Nicky41
1610

Eines der ältesten Mariengebete

Unter deinem Schutz und Schirm

Unter deinem Schutz und Schirm fliehen wir,
o heilige Gottesgebärerin.
Verschmähe nicht unser Gebet
in unseren Nöten,
sondern erlöse uns jederzeit aus aller Gefahr.
O du glorwürdige und gebenedeite Jungfrau,
unsere Frau, unsere Mittlerin,
unsere Fürsprecherin!
Versöhne uns mit deinem Sohne,
stelle uns vor deinem Sohne!


Bei Ausgrabungen in der Wüste von Ägypten wurde ein kleiner Papyrusstreifen gefunden, auf dem der Anfang dieses Gebetes zu lesen ist. Forscher datieren den Fund ins 3. Jahrhundert. Es war die Zeit der Christenverfolgungen und damit die Zeit der Märtyrer. Manche Christen zogen sich in die Wüste zurück, um sich ganz dem Gebet hingeben zu können, aber auch um der drohenden Verhaftung zu entgehen. Hier nahm das Mönchtum seinen Anfang.

„ Unter deinem Schutz und Schirm fliehen wir.“
Im römischen Weltreich – und Ägypten war eine Provinz des römischen Imperiums – verstand man das „ Praesidium“ zunächst politisch. Wenn ein Land sich unter den römischen Schutz begab, dann war Rom bereit, dieses Land gegen einen anderen mächtigen Gegner zu verteidigen.
Es war gefährlich, Rom zu reizen, denn wenn es seine Legionen in Marsch setzte, bedeutete das Krieg und in der Regel Unterwerfung. Rom als Schutzmacht zu haben, brachte für ein kleines Land ein hohes Maß an Sicherheit.

Daran mag der Beter gedacht haben. Er sucht ebenfalls Schutz. Aber Schutz wovor?
Die römischen Kaiser verfolgen alle, die an Jesus glauben, und bedrohen sie mit dem Tod. Die Christen leben in Angst. Von Rom und seinem Kaiser können sie keinen Schutz erwarten. Sie können überhaupt von keiner irdischen Instanz mit Hilfe rechnen. Da bleibt ihnen nur eines:
sich an den Himmel zu wenden. Hat Jesus am Kreuz nicht allen, die an ihn glauben, Maria zur Mutter gegeben? An sie wendet sich der Beter. Er verwendet ein für uns ungewohntes Wort.
Er nennt sie „ Gottesgebärerin“.

Der Kirchenvater Origines , der im ägyptischen Alexandrien, einem Zentrum der Gelehrsamkeit, Katecheten ausbildete, prägte den Begriff, der die herausragende Stellung Marias im Heilsplan Gottes bezeichnen sollte. Durch die Aufnahme des Begriffs in ein Gebet erlangte er eine weite Ausbreitung, und als es zu den großen Auseinandersetzungen mit der Auffassung des Arius kam, der behauptete, dass Jesu nur Mensch gewesen sei, wurde auch darüber gestritten, ob man sagen und beten dürfe: „ Gottesgebärerin“, und ob es nicht richtiger heißen müsste: „ Christusgebärerin“ …

Das Konzil von Ephesus im Jahre 431 hat dem langanhaltenden theologischen Streit ein Ende gesetzt und feierlich von Maria ausgesagt, dass sie die „ Theotokos“ - die „ Gottesgebärerin“ ist.
Uns ist heute die Bezeichnung „ Gottesmutter“ geläufiger.

An Nöten hat es zu keiner Zeit gefehlt, und deshalb war dieses Gebet immer aktuell. Den Beter im 21. Jahrhundert bewegt nichts anderes als den Beter im 3. Jahrhundert: die Angst vor der Zukunft, die Sorge m Gesundheit und um die Erhaltung des Friedens.
Wenn er bittet: „ erlöse uns jederzeit aus aller Gefahr“, denkt er an Verhaftung und Folter, an Untreue und Verrat. Wenn wir das gleiche beten, brauchen wir keine Angst vor Verfolgung zu haben und doch leben wir in Gefahr, unseren Glauben zu verleugnen, ihn leichtfertig aufs Spiel zu setzen, weil wir uns schämen, für unseren Glauben einzustehen; weil wir nicht den Mut haben, gegen den Strom zu schwimmen. Wir haben eine große Angst vor Krankheit, wir betrachten sie als die eigentliche Gefährdung unseres Lebens, aber wir haben zu wenig Angst vor der Sünde. Dabei ist die Sünde eine viel größere Gefahr für uns, denn sie kann alles zerstören und uns ums ewige Leben bringen.Hier lauert die wirkliche Gefahr, die unser Leben bedroht.

Maria hat sich nie der Sünde geöffnet. Sie kann uns eine wirkliche Helferin sein. Ein Vorbild, auf das wir schauen. Eine Fürsprecherin, auf die wir vertrauen.

Der kleine Papyrusstreifen, der uns das Gebet als uraltes Mariengebet beweist, endet hier.Es ist späteren Generationen allzu kurz erschienen, und sie schauen nochmals hin auf Maria.
Sie bekennen sich zur Jungfräulichkeit Marias. Wie oft wurde dies angezweifelt, wie oft in Abrede gestellt. Dies behelligt den Beter nicht. Was kümmert ihn der Disput der Theologen. Sie sollen reden und schreiben, was sie wollen. Er setzt seine Hoffnung auf Maria und er will sie ehren, so gut er kann.

Der Minnesänger des Mittelalters kannte für die von ihm verehrte Dame keinen besseren Ausdruck, als sie „ Frau“ zu nennen. Für diese Frau setzte er sich ein. Sie verteidigte er. Für sie sang er seine Lieder. Für sie focht er im Turnier. Wenn der mittelalterliche Mensch von Maria sagt: „ Unsere Frau“, dann kommt darin seine ganze Verehrung und Hochachtung, seine Zuneigung und Wertschätzung zum Ausdruck.
Das Mittelalter hat auch keine Scheu, Maria als Mittlerin zu bezeichnen. Die Theologen der Reformation haben diese Auffassung angeprangert. Es sei unbiblisch, so von Maria zu reden.

Bei der Hochzeit zu Kana erleben wir freilich die Mutter des Herrn als Mittlerin zwischen einem hilflosen Brautpaar und Jesus. Der Beter möchte, dass Maria es auch in seinem Fall so macht und seine Sorgen, seine Nöte bei Jesus zur Sprache bringt.
Der Beter ist sich seiner Unwürdigkeit und Sündhaftigkeit bewusst, deshalb seine Bitte:
„ Versöhne uns mit deinem Sohne, empfiehl uns deinem Sohne, stelle uns vor deinem Sohne!“
Es geht um das Jetzt und um die Stunde, in der wir vor Gottes Gericht gerufen werden.

Wenn die Mutter bei ihm ist, wenn die Mutter mit ihm geht, dann hat der Beter nicht nur die Zuversicht, dass er aus Not und Gefahr in dieser Zeit gerettet wird, sondern auch das Vertrauen, dass er am Ende von Jesus das tröstliche Wort hören darf: „ Geh ein in die Freude deines Herrn!“

Das war der Wunsch all der Menschen, die dieses Gebet durch die Jahrhunderte verrichtet haben, und wir haben den gleichen Wunsch, die gleiche Bitte, wenn wir beten: „ Unter deinem Schutz und Schirm...“

(Ludwig Gschwind - Maria Dich lieben)
Carlus
sehr guter Beitrag, vielen Dank