einen Zuwachs erhalten, und man werde hier sich ausführlich darüber beraten, wie man die Macht der Feinde Christi zerstören könne, als sich der Graf plötzlich, wie wir gesagt haben, von einer anderen Seite zeigte und seiner Versprechen uneingedenk sich anderen Geschäften zuwandte und alle unsere Hoffnung vereitelte. Die kaiserlichen Gesandten bestanden nichtsdestoweniger auf der Ausführung des Unternehmens und sagten, der Aufschub sei gefährlich. Soviel an ihnen sei, so könne man mit dem begonnenen Werk weiterschreiten, denn sie seien bereit, alle Bedingungen des geschlossenen Vertrags treulich und in ihrem ganzen Umfang zu halten. Auf diese Worte der Gesandten glaubten wir, nachdem wir uns beraten hatten, es werde von Nutzen sein, wenn man dem Grafen die ganze Sache auseinandersetze. Er wurde also herbeigerufen und ihm der Inhalt des Bündnisses, das wir mit dem Kaiser abgeschlossen hatten, und das mit seinem goldenen Siegel versehen war, vorgelegt. Als ihm nun der Vertrag vorgelesen worden war, so daß er alles gut verstanden hatte, fragte man ihn, was er davon halte. Auf dieses antwortete er, er sei ein Fremder, der die Gegenden nicht kenne, und namentlich soll ja Ägypten von einer ganz besonderen Beschaffenheit sein und zu bestimmten Zeiten völlig überschwemmt werden. Wir müssen das Land genauer kennen und wissen, zu welcher Zeit man am besten einen Kriegszug dahin unternehmen könne. Übrigens habe er von einigen, die schon oft in Ägypten gewesen seien, gehört, daß die gegenwärtige Zeit zu einem solchen Unternehmen nicht passend sei. Er setzte noch bei, der Winter sei nahe, Ägypten sei jetzt ganz von den Wassern des Nils überdeckt, auch habe er gehört, es sei dort eine unermeßliche Menge von Türken versammelt worden. Überdies fürchtete er sehr, dem Heer möchten auf der Reise oder in Ägypten die Lebensmittel ausgehen, so daß es in Hungersnot geraten würde. Da wir nun sahen, daß er kahle Ausflüchte suche, so boten wir ihm, daß er sich dem Unternehmen nicht unter diesem Vorwand entziehen könnte, sechshundert Kamele an, um die Lebensmittel, die Waffen und das sonstige Gepäck zu Lande weiterzuschaffen, und so viel Schiffe, als er nötig haben würde, um Speisen und Kriegsmaschinen zur See nach Ägypten zu bringen. Dieses alles aber verschmähte er und sagte, er möge überhaupt nicht mit uns nach Ägypten ziehen, da er befürchten müsse, hier mit den Seinigen Hungers zu sterben. Er sei, fügte er hinzu, gewöhnt, seine Heere durch reiche Gegenden zu führen, und die Seinigen könnten solchen Mangel nicht ertragen, wir aber möchten ein anderes Land wählen, wohin man die Truppen leichter führen und bequemer etwas zum Wachstum der christlichen Macht tun könne, dann wolle auch er mit den Seinigen gerne diesem Kriegszug sich anschließen.

XVII. Nun war es für uns weder sicher noch ehrenhaft, von dem Vertrag zu lassen, denn die Gesandten des Kaisers, edle und vortreffliche Männer, waren mit unermeßlichem Geld da und zeigten sich, wie gesagt, bereit, alle Bedingungen des geschlossenen Bündnisses treulich zu erfüllen. Sie hatten, außer anderen Schiffen, im Hafen von Akkon siebzig Galeeren, die zu diesem Unternehmen hinreichend waren, und zugleich hielt man es für ehrlos und gefährlich, einem beschworenen Vertrag entgegenzuhandeln. Und hätte man es vielleicht auch dahin bringen können, daß die kaiserlichen Gesandten in einen Aufschub gewilligt hätten, so war es doch nicht geraten, auf die Hilfe des Kaisers, die man jetzt in Händen hatte, zu verzichten, da man fürchten mußte, ihn hierdurch zu erzürnen, was uns große Gefahr bringen konnte. Man beschloß also, dem früheren Übereinkommen gemäß, mit Übereinstimmung beider Teile, den Zug zu unternehmen und sich zu dem Werk zu rüsten, das man schon längst gemeinschaftlich mit dem Kaiser ausführlich beschlossen hatte. Als der Graf von Flandern dies hörte, wurde er noch heftiger gegen uns aufgebracht und sagte, dies sei auf seine Kränkung abgesehen, und endlich, nach vielen Verhandlungen, verschob man, um ihm wie man konnte zu Willen zu sein, nach dem gemeinschaftlichen Beschluß der Unseren und der Griechen, den Zug noch über den ganzen April hinaus. Hierauf ging der Graf, nachdem er fünfzehn Tage in Jerusalem verweilt, seine Andacht verrichtet und einen Palmzweig genommen hatte, was bei uns das Zeichen der vollbrachten Wallfahrt ist, nach Neapolis ab, als ob er sich ganz zurückziehen wollte. Nach einigen Tagen aber schickte er den Vogt von Bethune mit einigen seiner Leute zu uns nach Jerusalem und ließ uns melden, er habe sich jetzt endlich entschlossen, uns nach Ägypten oder wohin wir sonst wollten zu folgen. Es kam uns nun zwar höchst lächerlich vor, daß er seine Entschlüsse so oft wechselte, und wir mußten ihn, weil er nie bei seinem Vorsatz blieb, für einen unbeständigen Menschen halten. Dennoch besprachen wir uns auf diese Eröffnung des Grafen mit den Griechen aufs neue, obgleich wir es ungern taten. Seine Absicht war aber nicht, sein Versprechen zu halten, sondern all sein Bemühen ging dahin, uns eine Schuld aufbürden und den Fürsten über den Alpen schreiben zu können, es sei bloß an uns gelegen, daß das Unternehmen nicht ausgeführt worden sei. Um also seine Schuld auf uns zu wälzen, hatte er die genannten Männer zu uns geschickt, denn er hoffte bestimmt, die Griechen würden sich jetzt nicht zum zweitenmal nach unserem Plan bequemen.

XVIII. Wir versuchten also, ob die Griechen noch geneigt seien, den früheren Vertrag zu halten, und, wenn uns der Graf begleiten wollte, mit uns nach Ägypten hinabzuziehen, und diese antworteten: Wenn der Graf mit eigener Hand schwöre, mit uns zu ziehen, und für den Fall, daß er selbst hier oder auf dem Weg krank werden sollte, uns sein Gefolge zuzuschicken, bei dem ganzen Unternehmen treulich, ohne Gefährdung und böswillige Absicht für das Wachstum der christlichen Macht zu arbeiten, weder mit Rat noch mit Tat den Vertrag zwischen dem König und dem Kaiser in irgendeinem Punkt zu verletzen, und wenn er dasselbe auch seine Leute beschwören lasse, so wollten sie, obgleich sie jetzt fast zuwenig Zeit hätten, um ihr Heer wieder in Bereitschaft zu setzen, und obgleich es ihnen sehr unmännlich erscheinen müsse, seinen Entschluß so oft zu wechseln, dennoch zur Vermehrung des Ruhmes dieses gottgeliebten Königreichs und des Kaisers sich dem Unternehmen nicht entziehen. Nun boten sich zwar der Vogt und die, welche mit ihm waren, an, diese Bedingungen zu beschwören, da sie aber nicht alle Punkte beschwören wollten und nicht versprachen, daß auch der Graf sie beschwören werde, so wollten wir nicht länger diese unnützen Verhandlungen fortsetzen, sondern brachen ab. Der Kriegszug wurde auf günstigere Zeit verschoben, und die kaiserlichen Gesandten nahmen Urlaub und kehrten in ihre Heimat zurück. Auf dieses fragten die Gesandten des Grafen an, was der Graf, um nicht völlig müßig zu liegen, jetzt, da das vorgenannte Unternehmen nicht zur Ausführung komme, mit dem Beistand des Königreichs tun könne. Die, an welche diese Frage gerichtet war, schlugen ihm nun vor, in das Land von Tripolis oder Antiochien zu ziehen, wo er Gelegenheit habe, etwas für seine Ehre und zum Frommen der Christenheit auszuführen. Einige rechneten es dem Fürsten von Antiochien, der hier gegenwärtig war, und dem Grafen von Tripolis an, daß der Graf einem Kriegszug nach Ägypten so abgeneigt war, denn die Genannten bemühten sich, wie man sagt, ihn in ihr Land ziehen, um mit seinem Beistand etwas für die Erweiterung ihr Länder zu tun, aber in dieser Hoffnung täuschten sie sich, weil ihm weder bei uns noch bei ihnen etwas Denkwürdiges zu vollbringen vom Himmel vergönnt wurde, und es war auch ganz in Ordnung, daß der, dem der Herr seine Gnade entzogen hatte, in nichts glücklich war. Es heißt ja: "Gott widerstehet den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.". Der König versprach ihm jedoch seinen Beistand und seine Mitwirkung und gab ihm, als er dahin zog, hundert Reiter von den Seinigen und zweitausend Mann Fußvolk mit. So stand es bei uns um Anfang Oktober. Der Graf von Flandern zog also mit den Seinigen, mit dem Grafen von Tripolis, dem Meister des Hospitals und vielen Tempelrittern in das Land von Tripolis. Um dieselbe Zeit heiratete Balian von Ibelin, der Bruder Balduins von Rames, mit Erlaubnis des Königs die Königin Maria, die Witwe des Königs Amalrich, die, wie dies früher gesagt wurde, eine Tochter des Protosebasten Johannes war, und erhielt zugleich mit ihr, für ihre Lebzeiten, die Stadt Neapolis, die sie unter dem Namen einer Morgengabe besaß.

XIX. Als nun der Graf an dem bestimmten Ort ankam und sich zur Weiterreise gerüstet und seine Scharen in Schlachtordnung gestellt hatte, fiel er mit dem Grafen von Tripolis und den Seinigen in das feindliche Land ein und verweilte einige Zeit in der Gegend von Emissa und Hama, nicht ohne dem Feind einigen Schaden zuzufügen. Saladin hatte sich nämlich, als er hier, was er gewünscht, zustande gebracht und mit Noradins Sohn einen Frieden geschlossen hatte, dessen Bedingungen er nach seinem Gefallen vorschrieb, nach Ägypten gewandt, weil er fürchtete, der seit langem beschlossene Kriegszug, von dem oben die Rede war, möchte jetzt wirklich zustande kommen. Er hatte also große Truppenscharen mit sich genommen, soviel er nur hatte zusammenbringen können, und seine ganze Stärke hierher versammelt, wo die Gefahr am dringendsten zu sein schien. Der Graf und die Seinigen fanden also das Land von Streitkräften entblößt und konnten es ganz frei durchziehen, doch waren die festen Plätze und Burgen der Städte hinlänglich mit Nahrungsmitteln, Waffen und Besatzung versehen. Als der Fürst vernahm, daß diese das feindliche Gebiet betreten hatten, stieß er mit seiner Mannschaft, jedoch wie verabredet worden war, auf einem anderen Weg zu ihnen. Nachdem sie sich nun äußerlich vereinigt hatten, vereinigten sie sich auch innerlich und beschlossen, was für den Augenblick das Beste zu sein schien, miteinander den festen Platz Harenk zu belagern. Der genannte Ort liegt nämlich im Gebiet der Stadt Chalkis, die man heutzutage gewöhnlich Artasia heißt und die von ihrer einstigen Größe und Pracht jetzt zu einem Städtchen herabgesunken ist. Beide Orte sind nämlich ungefähr zwölf Meilen von Antiochien entfernt. Als sie hier angekommen waren, belagerten sie den Platz von allen Seiten, daß weder die, welche drinnen waren, heraus noch die, welche ihnen Hilfe bringen wollten, hinein konnten. Sodann errichteten sie Maschinen und schafften alles herbei, was man sonst bei Belagerungen braucht, und da sie sich vorgenommen hatten, bei der Belagerung, von der sie sich dachten, daß sie lange dauern werde, standhaft zu verharren, so machten sie sich Hütten von Weiden und umgaben des einbrechenden Winters wegen das Lager mit Gräben, damit die Regengüsse keinen Schaden brächten, und die Bauern aus Antiochien und den benachbarten Dorfschaften waren ihnen bestens behilflich, indem sie ihnen um die Wette die nötigen Lebensmittel herbeischafften. Dieser feste Platz gehörte dem Sohn Noradins und war der einzige, den ihm Saladin in dieser Gegend gelassen hatte. Nachdem sie also den Platz von allen Seiten eingeschlossen hatten, machten sie abwechselnd und zu bestimmten Zeiten Angriffe auf die Besatzung und erschütterten mit ihren Maschinen die Mauern, ohne den Belagerten die geringste Ruhe zu gönnen.

XX. Während dies im Antiochenischen vorfiel, hörte Saladin, daß der Graf und die ganze Stärke des christlichen Heeres, das er nicht ohne große Besorgnis in Ägypten erwartet hatte, sich nach Antiochien begeben habe. Er glaubte nun mit Recht, da das Königreich von Mannschaft entblößt sei, hier einen Einfall machen und mit Leichtigkeit eins von beiden erreichen zu können, daß er nämlich entweder die Belagerten von der Belagerung befreie oder, wenn die Feinde hier verharrten, über die, welche im Königreich geblieben waren, einen Sieg erringe. Er berief also von überallher Mannschaft und zog mit einer schweren Menge, die außergewöhnlich gut mit Waffen und sonstigem Kriegsbedarf versehen war, aus Ägypten und kam durch die Wüste, die dazwischen liegt, in Eilmärschen nach der uralten, aber verödeten Stadt Laris. Hier ließ er das Gepäck, das den Zug beschwerte, zurück, ließ unseren festen Platz Darum und unsere berühmte Stadt Gaza hinter sich und erschien, nachdem er einige Streifzüge vorangeschickt hatte, mit dem Teil seiner Truppen, welche die leichtesten und kampfgeübtesten zu sein schienen, plötzlich vor Askalon. Der König aber hatte einige Tage vorher seine Ankunft erfahren und war mit der Ritterschaft, die noch im Königreich zu finden war, plötzlich und wenige Tage vorher in diese Stadt eingezogen. Der Graf von Tripolis hatte sich, wie oben gesagt worden ist, mit hundert unserer Ritter, die aus einer großen Zahl ausgelesen worden waren, schon früher entfernt, ebenso der Meister des Hospitals mit seinen Brüdern und der größte Teil der Tempelritterschaft. Der übrige Teil der Brüder aber hatte sich nach Gaza begeben, da sie fürchteten, Saladin werde sie, als die erste Stadt, auf die er treffe, belagern. Humfried, der Connetable des Königs, aber lag an einer schweren Krankheit danieder. Wie nun der König, der also nur eine geringe Mannschaft bei sich hatte, erfuhr, daß die Feinde die Felder in unserer Nachbarschaft ungehindert durchziehen und verheeren, rief er den Beistand Gottes an, ließ einen Teil der Seinigen zum Schutz der Stadt zurück, und zog mit den übrigen hinaus, um mit den Feinden zu kämpfen. Saladin aber hatte all sein Volk in der Nähe der Stadt versammelt. Als das christliche Heer ausgezogen war und die unermeßliche Menge der Feinde erblickte, hielten es die, welche schärfer sahen, für besser, hier stehenzubleiben, als sich unbedachtsam dem zweifelhaften Kriegsglück auszusetzen. So blieben die Unsern, obgleich sich beide Heere sehr nahe waren, bis zum Abend dem Feind gegenüber stehen, und es fielen nur von Zeit zu Zeit Einzelgefechte vor. Als es aber Abend wurde, hielten sie es für gefährlich, mit ihrer geringen Anzahl diese Nacht im Lager zuzubringen, besonders da die Feinde so unermeßlich viele waren, und zogen sich deswegen klugerweise wieder in die Stadt Askalon zurück. Darüber wurde Saladin mit den Seinigen so übermütig, daß er ganz außer sich geriet, sich in seinem Schwindel schon Sieger glaubte und das eroberte Königreich bereits an seine Genossen verteilte. Da sie nun schon alles was sie wünschten, zu haben glaubten, so vergaßen sie jetzt aller Vorsicht und streiften scharenweise, ohne Ordnung, in der Umgegend umher.

XXI. In jener Nacht nun glaubten wir, sie würden ihr Lager an dem Platz aufschlagen, wo sie den Tag zuvor gewesen waren, oder sich näher an die Stadt machen und sie belagern. Sie aber zogen, ohne weder sich noch ihren Pferden Rast zu gönnen, haufenweise in der ganzen Gegend umher und trieben ein jeder was er mochte. Unter ihren Satrapen war aber einer mit Namen Ivelin, ein tapferer und zu allem entschlossener Mann, von Nation ein Armenier, der dem Glauben an den Mittler zwischen Gott und den Menschen abgeschworen und zu der heidnischen Gottlosigkeit übergetreten war. Dieser kam mit seiner Schar bis nach der in der Ebene gelegenen Stadt Rama, und da er sie leer fand, so steckte er sie in Brand. Weil die Stadt nämlich wenig befestigt war, so hatten es die Einwohner nicht gewagt, hierzubleiben, und waren teils mit König Balduin nach Askalon gezogen, teils waren sie mit der schwächeren Einwohnerschaft, mit den Weibern und Kindern, nach Joppe geflüchtet, und wieder andere hatten sich nach einem sehr festen Platz namens Mirabel auf das Gebirge begeben. Nachdem nun der genannte Ivelin diese Stadt in Brand gesteckt hatte, eilte er mit seinem ganzen Gefolge vor das benachbarte Lidda und belagerte es plötzlich mit seinen Scharen, die sich ringsherum verteilten. Sofort setzte er den Bürgern mit einem Hagel von Pfeilen und mit allen Arten des Angriffs zu und hörte nicht auf, sie wie er konnte zu beunruhigen. Es hatte sich nämlich das ganze Volk über die Kirche des heiligen Märtyrers Georg hinaufbegeben. Sofort ergriff die Unseren ein solcher Schrecken, daß sie ihre einzige Hoffnung in die Flucht setzten, und nicht nur die, welche im offenen Land wohnten, wo die Feinde frei umherzogen, wurden von solcher Angst befallen, sondern auch die auf den Gebirgen, so daß die Heilige Stadt beinahe von ihren Einwohnern verlassen wurde, und daß sie sich um die Wette nach der Davidsburg flüchteten und den übrigen Teil der Stadt, den sie sich nicht halten zu können getrauten, unbeschützt stehenließen. Streifzüge der Feinde waren bis an den Ort, der Kalkalia heißt, gekommen, und einzelne Scharen hatten sich beinahe über die ganze Oberfläche des Landes verbreitet, ja sie waren bereits im Begriff, aus der Ebene auch auf das Gebirge hinaufzusteigen. Dies war der Anblick unseres verödeten und in das äußerste Elend versunkenen Landes an jenem Tag, wo der erzürnte Herr es in seinem Grimm mit Finsternis bedeckte, aber er vergaß dennoch nicht, gnädig zu sein, und hielt seine Barmherzigkeit nicht vor Zorn verschlossen, sondern er wandte sich wieder zu uns, um uns aufzurichten, und erheiterte unsere Seelen nach den vielen Bekümmernissen wieder mit seinen Tröstungen.

XXII. Während dies nämlich hier vorfiel, zog der König auf die Nachricht, daß die Feinde weit und breit sein Gebiet überschwemmt haben, mit den Seinigen aus Askalon, um den Feinden entgegenzugehen, denn er hielt es für besser, auf jede Gefahr hin mit den Feinden das Kriegsglück zu versuchen, als zuzulassen, daß sie die Seinigen niedermachen und ihr Eigentum verheeren und ausplündern. Er schlug also, um die Feinde plötzlich und unvermutet überfallen zu können, den Weg am Meeresufer hin ein und kam von dieser Seite her dem Lagerplatz Saladins gegenüber. Als er hier ankam, ließ er alle seine Reiter und Fußkämpfer sich zum Streit rüsten, und die Tempelritter, die in Gaza waren, kamen jetzt herbei und verbanden sich mit ihm. Sofort stellten sich die Ritter in Schlachtordnung, und man schickte sich an, dem Feind entgegenzugehen, und während sie nun durch die Brände, die sie auf allen Seiten sahen, und durch die Nachrichten von dem Blutbad, das die Feinde angerichtet hatten, mit Rachedurst männlicher Kampflust erfüllt, wie ein Mann dahinzogen, um alles zu rächen, was ihre Brüder von den Feinden erlitten hatten, da sahen sie plötzlich in geringer Entfernung das feindliche Heer sich gegenüberstehen. Es war dies ungefähr um die achte Stunde des Tages. Als Saladin hörte, daß die Unseren herbeikämen, um ihm ein Treffen zu liefern, fürchtete er sich jetzt vor dem Kampf, den er früher gewünscht zu haben schien. Er ließ nun die zerstreuten Scharen der Seinen zusammenrufen und suchte sein Heer durch den Schall der Trommeln und Trompeten wie auch durch ermutigende Reden, die er an sie hielt, zum Streit zu entflammen. Es waren hier mit dem König die Meister der Tempelritter, Odo von Sankt Amand, mit achtzig seiner Ritter, der Fürst Rainald, Balduin von Rames und sein Bruder Balian, ferner Rainald von Sidon und der Graf Joscelin, der Seneschall und Oheim des Königs. Das übrige Heer aber belief sich auf kaum dreihundertundfünfundsiebzig Mann. Diese alle zogen, nachdem sie den Beistand des Himmels angerufen hatten, von dem Wunderholz des lebenbringenden Kreuzes, das der Bischof Albert von Bethlehem trug, angeführt, in geordneten Scharen mit unerschrockenem Mut dem Kampf entgegen. Unterdessen hatten sich aber die Scharen der Feinde durch die Ankunft derer, die sich, um zu plündern und zu sengen, in der Umgegend zerstreut hatten, so bedeutend vergrößert, daß die Unseren, wenn sie der Herr, der die, welche auf ihn vertrauen, nicht verläßt, nicht mit einer gewissen inneren Begeisterung erfüllt hätte, nicht nur am Sieg, sondern auch an Leben und Freiheit hätten verzweifeln müssen. Auch die Feinde stellten ihre Reihen nach der Kriegskunst in Ordnung und bestimmten, welche von den Scharen zuerst angreifen und welche diesen zum Beistand bereit sein sollten.

XXIII. Unterdessen hatten sich die Scharen von beiden Seiten einander genähert, und es kam zu einem Treffen, bei welchem es, trotz der großen Ungleichheit der Streitkräfte, anfangs zweifelhaft war, zu wessen Gunsten es sich entscheiden würde. Später aber drangen die Unsern, durch die Gnade des Himmels mit einem außergewöhnlichen Mut erfüllt, so heftig auf die Feinde ein, daß diese auseinandergesprengt und nach einem großen Verlust in die Flucht geschlagen wurden. Die Anzahl der Feinde wurde mir auf meine genaue Erkundigung von glaubwürdigen Berichterstattern auf sechsundzwanzigtausend leichte Reiter angegeben, wobei die, welche auf den Lasttieren und Kamelen saßen, nicht gerechnet sind. Von diesen Reitern gehörten achttausend zu jenen trefflichen Reitern, welche die Türken in ihrer Sprache Toassin nennen, die übrigen achtzehntausend aber waren gewöhnliche Heerscharen, die sie Karnagolam nennen. Unter jenen trefflichen Reitern waren tausend, die über ihre Panzer safragengelbe Jacken trugen, von derselben Farbe, wie sie Saladin trug, dessen Leibwache sie bildeten. Die größeren Fürsten und Satrapen der Türken nämlich, die arabisch Emir heißen, ziehen junge Sklaven, sei es, daß sie von ihren Sklavinnen geboren werden, sei es, daß sie sie kaufen oder im Krieg zu Gefangenen bekommen, mit aller Sorgfalt auf und lassen sie bestens im Kriegswesen unterrichten, und wenn sie dann herangewachsen sind, so bekommen sie, jeder nach seinem Verdienst, ihren Sold und sogar reiche Besitzungen. Diesen nun vertrauen sie, wenn sie in der Schlacht in Gefahr sind, ihre persönliche Sicherheit an, und sie setzen ihre Hoffnung zu siegen hauptsächlich auf diese Reiter, die sie Mamelucken nennen. Auch in diesem Treffen hielten sie sich fest an ihren Herrn und waren aufs eifrigste bestrebt, ihn zu beschützen und ihn bis zum Tod nicht zu verlassen. Bis ihr Herr geflohen war, fuhren sie zu kämpfen fort, und so kam es, daß während die übrigen entrannen, diese beinahe alle erschlagen wurden. Nachdem nun die Feinde die Flucht ergriffen hatten, verfolgten sie die Unsern, bis der Tag sich neigte und die Nacht einbrach, von dem Ort, der der Gisardsberg heißt, bis zu jenem Platz, den man gewöhnlich das Starenrieth nennt. Während dieser ganzen Flucht hörten die Unsern nicht auf, eine Menge der Feinde niederzumachen. Sie erschlugen zwölftausend oder mehr von ihnen, und wäre nicht zur Unzeit die Nacht eingebrochen, durch die sie ihren Verfolgern entzogen wurden, so wäre auch nicht einer der Feinde entkommen. Um aber desto leichter fliehen zu können, ließen die Stärkeren und die, welche rasche Pferde hatten, die weniger Tüchtigen im Stich, warfen die Waffen, Kleider und Gepäck weg und entkamen so unter dem Schutz der Nacht dem Verderben. Die übrigen alle aber fanden ein schlimmeres Ende, denn sie wurden entweder niedergemacht oder gefangengenommen. Die Unseren verloren im Anfang der Schlacht vier oder fünf Reiter, von Fußvolk aber eine bestimmte Zahl, die wir nicht wissen. Als die Fliehenden an den genannten Sumpf kamen, warfen sie, was sie noch von Waffen hatten, ihre Panzer nämlich und ihre eisernen Beinschienen, in das Riedgras oder in das Wasser selbst, um leichter weiterkommen zu können, und zugleich, damit die Unsern ihre Waffen nicht gebrauchen oder als Siegeszeichen mit sich nehmen könnten. Sie konnten aber beides nicht verhindern, denn die Unseren folgten diese Nacht und den folgenden Tag ihren Spuren, durchsuchten den ganzen Sumpf mit Stangen und Hacken und fanden in Bälde, was die Feinde hier versteckt hatten. Einige glaubwürdige Personen sagten uns, sie haben hier an einem Tag hundert Panzer herausziehen sehen, ungerechnet die Helme und eisernen Beinharnische, und unbedeutendere, jedoch ebenfalls nützliche und kostbare Waffenstücke. Dieser herrliche und für alle Zeiten denkwürdige Sieg wurde uns vom Himmel verliehen im dritten Regierungsjahr Balduins des Vierten, im Monat November, am fünfundzwanzigsten des Monats, am Freitag der heiligen Märtyrer, Peters von Alexandrien und der Jungfrau Katharina. Der König kehrte nun nach Askalon zurück und erwartete die Rückkehr der Seinigen, die auf verschiedenen Wegen die Fliehenden verfolgt hatten und sich innerhalb vier Tagen wieder sammelten. Sie kamen schwer mit Beute beladen zurück, mit einer Menge von Gefangenen, mit Herden von Kamelen, mit Pferden und Zelten, jubelnd, um die Worte des Propheten zu gebrauchen, wie die Sieger, wenn sie Beute gewonnen haben und ihren Raub unter sich teilen.

XXIV. Es ereignete sich auch nicht etwas anderes, das aufs deutlichste zeigte, daß wir uns des göttlichen Beistands zu erfreuen hatten, denn vom folgenden Tag an regnete es zehn Tage ununterbrochen so stark, und es kam eine solche Kälte, daß man glauben mußte, auch die Elemente haben sich gegen die Feinde verschworen. Diese hatten alle ihre Pferde verloren, da sie sie jene drei Tage lang, die sie in unserem Gebiet waren, weder gefüttert noch getränkt noch hatten ausruhen lassen, und alle Arten von Gewändern und Kleidern hatten sie, wie oben gesagt worden ist, von sich geworfen. Zu allem diesem Jammer kam noch hinzu, daß sie auch durchaus keine Lebensmittel hatten, so daß sie von Kälte, Hunger und Erschlaffung völlig dahinschwanden. Hie und da trafen auch bald mehrere, bald wenigere von ihnen, wenn sie, der Orte unkundig, umherirrten und statt auf die Wege, die in ihre Heimat führten, in die Nähe unserer Dörfer kamen, auf Wanderer oder auf solche, die nach ihnen fahndeten und die dann ungestraft und nach Willkür ihren Grimm an ihnen ausließen, denn sie waren in einem Zustand, wo sie der schwächste oder ohnmächtigste überwältigen konnte. Indessen eilte das treulose Volk der Araber, als es sah, welche Niederlage die Türken erlitten hatten, zu jenen, von welchen wir oben sagten, daß sie bei der Stadt Laris mit dem Gepäck zurückgelassen worden seien, und jagte sie, die durch die Nachricht von der Niederlage der Ihrigen erschreckt waren, plötzlich in die Flucht. Auch die, welche durch irgendeinen Zufall den Händen der Unseren entkommen waren, verfolgten sie grausamst, und wenn einer von ihnen uns entronnen zu sein schien, so wurde er eine Beute von jenen, so daß hier das Wort des Propheten in Erfüllung ging, "was die Heuschrecken lassen, das fressen die Käfer." Dieses nichtswürdige Geschlecht soll nämlich unter dem nächsten besten Führer überall, wo gekämpft wird, herbeikommen und solange der Sieg noch nicht entschieden ist, von der Ferne zusehen, und wenn sich dann das Glück auf irgendeine Seite geneigt hat, so hängen sie sich an die Sieger und verfolgen die Besiegten als ihre Feinde und bereichern sich mit ihrer Beute. Es wurden also viele Tage lang aus den Wäldern, aus den Gebirgen und selbst aus der Wüste Gefangene herausgezogen, und hie und da liefen sie auch von selbst den Unseren in die Hände, denn sie wollten lieber ins Gefängnis geworfen werden, als von Hunger und Frost verkommen. Nachdem der König die Beute nach dem Kriegsrecht verteilt hatte, eilte er, um für den vom Himmel verliehenen Dienst ein Dankfest anzustellen, nach Jerusalem. Saladin aber, der mit so stolzem Vertrauen und mit so vielfacher Reiterei herbeigezogen gekommen war, kehrte jetzt, von der Hand des Herrn getroffen, mit kaum hundert Reitern in seine Heimat zurück, und er selbst mußte, wie man sagt, auf einem Kamel reiten. Wir wollen hier die ganze Größe dieses göttlichen Geschenkes ernstlicher betrachten und erwägen, wie der fromme Tröster bei dieser Gnade, die er uns zuteil werden ließ, es so anordnete, daß aller Ruhm ihm allein zufiel. Wären bei diesem von Gott geförderten Unternehmen der Graf von Flandern, der Fürst von Antiochien, der Graf von Tripolis und alle jene Ritter gewesen, welche abwesend waren, so würden sie sich nach der Weise törichter Menschen und wie man im Glück übermütig wird nicht gescheut haben, wenn nicht mit dem Mund, doch im Herzen zu sagen: "Unsere Macht ist hoch, und der Herr hat nicht solches alles getan." Aber jetzt hat sich der Herr nach seinem Wort, das geschrieben steht: "ich will meine Ehre keinem andern geben," den Ruhm dieses Sieges allein vorbehalten, denn er hat sich dabei nicht vieler, sondern nur weniger bedient und gnädiglich das Wunder von Gideon erneuert, zum Zeugnis, daß er es ist und kein anderer, mit dessen Beistand einer Tausende verfolgt und zwei Zehntausende in die Flucht schlagen. Dieser Sieg muß also dem zugeschrieben werden, von dem alle gute und vollkommene Gabe kommt, denn alle Umstände waren so, daß ihn niemand sich zum Verdienst anrechnen kann. Es war ein Geschenk der göttlichen Gnade, und nicht eigenes Verdienst. Dein, o Herr, ist das Werk, du strecktest die Hand aus, und die Erde verschlang sie. Zur Verherrlichung deines Ruhmes hast du alle deine Feinde darniedergeworfen.

XXV. Während dies bei uns vorfiel, verharrten der Graf und die mit ihm waren, immer noch bei der Belagerung des obengenannten Platzes, aber völlig unnütz, denn sie ergaben sich leichtsinnigem Würfelspiel und sonstigen schädlichen Vergnügungen, mehr als sich mit Kriegszucht und der Pflicht von Belagerern vertrug, und machten immerwährend Ausflüge nach Antiochien, wo sie die Zeit mit Baden, Schmausen, Trinken und sonstigen Ergötzungen zubrachten und auf diese Art die Belagerung nur äußerst nachlässig betrieben. Auch die, welche hier am meisten auszudauern schienen, wurden träge und nachlässig, sie versumpften völlig und brachten nichts Nützliches zustande. Der Graf selbst drohte jeden Tag zurückzukehren und sagte, daß er nur sehr ungern sich hier zurückhalten lasse, durch welche Äußerung nicht nur der Eifer der Belagerer geschwächt, sondern auch der Mut der Belagerten erhöht wurde, denn diese wollten, da sie Hoffnung hatten, in Bälde von der Belagerung befreit zu werden, lieber alles, auch das Härteste, eine kurze Zeit ertragen, als den Platz, der ihnen anvertraut war, einem verhaßten Volk übergeben und die ewige Schande des Verrats auf sich laden. Der genannte feste Platz lag nämlich erhöht und war auf einem Hügel erbaut, der größtenteils künstlich zu sein schien und dem man sich bloß von einer Seite her nahen konnte. Die übrigen Seiten aber, wenn es auch unmöglich war, hier die Höhe zu ersteigen, konnten doch ungehindert mit den Maschinen bestürmt werden. Die Sache wurde also, nachdem man viele Angriffe und Versuche gemacht hatte, durch die der Platz hätte gewonnen werden müssen, wenn es den Belagerern ein rechter Ernst gewesen wäre, und wenn ihnen Gott seinen Beistand geliehen hätte, wie wir gesagt haben, völlig vernachlässigt, und die Unseren verloren ihrer Sünden halber so völlig all ihre Kraft und Klugheit, daß sie an die Heimkehr dachten, als die Belagerten schon zur äußersten Verzweiflung gekommen waren. Wir können uns nicht genug wundern, denn es ist für einen Menschen kaum begreiflich, daß so große Fürsten vom Herrn mit solcher Finsternis geschlagen und so verblendet wurden, daß sie, ohne von irgend jemand dazu getrieben zu werden, aus bloßem Neid und aus reiner Nachlässigkeit den beinahe eroberten Platz wieder den Feinden überließen. Da nun der Fürst sah, daß der Graf von Flandern fest zur Rückkehr entschlossen sei und unwiderruflich bei seinem Vorsatz bleibe, ließ er sich von den Belagerten eine, wir wissen nicht wie große, Summe Geldes zahlen und hob die Belagerung auf. Der Graf von Flandern aber kehrte nach Jerusalem zurück und rüstete sich dann, als er dort noch die Osterfeiertage zugebracht hatte, wieder zur Heimkehr, auf welcher er noch einmal den Kaiser in Konstantinopel besuchen wollte. Er ließ also Galeeren und Lastschiffe für seine Abreise in Bereitschaft setzen und schiffte sich dann bei Laodikäa in Syrien ein, ohne bei irgend jemand ein gesegnetes Andenken zu hinterlassen. Um dieselbe Zeit söhnte sich der römische Kaiser Friedrich, nachdem das Schisma zwanzig Jahre gedauert hatte, in Venedig wieder mit Papst Alexander aus. Um dieselbe Zeit wurden auch, da die Mauern der heiligen Stadt Jerusalem vor Alter teilweise eingestürzt waren, bei den Fürsten, sowohl den geistlichen als den weltlichen, bestimmte Geldbeiträge gesammelt, die so lange jährlich bezahlt werden sollten, bis mit Gottes Hilfe das Werk vollendet wäre, daß in Erfüllung gehe, was geschrieben steht: "Tue wohl an Zion nach deiner Gnade, baue die Mauern zu Jerusalem.

XXVI. Im Jahre der Menschwerdung des Herrn elfhundertundachtundsiebzig, das das fünfte Regierungsjahr Balduins des Vierten war, reisten die Prälaten unseres Orients, die zu der allgemeinen Synode berufen worden waren, die im vergangenen Jahr der ganzen lateinischen Welt angekündigt worden war, nach Rom ab, nämlich ich, Erzbischof Wilhelm von Tyrus, der Erzbischof Heraklius von Cäsarea, der Bischof Albert von Bethlehem, der Bischof Radulf von Sebasta, der Bischof Joscius von Akkon, der Bischof Romanus von Tripolis, der Prior Petrus zur Kirche des Heiligen Grabes und der Abt Rainald zur Kirche des Berges Zion. Der vorgenannte Joscius hatte auch zugleich eine Gesandtschaft an den Herzog Heinrich von Burgund, den er in unser Königreich einladen sollte. Wir waren nämlich alle einstimmig darin übereingekommen, daß wir die Schwester des Königs, die früher der Markgraf gehabt hatte, unter denselben Bedingungen diesem Herzog geben wollten. Der Herzog hatte auch den Antrag, der ihm durch den obengenannten Bischof gemacht wurde, freudig aufgenommen und, wie man sagt, mit eigener Hand geschworen, daß er zu uns kommen wolle. Jetzt weigerte er sich aus uns unbekannten Gründen, seines Versprechens und seines Schwurs uneingedenk, die Reise nach dem Königreich zu unternehmen. In demselben Monat, wo wir auf die Synode reisten, begann der König mit Beiziehung aller Kräfte des Königreichs am Ufer des Jordans, an der Stelle, die gewöhnlich die Jakobsfurt genannt wird, einen festen Platz zu erbauen. Nach den alten Überlieferungen ist dies der Ort, von wo Jakob, als er von Mesopotamien zurückkehrte, Boten an seinen Bruder schickte und wo er sein Volk und seine Herden in zwei Heere teilte und sprach: "Ich hatte nicht mehr denn diesen Stab, da ich über den Jordan ging, und nun bin ich zwei Heere worden." Der Platz liegt nämlich im Gau Kades Nephtalim zwischen Nephtalim und Dan, das sonst Paneas und auch Cäsarea Philippi heißt und wie Nephtalim ein Teil von Phönizien ist und zum Erzbistum von Tyrus gehört. Es liegt nämlich zehn Meilen von Paneas. Hier nun war ein Hügel von mittlerer Höhe, auf welchem sie innerhalb sechs Monaten auf einem Fundament von der gehörigen Tiefe eine viereckige, bewundernswert dicke und gleichmäßig hohe Mauer aufführten. Es traf sich aber, während sie mit diesem Bauwesen beschäftigt waren, daß aus dem Damaszenischen Räuber kamen, welche alle Wege so besetzt hielten, daß man nur mit Gefahr zum Heer oder von da nach Hause sich begeben oder irgendeine Reise machen konnte. Diese Räuber waren nämlich aus einem Ort, der auf dem Gebirge bei Akkon liegt und Bakades heißt oder, wie man ihn gewöhnlich nennt, Bukael. Dieser Ort ist im Gebiet von Sabulon und ist äußerst anmutig gelegen. Obgleich er hoch auf dem Gebirge liegt, so hat er doch reichlich Wasser und ist mit vielen Fruchtbäumen bedeckt. Die Bewohner dieses Orts sind übermütige und tapfere Männer, die im Vertrauen auf ihre Menge das benachbarte Land und die nahegelegenen Dörfer sich tributpflichtig machen, und Verbrecher, die ihrer Strafe entfliehen wie auch den Räubern und Wegelagerern für einen Anteil an ihrem Raub eine sichere Zuflucht bei sich gewähren. Sie hatten sich also durch ihre unerträgliche Anmaßung ringsumher bei den Unsern wie bei den Sarazenen äußerst verhaßt gemacht, so daß man oft den Versuch machte, sie gänzlich auszurotten, was aber nicht zur Ausführung kam, weswegen sie von Tag zu Tag frecher wurden. Weil nun der König dem Übermut, mit welchem sie raubten und plünderten, nicht länger zusehen konnte, so überfiel er den genannten Ort unvermutet und ließ alle, die aufgegriffen wurden, umbringen. Sie waren aber, da sie von der Ankunft des Königs vorher gehört hatten, meistenteils entflohen und hatten sich mit ihren Weibern und Kindern ins Damaszenische gerettet. Von hier fuhren sie fort, nach ihrer alten Gewohnheit häufig, jedoch nicht so offen wie früher, Einfälle in unsere Provinzen zu machen. Jetzt aber hatten sie sich mit ihren Genossen vereinigt und waren, wie wir gesagt haben, mit ihnen in unser Gebiet eingebrochen. Als die Unsern dies vernahmen, gaben sie sich, entrüstet darüber, daß die öffentlichen Wege von solchen Menschen unsicher gemacht werden sollen, alle Mühe, ihnen zuvorzukommen und lauerten ihnen an passenden Plätzen auf. Es geschah aber in einer Nacht, als die Räuber von dem Gebirge Sabulon mit der Beute, die sie gemacht hatten, herabstiegen, um sich nach dem Ort zu begeben, von wo sie ausgegangen waren, daß sie in einen Hinterhalt der Unseren fielen und jetzt die Frucht ihrer schlimmen Wege ernteten, denn es wurden neun von ihnen gefangen und siebzig und noch weitere getötet. Dies geschah im Monat März, am einundzwanzigsten des Monats. Um dieselbe Zeit, im zwanzigsten Jahr des Papsts Alexander, in der zwölften Indiktion im Monat März, am fünften Tag des Monats, wurde zu Rom in der Basilika Konstantins, die man auch den Lateran heißt, eine Synode gehalten, bei welcher dreihundert Bischöfe anwesend waren. Wenn jemand die Beschlüsse dieses Konzils, die Namen, die Zahl und die Titel der Bischöfe kennenlernen will, so mag er die Schrift lesen, die wir auf Bitten der heiligen Väter, die bei dieser Synode waren, mit Sorgfalt ausgearbeitet haben und die wir in dem Archiv der heiligen Kirche von Tyrus unter andern Büchern, die wir dieser Kirche, deren Erzbischof wir schon seit sechs Jahren waren, schenkten, aufbewahren ließen.

XXVII. Nachdem nun der feste Platz erbaut und nach allen Teilen vollendet war, wurde dem König gemeldet, die Feinde hätten Herden von großem und kleinem Vieh in den Wald, der bei der Stadt Paneas liegt, getrieben und ließen sie hier ganz sorglos weiden, ohne Bewaffnete bei sich zu haben, die einem Überfall der Unseren gewachsen wären. Die Unseren waren also der Meinung, sie würden sie leicht überwältigen können, da sie so schwach und ohne Mittel zur Verteidigung seien, zogen also in aller Stille dahin, und um ganz verborgen und unvermutet sie in aller Eile zu überfallen, brachen sie in der Nacht auf und setzten ihre Reise die ganze Nacht ununterbrochen fort. Als es nun Morgen geworden war, kamen sie an dem bestimmten Ort an. Wie sich nun die einen da- und dorthin begaben, um die Feinde zu überfallen, die anderen langsam hinterdrein rückten, so daß ihnen die ersteren schon weit voraus waren, drängte sich die Schar, bei der der König war, allzu unvorsichtig in gewisse steinerne Verschanzungen ein, hinter die sich einige der Feinde geflüchtet hatten. Als sie nämlich von der Ankunft der Unseren hörten, beschlossen sie sich zu verbergen, um auf diese Art den Überfall der Unseren von sich abzuwenden und ihr Leben zu retten. Als sie nun sahen, da die Unseren unvorsichtig über sie herfielen, so machte sie die Not, obgleich sie ungern und ohne alle Hoffnung kämpften, mutig und tapfer. Sie sprangen schnell hervor, drangen keck auf die Unsern, die sie eingeengt sahen, ein, und da sie vorher froh gewesen wären, wenn sie sich vor ihren Gegnern hätten verstecken können, so bedrängten sie jetzt die Unsern, nachdem sie ihre Pferde durch Pfeilschüsse aus der Ferne getötet hatten, heftigst. Wie der Connetable sah, daß die Feinde sich unvermutet erhoben hatten, stürzte er sich mit großem Ungestüm mitten unter sie hinein. Während er aber nach seiner Art aufs männlichste kämpfte und den König, der ins Gedränge gekommen war, am treusten beschützte und verteidigte, damit er nicht in noch größere Gefahr komme, wurde er von so vielen und heftigen Schwertstreichen getroffen, daß er, tödlich verwundet, endlich von den Seinigen herausgerissen werden mußte und kaum auf seinem Pferd dem Getümmel entkam. Es fielen in diesem Treffen die denkwürdigen und frommen Andenkens werten Männer Abraham von Nazareth, ein reicher und edler Jüngling von schöner Gestalt und von sehr edlen Sitten, Gottschalk von Turolte, der ebenfalls einen guten Namen hinterließ, und einige wenige andere niederen Ranges. Als der König durch die Bemühung der Seinigen der Gefahr entrissen worden war, kehrte er zu dem Lager, von wo er ausgegangen war, zurück und sammelte hier die Seinigen wieder, die sich nach verschiedenen Seiten hin zerstreut hatten. Humfried aber, der königliche Connetable, wurde, da die Schmerzen, die ihm seine Wunden verursachten, immer heftiger wurden, nach dem neuen Kastell gebracht, das er gegenwärtig selbst erbaute. Dies geschah am zehnten April. Nachdem er hier ungefähr zehn Tage unter großen Schmerzen gelebt hatte und seinen letzten Willen mit Klugheit aus dem Gedächtnis hatte aufsetzen lassen, starb er, ein durchaus lobenswerter Mann, dessen Verlust sein Vaterland ewig zu beklagen hat, am zweiundzwanzigsten April und wurde in der Kirche der heiligen Mutter Gottes und unbefleckten Jungfrau Maria bei seiner edlen und berühmten Burg Toron mit der gebührenden Pracht und Feierlichkeit begraben. Gleich nach seinem Tod, noch in demselben Monat, begann Saladin am siebenundzwanzigsten Mai den genannten festen Platz, der neu erbaut worden war, zu belagern und beunruhigte die Besatzung, die drinnen lag, durch häufige Angriffe und einen Hagel von Pfeilen aufs heftigste, als, siehe da, einer von denen in der Burg, der, wie man sagt, Rayner von Marum hieß, einen der reicheren und angeseheneren der Feinde durch einen Pfeilschuß tötete. Durch den Tod von diesem wurden alle so bestürzt, daß sie die Belagerung aufhoben und unverrichteterdinge wieder abzogen.

XXVIII. Im folgenden Monat wollte Saladin, nachdem er schon zwei oder mehrere Male in das Gebiet von Sidon eingefallen war und frei und ungehindert gesengt und gemordet hatte, aufs neue dahin ziehen und schickte von seinem Lagerplatz zwischen der Stadt Paneas und dem Flusse Dan aus häufig Streifzüge in die Umgegend, um zu sengen und zu plündern. Er selbst aber blieb zum Schutz des Lagers zurück und erwartete ihre Rückkehr und den Erfolg ihrer Einfälle. Als der König erfuhr, daß Saladin auf diese Art in unserem Lande wüte, berief er die Seinigen, soviel er deren von allen Seiten zusammenbringen konnte, nahm des Kreuzesholz des Herrn zu sich und eilte nach der Stadt Tiberias, von wo er über Sephet und die uralte Stadt Naason mit den Seinigen zu der vorgenannten Burg Toron kam. Hier erfuhr er durch viele Botschaften, die einliefen, als gewiß, daß Saladin mit seinem Heer noch an demselben Orte stehe, daß aber die leichte Reiterei, die er vorangeschickt habe, mit Brand, Raub und Mord das Gebiet von Sidon verheere. Man beriet sich nun, und es wurde allgemein beschlossen, man wolle dem Feind entgegengehen. Sie wandten sich also mit dem Heer, wie verabredet worden war, gegen Paneas und kamen auf diesem Wege zu einem Flecken namens Mesaphar, der hoch auf dem Gebirge liegt und von wo man das ganze Land umher bis zum Fuße des Libanons übersah und auch das feindliche Lager von der Ferne erblicken konnte. Von hier aus konnten sie auch sehen, wie die Feinde umherstreiften und alles in Brand steckten. Die Unseren stiegen also in aller Eile den Abhang des Berges hinab, mußten aber das Fußvolk zurücklassen, denn dieses war von dem langen Weg äußerst ermüdet und konnte den Reitern nicht in gleichem Schritt folgen. Sie kamen daher nur mit einigen wenigen vom Fußvolk, die besonders rüstig waren, in die Ebene, welche gleich unter dem Gebirge beginnt, und nach dem Ort, der gemeinhin Mergium genannt wird. Hier hielten sie einige Stunden, um sich ernstlich zu beraten, was jetzt zu tun sei. Unterdessen ließ Saladin, der durch die plötzliche Ankunft des Königs etwas erschreckt wurde und teils für jene Scharen, die auf Streifzüge ausgegangen und jetzt von ihm und den Seinigen getrennt waren, besorgt war, teils fürchtete, die Unseren möchten sein Lager überfallen, um weniger gehindert und für jeden Fall gerüstet zu sein, alles Gepäck nach der benachbarten Stadt bringen, wo es zwischen der Mauer und der Vormauer unterbracht wurde. Er erwartete also, auf alles gefaßt, in großer Ungewißheit, wie sich die Sache wenden werde, den Ausgang. Jene Scharen aber, die auf Beute ausgegangen waren, hielten es, als sie von der Ankunft der Unseren hörten, für das beste, alles übrige sein zu lassen und nur darauf zu denken, wie sie sich mit den Ihrigen wieder vereinigen könnten. Sie setzten nun über den Fluß, der das Gebiet von Sidon und die genannte Ebene, in der die Unseren standen, in der Mitte teilt, und trafen hier auf die Unseren. Es kam also zu einem Handgemenge, in welchem die Unseren mit Gottes Hilfe sogleich die Oberhand gewannen, worauf die Feinde, nachdem viele von ihnen niedergeworfen und getötet worden waren und noch mehrere die Flucht ergriffen hatten, in das Lager der Ihrigen zu kommen suchten.

XXIX. Während es hier so stand, erstiegen Odo, der Meister der Tempelritter, und mit ihm der Graf von Tripolis und andere, die diesen folgten, einen Hügel, der auf ihrem Weg lag und auf dem sie zur Linken den Fluß und zur Rechten die große Ebene und das feindliche Lager hatten. Als Saladin hörte, die Seinen seien bedrängt und in Gefahr oder gar schon niedergemacht, schickte er sich an, ihnen zu Hilfe zu kommen, und wie er diesen Vorsatz eben ausführen wollte, sah er die von den Seinen, welche entronnen waren, fliehend einherkommen. Er ging ihnen entgegen, ermutigte sie, nachdem er den Stand der Sache erfahren hatte, aufs neue wieder, führte sie in den Kampf zurück und stürzte sich plötzlich über die Unseren her, die allzu sorglos waren. Unser Fußvolk, nachdem es sich mit dem, was es den Getöteten abgenommen, bereichert hatte, war der Meinung gewesen, der Sieg sei schon vollkommen erfochten, und hatte sich ganz ruhig am Ufer des Flusses gelagert. Die Reiter aber, als sie die Feinde, die sie für besiegt hielten, sich aufs neue erheben sahen, leisteten in unordentlichen Scharen einige Zeit Widerstand, denn sie hatten keine Zeit, sich nach der Kriegskunst aufzustellen, und stellten sich den Angriffen der Feinde hartnäckig entgegen. Endlich aber, da sie den Gegnern nicht gewachsen waren und in ihrer Unordnung einander nicht unterstützen konnten, wurden sie in die Flucht geschlagen und erlagen schmählich. Und anstatt Wege einzuschlagen, wo sie den Feinden hätten entkommen und sich in Sicherheit bringen können, verfielen sie unserer Sünden halber darauf, sich in Engpässe hineinzudrängen, die mit rauhen Felsen besetzt waren und keinen Durchgang gestatteten, und wo sie weder vorwärts noch ohne mit Todesgefahr, den Feinden in die Hände zu fallen, rückwärts konnten. Die, welche um ihr Leben zu retten, über den Fluß setzten, entkamen größtenteils nach einem nahegelegenen festen Platz namens Belfort, andere von ihnen gingen weiter am Ufer hin und retteten sich aus der Hitze des Kampfes voller Bestürzung nach Sidon. Diese letzteren begegneten Rainald von Sidon, der mit den Seinen dem Heer zueilte, als er aber von dem unglücklichen Ausgang des Kampfes hörte, nach Sidon zurückkehrte, wozu ihm auch diese Flüchtlinge rieten. Diese seine Rückkehr brachte, wie man glaubte, an diesem Tag großen Schaden, denn wäre Rainald nach seinem festen Platz weitergezogen, so hätte er wahrscheinlich mit Hilfe der Einwohner des Ortes und der Bauern, die der Gegend kundig waren, viele, die sich diese Nacht in Höhlen und Felsen versteckt hielten und am folgenden Tag, wo die Feinde alles durchsuchten, hervorgezogen und gefangengenommen wurden, den Händen der Feinde entrissen. Der König aber entkam mit Hilfe einiger seiner Getreuen der Gefahr ganz wohlbehalten, und auch der Graf von Tripolis gelangte mit einigen wenigen nach Tyrus. Gefangen wurden hier von den Unsern Odo von Sankt Amand, der Meister der Tempelritter, ein schlechter, übermütiger und wutschnaubender anmaßender Mensch, der weder vor Gott noch vor Menschen Ehrfurcht hatte. Er trug, wie viele versichern, die Hauptschuld an diesem Unglück, das uns zum ewigen Vorwurf gereicht. Er soll in demselben Jahr, wo er gefangen wurde, im Schmutze seines Gefängnisses, von niemand betrauert, gestorben sein. Auch Balduin von Rames, ein edler und mächtiger Mann, Hugo von Tiberias, der Stiefsohn des Grafen von Tripolis, ein überall beliebter Jüngling von trefflichen Anlagen, und viele andere, deren Zahl und Namen wir nicht wissen, gerieten hier in Gefangenschaft.

XXX. Während so unsere Angelegenheiten aufs allerschlimmste standen, siehe da landete der große Mann, Graf Heinrich von Troyes, ein Sohn des Grafen Theobald des Älteren, den wir bei unserer Rückreise von der Synode bei Brundisium in Apulien zurückließen, mit einem großen Gefolge von Edlen bei der Stadt Akkon. Unter diesen Edlen war Peter von Courtenai, ein Bruder des Königs Ludwig von Frankreich, und Philipp, erwählter Bischof von Beauvais, ein Sohn des Grafen Robert, der ebenfalls ein Bruder des Königs von Frankreich war. Durch die Ankunft dieser Männer wurden die Unsern, die durch ihre Rückschläge ganz darniedergedrückt waren, wieder ein wenig aufgerichtet und hofften mit Hilfe so vieler und mächtiger Edlen, sich an den Feinden für das Vergangene rächen und sich vor künftigen Niederlagen verwahren zu können. Aber durch die Ungnade des Herrn geschah es, daß sie sich nicht nur an den Feinden nicht rächen konnten, sondern von ihnen auch noch härter bedrängt wurden. Unser greulicher Feind Saladin nämlich wurde durch sein Glück so übermütig, daß er plötzlich, ehe noch die Unseren wieder aufatmen konnten, den festen Platz belagerte, dessen Bau wir im letztvergangenen April vollendet hatten. Dieser oft genannte Platz war, gleich nachdem er vollendet worden war, den Tempelrittern übergeben worden, welche diese ganze Gegend mit Bewilligung der Könige in Besitz genommen hatten. Als dies dem König gemeldet wurde, berief er alle Ritterschaft und die ganze Stärke des Königreichs und eilte dem Grafen Heinrich und anderen Edlen, die angekommen waren, nach Tiberias, wo er alle Fürsten des Königreichs versammelte und mit ihrer Hilfe den Belagerten beistehen und die Feinde die Belagerung aufzuheben zwingen wollte. Während er nun hier wartete und die Ausführung des Unternehmens von Tag zu Tag verschoben wurde, kam die Nachricht, die auch wirklich für wahr befunden wurde, der Platz sei von den Feinden erstürmt und von Grund aus zerstört worden und die ganze Besatzung sei entweder in Gefangenschaft geraten oder getötet. So folgte dem früheren Verlust eine noch größere Verwirrung, so daß man in Wahrheit sagen konnte: "Der Herr ihr Gott ist von ihnen gewichen. Die Gerichte des Herrn sind unerforschlich. Gott ist furchtbar in seinen Ratschlägen über die Menschenkinder." Der Herr, der seine Gläubigen im vergangenen Jahr so reich mit seiner Gnade beschenkt hatte, ließ sie in ebenso große Schmach und Bestürzung kommen. Wer kennt den Sinn des Herrn, oder wer ist sein Ratgeber gewesen? Wie ist es doch, Herr unser Gott? Als hier eine große Menge von Edlen versammelt war, so hast du ihnen deine Gnade entzogen, daß sie es nicht sich selbst zuschreiben, was nicht Verdienst, sondern Gnade ist, oder weil wir dir für deine frühere Gnadenerweisung nicht reichlich genug gedankt haben oder weil du, Herr, den Sohn, den du lieb hast, züchtigst. Ja du bedeckst unser Angesicht mit Schmach, damit wir deinen heiligen Namen suchen sollen, der in alle Ewigkeit gebenedeit ist. Wir wissen und bekennen, Herr, daß du immer derselbe bleibst, denn du hast gesprochen: "Ich bin der Herr, der nicht leuget." Was aber unser Unglück veranlaßt haben mag, wir wissen, daß du, Herr, gerecht bist, und daß dein Urteil billig ist. Um dieselbe Zeit erneuerte man die Verhandlungen, die man im früheren Jahr wegen des Herzogs von Burgund eingeleitet hatte, mit dem Grafen Heinrich, dem Oheim des Herzogs. Man hoffte, er werde in nächstem übersetzen, aber aus noch unbekannten Gründen weigerte er sich, wie dies nachher offen zutage kam, zu uns zu kommen.

Zweiundzwanzigstes Buch

Inhalt: Der König verheiratet seine Schwester an Guido von Lusignan. Es wird ein Waffenstillstand mit Saladin geschlossen. (Kap. 1) Saladin verheert das Gebiet von Tripolis. (Kap. 2) Landung einer ägyptischen Flotte bei Arados. Der Graf von Tripolis schließt ein Bündnis mit Saladin. (Kap. 3) Der Verfasser kehrt von Konstantinopel zurück. Tod König Ludwigs von Frankreich. (Kap. 4) Der König verheiratet seine jüngere Schwester an Humfried den Dritten. Tod Kaiser Manuels. (Kap. 5) Der Fürst von Antiochien wird in den Bann getan. In Konstantinopel wird eine Verschwörung gegen den Kaiser entdeckt. (Kap. 6) Der Patriarch von Jerusalem wird nach Antiochien geschickt, um dort Ruhe zu stiften. Tod des Papstes Alexander. (Kap. 7) Nureddins Sohn vermacht vor seinem Tod seine Besitzungen an den Sohn des Herrn von Mossul. (Kap. 8) Schlimme Begegnung, die der König dem Grafen von Tripolis widerfahren läßt. (Kap. 9) Aufruhr gegen die Lateiner in Konstantinopel. (Kap. 10-14) Saladin hebt den Waffenstillstand, den er mit dem König geschlossen hat, wieder auf. Der König zieht ihm entgegen. (Kap. 14) Saladin erobert einen der festen Plätze des Königreichs. (Kap. 15) Schlacht bei Forbelet. (Kap. 16) Saladin belagert Berythus zu Wasser und zu Land. Der König zieht der Stadt zu Hilfe. Saladin hebt die Belagerung auf. (Kap. 17-18) Kriegszug Saladins nach Mesopotamien. (Kap. 19) Der König verheert das Gebiet von Damaskus und gewinnt einen ihm von Saladin abgenommenen festen Platz wieder. (Kap. 20-21) Der König fällt aufs neue in das Gebiet von Damaskus ein. (Kap. 22) Es wird eine allgemeine Steuer im Königreich erhoben. (Kap. 23) Saladin belagert Haleb und gewinnt es durch einen Vertrag. Der Fürst von Antiochien verkauft Tarsus (Kap. 24) Der König überträgt seinem Schwager Guido von Lusignan die Verwaltung des Königreichs. (Kap. 25) Neuer Einfall Saladins. Der Graf von Joppe zieht ihm entgegen, es kommt jedoch zu keiner Schlacht. (Kap. 26-27) Saladin belagert Petra in der Wüste. (Kap. 28) Der König nimmt dem Grafen von Joppe die Reichsverwaltung wieder ab und läßt seinen Neffen Balduin krönen. (Kap. 29) Der König zieht den in Petra Belagerten zu Hilfe. Saladin hebt die Belagerung auf. (Kap. 30)

I. Um dieselbe Zeit wurde der König durch die Ankunft des Fürsten Bohemund von Antiochien und Raimunds, die mit Ritterschaft in das Königreich einrückten, sehr in Schrecken gesetzt, denn er fürchtete, sie möchten Neuerungen im Sinn haben, ihm die Regierung nehmen und sich selbst zueignen wollen. Der König litt nämlich außergewöhnlich stark an seiner Krankheit, und von Tag zu Tag zeigte sich der Aussatz deutlicher bei ihm. Die Schwester des Königs aber, die die Gemahlin des Markgrafen gewesen war, verharrte noch in Erwartung des Herzogs in ihrer Witwenschaft. Da also dem König die Ankunft jener Edlen, obgleich sie beide seine Verwandten waren, verdächtig schien, so eilte er, seine Schwester zu verheiraten, und obgleich im Königreich unter den Einheimischen und den Fremden viele edlere, klügere und reichere waren, denen diese Schwester, was den Nutzen des Königreichs betrifft, mit mehr Vorteil hätte gegeben werden können, so vermählte sie der König dennoch aus gewissen Gründen, ohne gehörig zu bedenken, daß die Hast alles verdirbt, ganz unerwartet und zu der außergewöhnlichen Zeit von Ostern an einen jungen Mann von ziemlich hohem Stand, an Guido von Lusignan, den Sohn Hugos des Braunen aus der Diözese Poitiers. Als die genannten edlen Männer sahen, daß ihre Ankunft dem König und den Seinigen verdächtig war, kehrten sie, nachdem sie die herkömmlichen Gebete verrichtet hatten, nach Hause zurück. In der Zwischenzeit jedoch, während beide einige Tage bei Tiberias verweilten, machte Saladin, der von ihrer Anwesenheit nichts wußte, einen Angriff auf diese Stadt, zog sich jedoch, ohne den Bürgern einen Schaden zugefügt zu haben, wieder in das Gebiet von Paneas zurück. Als er nun hier mit seinem Heer liegenblieb, wie man nachher sah, in Erwartung einer Flotte, die er den ganzen vergangenen Winter hatte ausrüsten lassen und die aus fünfzig Galeeren bestand, so schickte der König, der durch seinen Aufenthalt bei Paneas beunruhigt wurde, Boten wegen eines Waffenstillstandes an ihn. Saladin nahm, wie man sagt, diesen Antrag mit Freuden an, nicht weil er ein Mißtrauen in seine Kraft setzte oder weil er vor den Unseren, die er in diesem Jahr so oft geschlagen hatte, sich im geringsten fürchtete, sondern weil durch allzu große Dürre und Ausbleiben des Regens seit fünf Jahren im Damaszenischen ein Mangel an allen Lebensmitteln wie an Futter für Pferde eingetreten war. Es wurde also unter Bedingungen, die von unserer Seite sehr bescheiden waren, ein Waffenstillstand geschlossen zur See und zu Lande, für die Einheimischen wie für die Fremdlinge, und von beiden Seiten mit einem Eid bekräftigt, und dieses Bündnis wurde, was vorher nie geschehen sein soll, so eingegangen, daß dabei beide Teile gleich bedacht waren und die Unseren sich nichts Besonderes vorbehielten.

II. In demselben Jahr, im folgenden Sommer, kam Saladin, nachdem er die Provinzen von Damaskus und Bostrum in Sicherheit gebracht hatte, mit seiner ganzen Reiterei in das Land von Tripolis, schlug hier ein Lager und ließ dann seine Scharen das ganze Land durchstreifen. Der Graf aber hatte sich mit den Seinigen nach Archis begeben und wartete dort auf eine Gelegenheit, den Feinden ohne große Gefahr ein Treffen zu liefern. Die Brüder der Tempelritterschaft, die in demselben Land waren, hielten sich in ihren festen Plätzen verschlossen, ohne es zu wagen, vermessen mit den Feinden zusammenzutreffen, von denen sie jede Stunde belagert zu werden erwarteten. Auch die Brüder des Hospitals hatten sich voll Furcht in ihre Burg, die Krak hieß, zurückgezogen und glaubten alles getan zu haben, was ihnen möglich sei, wenn sie den genannten Platz in diesem Getümmel vor den Feinden retten. Die feindlichen Scharen standen nun in der Mitte zwischen den genannten Brüdern und dem Grafen, so daß diese einander nicht beistehen, ja sich nicht einmal Boten schicken konnten, um sich gegenseitig wissen zu lassen, wie es mit ihnen stehe. Saladin aber durchzog frei und ohne von irgend jemand gehindert zu werden nach allen Seiten hin die Ebene und hauptsächlich die bebauten Gegenden, verbrannte die Früchte, die teils noch auf den Äckern in Garben standen oder noch ungeschnitten waren, führte Beute ab und verheerte alles.

III. Während dies hier geschah, siehe, da erschien um Anfang Juni plötzlich seine Flotte in der Nähe von Berythus, doch wagten es die Anführer dieses Heeres, da sie die gesicherte Nachricht erhielten, daß Saladin mit dem König ein Bündnis geschlossen habe, aus Ehrfurcht vor diesem Vertrag nicht, im Gebiet von Berythus oder sonst im Königreich den geschlossenen Waffenstillstand zu brechen. Als sie hörten, daß ihr Herr sich mit seinem Heer im Land von Tripolis befinde, eilten sie dahin und besetzten die Insel Arados, die der Stadt Antarados gegenüberliegt und kaum drei Meilen von ihr entfernt ist, und legten ihre Galeeren hier im Hafen vor Anker. Diese Insel soll ihren Namen daher haben, weil Aradius, der Sohn Kanaans, der Enkel Noahs, sie zuerst bewohnte und eine feste Stadt auf ihr erbaute, die er nach sich benannte. Dieser Stadt ganz nahe, ihr gegen Morgen, liegt eine andere sehr edle Stadt, die, weil sie, wie gesagt, der ebengenannten Stadt gerade gegenüberliegt, Antarados heißt, was jetzt in Tortosa verdorben worden ist. Hier soll der Apostel Petrus, als er Phönizien durchreiste, zu Ehren der Muttergottes eine kleine Basilika erbaut haben, die heute noch einen großen Zulauf des Volkes hat und wo durch Vermittlung der unbefleckten Jungfrau den Gläubigen, die sie in ihrer Not anrufen, viele Wohltaten erwiesen werden sollen. Diese beiden Städte gehören bekanntlich wie das benachbarte Maraklea, das ebenfalls ein Teil der Provinz Phönizien ist, zum Erzbistum von Tyrus. Durch ihre Landung bei der genannten Insel setzten sie das ganze Land in Schrecken. Sie zündeten hier, wie es sie ihr Herr geheißen, das Haus an, das am Hafen von Antarados stand, und suchten den Bürgern noch größeren Schaden zuzufügen, was ihnen aber nicht gelang. Indessen hatte Saladin das Land verheert und gab jetzt der Flotte den Befehl, zurückzukehren, und auch er selbst zog sich mit seinen Scharen in sein Gebiet zurück. Nach wenigen Tagen jedoch schloß er mit dem Grafen ein Friedensbündnis und begab sich jetzt in das Innere des Landes von Damaskus.

IV. Um dieselbe Zeit erhielten wir am Mittwoch nach Ostern auf unsere dringende Bitte von dem großen Kaiser Manuel von Konstantinopel, bei dem wir uns zu unserem und unserer Kirche Frommen sieben Monate aufgehalten hatten, Urlaub zur Rückkehr. Er empfahl uns seine Gesandten, edle und große Männer, und dann fuhren wir in vier Galeeren, die mit kaiserlicher Freigebigkeit zu unserer Verfügung gestellt worden waren, nach unserer Heimat ab. Wir fuhren an den Inseln Tenedos, Mytilene, Chios, Samos, Delos, Klaros, Rhodos und Zypern vorbei, ließen die Provinzen Kleinasien, Lykien, Lykaonien, Pamphylien, Isaurien und Kilikien links liegen und landeten mit Gottes Hilfe ganz wohlbehalten am zwölften Mai in der Mündung des Orontesflusses im Hafen von Seleukia, der heutzutage der Sankt-Simeons-Hafen heißt. Wir glauben aber nicht übergehen zu dürfen, halten es vielmehr für einen wichtigen Punkt unserer Geschichte, daß der Kaiser, während wir teils des bevorstehenden Winters wegen, teils weil es der glückliche Kaiser so wünschte, wie gesagt, in Konstantinopel verweilten, aus väterlicher Fürsorge und weil er von seinem nahen Tode eine gewisse Ahnung hatte, seine zwei Kinder, nämlich seinen Sohn und seine Tochter, vermählte. Seinem noch minderjährigen Sohn, der nach seinem Großvater Alexius hieß und kaum dreizehn Jahre alt war, gab er Agnes, die Tochter des erlauchten Königs Ludwig von Frankreich, die kaum acht Jahre alt war, zur Frau, und sie wurden im Palast des Kaisers Konstantin des Älteren in dem Teil, der Trullus heißt, wo auch die sechste allgemeine heilige Synode zu den Zeiten Konstantins, des Sohnes Konstantins, des Sohnes des Heraklius, gehalten worden sein soll, beide mit den kaiserlichen Insignien geschmückt, feierlich vermählt. Seine Tochter aber vermählte er einem jungen Mann namens Reiner, einem Sohn des Markgrafen Wilhelm von Montferat des Älteren, einem Bruder Wilhelms, mit welchem wir die Schwester unseres Königs getraut hatten. Der Kaiser hatte ihn als einen siebzehnjährigen Jüngling durch seine Gesandten zu sich einladen lassen, und er war ungefähr fünfzehn Tage vor uns in der Kaiserstadt angekommen. Nachdem er sich hierauf einige Zeit in der Stadt aufgehalten und den Kaiser auf einem Kriegszug begleitet hatte, von dem derselbe ums Fest der Erscheinung in die Stadt zurückkehrte, wurde er im Monat Februar in dem neuen Palast, der Blachernas heißt, in Anwesenheit des ganzen Hofes mit kaiserlicher Pracht vom Patriarchen Theodosius von Konstantinopel mit des Kaisers Tochter Maria vermählt und unter dem Namen Johannes, den er von des Kaisers Vater annahm, zum Cäsar ernannt. Diese Tochter war dem Kaiser von seiner früheren Gemahlin, der Kaiserin Irene, die aus dem Deutschen Reich war, geboren worden, denn von seiner zweiten Gemahlin Maria hatte er nur seinen Sohn Alexius, der jetzt regiert. Wenn wir aber die Zirkusspiele, die die Bürger dieser Stadt Hippodromen nennen, und die vielfachen sonstigen herrlichen Schauspiele, die dem Volk in diesen Tagen gegeben wurden, die kaiserliche Pracht, die sich an den Gewändern und in der Bekleidung mit edlen Steinen und einer Menge der schwersten Perlen zeigte, den nach Zahl und Gewicht unermeßlichen goldenen und silbernen Hausrat des Palasts, die Kostbarkeit der Vorhänge, die zum Schmuck herabhingen, und die große Zahl der Diener und Hofleute hier schildern wollten, wenn wir von den prachtvollen Zurüstungen zur Hochzeit und von der Freigebigkeit, mit der der Kaiser die Seinigen und die Auswärtigen beschenkte, im einzelnen erzählen wollten, so würde, wenn wir auch dieser Schilderung eine besondere Abhandlung widmen wollten, unsere Darstellung der Unermeßlichkeit des Stoffs unterliegen. Wir wollen aber jetzt zu unserer Geschichte zurückkehren. Nachdem wir nun in Antiochien die Aufträge, die uns die Hoheit des Kaisers an den Fürsten und an den Patriarchen aufgegeben, ausgerichtet hatten, schifften wir uns, während der König, den wir bei Berythus trafen, zu Land nach Tyrus eilte, wieder ein und kamen unter Gottes gnädigem Beistand am sechsten Juli, ein Jahr und sechs Monate nachdem wir zu der Synode abgereist waren, zu unserer tyrischen Kirche zurück. Im siebten Regierungsjahr Balduins des Vierten, am neunzehnten September, legte der allerchristlichste König von Frankreich, der tugendhafte und unsterblichen Andenkens würdige Ludwig, die Bürde des Fleisches ab, und seine Seele eilte nach dem Himmel, um mit den auserwählten Fürsten seinen unvergänglichen Lohn zu erhalten. Er hinterließ als Erben einen einzigen Sohn namens Philipp, den ihm die Königin Alia, die Tochter Theobalds des Älteren, die Schwester der Grafen Heinrich von Troyes, Theobald von Chartres und Stephan von Sancerre, auch des Erzbischofs Wilhelm von Reims, geboren hatte. Er starb im fünfzigsten Jahr seiner Regierung und im sechzigsten seines Lebens. Im folgenden Monat, am sechsten Oktober, ging der Patriarch Amalrich von Jerusalem, ein allzu einfacher und beinahe unbrauchbarer Mann, im zweiundzwanzigsten Jahr seines Patriarchats den Weg alles Fleisches. An seine Stelle wurde nach zehn Tagen der Erzbischof Heraklius von Cäsarea gewählt.

V. In demselben Monat verlobte der König seine kaum achtjährige Schwester einem Jüngling namens Humfried. Dieser dritte Humfried war ein Sohn des jüngeren Humfried und der Frau Stephania, der Tochter Philipps von Neapolis, und dieser zweite Humfried war ein Sohn des älteren Humfried von Toron, des königlichen Konstablers, dessen oben oft Erwähnung geschehen ist. Der mütterliche Großvater Humfrieds, Philipp von Neapolis, war Herr des Zweiten Arabiens, das das petreaensische ist und jetzt gemeinhin das Land von Krak genannt wird, und von Syrien-Sobal, das heutzutage das Land von Montreal heißt, und die beide über dem Jordan liegen. Er nahm später das geistliche Gewand und wurde Meister der Tempelritterschaft. Dieses Verlöbnis Humfrieds und der Schwester des Königs, das durch die Unterhandlungen und Bemühungen des Fürsten Rainald des Dritten, Gemahls der Mutter dieses noch unerwachsenen Knaben, zustande gekommen war, wurde sodann zu Jerusalem feierlich begangen. Er vertauschte sein väterliches Erbe im Gebiet von Tyrus, nämlich Toron, das neue Kastell und Paneas samt allem, was dazugehört, das ihm durch den Tod seines väterlichen Großvaters zugefallen war, unter gewissen Bedingungen, die wir vermöge unseres Amtes aufzusetzen hatten und die im königlichen Archiv niedergelegt wurden, an den König. In demselben Monat, am dritten Tage des Monats, legte der herrliche und unsterblichen Andenkens würdige Kaiser Manuel von Konstantinopel, der freigebigste aller Fürsten der Welt, die Bürde des Fleisches ab und übergab seine Seele dem Himmel. Sein Andenken wird für alle Zeiten gesegnet bleiben, und die ganze Kirche der Heiligen wird nie aufhören, von seinen Almosen und reichen Spenden zu erzählen. Er soll nämlich im vierzigsten Jahr seiner Regierung gestorben sein und, soviel wir wissen, im einundvierzigsten Jahr seines Lebens.

VI. Um dieselbe Zeit erfrechte sich auch der Fürst Bohemund von Antiochien, seine rechtmäßige Gemahlin Theodora, die Nichte des Kaisers, zu verlassen und der Kirchenzucht zuwider eine gewisse Sibylla zu heiraten, die, wie man sagt, Zauberei trieb. Um dieselbe Zeit, als Joscelin, der Oheim und Seneschall des Königs, im Auftrag von diesem wegen einiger Reichsgeschäfte in Konstantinopel war und auch Balduin von Rames hier verweilte, der wegen seiner Loskaufung die Hilfe des Kaisers ansprechen wollte, wurde, nachdem der Kaiser Manuel schon gestorben war, um Anfang des März eine Verschwörung einiger Edler, großer und mächtiger Männer, gegen den Kaiser Alexius, den Sohn Manuels, entdeckt. Nachdem man ihrer habhaft geworden war, ließ sie der Kaiser, der nach der Anordnung seines Vaters noch unter Vormundschaft seiner Mutter stand, als Majestätsverbrecher fesseln und ins Gefängnis werfen, obgleich einige von ihnen seine Verwandten waren. Unter diesen waren als die Häupter der Verschwörung Manuel, der Sohn des älteren Andronikus, dessen oben erwähnt worden ist, der Protostrator Alexius, ein Sohn von Theodora Kalusina, einer Nichte des Kaisers, und ein Bruder Logothets, der das Amt eines Kanakliven versah, und einige andere ausgezeichnete Große, ungefähr zwölf an der Zahl. Aber auch Maria, die Schwester des Kaisers, war in diese Verschwörung verwickelt und floh mit ihrem Gemahl, dem Sohn des Markgrafen, dessen wir ebenfalls oben gedachten, in der Nacht in die Kirche der heiligen Sophia und erwartete hinter den Mauern dieser Kirche die Entscheidung ihres Schicksals. Von dieser Kirche aus, die mit Waffen und Mannschaft wohl versehen war, suchte sie mit ihrem Gemahl und mit ihren Gönnern und Anhängern im Vertrauen auf die Hilfe des Patriarchen, der ebenfalls auf ihrer Seite war, etwas gegen den Kaiser, ihren Bruder, zu unternehmen. Endlich aber gewann die Partei des Kaisers, hauptsächlich durch den Beistand der Lateiner, die Oberhand, und die Schwester des Kaisers ließ, jetzt völlig machlos und an ihrem Leben verzweifelnd, ihren Bruder durch Fürsprecher um Verzeihung bitten, die er ihr denn auch gewährte.

VII. Um dieselbe Zeit wurden die morgenländischen Lateiner und hauptsächlich die im Fürstentum Antiochien durch Veranlassung jenes Kebsweibes, um dessen willen der Fürst von Antiochien seine rechtmäßige Gemahlin verstoßen hatte, in Unruhe versetzt. Der Fürst wurde nämlich ein- und zweimal ermahnt, von diesem offenbaren Ehebruch zu lassen und seine rechtmäßige Gemahlin wieder zu sich zu nehmen, aber nach Art der Sünder, die, wenn sie am tiefsten gefallen sind, jeden Rat verschmähen, verschloß er seine Ohren dieser weisen Warnung und zog sich durch sein hartnäckiges Verharren in der Sünde die wohlverdiente Strafe der Exkommunikation zu. Dies kümmerte ihn aber wenig, er verdoppelte vielmehr seine Schuld und begann sowohl den Patriarchen als die Bischöfe dieser Provinz und die übrigen Prälaten der Kirchen feindlich zu verfolgen und gewaltsam Hand an sie zu legen. Er brach in die verehrungswürdigen Orte, die Kirchen und Klöster ein, raubte die heiligen Gerätschaften und erfrechte sich in seiner Frevelhaftigkeit, ihre Besitzungen anzutasten, ja er soll auch den Patriarchen und den Klerus, der sich zu diesem geflüchtet hatte, in dem festen Platz einer Kirche, der jedoch mit Waffen, Lebensmitteln und Mannschaft hinlänglich versehen war, belagert und wie ein Feind mehrmals Angriffe auf sie gemacht haben. Es fielen deswegen einige der Großen dieser Provinz, die seine Tollheit nicht länger zu ertragen vermochten und wohl wußten, daß sie Gott mehr als den Menschen gehorchen müßten, aus Abscheu vor seinen Freveln mit Leib und Seele von ihm ab. Unter diesen war der edle und mächtige Rainald mit dem Beinamen Mansver, der sich mit denen, welchen die gerechte Sache am Herzen lag und die Gott vor Augen hatten, in seine feste und unbezwingbare Burg begab und hier den Prälaten, die aus ihren Sitzen vertrieben worden waren, wie auch allen übrigen, die dieser Sache wegen hatten fliehen müssen, eine sichere Freistätte gewährte. Das ganze Land kam durch diese Sache in eine so schlimme und gefährliche Lage, daß die, welche Klugheit und Einsicht hatten, wohl sahen, es werde, wenn der Herr nicht schleunigst Rettung sende, auf diesem Wege, zu unserem Verderben und zur ewigen Schmach des christlichen Namens, den Feinden Tür und Tor geöffnet, die ganze Provinz in ihre Gewalt zu bringen, die mit Gottes Hilfe durch den Eifer der gläubigen Fürsten und durch die vielen Bemühungen und den großen Aufwand des christlichen Volkes ihren Händen entrissen worden war. Denn wahr und beherzigenswert bleibt jenes Wort des Herrn: "Jedes Reich, das sich selbst uneins ist, wird verwüstet." Der König von Jerusalem aber und der Patriarch wie die übrigen Prälaten der Kirchen und die weltlichen Fürsten traten äußerst besorgt zusammen und berieten sich aufs angelegentlichste, was unter diesen gefährlichen Umständen zu tun sei. Sie wagten es aber nicht, Gewalt zu gebrauchen, obgleich es der unkluge und leichtsinnige Fürst nicht anders verdiente, denn sie fürchteten, er möchte, um Widerstand leisten zu können, die Feinde um Hilfe ansprechen und die Türken ins Land bringen, die man sodann auch mit der größten Anstrengung nicht mehr daraus verjagen könnte. Da sie aber auch wohl wußten, daß bei einem tollen, zu allem Schlimmen geneigten und von bösen Gedanken ganz erfüllten Menschen Bitten und heilsame Ermahnungen nicht am Platz seien, da dies soviel hieße, als einem tauben Esel eine Fabel erzählen und in den Wind reden, so konnten sie sich auch nicht entschließen, kluge Männer an ihn abzuschicken, welchen die Gabe der Überredung verliehen war. Um also das Übel nicht größer zu machen, so duldeten sie es und erwarteten die Hilfe von dem, welcher oft die, welche in der Tiefe des Meeres sind, errettet und der Schnee gibt wie Wolle und Reif streut wie Asche, daß er in sein Herz eindringe und ihn in sich selbst zurückführe, auf daß der törichte Mensch von oben Kraft erhalte, zu einem besseren Leben zurückzukehren. Da nun die Unseren sahen, daß das Übel immer größer würde, und daß es nicht länger mehr so bleiben könne, wenn nicht das Wohl des Ganzen in Gefahr kommen solle, und da sie auch zugleich kein Mittel wußten, wie der Sache schnell abgeholfen werden könnte, fingen ihre Befürchtungen jetzt ernstlicher zu werden an. Es war nämlich bereits nicht nur die Person des Fürsten im Bann, sondern die ganze Provinz war wegen Raub und Brand, mit denen sie die Besitzungen der verehrungswürdigen Orte verheerten, mit dem Interdikt belegt, so daß außer der Taufe der Kinder dem Volk keines der kirchlichen Sakramente gereicht wurde. Es ward also gemeinschaftlich beschlossen, der Patriarch, Rainald von Chatillon, der Stiefvater des jüngeren Bohemund, der früher selbst Fürst von Antiochien gewesen war, wie auch Bruder Arnold von Torroja, der Meister der Tempelritterschaft, und Bruder Roger von Moulins, der Meister des Hospitals, sollten ins Antiochenische eilen und einen Versuch machen, ob sie mit Gottes Hilfe diesem Übel für immer oder wenigstens für einige Zeit abhelfen könnten.Wir fürchteten nämlich, es möchte uns vom Papst und den abendländischen Fürsten als Nachlässigkeit oder Bosheit angerechnet werden, wenn wir unseren unglücklichen Nachbarn kein Zeichen des Mitleids geben und ihrer Not nicht abzuhelfen suchen. Der Patriarch zog also mit einigen Prälaten seiner Kirche, nämlich dem Herrn Monachus, erwähltem Bischof zu Cäsarea, dem Bischof Albert von Bethlehem, dem Abt Rainald vom Berg Zion, dem Prior Peter vom Berg Zion, dem Prior Peter zur Kirche des Heiligen Grabs, durchaus klugen und wackeren Männern, und mit noch anderen, die sich ihm anschlossen, nach Antiochien. Er nahm dann auch noch den Grafen von Tripolis, der ein vertrauter Freund vom Fürsten war, mit sich, damit ihre Vorstellungen desto mehr Eingang finden möchten, und kam mit allen diesen nach Laodikäa. Sie gingen nun bald zum Fürsten, bald zum Patriarchen und setzten endlich beiden einen Tag an, wo sie in Antiochien zusammenkommen sollten. Hier kam, nachdem viel hinüber und herüber geredet worden war, eine Art Waffenstillstand zustande, nach welchem sowohl dem Patriarchen als den Bischöfen und den verehrungswürdigen Orten vom Fürsten ihr Verlust ersetzt und dagegen das Interdikt, mit dem das Volk belegt war, wieder aufgehoben werden sollte. Er selbst aber für seine eigene Person sollte das von den Bischöfen über ihn verhängte Urteil geduldig tragen oder, wenn er durchaus losgesprochen werden sollte, sein Kebsweib von sich tun und seine rechtmäßige Gemahlin wieder zu sich nehmen. Nachdem sie dies zustande gebracht hatten, kehrten sie in der Meinung, der Unruhen des Landes in etwas gesteuert zu haben, in ihre Heimat zurück. Der Fürst aber fuhr nichtsdestoweniger in seinem schlechten Treiben fort, ja er fügte noch einen neuen Frevel hinzu, der das Land in noch größere Gefahr brachte. Er verbannte nämlich die besten seiner Getreuen, erlauchte und edle Männer, aus keinem andern Grund als weil man sagte, sein Betragen gefalle ihnen nicht, aus der Stadt und aus seinem ganzen Land, nämlich seinen Konstabler und Kämmerer Guiskard von Lille, Bertrand, den Sohn des Grafen Giselbert, und Garin Gainart, die sich dann in der Not zu dem herrlichen armenischen Fürsten Rupin begaben, der sie aufs ehrenvollste aufnahm und jedem von ihnen außer großen Geschenken, die er ihnen sogleich darreichte, einen hinreichenden Unterhalt anwies. In demselben Jahr, im Monat August, am siebenundzwanzigsten des Monats, im dreiundzwanzigsten Jahr seines Papsttums, ging Papst Alexander der Dritte den Weg alles Fleisches und wurde in der Laterankirche begraben. Sein Nachfolger wurde Papst Lucius der Dritte, der Ubald hieß, aus Lucca in Toskana gebürtig, ein sehr alter und nur mittelmäßig gelehrter Mann, der bisher Bischof in Ostia gewesen war. Um dieselbe Zeit wurde auch unser ehrwürdiger Bruder in Christo, der Bischof Raimund von Berythus, am dreizehnten September aus dieser Welt hinweggenommen, um durch Gottes Gnade im ewigen Licht seinen Lohn zu erhalten. An seine Stelle kam der Archidiakon unserer Kirche, der edle und gelehrte Meister Odo, dem wir in den Dezemberfasttagen unter Gottes Beistand den Priestergrad erteilten und die Bischofswürde übertrugen.

VIII. Um dieselbe Zeit starb Melechsala, der Sohn Nureddins, noch als ein Jüngling. Es war ihm von seiner ganzen väterlichen Erbschaft bloß Haleb mit wenigen Plätzen geblieben, und zum Erben von diesem soll er vor seinem Tod in seiner letzten Willensordnung einen gewissen Sohn seines Oheims namens Hezedin, einen Sohn von Thebeth, dem Herrn von Mossul, eingesetzt haben. Nach seinem Tode schickten seine Fürsten dem genannten Herrn von Mossul, einem erlauchten und herrlichen türkischen Satrapen, Boten zu und forderten ihn auf, nicht zu säumen, sondern schleunigst zu ihnen zu kommen. Er kam auch auf diese Gesandtschaft plötzlich herbei und nahm von seinem Erbe Besitz, denn er fürchtete, Saladin, der seinem vorgenannten Verwandten den größten Teil seiner Besitzungen abgenommen hatte, möchte von Ägypten zurückkehren und auch diese Stadt trotz der Gegenwehr der Bürger erobern, besonders da einige der Größeren diesen insgeheim begünstigten. Saladin aber war, nachdem er einen zweijährigen Waffenstillstand mit uns geschlossen hatte, nach Ägypten hinabgezogen, um hier mit Eifer seine Angelegenheiten zu besorgen, denn die Nachricht, es sei eine Flotte des Königs von Sizilien mit großen Kriegsrüstungen und einer unermeßlichen Mannschaftszahl ausgelaufen, um in Ägypten zu landen, ängstete ihn nicht wenig. Es war dies aber eine unnötige Furcht, denn die genannte Flotte fuhr gegen Abend, nach den Balearischen Inseln, die in der Nähe des diesseitigen Spaniens liegen und von denen die eine gemeinhin Mallorca und die andere Minorca genannt wird. Dieses Unternehmen war jedoch unglücklich, denn durch ungünstige Winde ging die Flotte in der Nähe der beiden Seestädte Albenga und Vintimiglia beinahe völlig zu Grunde, indem sie von dem stürmischen Meer hier an die Küste geschleudert wurde. Während sich nun das Königreich, wie gesagt, eines Waffenstillstandes erfreute, ging mit einem gewissen syrischen Volksstamm, der in Phönizien in der Nähe der Stadt Biblius um das Libanongebirge wohnte, eine große Veränderung vor. Nachdem sie nämlich beinahe fünfhundert Jahre lang Anhänger der Ketzerei eines gewissen Maron gewesen waren, nach dessen Namen sie Maroniten hießen, und getrennt von der Kirche der Gläubigen eine besondere Gemeinde gebildet hatten, gingen sie jetzt durch eine göttliche Eingebung in sich, erwachten aus ihrer Schlaffheit und kamen zum Patriarchen Aimerich von Antiochien, der jetzt der dritte lateinische Patriarch dieser Kirche ist, um dem Irrtum, an dem sie so lange schlimmerweise festgehalten hatten, abzuschwören, zur Einheit der katholischen Kirche zurückzukehren, den orthodoxen Glauben anzunehmen und ehrfurchtsvoll die Lehre der römischen Kirche zu ergreifen und zu befolgen. Es war aber dieses Volk kein kleiner Haufe, sondern es sollen ihrer mehr als vierzigtausend gewesen sein, die auf der Höhe und an den Abhängen des Berges Libanon, in den Bistümern von Biblius, Botrium und Tripolis wohnten und tapfere und mutige Männer waren, die den Unseren bei den großen Kämpfen, deren sie viele mit den Feinden hatten, oft nützlich waren, weswegen auch ihr Übergang zum reinen Glauben den Unseren große Freude machte. Die Ketzerei Marons und seiner Anhänger besteht und bestand aber, wie man aus den Verhandlungen der sechsten Synode sehen kann, die gegen diese Lehre zusammenberufen wurde und sie verdammte, darin, daß sie behaupten, unser Herr Jesus Christus habe von Anfang an Einen Willen und Eine Wirkung gehabt. Diesem von der Kirche der Orthodoxen verworfenen Artikel fügten sie nach ihrer Trennung aus der Gemeinschaft der Gläubigen noch viele andere falsche Lehren bei, von denen allen sie nun abließen und reuig mit ihrem Patriarchen und einigen Bischöfen, von denen sie früher zur Ketzerei, jetzt zur Wahrheit geführt wurden, zur katholischen Kirche zurückkehrten.

IX. Während nun das Königreich, wie gesagt, durch den Waffenstillstand, den der König mit Saladin geschlossen hatte, einiger Ruhe genoß, fehlte es nicht an gottlosen Belialskindern, deren unruhiger Geist Zwietracht in das Reich zu bringen suchte. Es geschah nämlich, daß der Graf von Tripolis, der wegen der vielfachen Geschäfte, die ihn in seinem Land festhielten, seit zwei Jahren nicht in das Königreich hatte kommen können, jetzt wegen der Stadt Tiberias, die ein Erbteil seiner Gemahlin war, dahin zu reisen beschloß, und als er nun alle Vorbereitungen zur Reise gemacht hatte und schon bis Biblius gekommen war, machten sich die genannten schlechten Menschen mit boshaften Einflüsterungen an den allzu leichtgläubigen König und beredeten ihn, der genannte Graf wolle in böser Absicht in das Königreich kommen, um im geheimen gegen ihn, den König, etwas anzustiften. So kam es, daß der König, der diesen Worten allzu leicht Gehör schenkte, eine Botschaft an den Grafen sandte und ihm unüberlegterweise verbot, das Königreich zu betreten. Auf dieses stand der Graf, der ganz ungerecht diese schwere Kränkung erlitt, ganz bestürzt und entrüstet von seinem Vorsatz ab und kehrte, wiewohl ungern, da er die unermeßlichen Kosten seiner Reise jetzt unnütz aufgewendet hatte, nach Tripolis zurück. Die genannten Verführer taten dies aber in der Absicht, um in Abwesenheit des Grafen, der ein tätiger und äußerst umsichtiger Mann war, die Reichsgeschäfte im Königreich nach ihrer Willkür verwalten und die Krankheit des Königs zu ihrem Vorteil ausnutzen zu können. Unter diesen war auch die Mutter des Königs, eine Gott ganz verhaßte Frau, die immer mit Erpressungen umging, und ihr Bruder, der Seneschall des Königs. Diese waren es, die mit einigen anderen gottlosen Männern, die ihre Anhänger waren, den König zu dieser ungerechten Tat antrieben. Als die Fürsten des Königreichs von dieser Sache erfuhren, waren die, welche mehr Einsicht hatten, von dieser Nachricht sehr betroffen, denn sie fürchteten, wenn dem Königreich der Schutz eines solchen Fürsten entzogen werde, so möchte es zusammenstürzen und durch dieses Uneinswerden unter sich, nach dem Wort des Herrn, wüst werden, und sie mußten dies um so mehr fürchten, da die Krankheit des Königs von Tag zu Tag zunahm und ihn immer unfähiger machte, die Reichsgeschäfte zu besorgen, ja es war soweit mit ihm gekommen, daß er sich kaum aufrecht halten konnte und ganz in sich zusammensank. Da nun die Großen des Königreichs sahen, welche Gefahr aus der genannten Sache entspringen könne, so gaben sie sich alle Mühe, den Grafen zurückzurufen und seinen Unwillen zu besänftigen, und nach vielen Verhandlungen führten sie auch endlich den genannten herrlichen Mann, der mit Klugheit den Schmerz über die ihm widerfahrene Kränkung zu verbergen wußte, zwar nicht mit Willen des Königs, aber doch mit seiner Erlaubnis, wieder in das Königreich und stellten das gute Einvernehmen zwischen dem Grafen und dem König vollständig wieder her.

X. Während dies bei uns im Morgenland vorfiel, trug sich im Reich von Konstantinopel eine für alle Lateiner höchst traurige Veränderung zu, die ihnen unermeßlichen Schaden und unerhörte Kränkung brachte. Es war der Ärger, den das falsche und treulose Griechenland schon lange in sich nährte, wovon diese Ungerechtigkeit ausging. Als nämlich der glückliche Kaiser Manuel gestorben war, folgte ihm nach dem Testament des Vaters und nach dem Erbrecht sein noch minderjähriger Sohn Alexius, der kaum dreizehn Jahre alt war, in der Regierung nach. Während nun dieser unter der Vormundschaft seiner Mutter stand und die Reichsgeschäfte durch den Protosebastos Alexius, den Neffen des verstorbenen Kaisers, einen Sohn seines ältesten Bruders, besorgt wurden, glaubten sowohl die Großen als das Volk dieser Stadt, es sei jetzt die Zeit gekommen, zur Ausführung zu bringen, was sie Boshaftes gegen die Unseren im Sinne hatten. Unter der Regierung des vorigen gottbegnadeten Kaisers nämlich war das Volk der Lateiner wegen seiner Treue und seiner Tapferkeit bei ihm in solche Gunst gekommen, daß er seine Griechen als unmännliche und weichliche Leute hintansetzte und, da er selbst auch ein großherziger und unvergleichlich tapferer Mann war, alle wichtigen Geschäfte bloß den Lateinern übertrug, in deren Kraft und Redlichkeit er das größte Vertrauen setzte. Und weil er sie nun so gut hielt und sich äußerst freigebig gegen sie zeigte, so kamen sie, sowohl edle als unedle, aus der ganzen Welt zu ihm als ihrem großen Wohltäter scharenweise herbeigeströmt, und ihre Dienste verschafften ihnen die Liebe des Kaisers immer mehr, und er versetzte sie alle in einen immer besseren Zustand. Darum nährten die Edlen unter den Griechen und hauptsächlich seine Verwandten, aber auch das übrige Volk, einen unersättlichen Haß gegen die Unseren, der noch dadurch vermehrt wurde, daß es in kirchlichen Dingen zwischen beiden Völkern einen Unterschied gibt. In ihrem Übermut nämlich und in ihrer Anmaßung, in der sie sich von der römischen Kirche trennten, halten sie jeden für einen Ketzer, der nicht ihren falschen Lehren anhängt, während doch vielmehr sie den Namen von Ketzern verdienen, die der römischen Kirche und der Glaubwürdigkeit der Apostel Petrus und Paulus, gegen welche die Pforten der Hölle nichts vermögen, neue und verderbliche Meinungen entgegenstellen. Dies und ähnliches war es, weswegen sie schon seit langer Zeit diesen Groll gegen uns hegten und nach einer Gelegenheit suchten, wenigstens nach des Kaisers Tode, das ihnen verhaßte Volk der Lateiner, sowohl das in der Stadt als das im übrigen Reich, völlig zu vertilgen und auf diese Art ihre Rachgier und ihren Haß zu sättigen.

XI. Als indessen der genannte Kaiser gestorben war und der Protosebast Alexius, wie wir gesagt haben, das Reich verwaltete, sahen sie, daß auch jetzt die Zeit, um ihre Bosheit auszuführen, noch nicht gekommen sei, denn auch er bediente sich nach dem Beispiel des Kaisers des Rats und Beistands der Unseren und suchte sie sich so nahe als möglich zu bringen. In einem aber machte er sich den Unseren wie allen übrigen auf die gleiche Art äußerst verhaßt. Er war, obgleich nach griechischer Art übermäßig weichlich und nur auf seine fleischliche Lust bedacht, dennoch geizig und schonte der kaiserlichen Schätze, als ob er sie mit seinem eigenen Schweiß erworben hätte. Man sagte auch, er habe mit der Kaiserin, obgleich sie, als ihr Gemahl seinem Ende entgegenging, ein geistliches Gelübde abgelegt hatte, einen unerlaubten Umgang gehabt. Überdies war er übermütig, hielt jedermann unter sich und verfügte über alles, ohne die übrigen Fürsten, die ebenfalls edle und große Männer waren, zu befragen, nach seinem eigenen Gutdünken. So kam es, daß die Fürsten des Palastes, die ihm aus den genannten Gründen mißgünstig waren, ein Geschwisterkind des verstorbenen Kaisers, den älteren Andronikus aus Pontus, wo er Statthalter war, zu sich beriefen, um ihnen zur Ausführung ihrer boshaften Absichten zu verhelfen und den Protosebastos Alexius von der Reichsverwaltung zu verdrängen. Es war aber dieser Andronikus, das Geschwisterkind des Kaisers, ein schlechter und treuloser Mensch, der gerne Verschwörungen anstiftete und sich gegen das Reich immer untreu gezeigt hatte, weswegen er seiner vielfachen Vergehen wegen zur Zeit des vorigen Kaisers gefangengesetzt und wie er es verdiente schmachvoll behandelt worden war, so daß er flüchtig und unstet im ganzen Orient hatte umherziehen müssen, wo er jedoch nicht aufhörte, viel Schlimmes und Strafwürdiges zu begehen. In der letzten Zeit, kaum drei Monate vor des Kaisers Tod, hatte ihn dieser wieder in Gnaden aufgenommen, und damit er nicht in seiner gewohnten Art in der Stadt Unruhe stiften und Versuche machen möchte, die Herrschaft zu erlangen, schickte man ihn als Statthalter nach Pontus. Diesen also riefen die Verwandten des Kaisers und des Protosebasten, hauptsächlich aber die, in welche er sein ganzes Vertrauen zu setzen schien, durch geheime Botschaften herbei und forderten ihn auf, sich gegen den zu wappnen, der seine Söhne und einige andere erlauchte Männer aufs schmählichste gefangengesetzt habe. Dieser Alexius hatte nämlich, wie wir früher sagten, einige Edle, von denen entdeckt worden war, daß sie sich gegen ihn verschworen hatten, ins Gefängnis geworfen, was ihm ihren Haß in noch höherem Grade zuzog. Besagter Andronikus nun kam mit einer unermeßlichen Menge barbarischer Völkerschaften gegen die Stadt angerückt, lagerte sich der Stadt gegenüber, den Hellespont entlang, und besetzte ganz Bithynien. Einige Mächtige, die man ihm entgegensandte, um ihm Widerstand zu leisten, gingen verräterischerweise zu ihm über, und die ersten und bedeutendsten unter diesen waren Andronikus Angeli, der oberste Anführer des gegen den Statthalter abgesandten Heeres, und der Megadukas Alexius, der die Flotte befehligte, beide Verwandte des Kaisers. Aber nicht nur die, welche so ganz offenbar zu ihm übergegangen waren, hatten die Partei der Unseren geschwächt, sondern auch alle übrigen, die Hohen ebensowohl als die Menge der Bürger, begünstigten nicht mehr im geheimen, sondern bereits deutlich genug, den Andronikus, wünschten ihn aufs sehnlichste in die Stadt herbei und sorgten auf alle Art dafür, daß er bald übersetzen könnte.

XII. Es geschah also, daß diese Verschwörung immer mehr um sich griff und der Protosebast gefangen, entmannt und geblendet wurde. Hierüber gerieten die Unseren in große Bestürzung, sie fürchteten von den Bürgern plötzlich überfallen zu werden, und von einigen, welche um die Verschwörung wußten, gewarnt, entflohen alle Rüstigeren, die einen auf vierundvierzig Galeeren, die sie im Hafen gefunden hatten, die anderen auf anderen Schiffen, deren eine Menge im Hafen lag und auf die sie ihr ganzes Hauswesen brachten. So entkamen diese dem drohenden Verderben, die alten Leute aber und die Gebrechlichen und die sonst nicht zur Flucht tauglich waren mußten die gottlose Wut, welcher die anderen entronnen waren, über sich ergehen lassen. Der oft genannte Andronikus führte nämlich auf Schiffen, die er insgeheim hatte bereithalten lassen, alle die Bewaffneten, die er mit sich brachte, in die Stadt, und diese stürzten sich, als sie kaum durch die Tore waren, mit den Bürgern zugleich in den Teil der Stadt, wo die Unseren wohnten, und machten alles, was nicht hatte entfliehen können oder wollen, aufs grausamste nieder, und obgleich der Unseren nur noch wenige hier waren, die die Waffen führen konnten, so leisteten sie dennoch einen langen Widerstand, und die Feinde erfochten nur einen blutigen Sieg. Sofort nachdem die, welche Widerstand leisten konnten, getötet waren, steckten sie, uneingedenk der treuen Dienste, die die Unseren dem Reich so oft erwiesen hatten, ihre Häuser in Brand und verwandelten ihren ganzen Stadtteil unverzüglich in Asche, wobei die Weiber und Kinder und die Alten und Gebrechlichen im Feuer umkamen. Sie hatten aber in ihrer Gottlosigkeit nicht genug daran, ihre Wut an profanen Häusern auszulassen, sie zündeten auch die Kirchen und alle verehrungswürdigen Orte an und verbrannten zugleich mit den heiligen Gebäuden auch die, welche sich hierher geflüchtet hatten. Sie machten auch keinen Unterschied zwischen dem gemeinen Volk und dem Klerus, außer daß sie gegen alle die, welche sie wegen ihres Äußeren für Geistliche oder für edle und würdige Männer ansehen mußten, am grimmigsten wüteten, denn die Mönche und Priester mißhandelten sie vor allen anderen und töteten sie mit ausgesuchter Grausamkeit. Unter diesen ergriffen sie auch den ehrwürdigen Johannes, Subdiakon der heiligen Kirche zu Rom, den der Papst in Angelegenheiten der Kirche hierhergeschickt hatte, enthaupteten ihn zur Schmach der Kirche und banden seinen Kopf an den Schwanz eines unreinen Hundes. Ja selbst die Toten, die die Gottlosigkeit sonst auch verschont hatte, hatten bei diesen verruchten Tempelräubern, die schlimmer waren als die Vatermörder, keine Ruhe, sondern sie rissen die Leichen aus den Gräbern und schleppten sie durch Gassen und Plätze, als ob sie ein Gefühl von diesen Mißhandlungen hätten. Sie drangen auch in das Hospital ein, das zu Sankt Johannes hieß, und brachten alle Kranken, die sie hier fanden, um. Die aber, die durch ihren frommen Beruf dazu angehalten waren, die Drangsal der Unglücklichen zu lindern, ihre Priester und Mönche nämlich, forderten die Räuber und Banditen durch Belohnungen zum Morden auf, durchsuchten das Innere der Häuser, damit sich hier keiner verstecken und dem Tod entkommen könne, und wenn sie einen fanden, so zogen sie ihn heraus und übergaben ihn den Henkern, denen sie auch, damit sie ihre Mühe nicht umsonst aufwenden mußten, für die Ermordung der Unglücklichen ein Blutgeld zahlten. Die, welche am gelindesten mit ihnen verfuhren, verkauften die, welche sich zu ihnen geflüchtet und von ihnen das Versprechen erhalten hatten, daß sie verschont werden sollen, zu immerwährender Knechtschaft an die Türken und andere ungläubige Völker, und so sollen mehr als viertausend von ihnen verschiedenen Alters, Geschlechts und Standes da- und dorthin an barbarische Völkerschaften verkauft worden sein. So lohnte also, der Schlange im Busen und der Maus im Sacke gleich, das gottlose Griechenvolk, dieses Otternnest, seinen Gästen, die eine solche Behandlung, zumal ihnen die Griechen ihre Töchter, Nichten und Schwestern zu Frauen gegeben hatten und durch das lange Zusammenleben ganz vertraut mit ihnen geworden waren, weder verdient noch vermutet hatten, aufs allerschlimmste.

XIII. Sie sollen jedoch diese ungeheure und seit Jahrhunderten unerhörte Freveltat nicht ungestraft begangen haben, denn die, welche, wie gesagt, auf den Galeeren entkommen, und die, welche ihnen nachher auf anderen Schiffen nachgefolgt waren, hatten sich mit der großen Menge, die sie mit sich führten, und mit ihrer nicht unbedeutenden Flotte ganz in der Nähe der Stadt aufgestellt, um hier den Ausgang der Sache abzuwarten. Als diese nun als gewiß erfuhren, daß in dem Aufruhr ihre Straßen angezündet, ihre Weiber und Kinder und alle ihre Hausgenossen teils niedergemacht, teils verbrannt worden waren, wurden sie von einer gerechten Entrüstung ergriffen und entbrannten in großem Zorn. Und da sie in ihrer Hitze das Blut der Ihrigen rächen wollten, so zogen sie an beiden Ufern des Hellespontes hin, von der Mündung des Pontischen Meeres, das dreißig Meilen von Konstantinopel entfernt liegt, bis zur Mündung des Mittelländischen, das zweihundert Meilen von dieser Stadt entfernt ist, brachen in alle Städte und festen Plätze ein, die an beiden Ufern lagen, und töteten alle ihre Einwohner. Aber auch die Klöster, welche sowohl auf beiden Ufern dieses Meeres als auf den kleinen Inseln, die in diesem Meer verstreut sind, liegen, durchzogen sie und machten, um das Blut ihrer Brüder zu rächen, die falschen Mönche und ihre kirchenräuberischen Priester mit dem Schwert nieder, die Klöster selbst aber verbrannten sie mit denen, die darin ihre Zuflucht genommen hatten. Aus diesen Orten sollen sie eine unermeßliche Menge von Gold, Silber, Edelsteinen und Seidenzeugen herausgeschleppt haben, womit sie sich den Verlust, den sie erlitten hatten, aufs reichlichste ersetzen konnten, denn außer den unzähligen Reichtümern der Klöster selbst und den unermeßlichen Schätzen, die seit langer Zeit hier aufgehäuft worden waren, hatten die Bürger von Konstantinopel hier auch schwere Lasten von Gold und anderen Kostbarkeiten niedergelegt. Dieses alles nahmen sie mit sich, verließen dann diese Meerenge und fuhren zwischen den zwei alten Seestädten Sestos und Abydos ins Mittelländische Meer hinaus, um die Ufer von Thessalien und die größeren und kleineren Städte der am Meeresufer gelegenen Provinzen eifrigst zu durchsuchen und mit Brand, Raub und Mord unermeßliche Verheerungen zu stiften. Sie sollen aber bei Chrysopolis, einer Stadt in Makedonien, auch noch zehn andere ihrer Galeeren gefunden haben und an anderen Orten noch mehrere andere, und aus diesen sollen sie zum Verderben der Griechen eine große und furchtbare Flotte gebildet haben. Ein anderer Teil, der es verabscheute, sich mit Raub und Mord zu befassen, bestieg mit seinen Weibern und Kindern und mit der Habe, die ihnen noch übriggeblieben war, die Schiffe, deren sie hier immer eine Menge trafen, und wandten sich von diesem Heer weg zu uns nach Syrien. Als Andronikus im erwünschten Besitz der Stadt war und keinen Gegner mehr hatte, ließ er den Kaiser mit seiner künftigen Gemahlin, der Tochter des Königs von Frankreich, am Tage des Pfingstfestes feierlich krönen und erwies ihm alle Ehrerbietung. Auch die Schwester samt ihrem Gemahl und die Mutter des Kaisers behandelte er in dem Palast aufs freundlichste, er selbst aber schaltete sowohl in der Stadt als draußen in allen Angelegenheiten des Reichs ganz nach seinem Gutdünken. Man fürchtete jedoch, er möchte sich gegen die Angehörigen des Kaisers nur aus verstellter Freundschaft so mild erweisen, bis er nach und nach das ganze Reich in seine Gewalt gebracht hätte und dann mit seinen Gesinnungen freier gegen sie hervortreten könnte. Es geschah dies aber im Jahr der Menschwerdung des Herrn elfhundertundzweiundachtzig, im Monat April.

XIV. Während dies in Griechenland vorfiel, litt ein Schiff, das fünfzehnhundert Pilger überführte, in einem Sturm, der sich erhoben hatte, bei Damiata in Ägypten Schiffbruch. Weil sie hörten, Saladin habe mit den Unseren zu Wasser und zu Land einen Waffenstillstand geschlossen, hatten die Gescheiterten zwar die beste Hoffnung, aber es erging ihnen ganz anders, als sie nach diesem Vertrag zu hoffen berechtigt waren. Saladin warf nämlich, da ihn eine so große Beute anlockte und da er des Bündnisses wegen, das er geschlossen hatte, eine so große Menge von Christen nicht frei aus seinem Lande ziehen lassen wollte, alle ins Gefängnis und ließ ihnen ihre Güter nehmen, und dazu schickte er noch eine Gesandtschaft an den König, machte Forderungen an ihn, die dem abgeschlossenen Vertrag völlig zuwiderliefen und beinahe Unmögliches enthielten, und ließ ihm sagen, wenn ihm nicht alles das, was er wünsche, gewährt werde, so wolle er zur Entschädigung das genannte Schiff behalten und außerdem den Frieden, den er geschlossen hatte, wieder aufkündigen. Da nun seinem Gesandten diese Forderungen nicht bewilligt wurden, weil sie weiter nichts waren als ein kahler Vorwand, um das Schiff behalten zu können, löste er das Bündnis auf und begann wieder darauf zu sinnen, wie er nach seiner alten Art gegen unser Reich seinen alten Haß ausüben und es bedrängen könne. Er versammelte daher alle Reiter und Fußkämpfer wie auch alle die, welche in den verflossenen Jahren der Hungersnot wegen nach Ägypten hinabgegangen waren, und beschloß mit ihnen nach Damaskus zurückzukehren, um die Unseren mehr von der Nähe aus bedrängen zu können. Er beschloß auch, den Teil unseres Landes, der über dem Jordan liegt, entweder durch Verbrennen der Frucht, die schon zur Ernte reif war, oder durch Erstürmung eines oder mehrerer unserer hier gelegenen Plätze auf seinem Zug zu beschädigen. Er soll dies hauptsächlich aber darum unternommen haben, um an dem Fürsten Rainald, der diese Provinz unter sich hatte, Rache dafür zu nehmen, daß er, wie es hieß, den Vertragsbedingungen zuwider, während des Waffenstillstandes einige Araber gefangengenommen hatte und sie nicht zurückgeben wollte. Als der König durch Kundschafter von seiner Ankunft und seinem Plan erfuhr, hielt er zu Jerusalem eine allgemeine Reichsversammlung, in der die Forderungen Saladins ausführlich besprochen wurden, und zog dann auf den Rat von einigen hin mit allen Kräften des Königreichs durch das Waldtal, in welchem das Tote Meer liegt, in die genannte Gegend, um Saladin bei seiner Ankunft entgegenzutreten und sich ihm zu widersetzen, wenn er das Land verheeren wollte. Sofort durchzog Saladin mit seinem Heer die Wüste, einen Weg, den er mit vielen Schwierigkeiten in kaum zwanzig Tagen zurücklegte, und lagerte sich dann, als er das bewohnte Land erreicht hatte, bei dem festen Platz Montreal, ungefähr zehn Meilen davon entfernt, um hier Nachrichten abzuwarten, in welchem Zustand das Land sei und wo der König mit seinem Heer stehe. Der König aber hatte sein Lager kaum dreizehn Meilen von Saladins Heer bei der alten im Zweiten Arabien gelegenen Stadt Petra in der Wüste aufgeschlagen, und er hatte hier die ganze Stärke des Königreichs bei sich. Auch der Graf von Tripolis, gegen dessen Rat der König hierhergezogen war und die übrigen Teile des Reichs unbeschützt und ohne Mannschaft zurückgelassen hatte, war ihm, wiewohl ungern, hierher gefolgt. Es hatten nämlich einige mehr zu Gunsten des vorgenannten Fürsten Rainald als mit Rücksicht auf das Wohl des Ganzen den König hierzu bestimmt, ohne viel daran zu denken, was unterdessen dem verlassenen Königreich zustoßen könne, und die Folge bewies auch deutlich, wie unvorsichtig hierin gehandelt worden war. Sofort als die Fürsten um Damaskus, Bostrum, Balbek und Emissa sahen, daß die Stärke des Königreichs entfernt und das ganze Land von Mannschaft entblößt sei, riefen sie heimlich Mannschaften zusammen, gingen beim Galiläischen Meer, das auch der See von Tiberias heißt, über den Jordan und fielen in aller Stille in unser Gebiet ein. Sie durchzogen nun einen Teil von Galiläa und gelangten an einen Ort namens Buria, der in der Nähe der uralten Stadt Nain unter dem Berge Tabor liegt. Die Einwohner dieser Gegenden waren im Vertrauen auf den Waffenstillstand, von dessen Aufhebung sie noch nichts erfahren hatten, ganz sicher und sorglos. So kam es, daß die Feinde heimlich in der Nacht herbeikamen und den Ort von allen Seiten umzingelten, so daß es ihnen auch nicht mehr möglich war, nach dem Berg zu entfliehen, der über dem Ort emporragte. Als es nun Morgen geworden war und die Einwohner die unermeßliche Menge von Feinden sahen, zogen sie sich eiligst in den Turm zurück, der die Vorstadt beherrschte. Diesen Turm aber umgaben die Feinde von allen Seiten und fingen ihn mit äußerster Anstrengung zu untergraben an, so daß er nach vier Stunden zu Boden stürzte. Doch hatten sich die, welche hierher geflüchtet waren, schon vorher, sobald der Turm Risse bekam und zu stürzen drohte, den Feinden ergeben. Sie plünderten also frei und ungehindert sowohl diesen als die benachbarten Orte aus und schleppten ungefähr fünfhundert Seelen gefangen mit sich, die, welche im Kampf gefallen waren, ungerechnet. Es hatten sich nämlich, weil der Ort fruchtbar und weil Erntezeit war, viele aus der Umgegend hierherbegeben, um Korn zu schneiden, und diese alle führten sie nun, wie gesagt, ohne daß sich ihnen jemand widersetzte, mit sich fort, setzten dann wieder über den Jordan und kehrten gesund und wohlbehalten in ihre Heimat zurück.

XV. In diesen Tagen, während der König und das christliche Heer in Syrien-Sobal beschäftigt waren, ereignete sich ein höchst schlimmer Fall, der für die Unseren immer zu beklagen bleibt. Wir hatten in der Provinz Schuach über dem Jordan, sechzehn Meilen von Tiberias, einen sehr festen und, wie es hieß, unbezwinglichen Platz, der uns vielen Nutzen gewährt haben soll, denn die genannte Gegend lag dem feindlichen Gebiet näher als dem unseren, und es war eben darum den Feinden leicht, hier nach Willkür zu schalten und über die Bewohner eine Herrschaft auszuüben. Mit Hilfe dieses Platzes aber hatte man seit vielen Jahren bis dahin wenigstens das erreicht, daß die Unseren und die Feinde sich in die Herrschaft und die Zölle und Abgaben je zur Hälfte teilten. Dieser Platz war eine Höhle, die am Abhang eines Berges lag und unter der ein ungeheurer Abgrund gähnte. Von oben her konnte man sich auf keine Weise nähern, auf der anderen Seite aber führte ein so enger Steig dahin, daß auch einer, der leicht und ohne mit Gepäck beschwert zu sein daherzog, ihn kaum ohne Gefahr gehen konnte. Er war zudem der Treue und Sorgfalt des edlen und reichen Fulko von Tiberias anvertraut. Hier erschienen plötzlich die genannten feindlichen Fürsten, die, wie gesagt, Buria erbrochen und unser Volk gefangengenommen hatten, und bekamen den Platz nach fünf Tagen in ihre Gewalt. Es waren über diesen Vorfall nicht alle derselben Meinung, denn die einen versicherten, die Besatzung habe sich von den Feinden mit Geld erkaufen lassen, ihnen den Platz auszuliefern, andere aber sagen, die Feinde haben die Höhle, die aus Kreidefelsen bestand, welche leicht durchgraben werden konnten, von der Seite her erbrochen, sodann zuerst vom untersten Geschoß Besitz genommen, und von hier aus die, welche in dem mittleren und obersten Geschoß waren, denn es sollen drei Stockwerke hier gewesen sein, zur Übergabe gezwungen. Nachher erfuhr man aber, daß die Feste durch Schuld der Befehlshaber der Besatzung an den Feind kam, welche, als die andern sich zur Wehr setzen wollten, kraft ihrer Befehlshaberwürde die Verteidigung untersagten und sich nach Übergabe des Platzes zum Feind begaben. Diese Befehlshaber sollen aber Syrer gewesen sein, die bei uns für verweichlichte und unmännliche Leute gelten, weswegen die größte Schuld den genannten Fulko trifft, der einen so wichtigen Platz solchen Menschen anvertraute. Das Gerücht von diesem Verlust verbreitete sich nun weit und breit durchs Königreich und kam auch zu den Unseren, die, um den Übergang Saladins, der von Ägypten über Syrien nach Damaskus eilte, zu verhindern, über dem Jordan standen. Durch diese Nachricht wurden sie alle im höchsten Grade bestürzt und besonders der Graf von Tripolis, in dessen Gebiet der genannte Platz lag. So geschah es, daß sie sich, ebenso leichtsinnig, wie sie das Königreich verlassen hatten, auch hier leichtsinnig und nachlässig verhielten und nichts Gott Wohlgefälliges, nichts zum Frommen des Königreichs zustande bringen konnten. Denn anstatt Saladin bis an die Grenzen unseres Landes entgegenzugehen und ihn nicht in das Königreich einrücken zu lassen, ließen sie ihn unklugerweise bis zu dem Ort, der Gerba heißt, kommen, wo sein Heer, das sehr an Durst litt, eine Fülle von Wasser fand und von wo er einen Teil seines Heeres in die Nähe unsres festen Platzes Montreal schickte und den Bewohnern desselben ihre Weinberge zerstören und sonstigen Schaden zufügen ließ. Wären die Unseren bis dahin gegangen, so hätte er ohne Zweifel wieder nach Ägypten umkehren müssen, denn er hatte eine Menge unkriegerischen Volkes bei sich, denen bereits das Wasser in ihren Schläuchen und das Brot in ihren Körben ausgegangen war und die alle in der Wüste hätten verschmachten müssen. Denn er hätte nicht weiterrücken können, und sich in einen Kampf mit den Unseren einzulassen, wäre für ihn allzu gefährlich gewesen. Als sie nun hörten, daß er bereits an dem genannten Ort angekommen sei, beschlossen sie wiederum, ihm an die Wasser von Raselrasit entgegenzugehen, und wäre dies ausgeführt worden, so hätte er über die jenseitige Wüste weiterziehen müssen, was er nur mit einem großen Verlust an Menschen und Lasttieren hätte zustande bringen können. Da dieser Plan aber nicht ins Werk gesetzt wurde, so konnte er sich ohne Schwierigkeiten dem Wasser nähern und kam von da, ohne daß sich ihm jemand widersetzte, ganz wohlbehalten in sein Gebiet und nach Damaskus. Als die Unseren dies erfuhren, gingen sie auf dem Weg, auf dem sie hergekommen waren, wieder zurück. Da sie aber fürchteten, Saladin möchte von Damaskus aus, wohin er sich mit seinem ganzen Gefolge begeben hatte, etwas gegen das Königreich unternehmen, so wurde das ganze Volk des Reichs zu der Quelle von Sephorim zwischen Nazareth und Sephorim versammelt, wo der König, der Patriarch, der das Kreuzesholz mit sich gebracht hatte, und die übrigen geistlichen und weltlichen Fürsten von Tag zu Tag einen Einfall der Feinde erwarteten.

XVI. Unterdessen hatte Saladin aus seinem ganzen Gebiet, zusätzlich zu den Heerscharen, die er von Ägypten mitgebracht hatte, noch weitere Mannschaft zusammengebracht und rückte, um in unser Land einzufallen, nach dem Ort vor, der in ihrer Sprache Raseline heißt, was eine Quelle bedeutet. Dieser Ort soll nämlich von unserem Gebiet und von der Stadt Tiberias nur wenig entfernt sein. Nachdem er hier einige Tage verweilt hatte, fiel er plötzlich in unser Gebiet ein und schlug sein Lager an dem Ort, der Kavam heißt und zwischen zwei Flüssen liegt, kaum vier Meilen von Tiberias. Als dies die Unseren durch Kundschafter erfuhren, wendeten sie sich mit ihrem Heer eiligst nach der genannten Stadt, um sich mit den Heerhaufen, die diesen Ort und die benachbarten Plätze Saphet und Belvoir zu beschützen hatten, zu vereinigen und dann sofort den Feind zu verfolgen. Nun war der kluge und tapfere und im Kriegswesen äußerst erfahrene Graf von Tripolis hier aufs schlimmste von einem doppelten dreitägigen Fieber ergriffen worden, wodurch die Unseren, die auf seinen Rat und seine Fürsorge ihr größtes Vertrauen setzten, sehr in Betrübnis versetzt wurden, da sie jetzt in dieser Not um den Beistand eines solchen Fürsten kamen. Dennoch riefen sie aus den benachbarten Orten Hilfsmannschaften herbei und zogen den Feinden mit fliegenden Fahnen entgegen. Saladin aber setzte, da er von der Ankunft der Unseren hörte, über den Jordan und begab sich mit seinem Heer in die Gegend von Skythopolis. Skythopolis ist nämlich die Hauptstadt des Dritten Palästina und liegt zwischen dem Berg Gelboe und dem Jordan in einer wasserreichen Ebene. Sie heißt sonst auch Bersan, das Vorrecht ihrer Kirche aber ist jetzt auf Nazareth übergegangen, das in demselben Gebiet liegt, denn die genannte Stadt hat gegenwärtig nur noch wenig Einwohner und ist zu einem mäßigen Platz herabgesunken. Als die Feinde hierherkamen, begannen sie die kleine Burg, die hier zwischen Sümpfen liegt, heftig zu bestürmen. Da sie aber sahen, daß sie bei der männlichen Gegenwehr der Besatzung nichts ausrichten können, wandten sie sich gegen das neue Kastell, das jetzt Belvoir heißt und zwischen der genannten Stadt und Tiberias auf den Bergen liegt, um mit den Unseren zusammenzutreffen. Die Unseren aber, die dem Lauf des Jordans gefolgt waren, verließen das Tal, als sie an den genannten Ort kamen, und stiegen auf das Gebirge, hatten jedoch viel unter der übermäßigen Hitze zu leiden, die sie auf ihrer Reise in hohem Grad erschöpfte. Da die Feinde ihnen so nahe waren, so blieben sie diese ganze Nacht wach, am Morgen aber stiegen sie in die Ebene hinab, welche sich zwischen dem genannten Platz und einem Flecken namens Forbelet ausdehnt, und erblickten hier die Feinde in einer solchen Menge, wie sie dieselben sonst nie gesehen hatten. Die ältesten Fürsten des Königreichs behaupteten, seitdem die Lateiner das erste Mal nach Syrien gekommen seien, haben sie noch nie so viele Feinde sich entgegenstehen sehen. Die Feinde hatten zwanzigtausend waffenfähige Streiter, die Unseren dagegen bestanden aus kaum siebenhundert Reitern. Saladin und seine Fürsten bemühten sich alle gleichmäßig dahin, die Unseren von allen Seiten zu umzingeln, daß auch nicht einer entrinnen könne, denn sie dachten nicht daran, daß unsere geringe Zahl, die sie verachteten, sich ihrer Menge entgegenstellen könne. Aber dem, welchem es ein Leichtes ist, mit wenigen viele zu überwinden, gefiel es anders. Obgleich die Unseren im Vergleich mit den Feinden nichts zu sein schienen, so stellten sie doch ihre Scharen nach der Kriegskunst in Schlachtordnung, griffen die Feinde mit ihrem gewohnten Mut an, hielten den Ungestüm derselben mit viel Standhaftigkeit aus und gewannen durch Gottes gnädigen Beistand in diesem Treffen die Oberhand, obschon viele von den Unseren, die wir nicht namentlich hier aufführen wollen, sich zu ihrer ewigen Schande aufs schmählichste dem Kampf entzogen. Trefflich hielten sich an diesem Tage Balduin von Rames und sein Bruder Balian, die aufs männlichste und tapferste kämpften. Aber auch Hugo der Jüngere, der Stiefsohn des Grafen von Tripolis, der die von Tiberias anführte, erwarb sich an diesem Tag ein segensreiches Andenken. Obgleich er noch sehr jung war, so durchbrach er doch mit seiner Schar, weit über die Kräfte seines Alters, drei feindliche Haufen und kehrte, nachdem er sie in die Flucht geschlagen hatte, unter Gottes Schutz unverletzt zu den Seinigen zurück. Von den Unseren fielen an diesem Tag aus dem Ritterstand nur wenige, die dahingingen, um in die Gemeinschaft der Heiligen aufgenommen zu werden, vom gemeinen Volk aber weit mehrere. Größer war der Verlust der Feinde, und auch von ihren Fürsten fielen einige, deren Tod sie so in Bestürzung versetzte, daß sie das Schlachtfeld verließen. Auch das dürfen wir nicht mit Stillschweigen übergehen, daß an diesem Tag eine solche Hitze war, daß dieser aus beiden Heeren ebenso viele erlagen als dem Schwert. Wie viele von den Feinden fielen, konnten wir nicht mit Gewißheit erfahren, denn um ihren Verlust vor den Unsern zu verbergen, nahmen sie die Gefallenen mit sich und begruben sie die folgende Nacht insgeheim im Lager, damit die Unseren nicht die Größe ihrer Niederlage erfahren und dadurch ermutigt werden. Wir denken aber, sie haben auf die angegebene doppelte Art, nämlich durch die Hitze und durch das Schwert der Unseren, ungefähr tausend verloren. Da nun Saladin sah, daß dieser Kampf gegen seine Hoffnung ausgefallen war, und daß er gewaltigere Gegner getroffen, als er geglaubt hatte, ging er voller Bestürzung über den Jordan zurück, zog wieder in sein Gebiet und schlug sein Lager wieder auf dem Platz, von dem er ausgegangen war. Auch die Unseren kehrten, als sie sich wieder zusammengefunden hatten, zur Quelle von Sephorium zurück, von wo sie ausgegangen waren. Ein Chorherr zum Grab des Herrn namens Balduin, der auch Schatzmeister dieser Kirche und Träger des lebenspendenden Kreuzes war, mußte auf dieser Reise, weil er die übermäßige Hitze nicht ertragen konnte, auf einer Sänfte weitergetragen werden und starb auf dem Berg Tabor neben dem Bach Kison. Auch ein anderer Bruder und Chorherr dieser Kirche, Gottfried von Villeneuve, der dem genannten Balduin auf dieser Reise zur Unterstützung beigegeben worden war, kam in dem genannten Treffen, während er sich von einer Kampfeslust, die ihm hätte fremd sein sollen, beherrschen ließ, durch einen Pfeilschuß ums Leben, denn wer das Schwert nimmt, der soll nach dem Wort des Herrn durch das Schwert umkommen.

XVII. Nachdem der König mit seinem Heer an den vorgenannten Ort zurückgekehrt war, rief Saladin, äußerst ärgerlich darüber, daß sein und der Seinigen Unternehmen so vereitelt worden war, von neuem Bewaffnete zusammen und sann mit den Seinigen hin und her, wie er den Unseren wieder einen Schaden zufügen könne. Da er aber sah, daß er die Unseren auf keinem Wege leichter bewältigen könne, als wenn er sie von mehreren Seiten zugleich angreife, so erteilte er seinem Bruder, den er an seiner Statt in Ägypten zurückgelassen hatte, den gemessenen Befehl, in aller Eile eine Flotte von Alexandrien und ganz Ägypten nach Syrien zu schicken, und ließ ihn wissen, daß er im Sinn habe, die Stadt Berythus, sobald die Flotte angekommen sei, zu Land und zur See zu belagern. Und damit das Volk des Königreichs nicht mit dem König zur Befreiung der Stadt herbeieilen könnte, trug er ihm auf, mit aller Reiterei, die sich noch in Ägypten finde, von Mittag her in das Königreich einzufallen und die Gegend um Gaza, Askalon und Darum, welches unsere äußersten Städte gegen Ägypten hin sind, verheerend zu durchziehen. Dies ordnete er aber deswegen so an, damit er selbst die belagerte Stadt desto freier und heftiger bekämpfen könnte, während ein Teil der Unseren denen entgegenzutreten versuche, die von Ägypten her einfallen. Und dieser Plan wurde auch ausgeführt, denn nach wenigen Tagen erschien, wie er befohlen hatte, eine Flotte von dreißig Schnabelschiffen, und sein Bruder führte alle Truppen, die er in Ägypten hatte zusammenbringen können, in die Gegend von Darum. Er selbst aber wandte sich, um, wenn die Flotte ankomme, sogleich gerichtet zu sein, mit seinem Heer in die Gegend, die gemeinhin das Bakkartal genannt wird, und stellte auf den Bergen, die zwischen der genannten Gegend und dem Gebiet von Berythus, gegen das Meer vorragend, in der Mitte liegen, Kundschafter auf, die ihm die Ankunft der Galeeren berichten sollten. Er selbst aber sammelte in dieser Zeit aus den angrenzenden Gegenden Fußvolk und ordnete alles eifrig an, was er für die Belagerung notwendig hielt. Es dauerte also auch nicht lange, daß um Anfang August die oft genannte Flotte am Ufer von Berythus landete. Als dies Saladin durch die hierzu aufgestellten Kundschafter gemeldet wurde, zog er alsbald mit seinem ganzen Heer über die Berge, von denen wir eben sprachen, nach der Ebene und belagerte die oft genannte Stadt, wie er es lange zuvor im Sinn gehabt hatte, von allen Seiten. Den Unseren, die im Lager bei Sephorim waren, kamen verschiedene Gerüchte über Saladins Vorhaben zu, denn die einen sagten, er wolle, was auch ganz offenbar war, die Stadt Berythus belagern, andere aber versicherten, seine ganze Absicht sei auf die Eroberung von Haleb gerichtet, und einige waren auch der Meinung, er ziehe dem großen und mächtigen türkischen Satrapen von Mossul entgegen, von dem es hieß, er belagere einige seiner festen Plätze über dem Euphrat. Während man im Lager also noch in großer Ungewißheit war, erschien ein Bote, der den Vermutungen ein Ende machte und die bestätigte Nachricht brachte, daß Berythus belagert sei. Ebenso erschien ein Bote aus der mittäglichen Gegend, der als gewiß meldete, daß Saladins Bruder mit einem großen Heer bei Darum in unser Gebiet eingefallen sei, sechsundzwanzig leichte Reiter, die man Turkopolen nennt, getötet und einige Dörfer verbrannt habe. Als der König dies erfuhr, beriet er sich mit seinen Fürsten, und man hielt es für das Beste, sich dahin zu wenden, wo die Not am größten sei, und die Stadt von der Belagerung zu befreien, denn den Feind von beiden Seiten anzugreifen, dazu hatte man nicht Mannschaft genug.

XVIII. Es wurde also das ganze Heer zusammengerufen und vom König nach Tyrus geführt. Auch wurde aus den Schiffen, die man in den Häfen von Akkon und Tyrus fand, eine Flotte ausgerüstet, und so standen plötzlich und gegen aller Erwartung innerhalb sieben Tagen dreiunddreißig bestens bewaffnete und bemannte Galeeren bereit. Während indes bei uns mit dem größten Eifer diese Rüstungen gemacht wurden, beunruhigte Saladin mit seinen beiden Heeren die belagerte Stadt, so sehr er konnte, und bedrängte sie drei Tage lang mit seinen Scharen, die einander ablösten, so heftig, daß sie nicht einmal soviel Zeit hatten, um die nötige Speise zu sich zu nehmen. Wurfmaschinen jedoch oder andere Geschütze der Art, die man bei Belagerungen verwendet, hatte er keine mit sich gebracht, entweder weil er glaubte, auch ohne dieses Mittel die Stadt ohne Schwierigkeiten in aller Bälde erbrechen und erobern zu können, oder weil er erwartete, die Unseren werden eiligst ankommen, und darum nicht umsonst so große Mühe aufwenden wollte. Was aber ohne Maschinen zustande gebracht werden konnte, das tat er mit dem größten Eifer und mit dem sorgsamsten Bemühen, denn er hatte, wie gesagt, eine unermeßliche Menge, die einander der Reihe nach ablösten, um die Stadt aufgestellt, und diese schossen gegen die, welche die Stadt von den Mauern und Türmen herab verteidigten, eine solche Menge von Pfeilen ab, daß sie wie ein Hagel Stadt und Mauern bedeckten. Aber nicht nur auf diese Art suchten sie die Belagerten von ihrem Posten zu entfernen, sondern sie gaben sich auch alle Mühe, die, welche herbeigerufen worden waren, um die Mauer zu untergraben, dieser nahezubringen, damit die Vormauern und Mauern durchbrochen und dem Heer Eingänge geöffnet würden. Und damit diese desto weniger in ihrer Arbeit gestört würden, so schossen andere mit Bogen und Armbrust eine unermeßliche Menge von Pfeilen ab und setzten den Bürgern so heftig zu, daß sie kaum ohne Todesgefahr einen Finger herauszustrecken wagten. Obgleich jedoch der Bürger nur wenige waren, so wendeten sie dennoch, vom Vorsteher und hauptsächlich vom Bischof der Stadt, deren wackeres und standhaftes Betragen hier besonders zu rühmen war, zu mutigem Widerstand aufgefordert, alles an, den Künsten des Feindes dieselben Künste entgegenzusetzen und keine Art des Widerstandes unversucht zu lassen. Sie schossen gegen die Pfeilschützen draußen mit ebensolcher Kunst und ebensolchem Eifer Pfeile und Geschosse ab und richteten unter den Feinden einen noch größeren Schaden an, als diese unter ihnen. Und auch denen, die die Mauer zu untergraben suchten, begegneten sie mit derselben Kunst, so daß sie dieselben, wenn sie eben an ihrer Arbeit waren, meist entweder töteten oder ihnen ihre Werkzeuge wegnahmen. Aber nicht nur die, welche zu Land angekommen waren, bedrängten die Bürger so heftig, auch die, welche die Flotte gebracht hatte, setzten ihnen ebenso hitzig zu. Saladin selbst aber hatte seine Stellung nicht weit davon auf einem Hügel und erfrischte die Seinigen durch seine Gegenwart und ermutigende Reden und hatte damit einen solchen Einfluß, daß einer seiner Fürsten namens Choelim Leitern herbeibringen ließ und die Mauern im Sturm ersteigen wollte. Es kam ihm nämlich schmählich vor, daß einem so großen Heer tapferer Männer ein so kleines Volk Widerstand zu leisten wage und vermöge. Während er diesen Vorsatz mit dem größten Eifer auszuführen und durch sein Wort und Beispiel auch andere hierzu zu ermutigen suchte, wurde er plötzlich von einem Pfeil neben dem Auge ins Gesicht getroffen, worauf er samt den anderen von dem begonnenen Werk abließ. Nachdem sie nun drei Tage ununterbrochen die Stadt bestürmt hatten und sahen, daß es ihnen nicht glücken wolle, begaben sich auf Saladins Befehl die, welche zur See gekommen waren, wieder in ihre Galeeren und kehrten um Anfang der dritten Nacht in der Stille zurück. Auch Saladin entfernte sich mit seinem Heer etwas von der Stadt, verteilte seine Scharen in der umliegenden Ebene, ließ die Türme, die in den benachbarten Dörfern standen, von Grund aus einstürzen und schonte auch der Wein- und Obstgärten nicht, deren viele im Umkreis der Stadt lagen, sondern zerstörte alles mit Axt und Beil. Um aber die Belagerung sicherer und freier fortsetzen zu können, hatte er einige Engpässe zwischen Sidon und der genannten Stadt, durch die unser Heer notwendig kommen mußte, wenn es den Belagerten zu Hilfe eilen wollte, nicht nur von seinem Fußvolk besetzen, sondern auch da, wo der Weg am gefährlichsten war, aus trockenen Steinen eine Mauer bis ans Meer hinab führen lassen, daß unser Heer, wenn es sich der Stadt nahen wollte, ein doppeltes Hindernis fände und er indessen fortfahren könnte, die Stadt zu bestürmen. Während er nun früher den festen Vorsatz gehabt haben soll, die Stadt nicht zu verlassen, bis er sie erobert habe, so wurde er jetzt, wie wir sagten, anderen Sinnes und eilte, in sein Land zurückzukommen. Der Grund seiner Rückkehr soll aber der gewesen sein: ein Briefträger, der von einigen Gläubigen abgeschickt worden war, um die Belagerten in der Stadt zur Ausdauer zu ermahnen, war zufällig bemerkt und gefangengenommen worden. Als dieser nun vor Saladin geführt wurde, erfuhren sie teils aus dem Inhalt des Schreibens, teils aus den Geständnissen, die man ihm durch die Folter abpreßte, daß zwei Heere von uns bereit seien und innerhalb drei Tagen vor der Stadt ankommen werden. Auf dieses hin standen sie von ihrem Vorhaben ab und hoben, wie gesagt, die Belagerung auf. Unsere Flotte kam jedoch bis an den bestimmten Ort, da sie aber die Stadt frei fand, so kehrte sie nach kurzer Zeit nach dem Hafen zurück, von dem sie ausgelaufen war. Als sie erfahren hatten, daß die Feinde von der Stadt abgezogen seien, kehrten der König und sein Heer indes, nachdem sie einige Tage bei Tyrus verweilt hatten, wieder nach Sephorim zurück.

XIX. Unterdessen beschloß Saladin, da er die Unseren für beinahe nichts hielt und größere Dinge unternehmen wollte und da er ein äußerst tätiger Mann war, der mit glühendem Eifer an der Ausbreitung seines Ruhmes und der Vergrößerung seines Reiches arbeitete, sich gegen den Orient zu wenden. Man weiß jedoch nicht sicher, ob er diesen Zug, der über seine Kräfte zu gehen schien, von selbst antrat, von seinem hochstrebenden Sinn zu diesem Unternehmen entflammt, oder ob er von den Fürsten jenes Landes herbeigerufen wurde. Wie sich dies auch verhalten mag, er brachte ungeheure Reiterscharen zusammen und eilte, nachdem er, so gut es Ort und Zeit erlaubten, die nötigen Reisevorräte herbeigeschafft hatte, gegen den Euphrat. Bei uns aber hieß es überall, er ziehe gegen Haleb, um diese Stadt zu erobern. Haleb war nämlich mit einigen wenigen angrenzenden festen Plätzen das einzige, was von Nureddins ganzem Erbe noch übrig und noch nicht in seine Gewalt gekommen war. Nach dem Tod von Nureddins Sohn besaß es jetzt der Bruder Kotebedins, des Herrn von Mossul, dem es dieser, der es von dem verstorbenen Jüngling geerbt, überlassen hatte. Man glaubte also, er eile, was auch nicht unwahrscheinlich war, in diese Gegend, um die Stadt für sich zu gewinnen. Er führte aber, wie dies der Ausgang der Sache zeigte, weit Höheres im Sinne. Er ließ nämlich die genannte Stadt hinter sich, setzte über den Euphrat und gewann sich teils mit Gewalt, teils mit Geld innerhalb weniger Tage die herrlichen Städte Mesopotamiens, Edessa, Karra und viele andere samt den festen Plätzen, die dazugehörten, und beinahe das ganze Land, das früher dem genannten Fürsten, nämlich dem Herrn von Mossul, untertan gewesen war. Durch seine große Freigebigkeit brachte er nämlich die Großen dieser Länder, die dem obengenanntem Herrn untertan waren, dazu, daß sie ihm ihre festen Plätze übergaben und sich alle ihm zuwandten. So konnte der oft genannte große und edle Fürst, von den Seinigen gänzlich verlassen, Saladin weder entgegenziehen noch ihm Widerstand leisten, ja man sagte auch unverhohlen, Saladin habe seine Diener bestochen und ihm durch diese einen vergifteten Trank verabreichen lassen, von dessen Wirkungen er nur mit Mühe wieder genaß, und auf diese Art habe er so ungehindert bis Mossul vordringen können. So sagte es das Gerücht; man hörte aber hierüber Verschiedenes, denn die einen sagten, es sei ihm alles nach Wunsch gegangen, andere versicherten im Gegenteil, die Fürsten jener Gegenden haben sich gegen seinen Übermut vereinigt und sein Heer sei schlimm zugerichtet worden.

XX. Da nun der König und die Fürsten unseres Reichs sahen, daß das Land der Feinde von Bewaffneten entblößt sei, so waren sie, wie sie dies auch mit Recht glauben konnten, der Meinung, es sei jetzt eine günstige Zeit gekommen, den Feinden einen Schaden zuzufügen. Sie waren aber durch den Übermut, womit Saladin den Unseren seine Verachtung bezeugte, indem er, ohne mit dem König ein Bündnis oder einen Waffenstillstand zu schließen, zur Eroberung fremder Reiche ausgezogen war, noch besonders aufgebracht. Nachdem sie sich also beraten und die Streitkräfte des Königreichs versammelt hatten, fielen sie mit dem kostbaren Holz des lebenspendenden Kreuzes in Begleitung des Patriarchen in das feindliche Gebiet ein, um das Land, so sehr sie könnten, zu verheeren. Sie durchzogen nun die Provinz Trachonitis, die einen nicht unbedeutenden Teil der Diözese von Bostrum ausmacht, betraten dann das kleinere Syrien, dessen Hauptstadt Damaskus ist, und wandten sich von da nach dem gegen Morgen gelegenen Teil des Landes, wo sie den berühmten Ort namens Zora, der nicht weit von Damaskus entfernt und sehr bevölkert ist, erstürmten und eroberten und sodann beinahe in der ganzen Umgegend die Dörfer, die man gemeinhin Kasalien nennt, mit Feuer und auf andre Art zerstörten. Die Einwohner der Gegend aber, die schon vorher von der Ankunft der Unseren gehört, hatten sich mit ihrem großen und kleinen Vieh und mit ihren Weibern und Kindern nach befestigteren Orten begeben. So kam es, daß die Unseren nur wenig oder fast gar keine Beute machen konnten, doch verbrannten und vernichteten sie die Früchte und übrigen Lebensmittel, welche die Flüchtlinge nicht hatten mitnehmen können. Als sie aber von ihrer Verheerung zurückkamen, die sie auf alles, was sie trafen, ausgedehnt hatten, kamen sie nahe an der edlen Hauptstadt dieser Provinz vorbei, die Bostrum heißt, gewöhnlich aber Bosseret genannt wird. Sie sprachen hier anfangs davon, die Vorstadt zu erstürmen; da sie aber sahen, daß dies nicht so schnell geschehen könne, sondern einen längeren Aufenthalt erfordere, den ihnen der Wassermangel nicht gestattete, so schickten sie sich, um nicht samt ihren Pferden und Lasttieren Durst leiden zu müssen, zur Rückkehr an. Die genannte Gegend ist nämlich ganz dürr und wasserlos und hat gar keine Quellen, Bäche und Flüsse. Was die Einwohner an Wasser brauchen, sammeln sie sich in den Regenmonaten in hierzu angelegten Gruben und bewahren es dann für das ganze Jahr auf, doch wird es durch die Sonnenhitze und den Lehm, über dem es steht, ganz geschmacklos. Sie hatten aber, als sie von der Ankunft der Unseren hörten, diese Gruben noch dazu abgelassen oder verunreinigt, damit unser Heer auf seinem Durchzug hier nicht länger verweilen könne. Auch das Land so zu verheeren, wie sie wollten, war ihnen nicht gestattet, denn die Früchte und was man sonst verbrennen kann lagen bereits in den Scheunen, die man in jener Gegend in unterirdischen Höhlen hat, welche mit Erde bedeckt und mit vieler Kunst versteckt sind, so daß man sie nicht leicht finden kann, und wenn auf den Tennen etwas gefunden wurde, so war dies schon gedroschen und von der Spreu gereinigt, und diese dichte Masse fing kein Feuer. Sie konnten den Tennen beinahe keinen andern Schaden antun, als daß sie die Früchte auseinanderstreuten und einiges für ihre Pferde mit sich nahmen. Viele jedoch, die auf alle Art einen Schaden anzurichten suchten, holten anderwärts her Stroh und Spreu und mischten es unter die gereinigte Frucht, um sie leichter anzünden zu können. Die Mannschaft, die Saladin hier bei seinem Abzug noch zurückgelassen hatte, traute sich nicht soviel zu, daß sie es gewagt hätte, mit den Unseren zusammenzutreffen oder den Unseren in der Nähe Hindernisse in den Weg zu legen. Sie folgte ihnen aber scharenweise aus der Ferne, um gegen den Nachtrab des abziehenden Heeres noch heimlich etwas unternehmen zu können. Aber sie konnte auch auf diese Art weder dem ganzen Heer noch einem Teil desselben irgendeinen Schaden zufügen.

XXI. Nachdem sie nun das Land durchzogen und soviel sie konnten verheert hatten, hielten sie auf dem Rückzug in dem Teil der Provinz, der Schuach heißt, einige Zeit an. Dies ist aber die Gegend, in welcher der feste Platz liegt, der den Unseren kurz vorher, solange sie in Syrien-Sobal verweilten, von den Feinden, wie oben gesagt worden ist, hinterlistig entrissen worden war. Das Land ist nämlich ausgezeichnet durch seine Anmut, seine Fruchtbarkeit an Wein, Getreide und Öl wie auch durch seine gesunde Luft, und jener Bildad, der Freund Hiobs, der deswegen den Beinamen von Schuach führte, soll aus dieser Gegend gewesen sein. Als sie hierherkamen, glaubten sie, ihre Ehre erfordere es, daß sie den Platz belagern, um sich an den Feinden für die hinterlistige Wegnahme dieser Feste dadurch zu rächen, daß sie ihnen denselben, wenn ihnen der Himmel günstig sei, wieder abnehmen. Sie lagerten sich also, wie sie beschlossen hatten, vor diesem Ort und gaben sich alle Mühe, die, welche drinnen waren, zur Übergabe zu zwingen. Und weil nun der Ort sehr befestigt und so gelegen war, daß man ihn bloß von der oberen Seite her angreifen konnte, und auch dort nicht anders, als wenn man den Felsen bis dahin, wo die Wohnungen waren, durchbrach, so beschlossen sie, oben Steinbrecher hinzustellen und ihnen so viele Handlanger, als sie nötig hätten, und zugleich auch Schutzwachen beizugeben, daß sie bei ihrer Arbeit vor einem Überfall gesichert wären. Die Höhle lag nämlich auf dem höchsten Abhang des Berges und hatte einen äußerst schwierigen Eingang, so daß ein leichter Fußgänger den Weg kaum gehen konnte, denn unten ist ein großer und schauerlicher Abgrund, der sich bis in die Tiefe des Tals hinab erstreckt, der Weg von der Seite her aber war bloß einen Fuß breit. Es waren in dieser Höhle drei Geschosse, die übereinanderstanden und zu denen man innen durch enge Öffnungen auf hölzernen Leitern hinauf- und herabstieg. Sie versuchten also die Höhle auf dem einzigen Weg, wo man ihr beikommen konnte, durchhauen zu lassen und so zu dem ersten, dem oberen Stockwerk zu gelangen. Die Unseren gaben sich also alle Mühe, um dies zustande zu bringen. Sie stellten Handwerksleute auf, so viele nötig waren, und Handlanger, welche die abgeschlagenen Steine in das Tal hinabwerfen mußten, daß die Arbeit ununterbrochen fortgesetzt werden konnte, und lösten sich hierbei bei Tag und Nacht ab, daß, wenn die einen ermüdet waren, neue an ihre Stelle treten konnten, die ihnen das mühselige Geschäft abnahmen. Die Arbeit ging auch trefflich vonstatten, teils weil sie von vielen und weil sie mit großem Eifer betrieben wurde, teils weil der Fels, der durchbrochen werden mußte, leicht zu bearbeiten war. Es war nämlich ein weicher Kreidefels, der nur stellenweise Adern von sehr hartem Kiesel hatte, von denen oft sogar die eisernen Instrumente beschädigt wurden und die den Arbeitern hie und da hinderlich waren. Sooft beim Aufräumen Stücke ins Tal hinabgeworfen wurden, sahen das nun die, welche in der Höhle belagert waren, und dies flößte ihnen eine große Furcht ein, denn die mußten jede Stunde gewärtig sein, daß der Durchbruch fertig werde und die Unseren zu ihnen hereindringen. Unser Heer war nämlich in zwei Teile geteilt, denn ein Teil hatte sich, wie gesagt, oben auf dem Berg, wo die Höhle war, gelagert, um die Arbeiter gegen die Feinde zu beschützen, ein anderer Teil aber lag in der Ebene und hatte zu wachen, daß die Belagerten nicht aus- und eingehen konnten. Diese drangen auch hie und da durch jenen engen Steig gegen das untere Geschoß der Höhle vor und suchten wenigstens die Besatzung zu beunruhigen, wenn sie ihnen auch sonst nichts anhaben konnten. Die Männer innen waren nämlich tapfer und kriegerisch, ungefähr ihrer siebzig, und gut mit Waffen und Lebensmitteln versehen, und Saladin hatte ihnen bei seinem Abzug als Männern von bewährter Treue und Standhaftigkeit den Platz anvertraut. Und es war bereits soweit gekommen, daß die in der Höhle vor der beinahe ununterbrochenen Erschütterung durch die Hämmer keine Ruhe mehr hatten, denn bei jedem Schlag schien die ganze Höhle zu zittern und zu wanken, so daß ihre Furcht jetzt nicht mehr die war, die Unseren möchten zu ihnen hereinbrechen, sondern die, es könnte nächstens die ganze Höhle unter den Hammerschlägen zusammenfallen und sie alle begraben. Auf Hilfe nun konnten sie nicht hoffen, denn sie wußten zuvor schon, daß Saladin mit allen seinen Bewaffneten in weit entlegene Gegenden gezogen sei, von wo er nicht so leicht zurückkommen könne. Nachdem sie also die Belagerung drei Wochen oder etwas länger ausgehalten hatten, schickten sie eine Gesandtschaft an den König und wirkten es durch Vermittlung des Grafen von Tripolis aus, daß sie gegen Übergabe des Platzes mit den Waffen, die sie selbst gebracht hatten, und mit dem Gerät, das ihnen gehörte, frei bis Bostrum ziehen durften. So zogen also diese ab, der Platz kam wieder in unsere Gewalt, und die Schande, die sich die Unseren durch seinen Verlust zugezogen hatten, wurde mit Gottes Hilfe und durch seine reiche Gnade wieder getilgt. Sofort ließen es sich sowohl der König als die übrigen Fürsten im höchsten Grade angelegen sein, daß der Platz, wie dies nötig schien, alsbald mit Waffen und Lebensmitteln versehen und zuverlässigen Männern übergeben wurde, auf deren Eifer und Treue man sich verlassen konnte. Als man dies mit aller Sorgfalt ausgeführt hatte, kehrte unser Heer wieder in die Heimat zurück. Es geschah dies aber im Jahr der Menschwerdung des Herrn elfhundertundzweiundachtzig, im Monat Oktober.

XXII. Da sie sahen, daß Saladin noch nicht zurückgekehrt war, und daß ihn wichtigere Geschäfte noch bei Mossul zurückhalten, und da sie seine Abwesenheit nicht ungenutzt lassen wollten, versammelten sich die Unseren kurze Zeit nachher, im nächsten Dezember, aufs neue und hielten nach gemeinschaftlichem Beschluß in der Seestadt Cäsarea eine Zusammenkunft, wo sie einstimmig beschlossen, sich auf fünfzehn Tage mit den nötigen Lebensmitteln zu versehen und dann, um die dargebotene Gelegenheit nicht verstreichen zu lassen, mit allen Streitkräften des Königreichs wieder in das feindliche Gebiet einzufallen. Man machte nun zuerst einen geheimen Streifzug, auf welchen man bloß die Reiterei mitnahm, und trieb, wie man dies von Anfang an so verabredet hatte, aus der Gegend bei Bostrum großes und kleines Vieh weg, machte auch einige Gefangene und kehrte dann wohlbehalten nach Hause zurück. Weil er von der Gegend von Tiberias aus- und dahin wieder zurückging, führte diesen Zug der Graf von Tripolis an. Nachdem aber die fünfzehn Tage verflossen waren, erschien der König mit allen Fürsten des Königreichs und mit aller Reiterei und allem Fußvolk, das das Königreich im gegenwärtigen Augenblick stellen konnte, wie auch mit dem Kreuz des Herrn bei Tiberias am Galiläischen Meer an dem Ort, der Castelet heißt, und von da setzte er an dem Ort, den man die Jakobsfurt nennt, über den Fluß und fiel in das feindliche Gebiet ein. Weiter zog dann das Heer, den Libanon zur Linken lassend und der Ebene folgend, zuerst nach dem Ort, der Bettegene heißt, verbrannte und zerstörte ihn samt den umliegenden kleinen Dörfern und vernichtete auf verschiedene Art alles Eigentum der Einwohner. Sofort kamen sie auf ihrem weiteren Zug an einen Ort namens Daria, der vier oder fünf Meilen von der Stadt Damaskus entfernt liegt, und verheerten ihn samt den umliegenden kleinen Ortschaften. Die Einwohner der Gegend aber hatten sich teils auf die Höhen des Libanons, teils nach Damaskus geflüchtet. So konnten sie in der ganzen Gegend kaum einen einzigen Feind aufgreifen, von den Ihrigen aber verloren sie mehrere, die unvorsichtig auf Fütterung ausgezogen waren. Es kamen nämlich aus der Stadt Damaskus mehrere Reiter, die, im Vertrauen auf ihre schnellen Pferde, sich in einiger Entfernung bald vor, bald hinter unserem Heer hielten und auf eine Gelegenheit warteten, den Unseren Schaden zuzufügen. Von diesen nun wurden die von den Unseren, von denen wir eben sprachen, überfallen und sämtlich niedergemacht. Die Bürger von Damaskus aber kamen aus der Stadt und stellten sich in geschlossenen Gliedern bei den Obstgärten auf, deren eine Menge um die Stadt liegen, wagten es aber nicht, weiter gegen unser Heer vorzuschreiten, sondern betrachteten es nur von fern. Es machten also weder sie einen Angriff auf die Unseren noch die Unseren auf sie, sondern die Unseren entfernten sich, und sie begaben sich wieder in die Stadt. Nachdem nun die Unseren, wie gesagt, das Land verheert hatten, kehrten sie, ohne weitere Schwierigkeiten zu finden, wieder in die Heimat zurück, und der König begab sich nach Tyrus, um hier mit uns das Weihnachtsfest zu feiern.

XXIII. Indessen vernahm man verschiedene und unsichere Gerüchte über Saladin, indem die einen sagten, er mache in Mesopotamien im Gebiet von Mossul große Fortschritte und unterwerfe sich das ganze Land, andere aber versicherten, es haben sich alle Fürsten des Orients gegen ihn verbündet, um ihn aus diesen Gegenden zu vertreiben und ihm die Teile, die er durch List und Bestechung schon gewonnen habe, wieder abzunehmen. Uns aber flößten seine Fortschritte große Furcht ein, und wir waren sehr besorgt, er möchte noch weiter um sich greifen und dann mit verdoppelter Macht zu uns zurückkehren. Daher geschah es, daß im folgenden Februar alle Fürsten des Königreichs sich in Jerusalem versammelten, um sich über die gegenwärtigen Umstände zu beraten, denn man hatte wegen seiner Rückkunft große Befürchtung und suchte deswegen auch ängstlich alle Mittel hervor, um ihm Widerstand zu leisten. Nach vielen Beratungen beschloß man daher endlich, aus dem ganzen Königreich eine Steuer zu erheben, um damit, wenn es die Not erfordere, Reiter und Fußvolk unterhalten zu können, daß uns der Feind bei seiner Rückkehr zum Widerstand bereit finde. Der König nämlich und die anderen Fürsten waren so verarmt, daß sie nicht mehr vermögend waren, den hierzu nötigen Aufwand zu bestreiten. Es wurde also eine allgemeine Abgabe eingezogen, über deren Erhebung die Urkunde, die hierüber ausgestellt worden ist, das Nähere angibt. Sie lautet aber so: "Dies ist die Form, wie die Steuer, die nach gemeinschaftlicher Übereinstimmung aller Fürsten, sowohl der geistlichen als der weltlichen wie auch des ganzen Volkes des Königreichs Jerusalem zum gemeinen Nutzen des Königreichs gegen die drohende Not erhoben werden soll. Es wird verordnet, daß in jeder Stadt des Königreichs vier kluge und zuverlässige Männer gewählt werden sollen, die mit einem körperlichen Eid beschwören müssen, daß sie gegenwärtiges Geschäft treulich besorgen wollen, und die zuerst für sich selbst zu bezahlen, sodann aber von anderen einzutreiben haben, je einen Byzantiner von hundert Byzantinern, die sie haben, oder deren Wert sie haben, sei es in Sachen, die sie besitzen, oder in ausstehenden Schulden, von Gütern aber von je hundert Byzantinern zwei Byzantiner. Bei Eintreibung dieser Steuern von andern aber haben sie sich so zu verhalten, daß sie jedem Bürger oder Bewohner der Städte oder Ortschaften, über die sie gesetzt sind, nach einem ehrlichen Anschlag ihres Vermögens und wie sie glauben, daß es einem jeden möglich sei, insgeheim ansetzen sollen, was er zu dieser Steuer beizutragen habe. Sollte der, dem sein Ansatz gemacht worden ist, sagen, er sei übernommen und es werde über seine Kräfte von ihm gefordert, so soll er nach seinem eigenen besten Wissen und Gewissen soviel geben, als er glaubt, daß seine bewegliche Habe wert sei, und wenn er schwört, daß er nicht weiter zahlen dürfe, nach dieser genannten Bestimmung in Ruhe gelassen werden. Jene vier aber sollen durch ihren Eid gebunden sein, geheimzuhalten, was ihnen von den Bürgern, sei es viel oder wenig, gegeben worden ist, und sollen den Reichtum oder die Armut derselben bei ihrem Eide niemand entdecken. Dies aber sollen sie beobachten bei all denen, die ein Vermögen von hundert Byzantinern haben, welcher Sprache, welcher Volkszugehörigkeit, welches Glaubens sie sein mögen, ohne Rücksicht auf das Geschlecht, und es sollen alle, ob sie Männer oder Weiber sind, diesem Gesetz unterworfen sein. Wann aber die genannten vier Gewählten, die hierzu verordnet sind, gewiß wissen, daß das Vermögen von einem nicht hundert Byzantiner beträgt, so sollen sie von ihm ein Herdgeld nehmen, das ist für den Herd einen Byzantiner, und wenn sie keinen ganzen erhalten können, so sollen sie einen halben nehmen, und wenn sie keinen halben erhalten können, so sollen sie einen Rabuinen nehmen, wie sie dies nach bestem Wissen und Gewissen tun zu müssen glauben. Diesem Gesetz aber sollen alle unterliegen, welcher Sprache, welcher Volkszugehörigkeit, welches Glaubens und Geschlechts sie sind, wenn ihre bewegliche Habe nicht hundert Byzantiner beträgt. Es ist auch verordnet, daß jede Kirche und jedes Kloster und alle Barone und Vasallen von je hundert Byzantinern Gülten, die sie haben, ebenso wie die andern im Königreich, die Gülten haben, zwei Byzantiner zahlen sollen, die aber, welche um Sold dienen, von je hundert Byzantinern einen Byzantiner. Die aber, welche Kasalien haben, sollen gehalten sein, zu schwören, daß sie von jedem Herd, den sie in ihren Kasalien und auf ihren Höfen haben, außer dem obengenannten, ehrlich einen Byzantiner bezahlen wollen, so daß die, wenn ein Kasale hundert Herde hat, ihre Bauern anhalten sollen, hundert Byzantiner zu zahlen. Es wird dann aber die Sache des Herrn der Kasalien sein, unter den Bauern dieses Orts die besagten Byzantiner gleichmäßig zu verteilen, so daß jeder nach seinem Vermögen zu dieser Zahlung angehalten ist, damit nicht die Reicheren zu leicht wegkommen oder die Ärmeren allzusehr beschwert werden. Dies wird aber der Fall sein, ob das Kasale mehr oder weniger Herde hat. Das auf diese Art aus den Städten von Kaiphas herwärts bis Jerusalem erhobene Geld sollen die, welchen dies Geschäft in den einzelnen Städten und Kastellen übertragen ist, nach Jerusalem bringen und es in einer bestimmten Summe und in einem bestimmten Gewicht denen überliefern, die in Jerusalem dazu aufgestellt sind, und diese sollen, was von einer Stadt oder von einem Ort eingegangen ist, in einem besonderen Sack, der bezeichnet und versiegelt ist, in Gegenwart des Patriarchen oder seines Verordneten, auch in Gegenwart des Priors zum Grabe des Herrn wie auch des Kastellans dieser Stadt in den Kasten legen, welcher in der Schatzkammer zum Heiligen Kreuz aufgestellt werden und drei Schlösser und drei Schlüssel haben wird, von denen den einen der Patriarch, den zweiten der Prior zum Heiligen Grab und den dritten der Kastellan haben wird und die vorgenannten vier Bürger, die mit dem Sammeln des Geldes beauftragt sind. Die aber, welche in den Städten von Kaiphas bis Berythus aufgestellt sind, sollen auf dieselbe Art das gesammelte Geld nach der Stadt Akkon tragen, und hier soll es, wie es von den einzelnen Städten und Kastellen eingegangen ist, in bestimmter Zahl und in bestimmtem Gewicht jenen vier übergeben werden, die in dieser Stadt das Geld zu sammeln haben und in einzelnen überschriebenen und versiegelten Säcken in den Kasten gelegt werden, der drei Schlösser und ebenso viele Schlüssel haben wird, von denen den einen der Erzbischof von Tyrus erhalten wird, den zweiten Joscelin, der Seneschall des Königs, den dritten aber die vier genannten Bürger, welche mit diesem Geschäft in Akkon beauftragt sind. Sie sollen nämlich das genannte Geld in Empfang nehmen, in Gegenwart der genannten Herrn, welche die Schlüssel haben werden. Es soll aber das auf diese Art gesammelte Geld nicht auf kleine Ausgaben des Königreichs, sondern bloß zur Verteidigung des Landes aufgewendet werden, und solange etwas von diesem Geld übrig ist, müssen die Abgaben, die von Kirchen und Städten unter dem Namen Ungeld erhoben werden, aufhören, und dies soll nur einmal geschehen, und nicht als Gewohnheitsrecht für die Zukunft gelten."

XXIV. Unterdessen eroberte der rastlos tätige Saladin, der sich überall als ein gewalttätiger Fürst zeigte, in Mesopotamien die syrischen Länder und gewann sich alle Städte von bedeutendem Namen. Unter diesen belagerte er auch die vortreffliche Hauptstadt Amida, die durch ihre große Bevölkerung wie durch ihre starken Mauern und durch ihre natürliche Lage unbezwingbar schien, und eroberte sie und übergab sie dann nach einem Vertrag einem gewissen türkischen Fürsten namens Nureddin, einem Sohn von Karassalem, durch dessen Beistand es ihm möglich gewesen war, ungehindert in jenen Gegenden zu verweilen und das Land sich zu unterwerfen. Im nächstfolgenden Frühling endlich sammelte er sein Heer wieder und ging, nachdem er das ganze Land seinen Getreuen übergeben hatte, über den Euphrat nach Cölesyrien zurück und suchte die Stadt Haleb, in deren Nähe sein Heer sich lagerte, auf alle Art zu beunruhigen. Der Vorsteher dieser Stadt aber, der sah, daß sein Bruder, der viel tapferer und mächtiger war als er, nämlich der Herr von Mossul, sein Gebiet nicht gegen diesen Saladin hatte verteidigen können, daß dieser vielmehr, trotz seines Bruders Gegenwehr, alle Provinzen über dem Euphrat unterjocht habe, fürchtete, es möchte ihm etwas ähnliches begegnen, und schickte deswegen heimlich und ohne Wissen der Bürger von Haleb eine Gesandtschaft an Saladin, durch die er diesem anbot, ihm gegen Rückgabe von Semar und einigen anderen festen Plätzen, deren Namen wir nicht wissen, Haleb zu übergeben. Dieser Antrag war Saladin sehr angenehm, denn er wünschte von Anbeginn seiner Herrschaft an nichts sehnlicher, als sich Haleb, das gleichsam die Stärke des ganzen Reichs war, auf irgendeine Art zu verschaffen. Er stimmte also in die ihm gestellten Bedingungen mit Freuden ein, gab die genannte Stadt …
Vered Lavan