Frühlingsgedicht von Annette von Droste-Hülshoff

Annette von Droste-Hülshoff

Die schönste Zeit
(Annette von Droste-Hülshoff)


Der Frühling ist die schönste Zeit!
Was kann wohl schöner sein?
Da grünt und blüht es weit und breit
im goldenen Sonnenschein.

Am Berghang schmilzt der letzte Schnee,
das Bächlein rauscht zu Tal.
Es grünt die Saat, es blinkt der See
im Frühlingssonnenstrahl.

Die Lerchen singen überall,
die Amsel schlägt im Wald!
Nun kommt die liebe Nachtigall
und auch der Kuckuck bald.

Nun jauchzet alles weit und breit,
da stimmen froh wir ein:
Der Frühling ist die schönste Zeit!
Was kann wohl schöner sein?


Geboren wurde Anna Elisabeth Franzisca Adolphine Wilhelmine Louise Maria von Droste-Hülshoff – so ihr Taufname – am 12. Januar 1797 auf dem Wasserschloß Hülshoff zwischen Havixbeck und Roxel bei Münster. Wohlbehütet wuchs sie auf, für den Elementarunterricht sorgte die Mutter, später wurden verschiedene Hauslehrer eingestellt. Schon als Kind immer wieder von beständigen Krankheiten heimgesucht, begann sie früh zu schreiben, in der Hauptsache kleine Gelegenheitsgedichte und Stammbuchverse, zunächst noch ganz im Sinne biedermeierlicher Familienkultur. In Münster fand sich in dem fast fünfzig Jahre älteren Dichter und Juristen Anton Mathias Sprickmann ein erster literarischer Förderer und Ansprechpartner. Ihm stellte sie ihre frühen Projekte – das Trauerspiel Bertha oder Die Alpen (1813/14), das Ritterepos Walther (1818) und das Romanfragment Ledwina (1819) – ausführlich vor und informierte über den Fortgang der Arbeit.

Bereits 1819 hatte Droste begonnen, einen Zyklus von geistlichen Liedern auf die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres zu verfassen. Vor dem Hintergrund der existentiellen Erschütterungen im Zusammenhang mit einer gescheiterten Liebesbeziehung gerieten ihre Texte zum persönlichen Bekenntnis, in dem auch Glaubenszweifel thematisiert wurden. Veröffentlicht wurde der Zyklus erst nach ihrem Tod; er zählt heute zu den herausragenden Beispielen der geistlichen Lyrik überhaupt. 1826 zog Droste zusammen mit Mutter und Schwester um nach Haus Rüschhaus bei Münster, ehemaliger Wohnsitz des Baumeisters Johann Conrad Schlaun, der das Anwesen als Mischung aus Bauernhaus und Herrensitz konzipierte.

In den 30er Jahren unternahm Droste mehrere Reisen an den Rhein, nach Bonn und Köln, auf denen sie neue Freundschaften knüpfte. Sie beteiligte sich ausgiebig am gesellschaftlichen Leben; einmal sogar hat sie am Kölner Karneval teilgenommen. In literarischer Hinsicht beschäftigte sie sich in den 30er Jahren in oft mühevoller Kleinarbeit mit der Abfassung von Versepen, längeren Verserzählungen, die formal wie inhaltlich noch ganz dem biedermeierlichen Zeitgeschmack verpflichtet waren. Zu nennen sind hier Das Hospiz auf dem großen St. Bernhard, Des Arztes Vermächtniß und Die Schlacht in Loener Bruch. Im Jahr 1838 wurden diese Texte zusammen mit einigen wenigen anderen Gedichten im Münsterschen Aschendorff-Verlag veröffentlicht.

In der Folgezeit wurde Droste insbesondere aus dem Familienkreis zu neuen Projekten gedrängt, die sie allerdings nur halbherzig betrieb. War in den 30er Jahren Christoph Bernhard Schlüter für die Droste eine Art literarischer Gesprächspartner, so wurde dies in der Folgezeit der siebzehn Jahre jüngere Levin Schücking, Sohn der Droste-Freundin Catharina Busch. Schücking war sehr umtriebig und kannte sich im Literaturbetrieb gut aus. Mit ihm hatte Droste einen Vertrauten, der für sie Verbindungen zum zeitgenössischen Literaturbetrieb knüpfte, sie aber auch für eigene Projekte einspannte. Für den Band »Das malerische und romantische Westphalen«, den Schücking übernommen hatte, lieferte Droste innerhalb kurzer Zeit eine Reihe von Landschafts- und Ortsbeschreibungen sowie mehrere lokalbezogene historische Balladen.

Schücking war es auch, der für die Veröffentlichung ihrer Novelle Die Judenbuche. Ein Sittengemälde aus dem gebirgigten Westphalen (1842) in dem führenden Literaturblatt, dem Cottaschen Morgenblatt, sorgte. Die Judenbuche ist vieles in einem, eine Milieustudie, gleichzeitig Kriminalgeschichte, Moralerzählung; eine Geschichte, die durch ihre Mehrdeutigkeit letztlich die Wahrnehmung von Wirklichkeit grundsätzlich in Frage stellt.

Eine Phase größter poetischer Inspiration erlebte Droste im Winter 1841/42, den sie zu Besuch bei ihrer Schwester Jenny von Laßberg, inzwischen Schloßherrin auf der Meersburg am Bodensee, verbrachte. Insgesamt drei Mal bis zu ihrem Tod besuchte Droste das alte Meersburger Schloß, das zum Dreh- und Angelpunkt einer neuen Welt für sie wurde. Hier war sie ungemein schöpferisch. Neben »neuen« Texten mit lokalem Bezug, wie Am Bodensee, Das alte Schloß, Am Thurme oder Die Schenke am See brachte die Autorin viele ihrer Stoffe, z.B. Haidebilder von Zuhause mit nach Meersburg, um sie in einer freieren Atmosphäre mit leichterer Hand niederzuschreiben. Im Meersburger Winter 1841/42 entstand – auch durch den Ansporn Schückings, der sich ebenfalls auf der Meersburg aufhielt – in kurzer Zeit das Material für einen umfangreichen neuen Gedichtband, der 1844 veröffentlicht wurde und der Autorin in der literarischen Welt Aufmerksamkeit verschaffte.

Während ihres zweiten Meersburg-Aufenthalts (Sept. 1843 – Sept. 1844) fand im Mai 1844 eine Wiederbegegnung mit von Levin Schücking statt, nun in Begleitung seiner jungen Frau Louise von Gall. Droste und Schücking haben sich nach diesem Zusammentreffen nie wieder gesehen.

Im Herbst 1844 verließ Droste die Meersburg und fuhr nach Westfalen zurück. Auch nach dem zweiten Meersburg-Aufenthalt hat Droste, obwohl gesundheitlich bereits stark angegriffen, zurück in Westfalen noch eine Reihe von Gedichten fertigstellen können. Ein letztes Mal machte sie sich im Herbst 1846 nach Meersburg auf. Hier starb sie am Nachmittag des 24. Mai 1848.

Der heutige Ruhm Annette von Droste-Hülshoffs gründet sich insbesondere auf die Judenbuche sowie ihre Naturlyrik, Texte, mit denen sie weit über ihre Zeit hinausweist. Ihr dichterisches Selbstverständnis hat die Autorin einmal so formuliert: »ich mag und will jetzt nicht berühmt werden, aber nach hundert Jahren möcht ich gelesen werden.« Dies hat sie zweifellos erreicht.

Quelle: www.droste-portal.lwl.org/de/

Werke u.a.

1838 Gedichte

1842 Die Judenbuche

1844 Gedichte

1851 Das geistliche Jahr

1860 Letzte Gaben (Nachlaß)

Im Projekt Gutenberg-DE vorhanden

Bei uns zu Lande auf dem Lande (Romanfragment)

Bilder aus Westfalen

Briefe von Annette von Droste-Hülshoff und Levin Schücking

Das geistliche Jahr

Das Vermächtnis des Arztes

Das Hospiz auf dem Großen St. Bernhard (Epos)

Der Familienschild (Erzählung, geschrieben mit Levin Schücking)

Die Judenbuche

1844 (Gedichte)

Letzte Gaben (Gedichte)

Sonstige Gedichte
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Bevor es jetzt endgültig kalendarisch Sommer wird am 21 Juni, noch schnell ein Frühlingsgedicht der berühmten Dichtern Annette von Droste-Hülshoff. Gilt als altes deutsches Kulturgut.