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Matthias J. Scheeben - Über die kirchliche Glaubensregel

Vorbemerkung:
Scheeben (1835- 1888) ist neben Johann Adam Möhler der bedeutendste deutsche Theologe des 19. Jahrhunderts. Bahnbrechend ist seine theologische Erkenntnislehre, darunter von besonderer Aktualität seine Ausführungen über die kirchliche Glaubensregel. Sie sind seinem "Handbuch der katholischen Dogmatik" entnommen, Erstes Buch: "Theologische Erkenntnislehre":
Fünftes Hauptstück: "Die Geltendmachung des Wortes Gottes durch den Lehrapostolat oder die kirchliche Regelung des Glaubens und der theologischen Erkenntnis"


§ 28: "Die kirchliche Glaubensregel im allgemeinen und speziell aktiven Sinne".
397 I. Der Idee und Würde der christlichen Offenbarung gemäß ist das Wort Gottes nicht bloß deshalb bei der Kirche hinterlegt, damit es in ihr und durch sie überhaupt erhalten, fortgepflanzt und bezeugt werde, und damit die Glieder der Kirche es in oder bei ihr als ein objektiv und lebendig vorliegendes erfahren und erkennen und demgemäß es gläubig anerkennen und sich aneignen können. Es soll vielmehr in der Kirche so geltend gemacht werden, daß alle Glieder derselben zum gehorsamen, einträchtigen und gemeinschaftlichen Festhalten seines Inhaltes in dessen ganzer Reinheit, Fülle und Kraft verpflichtet und angehalten werden, daß es folglich als öffentliches, soziales Gesetz oder Regel des Glaubens und Denkens vorgeschrieben und durchgeführt werde und die ganze kirchliche Gemeinschaft beherrsche und durchherrsche.

398 II. Im Prinzip gegeben ist das Glaubensgesetz für die Kirche durch die göttliche Offenbarung selbst und die von den Aposteln vollzogene Promulgation derselben. Aber als aktuell geltendes und effektiv wirksames öffentliches Gesetz kann es nur bestehen durch die dauernde Promulgation und Handhabung desselben von seiten des fortlebenden Lehrapostolates, welcher in seiner Lehrgewalt die Macht besitzt, von allen Gliedern der Kirche den gehorsamen Glauben an die durch ihn bezeugte Offenbarung in dem von ihm zu erklärenden Sinne und in der von ihm zu entwickelnden Tragweite autoritativ zu fordern und so alle in vollkommener Einheit der Erkenntnis untereinander und mit sich selbst zu verbinden. Wie demnach das Wort Gottes selbst in seiner ursprünglichen Promulgation durch die Apostel die ursprüngliche, aber zugleich noch erst entfernte Regel bildet: so ist die stete promulgierende Aktion des Lehrapostolates vermöge seiner Lehrgewalt die nächste und unmittelbare Regel des allgemein in der Kirche festzuhaltenden oder des katholischen Glaubens, oder auch schlechthin die katholische Glaubensregel.

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Benedikt XVI. - Die Kirchenkrise aufgrund der Ignoranz ggü. lehramtlichen Dokumenten