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Tot für die Welt: Die Mönche der Großen Kartause leben allein für Gott

(gloria.tv/ KNA) «Nicht ihr habt mich auserwählt, ich habe euch auserwählt», steht auf einem Schild am Zelleneingang. Daneben eine kleine Klappe, durch die ein Laienbruder die karge Mahlzeit ins Innere der Zelle reicht. Ein Bett, ein Stuhl, ein Tisch, ein schmales Bücherbord, ein Gebetsbänkchen, eine Toilette, ein Waschbecken, eine Werkbank, ein Holzstapel, dazu ein kleiner Kräutergarten. Das ist das ganze weltliche Reich des Kartäusers - innerhalb dieser Wände verbringt er den allergrößten Teil seines Lebens. Von Alexander Brüggemann (KNA).

Das Zitat aus dem 15. Kapitel des Johannes-Evangeliums drückt letztlich aus, was den strengsten Orden der katholischen Kirche seit mehr als neun Jahrhunderten im Innersten antreibt: auf die Welt verzichten, für die Welt tot sein, um sich ganz für Gott zu öffnen.

Mutterkloster von einst mehr als 200, heute noch 24 Niederlassungen des Ordens weltweit ist die sogenannte Große Kartause. Durch immer kleinere Dörfchen der Kalkalpen in der Dauphine geht es hoch auf gewundenen Straßen durch die Schluchten des Guiers-Mort.

In dieser Einöde suchte im Jahr 1084 der heilige Bruno mit seinen sechs Gefährten einen geeigneten Ort zur Umsetzung seiner radikalen geistlichen Lebensform. In der «Correrie», einst das Kloster der Laienbrüder, können sich in einer didaktisch aufbereiteten Schau all jene informieren, die das kartusianische Leben verstehen wollen.

Einzig hier haben Touristen oder Nicht-Kartäuser überhaupt Zutritt zu der Welt der Schweigemönche. Die eigentliche Kartause, die noch einen knappen Kilometer talaufwärts in 1.175 Metern Höhe liegt, ist allein den Ordensleuten vorbehalten.

Die Kartäuser sind darauf bedacht, ihr religiöses Leben vor Störungen von außen zu schützen. Nur einmal haben sie eine Ausnahme gemacht: Durch den preisgekrönten Dokumentarfilm «Die große Stille» aus dem Jahr 2005 wurde das Kloster einem breiteren Publikum bekannt. Der deutsche Regisseur Philip Gröning teilte sechs Monate lang das karge Leben der Kartäuser. 29 Mönche leben derzeit im Mutterkloster; von ihnen haben 18 die Ewigen Gelübde abgelegt.

Das wohlgeordnete Gebäude-Ensemble mit zusammen 40.000 Quadratmeter Dachfläche scheint vollkommen, und auch die umliegenden Gebirgsketten der Zweitausender tragen zum Eindruck des Idylls bei: eine fromme Festung. Das größte Gebäude in der Mitte ist allein für das Generalkapitel bestimmt, das in dieser Woche Francois Marie Velut (64), bislang Prior der Kartause Portes in Benonces in der ostfranzösischen Region Rhone-Alpes, zum neuen Generaloberen wählte.

Hier wohnen für die Dauer der Versammlung die Prioren der Klöster und ein, zwei ihrer Mitarbeiter. Der Bau stammt aus dem 16. Jahrhundert, als es noch mehr als 200 Kartausen gab. Dahinter, zum Hang hin, liegt der insgesamt 215 Meter lange Kreuzgang, von dem die 35 Häuschen der Bewohner abgehen. Allein die Umfassungsmauer, die «Klausur», hat eine Länge von mehr als einem Kilometer.

Der Kartäuser verlässt seine Zelle nur zu wenigen, streng festgelegten Anlässen: den zwei gemeinsamen Gebetszeiten und der täglichen Messe, den gemeinsamen Mahlzeiten an Sonn- und Feiertagen und einem dreieinhalbstündigen Sonntagsspaziergang, den die Mönche gemeinsam in die Umgebung unternehmen. Keine Zeitung, kein Radio, kein Fernsehen. Von abends sieben bis morgens sieben gilt das «Große Schweigen». Es ist total - und wie alles in ihrem Leben auf die Versenkung in Gott ausgerichtet. Die Stille ist ihr Schatz, aber auch ihr persönlicher Kreuzweg, den sie als Gebet für die Welt auf sich nehmen.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist ihnen allerdings als Mittel auch die modernste Technik recht, die die Welt zu bieten hat. Zwei Mönche der Großen Kartause bewahren die geheime Rezeptur des «Lebenselixiers der Kartäuser», des weltberühmten «Chartreuse»-Likörs, der bis heute die Haupteinnahme des Mutterklosters darstellt. Früher mussten sie wöchentlich mehrmals zur Destillerie in den rund 25 Kilometer entfernten Ort Voiron hinunterfahren, um den Stand der Mixtur zu überprüfen. Heute bekommen sie die Daten online direkt in ihre Zelle - und können sich so noch intensiver ihrem Gebetsleben widmen, wie sie es wünschen:
tot für die Welt.
Conde_Barroco
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