Josefa Menendez
1362

MARIÄ VERKÜNDIGUNG / Anna Katharina Emmerich

MARIÄ VERKÜNDIGUNG

Am 25. März 1821 sprach die Schwester Emmerich: Ich habe in der verflossenen Nacht die Verkündigung als Kirchenfest gesehen und empfing abermals die bestimmte Erklärung, dass die heilige Jungfrau nach der Jahreszeit bereits seit vier Wochen gesegnet sei. Mir war dieses aber ausdrücklich gesagt, weil ich bereits am 25. Februar die Verkündigung gesehen habe, das Bild aber verwarf und darum nicht erzählte. Ich sah hierauf das ganze Ereignis nach seinen äußeren Umständen heute wieder.

Ich sah die heilige Jungfrau bald nach ihrer Vermählung in Josephs Haus zu Nazareth, wohin mich mein Führer geleitete. Joseph war mit zwei Eseln über Land gezogen, ich meine, etwas Erbgut oder seine Handwerksgeräte zu holen. Er schien mir noch auf dem Heimweg. Annas zweiter Mann und andere Männer waren am Morgen im Hause gewesen, aber wieder fortgegangen.

Außer der heiligen Jungfrau und zwei Jungfrauen ihres Alters, ich glaube von ihren Tempelgespielen, sah ich die Mutter Anna und jene ihr verwandte Witwe im Haus, die ihr als Magd diente und später mit ihr nach Christi Geburt gen Bethlehem reiste. — Alles war neu in dem Hause durch Anna eingerichtet.

Ich sah die vier Frauen im Hause beschäftigt hin und wieder gehen und dann im Hofe zusammen lustwandeln. Gegen Abend sah ich sie in das Haus zurückkehren und um ein rundes Tischchen stehend beten und dann Kräuter essen, welche aufgetragen waren. — Sie trennten sich hierauf. Anna ging wie eine geschäftige Hausmutter noch lange im Hause hin und her. Die beiden Jungfrauen gingen nach ihrem abgesonderten Raum, und auch Maria ging in ihre Schlafkammer.

Die Kammer der heiligen Jungfrau lag im hinteren Teile des Hauses in der Nähe der Feuerstelle, welche sich hier nicht wie in Annas Haus in der Mitte, sondern mehr an einer Seite des Hauses befand. Der Eingang war zur Seite des Küchenraums. Man stieg drei Stufen, welche mehr schräg als senkrecht abfielen, zu ihr hinauf, denn der Boden dieses Teils des Hauses lag auf erhöhtem Felsengrund. — Der Türe gegenüber war die Kammer rund, und in diesem runden Teile, welcher durch einen mehr als menschenhohen Schirm von Flechtwerk abgeschieden war, befand sich das aufgerollte Lager der heiligen Jungfrau.

Die Wände des Gemachs waren alle bis zu einer gewissen Höhe mit geflochtenem Stabwerk bekleidet, welches etwas derber war als die beweglichen leichten Schirmwände. Es war durch Benutzung verschiedenfarbigen Holzes ein klein gewürfeltes Muster darauf ausgedrückt. Die Decke des Gemaches war durch einige zusammenlaufende Balken gebildet, deren Zwischenräume mit Sternfiguren verziertes Flechtwerk ausfüllte.

Ich ward von dem leuchtenden Jüngling, der mich immer begleitet, in diese Kammer gebracht und sah, was ich so gut erzählen will, als eine arme elende Person, wie ich, es vermag.

Die heilige Jungfrau herein tretend, legte hinter dem Schirm ihres Lagers ein langes, wollweißes Betkleid mit einem breiten Gürtel an und bedeckte ihr Haupt mit einem weißgelben Schleier. Indessen trat die Magd mit einem Lämpchen herein, zündete eine mehrarmige Lampe an, die von der Decke der Kammer niederhing und entfernte sich wieder. — Die heilige Jungfrau nahm nun ein kleines niederes Tischchen von der Wand, wo es zusammengeklappt lehnte und stellte es mitten in der Stube auf.

An der Wand lehnend, bestand es nur aus einer beweglichen Platte, welche vor zwei Füßen senkrecht niederhing. Maria hob die Platte in die horizontale Lage und schob die Hälfte des einen Tischfußes, welcher gespalten war, hervor, so dass nun das Tischchen auf drei Füßen ruhte. Die Seite des Tischblattes, welche dieser dritte Fuß unterstützte, war rund. -— Das Tischchen war mit einer blauen und roten Decke überzogen, die an der nicht runden Seite des Tischblattes geschürzt und mit Fransen besetzt niederhing. In die Mitte der Decke war eine Figur gestickt oder gesteppt, ich weiß nicht mehr, ob es ein Buchstabe oder ein Zierrat sein sollte. An der runden Seite lag eine weiße Decke aufgerollt. Eine Schriftrolle lag auf dem Tischchen.

Nachdem die heilige Jungfrau dieses Tischchen zwischen ihrer Schlafstelle und der Türe in der Mitte der Stube etwas zur Linken, wo ein Teppich den Fußboden bedeckte, aufgerichtet und einen kleinen runden Wulst, um darauf zu knien, davor gelegt hatte, ließ sie sich, mit ihren beiden Händen auf das Tischchen gestützt, vor demselben auf die Knie nieder. Die Türe der Kammer war vor ihr zur Rechten, sie kehrte ihrer Schlafstelle den Rücken.

Maria ließ den Schleier über ihr Angesicht nieder und kreuzte die Hände, nicht aber die Finger vor ihrer Brust. So sah ich sie lange heftig mit gen Himmel gerichtetem Antlitz beten. Sie flehte um die Erlösung, um den verheißenen König, und dass ihr Gebet doch auch einigen Anteil an seiner Sendung haben möge. Sie kniete lange so im Gebete entzückt, dann senkte sie das Haupt auf ihre Brust,

Jetzt aber ergoss sich zu ihrer Rechten in schräger Linie von der Decke ihrer Kammer eine solche Masse von Licht nieder, dass ich mich davon gegen die Wand der Türe zurückgedrängt fühlte, und ich sah in diesem Lichte einen weißen leuchtenden Jüngling mit gelben fließenden Haaren vor sie nieder schweben. Es war der Engel Gabriel. Er sprach zu ihr, indem er seine Arme an beiden Seiten des Oberleibes leise von sich bewegte.
Ich sah die Worte wie leuchtende Buchstaben aus seinem Munde gehen, ich las sie und hörte sie. Maria wendete das verschleierte Haupt etwas nach der rechten Seite hin, jedoch schüchtern sah sie nicht auf. — Der Engel aber fuhr fort zu sprechen, und Maria wendete ihr Gesicht wie auf seinen Befehl etwas zu ihm, hob den Schleier wenig auf und antwortete. Der Engel sprach abermals, und Maria hob den Schleier auf, blickte den Engel an und erwiderte die heiligen Worte: „Sieh, die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte."

Die heilige Jungfrau war in tiefer Entzückung. Licht füllte die Kammer, ich sah den Schein der brennenden Lampe nicht mehr, ich sah die Decke der Kammer nicht mehr. Der Himmel schien offen, eine Lichtbahn ließ mich über den Engel hinaufschauen, ich sah im Ausgang dieses Lichtstromes eine Figur der heiligen Dreifaltigkeit wie ein dreieckiges, sich durchstrahlendes Licht, und ich erkannte in ihm, was man nur anbeten und nie aussprechen kann, Gott den Allmächtigen, den Vater und den Sohn und den hl. Geist und doch nur Gott den Allmächtigen.

Da aber die heilige Jungfrau gesprochen: „Mir geschehe nach deinem Worte", sah ich jene geflügelte Erscheinung des heiligen Geistes, aber nicht ganz so, wie sie gewöhnlich in Gestalt einer Taube abgebildet wird. Das Haupt war wie ein Menschenantlitz, und es breitete sich Licht gleich Flügeln zur Seite der Gestalt, aus deren Brust und Händen ich drei Lichtergüsse nieder zu der rechten Seite der heiligen Jungfrau strömen und sich mitten in ihr vereinigen sah.

Die heilige Jungfrau ward mit dem Eindringen dieses Lichtes zu ihrer Rechten, von dieser Seite aus ganz durchleuchtet und wie durchsichtig, und es war, als zöge sich die Undurchsichtigkeit wie Nacht von diesem Lichte zurück. Sie war in diesem Augenblicke so von Licht durchgossen, dass nichts Finsteres, nichts Verhüllendes mehr in ihr erschien, sie war leuchtend und durchleuchtet in ihrer ganzen Gestalt.

Ich sah aber nach dieser Durchleuchtung den Engel verschwinden, die Lichtbahn, aus der er hervorgetreten, zog sich zurück; es war, als werde der Lichtstrom von dem Himmel wieder eingeatmet, und ich sah, als fielen aus dieser sich zurückziehenden Lichtbahn viele geschlossene weiße Rosen, jede mit einem grünen Blättchen auf die heilige Jungfrau nieder.

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BETEN WIR 1 X DAS ANGELUS-GEBET ZU EHREN DER MENSCHWERDUNG CHRISTI.
Et verbum caro factum est et habitabit in nobis. Amen.