Josefa Menendez
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Arme Seelen: Bettler / Offenbarungen an Fulla Horak

Andere meinen, die Erhebung des Leidens zum Verdienst sei eine geniale Erfindung des "edlen Revolutionärs" aus Nazareth, der aus barmherzigen Motiven, um ihnen etwas zu versüßen, dem sie sowieso nicht entgehen können, den getrübten Geistern dieser Unglücklichen den trügerischen Glauben an eine ewige Belohnung für geduldig ertragene, irdisches Leid einredete. Man könne der Welt ihrer Ansicht nach straflos etwas versprechen, was sich erst nach dem Tode erfüllen sollte. Bei wem wollte man es wohl später einklagen?

Wie werden sich jene, die so denken, wundern, wie schrecklich wird es für sie sein, einmal Aug' in Aug' der Gerechtigkeit dessen gegenüberzustehen, der den Respekt vor seinen Versprechungen jederzeit einklagen kann!
Die Seelen im Fegefeuer können für sich nichts mehr tun, außer zu leiden. Leiden ist für sie Gebet, Arbeit und schließlich der Weg, auf den, sie sich ihrem Ziel nähern können.

Viel mehr hingegen können die Menschen für diese Seelen tun.
Gott läßt es in seiner Barmherzigkeit zu, daß die Streitende Kirche mit ihren Anstrengungen die schmerzhafte Passivität der Leidenden Kirche ausgleichen und ihr auf diese Weise helfen kann. Jede hl. Messe, jeder Gedanke, jedes Gebet, ein Verzicht oder Opfer in ihrem Sinne - all das hat für die Seelen im Fegefeuer eine geradezu enorme Bedeutung. Genauso unentbehrlich wie für den Körper die Nahrung, ist nämlich für die Seele das Gebet.

Die im Fegefeuer Leidenden sind wie Bettler. Sie warten, bis ihnen jemand ein Almosen hinwirft. Oft müssen sie ganze Jahrhunderte lang warten, und gäbe es nicht die ununterbrochen und für alle Seelen im Fegefeuer verrichteten Gebete der Kirche, würden viele dieser Unglücklichen vergeblich warten. Die Welt vergißt bald, die gegangen sind, dabei warten sie, nun von allen menschlichen Eitelkeiten, von ihrem falschen Stolz befreit, in unvorstellbar schmerzlicher Verlassenheit auf Hilfe! Sogar der bedauernswerteste, ärmste Mensch ist ein König gegen die leidende Seele.

Durch Leiden, Krankheiten, Behinderungen, Hunger oder Verlassenheit kann man sich bei Gott noch verdient machen, kann, wenn man alles geduldig erträgt, seine Gnade erlangen und die eigene Schuld tilgen. Im Fegefeuer ist die Seele nur noch auf Almosen durch die Liebe und Erinnerung ihrer Lieben angewiesen, ein Almosen, um das sie nicht einmal mehr selbst bitten kann.
In einigen Kreisen des Fegefeuers haben die Seelen manchmal nach dem Willen Gottes die Möglichkeit, den Menschen im Traum oder am Tage zu erscheinen.

Nur auf diese Art können sie um Hilfe bitten. Die Menschen beachten jedoch ihre Träume meistens nicht, und vor diesen unglückseligen Erscheinungen haben sie oft solche Angst, dass es nur selten jemandem in den Sinn kommt, für diese Seele zu beten, eine hl. Messe lesen zu lassen, ein Leid auf sich zu nehmen oder eine gute Tat zu vollbringen. Die Menschen kommen nicht darauf, dass uns ein Zeichen aus dem Jenseits nur mit dem Willen und der Erlaubnis Gottes gegeben werden kann und wir es aus diesem Grunde nicht missachten dürfen.

Für Verstorbene zu beten, liegt sozusagen im gemeinsamen Interesse derjenigen, für die gebetet wird, und derjenigen, die beten. Die Not der büßenden Seelen ist so groß, daß sie sich sehr dankbar erweisen und es niemals vergessen, wenn ihnen jemand hilft, aus dem Fegefeuer hinauszugelangen. Später, im Kreise der Erkenntnis, wird es deshalb ihre erste Tätigkeit sein, die Engel im Ersten Kreis des Lichts zu bitten, sich ihrer Wohltäter anzunehmen.

Die Höheren Geister geben dieses Anliegen dann an den nächsten, höher gelegenen Kreis weiter, und so wie der Wind durch die Saiten eines Instruments, erklingt diese Bitte durch alle Kreise des Himmels bis hin zu dem Thron des Allerhöchsten.

Seelen, die erlöst sind, also die Hellen Geister, können einem Menschen bei verschiedenen geistigen, aber auch bei materiellen Angelegenheiten auf ausgesprochen lohnende Weise behilflich sein.

Nichts belastet eine Seele im Fegefeuer mehr als Groll oder Haß der auf der Erde Zurückgebliebenen. Im Gegensatz zu dem beiderseitigen Nutzen, den das Gebet für den Verstorbenen bringt, ist ein solcher Hass für beide Seiten schädlich.

Wer in seinem Herzen Haß nährt, auch wenn dieser Haß durch einst erlittenes Unrecht begründet ist, wird seinen Schöpfer nicht eher sehen, bis er die gleichen Qualen durchlitten hat, die er seinem Missetäter durch eben diesen Groll beschert hat.

kath-zdw.ch /Offenbarungen an Fulla Horak