10:01
KRIEG und FRIEDEN - Frauenkirchen. Es ist ganz einfach, heute über Ereignisse zu reden, die wir - Gott sei Dank - nicht miterleben mussten. Und dennoch: wenn wir auf dem Boden der Tatsachen stehen, in …Mehr
KRIEG und FRIEDEN - Frauenkirchen.

Es ist ganz einfach, heute über Ereignisse zu reden, die wir - Gott sei Dank - nicht miterleben mussten. Und dennoch: wenn wir auf dem Boden der Tatsachen stehen, in diesem Fall über Gräbern Tausender Kriegsgefangener stehen, im Gedenken ihres Leidensweges, geht uns das Leiden Christi am Kreuz doch schon sehr unter die Haut ...
Der (deutsche) Text der Gedenktafel, die anlässlich dieser sehr ergreifenden Gedenkstunde als Mahnmal angebracht wurde, sei hier nachzulesen ...
mr

Das Kriegsgefangenen- und Internierungslager Frauenkirchen/Boldogasszony

Die Errichtung des Kriegsgefangenenlagers in Boldogasszony/Frauenkirchen begann bereits im September 1914, für die Arbeiten wurden russische Gefangene herangezogen. Die aufgestellten Wohnbaracken waren etwa 40 m lang, 10 m breit und 4 - 5 m hoch. In jeder fanden zunächst 400 Mann, im Winter 1914/15 bis zu 600 Gefangene Unterkunft. In weiterer Folge wurde das Lager zweimal erweitert und hatte ab 1916 einen Lagerstand von rund 30.000 Gefangenen, wobei sich jedoch rund 2/3 der Gefangenen auf Arbeitseinsatz außerhalb des Lagers befanden.
Das Lager hatte eine eigenständige Infrastruktur, die unter anderen aus einem Grundwasserbrunnen, einer Stromkraftanlage, einer Feldbahn und einem Lagerpostamt bestand. Mit der Bewachung des Lagers wurde das königlich-ungarische XIV. Landsturm- Wachbataillon betraut. Die Anzahl der Wachleute schwankte zwischen 300 und 1.200 Mann und zwischen 13 und 26 Offizieren.
Befanden sich beim Aufbau überwiegend russische Gefangene im Lager, so wurde bereits im Herbst 1914 das Lager Boldogasszony zu einem serbischen Kriegsgefangenenlager umfunktioniert. Das Kriegsgefangenenlager war seit seinem Bestehen zugleich auch ein Internierungslager. Die deportierten Zivilpersonen im Lager waren Männer, Frauen und Kinder aller Altersgruppen aus Serbien, Montenegro und der Bukowina. Im Sommer 1916 wurden rund 2.500 montenegrinische Internierte ins Lager gebracht. In Frauenkirchen waren nur wenige Offiziere, zumeist Montenegriner und Italiener, in abgesonderten Baracken inhaftiert.
Der Tagesablauf der Gefangenen war straff organisiert, er bestand aus Arbeitszeiten, Ruhepausen, hygienischen Maßnahmen und Freizeit. Um die Autarkie des Lagers gewährleisten zu können, richtete das Lagerkommando Werkstätten für Tischler, Schneider, Schlosser und Schuster ein.
Der Aufbau des Lagers erfolgte unter massivem Zeitdruck, sodass Missstände bei der Errichtung vorhersehbar waren. Die mangelhaften hygienischen Vorkehrungen und die massive Konzentration von Personen auf engstem Raum führten im Winter 1914/15 dazu, dass sich Epidemien wie Flecktyphus rasch ausbreiten konnten. Die Epidemie erreichte Anfang Feber 1915 mit täglich über 100 Todesopfern ihren beklagenswerten Höhepunkt. Ein Inspektionsbericht vom 10. April 1915 sprach von 3.690 Flecktyphusopfern.
Ab Sommer 1915 wurden die Kriegsgefangenen zu Arbeiten in der Land- und Forstwirtschaft, im Gewerbe, in der Industrie, im Bergbau und im Militärbereich herangezogen.
Mit Kriegsende setzte die Repatriierung der Lagerinsassen ein und gleichzeitig wurde das Lager von den heimkehrenden Kriegsgefangenen und der Zivilbevölkerung geplündert. Die Baracken und Restimmobilien wurden 1919 zum Kauf angeboten, sodass vom ehemaligen Kriegsgefangenenlager innerhalbkürzester Zeit nur der Friedhof übrig blieb. Auf diesem sind zwischen 4.500 und 6.000 Personen in Einzelgräbern und 14 Schachtgräbern, die aus der Typhusepidemiezeit stammen, beerdigt. Mit der Pflege und Instandhaltung des Friedhofes wurde das „Schwarze Kreuz" betraut. Die markanten Elemente des Friedhofes sind heute die italienische Kapelle, die bereits während des Bestehens des Lagers von italienischen Gefangenen erbaut wurde, und das ebenfalls aus dieser Zeit stammende 2,5 m hohe steinerne "Serbenkreuz". Das jugoslawische Denkmal, ein Obelisk aus weißem Marmor, steht seit dem Jahr 1954.
Manfred Reisner
Das scheint mir eine sehr wesentliche Feststellung zu sein: gloria.tv ist u.a. durchaus als Bildungsquelle zu verstehen und auch zu verwenden - auch ich habe da schon vieles gefunden, das es auch letztlich in meiner Sammlung gelandet ist. Anhand meiner doch schon vielen Beiträge, die letztlich in den meisten Fällen nur ein kleiner Teil dessen ist, was ich gefilmt und fotografiert und aufbewahrt habe …Mehr
Das scheint mir eine sehr wesentliche Feststellung zu sein: gloria.tv ist u.a. durchaus als Bildungsquelle zu verstehen und auch zu verwenden - auch ich habe da schon vieles gefunden, das es auch letztlich in meiner Sammlung gelandet ist. Anhand meiner doch schon vielen Beiträge, die letztlich in den meisten Fällen nur ein kleiner Teil dessen ist, was ich gefilmt und fotografiert und aufbewahrt habe (wobei ich natürlich alles miterlebt habe), darf ich mich doch als Chronisten bezeichnen. Die Voraussetzung dafür aber ist das Interesse jener, die dafür verantwortlich sind, dass auch für unsere Nachkommen etwas aufbewahrt wird. Damit sind ganz sicher nicht die Selfies gemeint, die heute grassieren. Hätten nicht zu allen Zeiten Menschen Ereignisse festgehalten und Dinge aufbewahrt - wir wüssten allesamt nichts von diesen Geschehnissen. Nebenbei bemerkt: ich habe noch einiges gefunden, das zu diesem Thema Boldogasszony passt - im Internet ... den Sammlern sei Dank!
Gerti Harzl
"Die Baracken und Restimmobilien wurden 1919 zum Kauf angeboten, sodass vom ehemaligen Kriegsgefangenenlager innerhalbkürzester Zeit nur der Friedhof übrig blieb. Auf diesem sind zwischen 4.500 und 6.000 Personen in Einzelgräbern und 14 Schachtgräbern, die aus der Typhusepidemiezeit stammen, beerdigt. Mit der Pflege und Instandhaltung des Friedhofes wurde das „Schwarze Kreuz" betraut."
Von der …Mehr
"Die Baracken und Restimmobilien wurden 1919 zum Kauf angeboten, sodass vom ehemaligen Kriegsgefangenenlager innerhalbkürzester Zeit nur der Friedhof übrig blieb. Auf diesem sind zwischen 4.500 und 6.000 Personen in Einzelgräbern und 14 Schachtgräbern, die aus der Typhusepidemiezeit stammen, beerdigt. Mit der Pflege und Instandhaltung des Friedhofes wurde das „Schwarze Kreuz" betraut."
Von der Existenz dieses Friedhofs und dass es dieses Lager überhaupt gab, erfahre ich hier zum ersten Mal. Vielen herzlichen Dank für diesen Bericht, Manfred Reisner!
Gerti Harzl
Der Senf, den pio molaioni hier dazu liefert, ist wieder mal ziemlich scharf - für meinen Geschmack.