Gestas
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Ein Glaubensübertritt verbessert die Asylchancen fundamental

sagt: Im vergangenen Jahr meldeten sich rund 100 Flüchtlinge, obwohl im Viertel nur eine Handvoll Flüchtlinge registriert sind. Und viele, sagt der Geistliche, wollten sich taufen lassen.
Und aus der freikirchlichen Gemeinde Alpha und Omega International heißt es: Vor einem Jahr hatten wir etwa 250 Mitglieder, inzwischen sind es 450. Und jeden Sonntag, sagt der Pastor, kommen fünf bis zehn Neue zum Gottesdienst.

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Wie kommt das? Konvertieren Flüchtlinge, weil sie dann bessere Chancen haben, in Deutschland zu bleiben?
Es ist diese Unterstellung, die immer mitschwingt, die muslimische Flüchtlinge oft äußern. Vor dem Landgericht argumentiert so auch der Afghane, der einen iranischen Christen aus religiösem Hass zusammengeschlagen haben soll. Mit Religion habe der Streit nichts zu tun gehabt, sagt er, überhaupt habe er ja gar nichts gegen Christen. Vielmehr sei es so: Der Iraner habe die Religion im Nachhinein vorgeschoben, um Asyl zu bekommen.

Tatsächlich verbessert ein Glaubensübertritt die Asylchancen fundamental. Eine Konversion, heißt es aus dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), führe "grundsätzlich zu Schutzgewährung", wenn deshalb im Heimatland Verfolgung drohe. Und auch wenn Flüchtlinge bereits abgelehnt sind, kann ihnen ein Übertritt zum Christentum noch helfen – der Asylantrag wird dann neu bewertet. Welcher Kirche sich ein Flüchtling anschließt, macht laut Bamf dabei keinen Unterschied.
Natürlich wissen das auch die Kirchen. Dietlind Jochims sagt, "es wäre naiv zu denken, dass Leute nicht nach jedem Strohhalm greifen, der ihnen eine bessere Bleibeperspektive verschaffen könnte". Aber es sei nun mal nicht die Aufgabe von Geistlichen, "irgendwelche Glaubensprüfungen vorzunehmen".
Alle Priester und Pastoren, mit denen die ZEIT für diesen Text gesprochen hat, sagen das: Man könne nicht ausschließen, Menschen zu taufen, die eigentlich andere Interessen als den christlichen Glauben hätten. Aber alle sagen auch: Wir hetzen nicht zur Taufe, einige Monate Vorbereitung braucht es. Stefan Heße, der katholische Erzbischof, hat seinen Priestern mit auf den Weg gegeben, er halte sogar ein Jahr für sinnvoll.
Und das Bamf teilt mit: Ihre Mitarbeiter bei den Asylverfahren seien geschult darin, mit gezielten Fragen nachzuhaken. Es gehe nicht darum, ein "Religionsexamen" abzuhalten, man erwarte aber schon, dass der Konvertit "ausführlich schildern kann, welche Beweggründe er für die Konversion hatte und welche Bedeutung die neue Religion für ihn persönlich hat".
Spricht man Dena Kasravi darauf an, dass einige Flüchtlinge eher zweckorientiert konvertieren, fragt sie zurück: "Und was wollen Sie mir damit sagen?" Die Iranerin schaut dann, als verstehe sie nicht, und als sie den Hintergrund der Frage verstanden hat, sagt sie, so etwas wolle sie gar nicht verstehen. "Was für ein Misstrauen!"
Sicherlich werde sie nicht Christin, um Asyl zu bekommen. Aber wenn sie durch ihren Glauben hier bleiben dürfe, sei es doch verrückt, das abzulehnen – und sich im Zweifel in den Iran zurückschicken zu lassen. Kasravi macht eine Pause, schließlich sagt sie: "Das wäre lebensmüde."