Nicky41
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Vom Holunder - eine liebliche Legende

Als der Herr den Holunder erschuf, gab er ihm eine rispenartige Blüte. Wie es aber zuging, dass heute die Blüte tellerförmig ist, dies erzählt eine liebliche Legende.

Das heilige Paar war auf der Flucht vor des grausamen Herodes wilden Knechten. Niemand von den Hirten, Jägern und Teppichhändlern, welche ihnen auf den geheimen Pfaden der Flucht begegneten, ahnten wer das fliehende Paar mit dem Kind wohl sei. Nur die Tiere, Bäume und Pflanzen am Weg wussten, dass jenes Kindlein ihr Schöpfer war, und alle freuten sich, einen Blick in das liebliche Antlitz des Gotteskindes tun zu dürfen.

Das geschäftige Volk der Bienen, hatte es da gar besonders eilig; sie flogen weit voraus und raunten es allen Blumen und Blüten zu: „Hört, merket wohl auf: eine Frau wird vorüberkommen, sie trägt in ihren Armen den Gesalbten des Herrn, den Eingeborenen des Vaters im Himmel.“

Auf diese Botschaft hin strafften sich alle Pflänzchen, schüttelten alle Blumen ihre Röckchen zurecht, dass der goldene Blütenstaub flog, und Bäumchen, Sträucher und Bäume reckten sich um die Wette.

Auch der Holunder mit seinen gelblichweißen Rispenblüten erfuhr vom Vorübergang des Gotteskindes und alle kleinen Blütensternchen wollten recht genau das holde Kind sehen, sie kamen bei dem Versuch, möglichst weit vorne zu stehen, fast ein wenig ins Geräufe und schoben und drängten sich wacker.

Und als nun wirklich das heilige Paar mit dem Gotteskindlein vorüberkam, da waren die Rispen der neugierigen Blütensternchen, große, tellerflache Blütendolden geworden. Zur unaussprechlichen Freude des Strauches ruhte die Gottesmutter mit dem Kind und Sankt Josef in seinem Schatten. Nach der Rast aber segnete Maria den freundlichen Strauch und seine neugierigen Blütchen und schenkte ihm viele heilsame Kräfte für die sieche Menschheit.

Seitdem ist nun der Holunder ein Freund der Menschen geworden, der ihre Wohnstätten schützend umfängt und zur Frühsommerzeit im Schmuck seiner tellerartigen Blütendolde prangt; der Herbst aber findet ihn im Geschmeide glänzend schwarzer, wohlschmeckender Beeren.

Ein duftender Kranz um Maria mit dem Kinde
Blumenlegenden von Ina Hertin