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Biografie des Herrn Senestrey von Paul Mai

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Senestréy, Ignatius von
* 1818 in Bärnau
† 1906 in ...
Abweichender Name:
Senestrey
Landkreis / kreisfr. Stadt:
LK Tirschenreuth
Zeitl. Einordnung:
19. Jahrhundert
Kategorie/n:
Geschichte und Denkmalpflege

Schlagwörter:
Kirche

Bischof von Regensburg über fast 50 Jahre
Biographie:
Paul Mai:
IGNATIUS VON SENESTRÉY (1818-1906) - Bischof zur Zeit des Kulturkampfs
Nahezu ein halbes Jahrhundert stand Ignatius von Senestréy dem Bistum Regensburg als Oberhirte vor , Jahrzehnte, die von einer wenig kirchenfreundlichen, liberalen Strömung - in Baden und Preußen entwickelte sie sich zum sogenannten Kulturkampf – geprägt waren, in die aber auch das für die katholischen Christen bedeutsamste Ereignis fiel, das I. Vatikanische Konzil.
Am 13. Juli 1818 war Senestréy als drittes Kind des Landgerichtassessors Karl Georg Ignatius Senestréy und dessen Ehefrau Maria Anna, geborene Gmeiner, in Bärnau geboren worden. Seine Kinderjahre verbrachte er in seinem Geburtsort, wo er auch die Elementarschule besuchte. In seiner späteren Selbstbiographie stellt Senestréy dem hier erteilten Unterricht ein wenig gutes Zeugnis aus, denn er bemerkt trocken: »Wir eigneten uns all die rohen Manieren an und lernten nichts«.
1828 kam Senestréy zu Pater Bonaventura Pesserl nach Neustadt/WN, der ihm Lateinunterricht gab und ihn auf das Gymnasium in Amberg vorbereiten sollte, in das Ignatius mit zwölf Jahren eintrat. In seinen Tagebüchern äußert er herbe Kritik an dieser Bildungsanstalt, doch die eigenen schlechten Erfahrungen vertieften in seiner Bischofszeit den Entschluß, die Verhältnisse zu bessern.
Die Wahl des Berufes war Ignatius Senestréy nicht schwer gefallen. Er folgte dem Beispiel seiner beiden älteren Brüder und trat, wie sie, in den geistlichen Stand ein. Nachdem der Älteste, Theodor Senestréy, von seinem Onkel Theodor Pantaleon Senestréy, dem damaligen Münchener Domkapitular und Generalvikar, ein Benefizium an der Metropolitankirche erhalten hatte, um ohne finanzielle Sorgen sein Studium beenden zu können, war der Zweitälteste, Andreas, zum Theologiestudium an das Kollegium Germanicum nach Rom gegangen. Ihm wollte Ignatius Senestréy nacheifern und ebenfalls seine theologische Ausbildung in Rom genießen. Im Oktober des Jahres 1836ging dieser sehnliche Wunsch in Erfüllung und er konnte nach Rom reisen. Zunächst widmete sich Senestréy den philosophischen Studien und promovierte 1839 zum Doktor der Philosophie. Noch im gleichen Jahr nahm er das Studium der Theologie auf und erhielt bereits am 19. Dezember 1841die Subdiakonweihe, ein Vierteljahr später, am 6. März 1841 wurde er zum Diakon geweiht. Aufgrund seiner schweren Erkrankung, die als »Bluthusten« diagnostiziert wurde , erhielt er von Vicegerenz Canali in dessen Hauskapelle am 19. März 1842 die Priesterweihe und feierte am 27. März , dem Ostersonntag, am Ignatiusaltar der Jesuitenkirche al Gesù zu Rom sein erstes Meßopfer.
Als sich sein Gesundheitszustand gebessert hatte, konnte er die Rückreise in die Heimat antreten. Die Stationen seiner Laufbahn bis zur Bischofswahl können hier nur stichpunktartig aufgezeigt werden. Im Mai des Jahres 1842 erbat er vom bischöflichen Ordinariat Regensburg die Dimission in die Erzdiözese München und Freising, da seine Familie in München lebte, die ihm auch gewährt wurde. Nach kurzem Aushilfsdienst im Kloster Dietramszell wurde Senestréy am 17. Januar 1843 durch den Eichstätter Bischof Karl August Graf von Reisach als Präfekt an das dortige Klerikalseminar berufen. Den ausdauernden Bemühungen Bischof Reisachs gelang es, das königliche Gymnasium in ein sog. Lyceum zu erweitern, was in etwa einer philosophisch-theologischen Hochschule entspricht. Im Spätherbst 1843 wurde Senestréy zum Professor der Philosophie an dem neuerrichteten Lyceum ernannt.
Der beruflichen Doppelbelastung war der offensichtlich noch labile Gesundheitszustand Senestréys noch nicht gewachsen. Er erkrankte abermals schwer und erst zu Beginn des Jahres 1845 konnte er die Krankenkuratie in der Max- und Ludwigsvorstadt zu München übernehmen. Seine Hoffnungen, eine Professur an dem Lyceum in Freising zu erhalten, zerschlugen sich, so daß er im August 1847 die Pfarrei Kühbach im Bistum Augsburg übernahm. Als es darum ging, in Bayern einen neuen Landtag zu wählen, der erstmals im Januar 1849 zusammentrat, hielt es Senestréy für richtig, auch in die Politik einzusteigen. Allerdings gingen seine politischen Ambitionen erst spät und nur für kurze Zeit in Erfüllung, als er 1854 als Ersatzmann in die Kammer der Abgeordneten kam.
Eine schwere Enttäuschung mußte es dem agilen Senestréy auch bedeuten, als sein Gesuch um ein freigewordenes Kanonikat an der Regensburger Kathedralkirche abschlägig beschieden und ihm der Lyceal-Rektor und Professor Ehgartner vorgezogen wurde. Statt dessen übernahm er das ihm vom Erzbischof von München und Freising angebotene Kappler-sche Benefizium an der Metropolitankirche in München im Oktober 1852. Doch am 1. Juli 1853wurde ihm ein durch Tod erledigtes Kanonikat im Domkapitel zu Eichstätt verliehen.
Am 6.November 1857 war Regensburgs Bischof, Valentin von Riedel, gestorben. Aufgrund des bayerischen Konkordats von 1817 stand dem König von Bayern das Recht zu, einen vakanten Bischofsstuhl neu zu besetzen. Die Wahl des Königs war auf Senestréy gefallen, den er mit Dekret vom 27. Januar 1858 zum Bischof von Regensburg ernannte. Die königliche Entscheidung fand keinesfalls ungeteilten Beifall, im Gegenteil, deutsche , österreichische und auch französische Zeitungen ergingen sich in heftiger Agitation gegen Senestréy, aber auch das Regensburger Domkapitel stand seinem neuen Oberhirten auffallend fremd gegenüber, eine Haltung, die vielleicht daraus resultieren mochte, daß der damalige Kapitelvikar, Johann Bapt. Lemberger, sich selbst Hoffnungen auf die Bischofsnachfolge gemacht hatte.
In seinem ersten Hirtenbrief, ausgestellt am Tag seiner Konsekration, dem 2. Mai 1858, legte Bischof Senestréy die Grundsätze fest, die er in seinem hohen Amt befolgen wollte. Der Weg des Glaubens und des Gehorsams gegen die Kirche waren die Richtschnur seines Episkopats. Gerade durch seine unerschütterliche Anhänglichkeit an Papst und Kirche gelang es Senestréy, im katholischen Volk ein neues Kirchenbewußtsein und ein persönliches Treueverhältnis zum Hl. Vater zu wecken.
Schon im ersten Jahr seines Bischofsamtes besuchte Senestréy den größten Teil seiner Diözese. Über 31.000 Kindern spendete er in dieser Zeit die hl. Firmung und fortan wurde im festen Turnus von drei Jahren das ganze Bistum bereist. Gleich bei der ersten Firmungsreise im Sommer 1858 mußte Senestréy die erschreckende Feststellung machen, daß es innerhalb der historischen Grenzen seines Bistums einen Bezirk gab, der in seiner seelsorglichen Vernachlässigung einem Missionsland ähnelte - das ehemalige Dekanat Wunsiedel, das bis zur Glaubensspaltung mit 13 Pfarreien und 4 Filialen den geistlichen Mittelpunkt dieses Gebiets bildete. Um diesem Notstand abzuhelfen, veranlaßte Bischof Senestréy, daß sämtliche Katholiken dieses Bereichs in die Pfarrei Redwitz eingepfarrt wurden. Bereits 1861 wurde in Wunsiedel, 1864 in Arzberg und 1866 in Selb eine Expositur errichtet. Als 1902 Regensburg das diamantene Priesterjubiläum seines Oberhirten feierte, stand die Wiedererrichtung des alten Dekanats Wunsiedel unmittelbar bevor.
Ein ernstliches Anliegen des Bischofs war der Ausbau der bischöflichen Seminare und die Ausbildung des Priesternachwuchses. In seinem Hirtenbrief vom 2. Juli 1858 weist er auf den offenkundigen Priestermangel hin und fordert seine Diözesanen auf, das von seinem Vorgänger gestiftete Mettener Knabenseminar nach Kräften zu unterstützen. Es war sogar daran gedacht, Metten zu einem den Vorschriften des Tridentinums entsprechenden Klerikalseminar zu erweitern, da alle Voraussetzungen fehlten, das in Regensburg bestehende Klerikalseminar auszubauen, das in den Gebäuden des ehemaligen Kanonissenstifts Obermünster untergebracht war. Doch dann ergab sich schlagartig eine neue Möglichkeit. Das Schottenkloster St. Jakob zu Regensburg befand sich in einer außerordentlich schlechten wirtschaftlichen Lage, der Konvent war auf zwei Patres zusammengeschrumpft. Nach langwierigen, mühseligen Verhandlungen gelang es Bischof Senestréy, die Besitzverhältnisse dahingehend zu regeln, daß das Kloster zugunsten des Diözesanseminars aufgehoben wurde. Allerdings waren umfangreiche Baumaßnahmen notwendig, ehe endlich 1872 das neue Klerikalseminar bezugsfertig war. Noch mehr Sorgen bereitete die vom Einsturz bedrohte St. Jakobskirche. In den Jahren 1867 bis 1874 mußte die Kirche geschlossen werden, um die Sanierungsarbeiten durchführen zu können. Doch wie stark Bischof Senestréy diesem Werk verbunden war, zeigt wohl am besten die Tatsache, daß er sich im Presbyterium der Kirche sein Grab mauern ließ, da er hier »die Auferstehung der Toten erwarten möchte«.
Eine weitere Maßnahme, den drückenden Priestermangel wenigstens vorübergehend beheben zu können, war die Aufnahme von mehr als 100 preußischen Kaplänen und Alumnen, die durch die Maigesetzgebung des Jahres 1873 in ihrer Tätigkeit bzw. Ausbildung gehindert waren. Eine Dauerlösung konnte dies allerdings nicht sein, ein bleibender Priesternachwuchs konnte nur aus der Bevölkerung des Bistums herangezogen werden. So entstand 1881 in Regensburg ein zweites Knabenkonvikt, 1885 wurde in Straubing ein weiteres Diözesanseminar eröffnet. Aber nicht nur die Heranbildung junger Priester lag dem Bischof am Herzen, dem Schul- und Erziehungswesen ganz allgemein galt seine besondere Aufmerksamkeit. So sind es nicht zuletzt die Schulorden, die seine ganze Unterstützung und Förderung erfuhren.
Die Verkündigung des Wortes Gottes, eine würdige Ausgestaltung des Gottesdienstes und die treue Beobachtung des heiligen Ritus waren ein ernstes Anliegen des Bischofs. So fand auch die Kirchenmusik im Bistum eine ganz besondere Pflege. Vor allem für den gregorianischen Gesang und den polyphonen Kirchengesang sollte wieder das Verständnis geweckt werden. Der Regensburger Chordirektor Mettenleiter brachte zu diesem Zweck die Neuausgabe eines Choralbuches heraus und der Regensburger Kanoniker Karl Proske eine Sammlung von Kirchenkompositionen des 15. bis 17. Jahrhunderts. Daß die Proske-Mettenleiter-sche Musikbibliothek nicht verloren ging, ist das ganz besondere Verdienst Bischof Senestréys, der sie für das Ordinariat erwarb. Da gut geleitete Bruderschaften zur Belebung und Vertiefung des religiösen Lebens wesentlich beitragen können, Bischof Senestréy aber ständig bemüht war, gerade das innerkirchliche Leben seines Sprengels zu heben, wurden diese Vereinigungen von ihm lebhaft gefördert und reorganisiert.
Die ersten Regierungsjahre Senestréys brachten gleich eine eifrige Bautätigkeit. Schon 1858/59 wurde die Renovierung und der Ausbau der bischöflichen Wohnung und der Amtsräume des Ordinariats in Angriff genommen. Doch in die Geschichte ging Bischof Senestréy als der Vollender der Domtürme ein. Als im 16. Jahrhundert der Dombau eingestellt werden mußte, hatten die Türme nur eine provisorische Satteldachabdeckung gefunden. Schon am 21. April 1858, als sich das Domkapitel seinem neuen Bischof vorstellte, kündigte Senestréy an, daß er vorhabe, die unvollendet gebliebenen Domtürme auszubauen und zu diesem Zweck einen Dombauverein ins Leben zu rufen. Mancher der Anwesenden mochte seine Zweifel gehegt haben, ob dieser Plan je zur Ausführung gelangen würde, doch wer so dachte, kannte nicht die eiserne Energie des Bischofs, ein einmal gestecktes Ziel auch zu erreichen. Gegen alle Widerstände und Schwierigkeiten, wurden die Domtürme ausgebaut und am 29. Juni 1869 war es schließlich soweit, daß feierlich der Schlußstein auf die Turmhelme gesetzt werden konnte.
Das weltumspannende Ereignis, das in die Amtszeit Bischof Senestréys fiel, war das I. Vatikanische Konzil 1869-1870. Er gehörte zu den konsequentesten Verfechtern des Unfehlbarkeitsdogmas und in der einzigen Rede, die er auf dem Konzil am 28. Mai 1870 hielt, legte er dar, daß der Glaube an die Unfehlbarkeit des Papstes in seinem Diözesansprengel schon immer gelehrt worden sei. Vielleicht war Senestréy kein theologischer Denker, jedoch ein kluger Organisator. Im Gegensatz zu den meisten seiner deutschen Amtsbrüder wußte er genau, was er wollte. Und als das Konzil zu Ende ging, erlebte er die Genugtuung, daß seine Hauptforderung erfüllt worden war: die Stärkung der päpstlichen Autorität.
48 Jahre stand Bischof Ignatius von Senestréy dem Bistum Regensburg vor. In einer der Kirche und dem Glauben feindlichen Zeit war er seinen Priestern und Gläubigen ein Beispiel felsenfesten Glaubens und Vertrauens auf Gott. Das Signum seines Lebens und seines Episkopats war der Glaubensstandpunkt, sein Leitsatz: »Credidi, propter quod locutus sum - ich habe geglaubt, darum habe ich gesprochen«. Am 16. August 1906 schloss Senestréy für immer seine Augen.
Literatur, Links:
Text & Bild aus:
Sigrid Färber (Hrsg.), Bedeutende Oberpfälzer. Regensburg: Pustet 1981 [mit freundlicher Genehmigung des Verlags]
Mai, Paul: Ignatius von Senestréy. In: Lebensbilder aus der Geschichte des Bistums Regensburg (1989)
Autor: Paul Mai (1981)
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