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Mutter Agnes Mariam vom Kreuz über die Lage in Syrien im Interview mit dem irischen Sender RTE / August 2012 Die Karmelitin Agnes Mariam vom Kreuz ist die Mutter Oberin des ursprünglich melkitisch-…Mehr
Mutter Agnes Mariam vom Kreuz über die Lage in Syrien im Interview mit dem irischen Sender RTE / August 2012

Die Karmelitin Agnes Mariam vom Kreuz ist die Mutter Oberin des ursprünglich melkitisch-griechisch-katholischen Klosters "St.Jakobus" in Qara / Syrien, welches sie wiederaufgebaut hat.
Sie fordert die Regierungen des Westens auf, die Unterstützung bewaffneter Rebellengruppen zu stoppen und das syrische Volk in Ruhe zu lassen:

Es ist ein Leben der Angst, der Unsicherheit und des Mangels an Zukunftsperspektive. Wir sind gespalten wie von einer Art von Krebs. In jedem Gebiet haben wir bewaffnete Leute, die kommen und die Zivilbevölkerung zwingen sich ihren Befehlen unterzuordnen. Sie wollen das gesellschaftliche Leben lähmen. Es gibt keine Geschäfte mehr. Wenn man etwas braucht, findet man keine Arbeiter und natürlich gibt es keine Nahrungsmittel. Ein Mangel an Nahrung, Brennstoffen, Elektrizität und dann diese Angst, daß man nie weiß, wann man an der Reihe ist, als Kollaborateur angesehen zu werden. Wir glauben immer mehr, daß etwas falsch läuft in der allgemeinen Ausrichtung dieses sogenannten Strebens nach Freiheit und Demokratie.

Ich bin nicht syrisch, aber ich lebe seit fast 20 Jahren in Syrien. In Syrien war eine Art von totalitärer Herrschaft. Aber nicht in einer unterdrückenden Weise, sondern es war so daß die Entscheidungen von wenigen Personen getroffen wurden. Aber es gab Sicherheit, es gab Nahrungsmittel, Erziehung. Sicherlich lebten die Leute so, daß sie nicht laut gesagt haben, was sie sich dachten.
Dieser Totalitarismus ist nicht gut und überholt, aber wenn ein bewaffneter Aufstand einen neuen Totaltitarismus einführt, der schlimmer ist, weil er blutig ist, weil sie die Menschen enthaupten, weil.....letzte Woche haben sie in unserem Dorf die Finger eines sogenannten Kollaborateurs abgeschnitten, der von dem Dorft stammt. Dann haben sie ihn enthauptet, in Stücke gehackt und auf der Straße liegengelassen, wo auch die Kinder das sahen.
Diese Art von Gräueltaten können den Menschen nicht helfen zu glauben, daß das was passiert, ein Streben nach Freiheit ist.

Die Mehrheit der syrischen Bevölkerung ist als Geisel genommen und manchmal als Werkzeug und Mittel von diesen bewaffneten Aufständischen. Sie kommen und lassen sich in zivilen Gebieten nieder. Warum? Warum machen sie ihren Kampf nicht ...wir haben viel Wüste! Es ist gegen die internationalen Gesetze. Aber was uns wirklich empört und Schmerz bereitet ist, daß die westliche Welt scheinbar diese gewalttägen Gruppen unterstützt nur um die Regierung zu stürzen. Wir sind gegen Gewalt und wir sind dagegen Gewalt zu rechtfertigen. Man kann nicht sagen: "Dieser Mann tötet einen anderen und er hat das Recht dazu." Noch dazu wenn dadurch eine ganze Zivilbevölkerung die neutral war in echte Gefahr gebracht wird und schreckliche Kollateralschäden verursacht werden. Das ist was in Aleppo geschieht.

Wir sind verantwortlich - und wenn wir nicht heute zur Verantwortung gezogen werden......sind wir doch vor der Geschichte verantwortlich. Einmal wird all diese Grausamkeit ans Licht kommen. Wenn man sehen wird, daß da eine Famile ist, deren Tochter mißbraucht worden ist - oder ich habe von kollektivem Mißbrauch gehört - ...wo der Sohn enthauptet wurde, der Vater entführt worden ist. Wissen Sie, da sind Tausende von denen man nicht weiß wo sie sind, weil sie entführt wurden. Manchmal sind es Banditen. Sie sagen: "Wir sind in der Revolution." Aber sie sind Banditen, Mafiosi, die kommen zu rauben.
Andere haben sektiererisch motivierten Hass. Sie entführen jemanden, weil er Alewit ist oder einen anderen, weil er ein moderater Moslem ist. Es ist eine Verwirrung, ein Chaos. Und was uns wirklich Kummer macht ist, daß die internationale Gemeinschaft sich paradox verhält.
Auf der einen Seite sagen sie auf heuchlerische Weise: "Wir wollen Frieden, wir wollen die Bevölkerung beschützen." Sie wollen sogar auf militärische Weise eingreifen, wie in anderen Ländern. Aber auf der anderen Seite finanzieren sie und senden militärische Berater und Waffen an Rebellen von denen man wirklich nicht weiß, woher sie kommen.

Wir arbeiten mit unseren religiösen Führern, mit muslimischen religiösen Führern, mit Pazifisten und auch mit Familien- und Stammesführern um einen dritten Weg vorzuschlagen.
Der dritte Weg ist ein Weg der Gewaltlosigkeit, aber wirklicher Gewaltlosigkeit.
Wenn es keine Agriffe und Aggressionen gibt, gibt es keine Motivation für Unterdrückung.

Zweitens: die Zivilgesellschaft in Syrien ist erschüttert.
Wir fordern Menschenrechte. Nicht nur Menschenrechte für Rebellen, sondern Menschenrechte für die normalen Bürger, die zwischen den Kämpfen aufgerieben werden.

Und wir fragen auch, warum werde die Kämpfe in zivilen Gebieten ausgetragen?
Z.B. in Aleppo - diese Leute kamen von außen.
Ich habe mit Prälaten gesprochen, ich habe mit Familien gesprochen.....sie wissen nicht, wer diese Rebellen sind. Sie sind Ausländer.
Entweder sie kommen von nördlichen Dörfern, von Idlib oder vom Norden der Provinz Aleppo. Oder sie kommen vom Ausland.
Was machen sie in Aleppo und warum? Warum werden sie finanziert und unterstützt mit Waffen?
Und warum mischen sie sich unter die Zivilbevölkerung und dann behaupten sie die Armee bombardiert zivile Gebiete? Bitte geht nicht in die zivilen Gebiete, geht nicht in Wohngebiete! Geht in die Wüste, wenn ihr euren Krieg machen wollt!
Es ist gegen die Menschenrechte und gegen die Genfer Konvention.

Ich möchte allen, die auf mich schauen sagen:
Ich bin eine Christin und ich glaube an Gott, ich glaube an Jesus Christus.
Gewaltlosigkeit ist der beste Weg zu bekommen, was wir wollen: die Gewaltlosigkeit.
In allen guten Revolutionen, schauen sie auf Gandhi, schauen sie auf Nelson Mandela. Sogar wenn sie auf Irland schauen: Wenn man die Gewalt stoppen kann, wann man in einen Weg des Dialoges eintreten kann, den anderen akzeptiert - manchmal muß man die eigenen Interessen vergessen....man kann nicht alles bekommen - dann können wir zu einer gemeinsamen Grundlage kommen. Dann können wir ein neues soziales Abkommen vereinbaren.

Und ich möchte auch bitten: Laßt das syrische Volk in Ruhe! Laßt die syrischen Menschen alleine! Laßt uns in Ruhe! Ihr bringt nichts als Tod, Angst, Chaos, Instabilität mit euren großen Erklärungen mit euren großen Vereinigungen und auch mit euren großen Mächten. Laßt die syrischen Menschen alleine. Genug ist genug!
Hört auf Waffen zu schicken an Rebellen, die ihr von ich weiß nicht woher bringt.
Wir weinen auch, denn diese Menschen haben eine Mutter, einen Vater, sie sind menschliche Wesen und manchmal wissen sie nicht was vorgeht und sie glauben, durch den Kampf in Syrien oder dort, wo sie kämpfen, wird sich für sie der Himmel und das Paradies öffnen. Und so werden sie benutzt.