Während ukrainische Soldaten an der Front ihr Heimatland verteidigen, werden Offizielle im Hinterland beschuldigt, den Krieg als Vorwand zu nutzen, um ihr unrechtmässig erworbenes Vermögen zu verstecken. Sie können dies tun, weil eines der wichtigsten Instrumente der Ukraine zur Korruptionsbekämpfung, das System der Vermögenserklärung, faktisch abgeschafft wurde.

Nach dem Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 verabschiedeten die ukrainischen Behörden ein Gesetz, das es den Beamten erlaubt, keine elektronischen Vermögenserklärungen abzugeben, und den öffentlichen Zugang zu allen früheren Erklärungen sperrt. Erst drei Monate nach dem Ende des Krieges - das nicht in naher Zukunft zu erwarten ist - müssen die Beamten wieder Vermögenserklärungen einreichen.

Infolgedessen ist es sehr viel schwieriger und manchmal sogar unmöglich, Korruption aufzudecken. Außerdem ist es ohne Vermögenserklärungen auch unmöglich, eine ordnungsgemäße Überprüfung von Bewerbern für staatliche Stellen durchzuführen, sagen Korruptionsbekämpfer.

Seit September 2022 haben die ukrainischen Behörden versprochen, das System der Vermögenserklärung wieder einzuführen. Das Thema ist entscheidend für die Gespräche der Ukraine über den Beitritt zur Europäischen Union und die Aufnahme von Krediten beim Internationalen Währungsfonds.

Seit vielen Monaten gibt es jedoch keine Fortschritte, und Präsident Wolodymyr Zelenski und das von seiner Partei dominierte Parlament haben es nicht eilig, das System wieder einzuführen.

"Dies wirkt sich negativ auf die Korruptionsbekämpfung aus, und es gibt keine Kontrolle über den Lebensstil der Beamten", erklärte Olena Shcherban, stellvertretende Geschäftsführerin des Antikorruptionszentrums, gegenüber dem Kyiv Independent. "Das Fehlen von Vermögenserklärungen ist ein fruchtbarer Boden für Korruption."

Das Präsidialamt reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

Einige von Zelenskys Verbündeten haben sich öffentlich für die Wiedereinführung von Vermögenserklärungen ausgesprochen. Der Präsident selbst hat sie nicht ausdrücklich unterstützt. (...)