Elista
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Nahrungskrise: Grüne Agrarpolitik vor moralischem Bankrott

© IMAGO/photothek/Felix Zahn Grüne Spitzenpolitiker: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Außenministerin Annalena Baerbock. Während die Außen- und Wirtschaftspolitik der Grünen realistischer geworden ist, bleibt die Agrarpolitik von alter Ideologie geprägt.

Während weltweit immer mehr Stimmen vor einer Nahrungskrise warnen, schaffen es die Grünen nicht, sich zu einer starken Agrarproduktion in Deutschland zu bekennen. Wider besseres Wissen. Ein Kommentar, warum die Partei in der Agrarpolitik vor dem moralischen Bankrott steht.
Viele fundamentale Positionen haben Bündnis 90 - Die Grünen in jüngster Vergangenheit aufgegeben: Die Aufrüstung Deutschlands, Waffenlieferungen an die Ukraine sowie ein Votum für den Import von Flüssig-Erdgas, das aus hierzulande nicht erlaubtem Fracking gewonnen wird. Sogar beim zentralen Thema Klimaschutz zeigen die Grünen Nachgiebigkeit: Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags sagte Robert Habeck, dass Deutschland damit auf 1,5-Grad-Pfad sei – eine Einschätzung, die nicht nur von Klimaaktivisten, sondern auch von manchen Wissenschaftlern hinterfragt wird.

Eisern halten die Grünen jedoch an ihrer letzten ideologischen Bastion fest, der Agrarpolitik. Obwohl beispielsweise der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, anlässlich des Ukraine-Kriegs vor einer Nahrungskrise, einem „Wirbelsturm des Hungers“ warnt, können sich die Grünen maximal dazu durchringen, Exportstopps anderer Länder zu verurteilen. Frei nach dem Motto: Die anderen sollen produzieren, wie, ist uns egal. So warf der Grünen-Europapolitiker Martin Häusling erst vor wenigen Tagen Wladimir Putin vor, Getreide als Waffe einzusetzen. Doch die Lösung Häuslings – wie auch von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir – ist es nicht, die heimische agrarische Produktion effizienter zu machen. Stattdessen wollen sie die deutsche Tierhaltung zurückfahren, damit weniger Getreide in Trögen landet.
Warum ist die Teller-Trog-Diskussion wirtschaftlich falsch?
Wenn die Grünen jetzt eine Teller-gegen-Trog-Diskussion anstoßen, dann verkennt das sowohl die wirtschaftliche als auch die ökologische Realität. Fakt ist, dass Futtergetreide für Tiere nicht 1:1 als Brotgetreide verwendet werden kann. Auch lässt sich nicht überall Qualitätsweizen anbauen. Sollen diese Flächen aus der Produktion genommen werden? Vom Grünland ganz zu schweigen, das erst durch die Nutzung in Rindermägen wertvoll wird. Außerdem werden Tiere auch mit Koppelprodukten ernährt, etwa Rapsschrot oder Sonnenblumen-Presskuchen. Diese fallen bei der Produktion von genau den Speiseölen an, die in den Supermärkten momentan Mangelware sind.
Warum ist die Teller-Trog-Diskussion ökologisch falsch?
Die Bäuerinnen und Bauern in Deutschland können zur gleichen Zeit für Teller, Trog und Tank produzieren und außerdem die Umwelt schützen. Das hat diese Woche unter anderem das Umweltbundesamt bestätigt. Dessen Untersuchung der Treibhausgasemissionen für 2021 zeigt, dass die Landwirtschaft im vergangenen Jahr nicht nur weniger Treibhausgase ausgestoßen, sondern auch ihr Emissionsziel um 7 Mio. t CO2 unterschritten hat.
Gleichzeitig hat Niedersachsen den Überschuss beim Einsatz von Nitrat in der Landwirtschaft komplett abgebaut. Das haben die Landwirte dort zu einer Zeit geschafft, wo die Grünen der EU-Kommission schon bundesweit beträchtliche Verschärfungen beim Einsatz von Düngemitteln im Rahmen einer Ausweitung der roten Gebiete versprochen haben.
Gibt es keinen Hunger mehr, wenn die Tierhaltung abgeschafft ist?
Würden alle Flächen, die heute für Tiernahrung genutzt werden, auf Ackerbau umgestellt, wäre das eine ökologische Katastrophe: Grünlandumbruch setzt Treibhausgase frei, schlechte Böden müssten umso intensiver bewirtschaftet werden und würden doch nie den gleichen Ertrag bringen, wie gute Böden. Gülle gäbe es dann kaum noch, also müsste mehr Mineraldünger eingesetzt werden, der bei der Produktion auch wieder Treibhausgase erzeugt - und das noch dazu mitten in einer globalen Düngerkrise.
Als die Menschen vor Jahrtausenden mit der Nutztierhaltung begonnen haben, taten sie es nicht, damit sie weniger zu essen haben. Sie wollten mehr zu essen haben. Nutztiere schließen Kreisläufe, die Menschen allein nicht schließen können. Natürlich braucht es eine Weiterentwicklung der Nutztierhaltung bei uns. Doch auch hier haben die Grünen noch keinen konkreten Vorschlag gemacht. Die zumindest vorübergehende Abstockung der Tierhaltung, wie sie jüngst der Bund für Ökologische Lebensmittelwirtschaft fordert, haben wir bereits: Durch eine schwache Bekämpfung der afrikanischen Schweinepest, durch die Folgen der Corona-Krise und vor allem durch eine Perspektivlosigkeit, mit der die Politik die Tierhalter alleine lässt.
Moralischer Bankrott droht auch gegenüber Tierhaltern
Die Nutztierhalter in Deutschland sind seit geraumer Zeit massiv gebeutelt. An vielen Problemen sollen sie schuld sein, vom Klimawandel bis aktuell zum Hunger auf der Welt. Dabei leiden sie nicht nur unter wirtschaftlicher Unsicherheit, sondern zunehmend auch unter Problemen durch Futterknappheit - vor allem in der ökologischen Nutztierhaltung. „Solidarität sichern“ steht im Wahlprogramm der Grünen als eine Überschrift. Wo ist die Solidarität mit den Nutztierhaltern, die vor allem eine Perspektive wollen, wie es für sie weitergeht? Einem Wirtschaftszweig Teile seines Existenzrechts abzusprechen ist keine Politik der Versöhnung, sondern des Ausschließens.
Es braucht Realpolitik auch in der Nutztierhaltung
Es geht nicht darum, den Umweltschutz aufzuweichen, denn auch der Klimawandel ist für Hunger auf der Welt verantwortlich. Es geht darum ehrlich zu bekennen, welche Rolle die deutsche Landwirtschaft, eine der modernsten Landwirtschaften der ganzen Erde, angesichts einer nahenden globalen Nahrungskrise spielen soll. Hier sind es die Grünen, die sich momentan hinter alten Sprechzetteln verstecken und damit geradewegs auf den moralischen Bankrott zusteuern. Die Realpolitik, die bei den Grünen gerade Einzug hält, braucht es dringend auch in der Agrarpolitik.

Nahrungskrise: Grüne Agrarpolitik vor moralischem Bankrott
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"Eisern halten die Grünen jedoch an ihrer letzten ideologischen Bastion fest, der Agrarpolitik. Obwohl beispielsweise der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, anlässlich des Ukraine-Kriegs vor einer Nahrungskrise, einem „Wirbelsturm des Hungers“ warnt, können sich die Grünen maximal dazu durchringen, Exportstopps anderer Länder zu verurteilen. Frei nach dem Motto: Die anderen …Mehr
"Eisern halten die Grünen jedoch an ihrer letzten ideologischen Bastion fest, der Agrarpolitik. Obwohl beispielsweise der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, anlässlich des Ukraine-Kriegs vor einer Nahrungskrise, einem „Wirbelsturm des Hungers“ warnt, können sich die Grünen maximal dazu durchringen, Exportstopps anderer Länder zu verurteilen. Frei nach dem Motto: Die anderen sollen produzieren, wie, ist uns egal."