Von der Hingabe seiner selbst an Gott (Nr. 43 )

Von der Hingabe seiner Selbst an Gott

Pater Jean-Nicolas Grou SJ

Kennzeichen der wahren Frömmigkeit.

Zehnte Eigenschaft:
Die wahre Andacht ist endlich rein, einfach, gerade. Das alles ist Eins und bezieht sich auf die Absicht, von der aller Wert der anderen abhängt. Die Reinheit der Absicht ist das Streben einzig auf Gott, fern von jeder Rücksicht auf sich selbst. Ist die Absicht nicht rein, so ist sie nicht schon deshalb auch böse, aber jedenfalls nicht vollkommen. Um also die Absicht zu reinigen, muß man sehr darauf achthaben, und nicht bloß den bösen, sondern auch den unvollkommenen Absichten den Eingang wehren. Das Unvollkommene der Absicht aber erkennen wir nur, wenn wir in der Selbsterforschung fortschreiten und in göttlicher Erleuchtung zunehmen.

Die Erleuchtung mehrt Gott nur langsam, wenn Er sieht, daß wir davon guten Gebrauch machen; Er richtet sie ein nach unseren gegenwärtigen Bedürfnissen und nach dem Grade der Reinheit, die Er von uns fordert. Durch sie erkennt man dann in seinen Absichten Unvollkommenheiten, an die man sonst gar nie gedacht hätte und die Gott selbst uns verborgen hat. Denn welcher Anfänger könnte den Anblick seiner Handlungen ertragen, auch die besten, wenn Gott sie zeigen würde, so, wie Er sie sieht? Er würde gänzlich entmutigt. Man braucht sich also mit der Erforschung seiner Absicht nicht ängstlich zu quälen, sondern bloß die Erleuchtung zu benutzen, die Gott gibt. Die Reinheit der Absicht ist das Maß der Heiligkeit, angemessen dem Grade der Erleuchtung, die Gott uns gibt, und der Treue, die wir haben. In der Tat betrachtet Gott nicht unsere Handlungen an sich, sondern ihre Beweggründe, von denen sie ihr ganzes Verdienst bekommen.

Die Einfalt und die Geradheit ist ein und dasselbe, wie die Reinheit der Absicht. Die Seele ist einfältig, wenn sie nur einer Richtschnur folgt, gerade, wenn sie immer in gerader Linie, auf dem kürzesten Wege nach dem Mittelpunkt strebt. Sie weicht aber davon ab, wenn sie, statt auf Gott zu streben, sich auf sich selbst zurückwendet und zurückkommt, dadurch verliert sie die vollkommene Geradheit, obgleich die Geradheit erst in der Todsünde gänzlich verloren geht.

ENDE