Josefa Menendez
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ANNA KATHARINA EMMERICH - DIE BESCHNEIDUNG CHRISTI. DER NAME JESUS.

ANNA KATHARINA EMMERICH -

DIE BESCHNEIDUNG CHRISTI. DER NAME JESUS.
ZUDRINGLICHE BETTLER AN DER HÖHLE


Sonntag, den 2. Dezember.

Sie erwähnt nicht, ob die Priester nach dem gestrigen Mahle nochmals zur Stadt gekehrt und erst gegen Morgen wiedergekommen sind, auch vergaß sie zu bestimmen, ob sie an der Krippenhöhle oder in der Nähe geruht, sondern sie sagte nur:

Es waren Lampen in der Höhle angezündet, und ich sah sie in der Nacht noch viel beten und singen. Die Beschneidung geschah mit Tagesanbruch, acht Tage nach der Geburt des Herrn.
— Die heilige Jungfrau war betrübt und bang. Sie hatte die Tüchlein, das Blut zu empfangen und das Kind zu verbinden, selbst bereitet und in einer Falte ihres Mantels vor der Brust bewahrt. — Der achteckige Stein wurde von den Priestern unter Gebeten und Zeremonien rot und weiß darüber bedeckt, und als nun der eine Priester in dem Stuhle mehr lehnte als saß, reichte die heilige Jungfrau, welche verschleiert im Hintergrund der Höhle das Jesuskind auf den Armen hatte, dieses der Magd nebst den Verbandtüchlein. Von der Magd empfing es der heilige Joseph und übergab es der Wartfrau, die mit den Priestern gekommen war. Diese legte das mit einem Schleier bedeckte Jesulein auf die Decke des achteckigen Steines.

Es ward noch gebetet, dann wickelte die Frau das Kind auf und gab es dem sitzenden Priester in den Schoß. Der heilige Joseph beugte sich über die Schultern des Priesters nieder und hielt den Oberleib des Kindes. Zwei Priester knieten links und rechts, jeder ein Füßchen des Kindes haltend, der, welcher die heilige Handlung verrichtete, kniete vor dem Kinde. Die Platte war von dem achteckigen Stein losgedeckt, die drei Büchsen mit Wundwassern und Salbe standen zur Hand. Der Stiel und die Klinge des Messers waren von Stein. Der braune glatte Stiel hatte eine Falze, in welche die Klinge sich einlegen ließ; diese von der gelblichen Farbe roher Seide schien mir nicht scharf. "— Der Schnitt geschah mit der hakenförmigen Spitze des Messers, welches geöffnet wohl eine starke Spanne lang war. Der Priester verwundete das Kind auch noch mit dem scharfen Nagel seines Fingers, saugte die Wunde aus und betupfte sie mit Wundwassern und irgendeinem Linderungsmittel aus den Büchsen. — Das Abgetrennte legte er zwischen zwei rötlichbraun glänzende runde Plättchen, die in der Mitte etwas ausgehöhlt waren. Es war wie eine ganz flache Büchse von einem kostbaren Stoff und wurde der heiligen Jungfrau übergeben.

Die Wartefrau empfing nun das Kind, verband es und wickelte es wieder in seine Hüllen. Es war rot und weiß darüber bis unter die Ärmchen gewickelt gewesen, jetzt wurden ihm auch die Ärmchen eingebunden, und der Schleier, der über sein Köpfchen gedeckt war, wurde als eine Hülle um dasselbe gewickelt. So wurde es wieder auf den bedeckten achteckigen Stein gelegt und noch über es gebetet.

Ob ich gleich weiß, daß der Engel zu Joseph gesagt hatte, das Kind solle Jesus heißen, so habe ich doch die Erinnerung, daß der Priester diesen Namen nicht gleich billigte und deswegen betete. — Da sah ich einen leuchtenden Engel vor dem Priester erscheinen und ihm den Namen Jesus auf einer Tafel, gleich jener über dem Kreuze, vorhalten. — Ich weiß nicht, ob er oder ein anderer Priester diesen Engel, so wie ich sah, aber ich sah, daß er in großer Erschütterung diesen Namen aus göttlicher Eingebung auf ein Pergament schrieb.

Das Jesuskind weinte laut nach der heiligen Handlung, und ich sah nun, daß es der heilige Joseph zurückerhielt und der heiligen Jungfrau, die im Hintergrund der Krippenhöhle mit zwei Frauen gestanden, in die Arme legte. Sie nahm es unter Tränen, zog sich in den Winkel der Krippe zurück, setzte sich verschleiert nieder und beruhigte das weinende Jesuskind, indem sie ihm die Brust gab. — Auch die mit Blut befleckten Tüchlein reichte ihr Joseph, die Wartefrau bewahrte die blutigen Fasern. Es ward noch gebetet und gesungen, die Lampe brannte noch, es brach nun der Tag an.

Nach einer Weile trat die heilige Jungfrau selbst mit dem Kinde hervor und legte es auf den achteckigen Stein nieder, und die Priester reichten ihr über dem Kinde gekreuzt die Hände, worauf sie sich mit demselben zurückzog.

Ehe die Priester sich mit dem Geräte fortbegaben, nahmen sie noch mit Joseph und ein paar Hirten, die im Eingang der Höhle gestanden, einen Imbiß in der Laube ein. Ich habe auch erkannt, daß alle, welche bei der heiligen Handlung gewesen, gute Leute waren, und daß die Priester später erleuchtet zum Heile gekommen sind. Es wurde noch während dem ganzen Morgen an Arme, die zur Türe kamen, reichlich ausgeteilt. — Der Esel ist während dieser Feierlichkeit weiter zurückgebunden gestanden.

Es zog heute noch viel schmutziges braunes Bettelgesindel mit Bündeln, vom Tale der Hirten herkommend, an der Krippenhöhle vorbei. Sie schienen nach Jerusalem auf ein Fest zu wollen. Sie begehrten so ungestüm und fluchten und schimpften so greulich an der Krippe, weil ihnen die Gabe Josephs nicht genügte. Ich weiß nicht, was es mit diesen Leuten war, sie waren mir sehr zuwider.

Heute, während des Tages, kam die Verbinderin nochmals zu der heiligen Jungfrau und verband das Jesuskind. In der folgenden Nacht sah ich das Kindlein oft unruhig vor Schmerz, es weinte viel. Maria und Joseph nahmen es abwechselnd auf die Arme und trugen es tröstend umher.

ELISABETH KOMMT ZUR KRIPPE. WIEGENGESTELL DES JESUSKINDES
MONTAG, DEN 3. DEZEMBER.
Heute Abend sah ich Elisabeth auf einem Esel, den ein alter Knecht führte, von Juta, an der Krippenhöhle, ankommen. Joseph empfing sie sehr freundlich, und ihre und Marias Freude, als sie sich umarmten, war ungemein groß. Sie drückte das Jesuskind unter Tränen an ihr Herz. Ihr Lager wurde ihr neben Jesu Geburtsstelle zugerüstet.

Vor dieser Stelle stand jetzt manchmal ein höheres Gestell, wie eine Art Sägebock, auf dem ein Kästchen ruhte, in welches sie das Jesuskind öfters legten und liebkosend und betend umherstanden. Es muß das bei Kindern so üblich gewesen sein, denn ich habe auch schon bei Mutter Anna das Kind Maria auf einem ähnlichen Gestelle ruhen sehen. Elisabeth und Maria unterhielten sich in süßer Vertraulichkeit.

VERTRAULICHKEIT ZWISCHEN DER HEILIGEN JUNGFRAU UND ELISABETH.
- DIE HEILIGE JUNGFRAU TEILT IHR IHRE SCHMERZEN UND FREUDEN MIT.
- MARIA VERBIRGT SICH WIEDER VOR DEM BESUCH.


Dienstag, den 4. Dezember.

Gestern Abend schon und heute unter Tags sah ich Maria und Elisabeth in süßem Gespräche beisammensitzen, und ich fühlte mich auch bei ihnen und hörte allen ihren Reden mit inniger Freude zu. -— Die heilige Jungfrau erzählte ihr alles, was ihr bis jetzt begegnet war, und da sie ihre Not um ein Unterkommen in Bethlehem mitteilte, weinte Elisabeth herzlich.

Sie erzählte ihr auch vieles, was sich auf die Geburt des Jesuskindes bezog, und ich erinnere mich noch einiges davon. Sie sagte, in der Stunde der Verkündigung sei sie 10 Minuten abwesenden Geistes in dem Gefühle gewesen, als verdopple sich ihr Herz und als sei sie mit unaussprechlichem Heile erfüllt. In der Stunde der Geburt sei sie voll von unendlicher Sehnsucht in dem Gefühle entzückt gewesen, als werde sie kniend von Engeln emporgetragen, da habe sie gefühlt, als trenne sich ihr Herz auseinander und dessen eine Hälfte scheide von ihr. Zehn Minuten sei sie so bewußtlos gewesen und dann mit dem Gefühle innerer Leerheit und einer großen Sehnsucht nach einem unendlichen Heile außer ihr, das sie sonst immer in sich selbst empfunden, habe sie einen Glanz vor sich erblickt und als wachse in demselben die Gestalt ihres Kindes vor ihren Augen. Nun habe sie seine Bewegung gesehen, sein Weinen gehört und habe es, sich besinnend, von der Decke auf an ihre Brust genommen, denn anfangs habe sie wie im Traum gezagt, das von Glanz umleuchtete Kindlein aufzufassen.
— Auch sagte sie, daß sie sich nicht bewußt sei, das Kindlein von sich getrennt zu haben. Elisabeth sagte zu ihr: „Du hast begnadigter geboren als andere Frauen, die Geburt Johannes war auch süß, aber sie war anders als die deinige." — Das ist, was ich mich noch von ihrem Reden entsinne.

Ich sah heute noch mancherlei Leute, die heilige Jungfrau und das Christkind besuchen. Auch sah ich noch mehrmals solch unartiges Gesindel vorüberziehend an der Türe begehrend ansprechen, schimpfen und fluchen. Joseph reichte ihnen keine Gabe mehr.

Gegen Abend verbarg sich Maria mit dem Jesuskinde und Elisabeth abermals in der Seitenhöhle neben der Krippe, und ich meine, sie blieben die ganze Nacht dort. Es geschah dieses, weil allerlei neugierige vornehme Leute sich aus Bethlehem zur Krippe drängten. Sie wollte sich nicht von ihnen sehen lassen.

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