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Chronik der Gespräche der FSSPX mit Rom!

Chronik der Gespräche mit Rom

Der Vatikan hat die Antwort der traditionalistischen Piusbrüder auf die „Lehrmäßige Erklärung“ über grundlegende Glaubenslehren der katholischen Kirche als unzureichend bezeichnet und der Bruderschaft eine Frist von 30 Tagen eingeräumt, sich neu zu erklären.

pius.info dokumentiert für Sie die wichtigsten Stationen der Beziehungen der Bruderschaft mit Rom.

1962-1965: Das Zweite Vatikanische Konzil beschließt eine Modernisierung der katholischen Kirche. Viele konservative Konzilsväter lehnen die Reformen ab; sie kritisieren unter anderem die ökumenische Öffnung, die Erklärung zur Religionsfreiheit sowie Neuerungen in der Liturgie. Doch die Phalanx der Progressisten ist zu stark: In allen wichtigen Punkten gelingt es ihnen, in die Texte Passagen einzuflechten, auf die sie später wie auf Brückenköpfe zurückgreifen können, um ihre "nouvelle théologie" (Neue Theologie) aufzubauen.

1970: Die Priesterbruderschaft St. Pius X. wurde am 1. November 1970 "kanonisch errichtet", d.h. sie wurde nach allen Regeln des Kirchenrechts als echte, vollwertige Gemeinschaft innerhalb der Kirche gegründet und anerkannt. Dies geschah durch den Bischof von Freiburg, Genf und Lausanne, Mgr. Charrière.

1974: Das erste Haus der Bruderschaft in Ecône, Wallis (Schweiz) war zugleich ihr erstes Seminar. Sofort nach der Eröffnung setzte ein bemerkenswerter Zustrom von Seminaristen ein. Mit vier Seminaristen hatte Erzbischof Lefebvre begonnen, im Jahr 1974 waren es bereits 105! Dies missfiel besonders den französischen Bischöfen, da der Großteil der Seminaristen aus Frankreich kam und Erzbischof Lefebvre sie nach den Richtlinien und Traditionen ausbildete, die bis zum II. Vatikanischen Konzil gegolten hatten, dessen Neuerungen er ablehnte.

1975: Auf Betreiben der französischen Bischöfe machte sich der päpstliche Staatssekretär, Kardinal Villot, daran, die Bruderschaft zu beseitigen. Er veranstaltete einen Scheinprozess und ließ schließlich die Bruderschaft durch den Bischof von Sitten, Mgr. Mamie, aufheben. Nun bestimmt jedoch das Kirchenrecht, dass eine kirchliche Gemeinschaft, die ordnungsgemäß kanonisch errichtet wurde, nur vom Papst selber wieder aufgehoben werden kann. Eine solche päpstliche Aufhebung der ist bis heute nicht erfolgt. Die Aufhebung von Mgr. Mamie war also rechtlich ungültig und wurde deshalb von Erzbischof Lefebvre nicht anerkannt, der fortfuhr, den Schatz der Tradition in Glaube und Liturgie zu bewahren. Daraufhin reagierte Rom mit der Strafe der "Suspension", d.h. Verbot der Ausübung seiner Ämter (v.a. Priesterweihen). Da jedoch der Grund für die Suspension (die Aufhebung) rechtlich ungültig war, war die Suspension ebenfalls ungültig und wurde von Erzbischof Lefebvre ebenso wenig anerkannt.

Es kam nun zu einem Briefwechsel zwischen Erzbischof Lefebvre und Rom, um die ganze Sache in Ordnung zu bringen. Im Laufe der Jahre wurde jedoch deutlich, dass Rom ganz offensichtlich an einer Klärung der Angelegenheit gar nicht interessiert war, sondern alles auf die lange Bank schob, wohl in der Hoffnung, dass sich die Sache von selbst erledigen würde, da Mgr. Lefebvre ja bereits alt war und irgendwann sterben musste (man nennt das die "biologische Lösung").
Mittlerweile war die Priesterbruderschaft weiter angewachsen und hatte sich weltweit ausgedehnt. Es gab inzwischen Seminare in Deutschland, Frankreich, Australien, USA und Argentinien, Schulen, Priorate, Messzentren und Kapellen überall auf der ganzen Welt, auf allen Kontinenten: Europa, Nord- und Südamerika, Afrika, Asien, Australien... Mehrere Klöster (Benediktiner, Dominikaner...) hatten sich an die Bruderschaft angeschlossen und zahlreiche Gläubige zählten sich zur "Familie der Tradition".

1987: Erzbischof Lefebvre stellt sich angesichts dieser Ausbreitung und seines zunehmenden Alters immer öfter die Frage, wie es mit diesem ganzen Werk nach seinem Tod weitergehen soll. Wer soll die Priesterweihen und Firmungen spenden? Er selbst war pausenlos unterwegs, doch seine Kräfte reichen nicht mehr. Es sind Bischöfe nötig, junge Bischöfe, und nicht nur einer, sondern mehrere. Darum verkündet er im Jahr 1987, dass er daran denke, Bischöfe zu weihen.
Nun wird man in Rom wieder aufmerksam, denn mit diesem Vorhaben Mgr. Lefebvres schien die "biologische Lösung" sehr gefährdet! Man macht ihm plötzlich sehr überraschende Angebote, um die Situation der Bruderschaft wieder in Ordnung zu bringen. Obwohl er nicht viel Hoffnungen hat, lässt sich Erzbischof Lefebvre doch auf Verhandlungen mit dem Vatikan ein. Er erreicht sogar, dass man ihm – wenn auch widerwillig – schließlich einen Bischof zugestehen will. Als er allerdings einen genauen Termin für die Weihe haben will, fängt man an, ihn hinzuhalten. Erzbischof Lefebvre merkte, dass man wiederum nur taktiert, um Zeit zu gewinnen. Also immer noch die Hoffnung auf die "biologische Lösung" und keine ernste Absicht, zu einer wirklichen Lösung zu gelangen. Er zieht seine Unterschrift zurück.

1988: Am 30. Juni 1988 weiht Erzbischof Marcel Lefebvre vier Priester zu Weihbischöfen und sichert durch dies Tat das Überleben des traditionellen Priestertums und der überlieferten Liturgie. Aufgrund dieser Bischofsweihen wird über Erzbischof Lefebvre und die neugeweihten Bischöfe die Strafe der "Exkommunikation" ausgesprochen. Erst über zwanzig Jahre später (2009) wird Rom dieses ungerechte Dekret zurücknehmen.

1991: Erzbischof Lefebvre stirbt am 25. März 1991, sein Werk, die Priesterbruderschaft St. Pius X., besteht fort.

2000: Anfang August ziehen rund 5.000 Anhänger der Priesterbruderschaft unter Bischof Fellays Führung in den Petersdom und beten dort. Am Jahresende später wird Fellay vom Papst im Vatikan empfangen.

2005: Bischof Fellay begrüßt die Wahl von Kardinal Ratzinger zum Papst als „Hoffnungsschimmer“. Ende August wird Bischof Fellay von Benedikt XVI. in Audienz empfangen. In dem Gespräch zeigte sich laut Vatikan der „Wunsch, zu einer vollkommenen Gemeinschaft zu gelangen“.

Juli 2007: Benedikt XVI. erlaubt in dem Schreiben „Summorum pontificum“, dass überall Messen nach dem Ritus von 1962 gefeiert werden dürfen. Dieser heißt nun „außerordentliche Form des römischen Ritus“.

15. Dezember 2008: In einem Schreiben an „Ecclesia Dei“ bittet Fellay im Namen der vier Bischöfe um die Rücknahme der Exkommunikation. Er sichert die Anerkennung des päpstlichen Primats und die Annahme der Lehren des Papstes zu.

21. Januar 2009: Per Dekret hebt die Bischofskongregation die Exkommunikation der vier Bischöfe Bernard Fellay, Alfonso de Gallareta, Bernard Tissier de Mallerais und Richard Williamson auf.

24. Januar 2009: Der Vatikan teilt die Rücknahme der Exkommunikation förmlich mit. Fast zeitgleich wird ein schwedisches TV-Interview bekannt, in dem Williamson die Existenz von Gaskammern verneint.

10. März 2009: Benedikt XVI. schreibt an alle Bischöfe der Weltkirche. Darin räumt er handwerkliche Fehler der Kurie in der Williamson-Affäre ein; zugleich bekräftigt er seine Absicht, die Piusbruderschaft wieder in die katholische Kirche eingliedern zu wollen..

8. Juli 2009: Benedikt XVI. bindet die Kommission „Ecclesia Dei“ eng an die Glaubenskongregation und lädt die Piusbruderschaft zu regelmäßigen Gesprächen über Lehrfragen nach Rom ein. Die Entscheidung über die Ergebnisse bleibt dem Papst vorbehalten.

26. Oktober 2009: Am Sitz der Glaubenskongregation in Rom beginnen die theologischen Gespräche in einer „herzlichen, respektvollen und konstruktiven Atmosphäre“. Für den Heiligen Stuhl nehmen Vertreter der Glaubenskongregation sowie der Kommission „Ecclesia Dei“ teil. Etwa zehn weitere Treffen folgen.

v.l.n.r. Pater Niklaus Pfluger, Mons. Pozzo, Bischof Fellay, Pater Nélly

Zu den Gesprächen lesen Sie das Interview mit Bischof Fellay

14. September 2011: Der Vatikan legt der Leitung der Piusbruderschaft eine „Lehrmäßige Erklärung“ über grundlegende Glaubenslehren der katholischen Kirche zur Unterzeichnung vor. Falls die Bruderschaft zustimme, könnten Gespräche zu rechtlichen und strukturellen Fragen einer Integration aufgenommen werden.

7. Oktober 2011: Am Fest der Rosenkranzkönigin beginnt die Tagung der Oberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Albano (bei Rom). Die 30 Priester beraten über die von Rom überreichte "Lehrmäßige Erklärung".
12. Dez. 2011: Pater Franz Schmidberger überreicht im Auftrag von Bischof Fellay die Antwort auf die "Lehrmäßige Erklärung".

Jan. 2012: Bischof Fellay lässt der Glaubenskongregation ein weiteres, erläuterndes Schreiben zukommen.

Feb. 2012: Aufgrund einer Predigt von Bischof Fellay vom 2. Feb. 2012 in Winona (USA) bezeichnen einige Medien in Deutschland die Gespräche vorschnell als "gescheitert". Bischof Fellay thematisierte jedoch in der Predigt nicht das grundsätzliche Verhältnis zu Rom, sondern die Frage, wie die "Lehrmäßige Erklärung" zu bewerten sei.

16. März 2012: Der Generalobere trifft sich mit dem Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada. Das Angebot der Bruderschaft reiche „nicht aus, um die lehrmäßigen Probleme zu überwinden“, so die schriftliche Antwort des Kardinals. Rom erwartet in einem Monat eine neuerliche Erklärung der Piusbruderschaft.

25. März: In Deutschland wird für die Gläubigen eine Kanzelverkündigung bezüglich der Gespräche mit Rom verlesen. Sie werden den Text morgen auf pius.info finden.

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