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Vom schwäbischen Glasergesellen zum orthodoxen Mönch

Pater Panteleimon (Rath) R.I.P.

Am Samstag, den 18. Juni 2016, wurde Pater Panteleimon, der Abt des Serbisch-Orthodoxen Michaelsklosters im ungarischen Grabóc zu Grabe getragen. Der gebürtige Schwabe Helmut Rath wurde am 26. April 1947 geboren und evangelisch getauft. Er erlernte den Handwerksberuf Glaser, wechselte dann ins Pflegefach und war schließlich mit dem Aufbau und der Leitung zweier Krankenpflegeeinrichtungen in Deutschland befaßt. Doch er wurde von Gott für eine andere Karriere bestimmt: zum Mönch auf dem Heiligen Berg Athos.

Über die Freundschaft mit dem berühmten Pater Mitrophan aus Hilandar kommt es zum Eintritt in die Orthodoxe Kirche. Die Stationen: Novize im Serbisch-Orthodoxen Kloster Hilandar, Kelliote in Kerasia, dann Gastpater in Hilandar. Schließlich als Einsiedler im Kellion des Hl. Ignatios von Antiochia in Megali Jovannitsa an der Ostküste Griechenlands. Die Kellioten erhalten das zugehörige Grundstück als Lehen vom Kloster und sonst nichts. Für einen Schwaben genau das Richtige. Wiederaufbau des teilweise verfallenen Hauses und Rekultivierung der verwilderten Ölbäume, Bau eines Gästehauses. Olivenernte, Kerzenproduktion. Helfer aus dem Freundeskreis arbeiten um Gotteslohn. Vom Verkauf des Öls kann der Pater leben und seine Gäste bewirten.

Als ich ihn 1991 bei meinem ersten Athosbesuch kennenlernte, war er schon zum Mönchsdiakon geweiht. Anlaufstelle für viele deutsche, österreichische und serbische Pilger. Nach dem Serbienkrieg konnten serbische Familienväter, die durch die NATO-Bombardement ihre Arbeit verloren hatten, im Kellion etwas verdienen. Im Olivenhain, bei Morgengottesdienst und Vesper war Mehrsprachigkeit die Regel. Da die Fährschiffe damals nicht anlegen, mußte man vom Hafen Zografu eine Stunde über das Geröll des Strandes marschieren. So war das Kellion lange Zeit vom Getriebe der Welt abgeschieden, wie es sich gehört.

Durch einen Ausbau der Mole und der Modernisierung Verkehrsmittel wurde Megali Jovannitsa leider schließlich zum Schiffslandeplatz und zur Shuttle-Bus-Station des Kosters Hilandar. Vorbei der geruhsame Fußmarsch oder der Ritt auf dem Rücken des Maultiers quer über den Berg ins Mutterkloster zur sonntäglichen Liturgie. Die heilige Ruhe im Kellion war dahin. Weitere gravierendere Faktoren bewirkten schließlich, daß Panteleimon sich entschließen mußte, vom Heiligen Berg Abschied zu nehmen: die Quelle der Einkünfte war in Frage gestellt, denn der Pachtvertrag für die bestens gepflegten ertragreichen Olivenhaine des benachbarten Klosters Zografu lief aus. Die Quelle des Trinkwassers hoch oben auf dem Bergrücken setzte immer wieder aus: wenn aus der Schlauchleitung kein Wasser kam, mußte der Fehler festgestellt werden; dazu waren kräfteraubende stundenlange Märsche bergauf durchs Unterholz nötig. Die rastlose Arbeit hatte an den Schulter- und Kniegelenken ihre Spuren hinterlassen.

So kam es, daß sich ein neuer Wirkungskreis ergab: ein kleines im Kommunismus heruntergewirtschaftetes Serbenkloster in Ungarn. Das habsburgische Kaiserreich hatte den vor den Türken fliehenden Serben Zuflucht gewährt. Als willkommene Grenzer bekamen die Orthodoxen Land und Steuerfreiheit. Bis heute finden sich Serbische Pfarrkirchen. Und das Kloster Grabóc hat daher eine Barockkirche mit einer herrlichen barocken Ikonostase. Panteleimon machte sich an die Arbeit.

Vom Serbischen Landesbischof zum Priester geweiht, war er so nebenbei auch zum Seelsorger geworden, ein Novize aus Serbien wurde sein Begleiter. Und nicht bloß an den Feiertagen kamen viele neue und alte Freunde und Bekannte.

Die Abtweihe war ein großes Fest. Der Jahresbericht des Vorjahres listet in großer Dankbarkeit das Erreichte auf: Abbruch der verfallenen Nebengebäude aus der kommunistischen Ära, Kirche trockengelegt, Dach des Klosters saniert, die neue Winterkapelle über einem Brunnenhaus des Hl.Tryphon erbaut, eine einsturzgefährdete Brücke über den mitten durchs Kloster fließenden Bach neu errichtet. Und eine langfristige Einnahmequelle erschlossen: ausgedehnte Weinbaugründe verpachtet.

Vielleicht sollte man auch noch die beiden erfolgreich überstandenen Kniegelenksoperationen anführen, die aufgrund der unerträglichen Schmerzen sogar das Stehen und damit das Zelebrieren unmöglich gemacht hatten. Der Jahresbericht war ein einziger Dank für alles Erreichte.

Aber zu Weihnachten zeichnete sich schon ab, daß Gott vorhatte, seinen Diener heimzurufen. Ein rasch wachsender Tumor, inoperabel. Keine Chemo, keine Bestrahlungen zielführend.

"Um Gott nahe zu sein, bin ich ja Mönch geworden; es scheint, daß er mich jetzt ganz nahe bei sich haben will". So hat er mir die Situation im letzten Telefonat erklärt. Panteleimon konnte noch das orthodoxe Osterfest am 1. Mai in großer Freude feiern. Exakt an diesem Tag ging sogar noch die Geschwulst spontan um ein Drittel zurück. Wie sehr haben wir uns alle gefreut, und die Hoffnung auf Genesung war wieder da. Aber es war nur ein letztes Aufflackern der Lebenskraft. Wie oft hatten wir in den Bitten in der Vesper gesungen: "ein christliches friedliches Ende ohne Schmerz und ohne Schande und in gutes Bestehn vor dem furchtbaren Richterstuhl Christi !“ – Gewähre, o Herr! "

Am 15. Juni war es so weit.
Mit dem serbischen Novizen, der im Vorjahr zum Mönch Mitrophan geweiht worden war, schließt sich der Kreis, denn der verstorbenen Pater Mitrophan aus dem Serbenkloster Hilandar hatte ja seinerzeit bei der Berufung Panteleimons in die Orthodoxie mitwirken dürfen.

Was dem lieben Gott so alles einfällt !
Amen.

Alfred Gindl, Wien

Edmund Diesler
Ein ganz wichtiger Orientierungspunkt in meinem Leben, ich bin sehr dankbar, dass ich ihn kennen lernen durfte.
Edmund Diesler