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Bußfertigkeit. Bußfertigkeit, die Bereitschaft, Buße zu tun, ist sehr nahe verwandt mit der Opferbereitschaft. Buße zu tun ist jede Handlung, durch die man sich selbst eine Last auferlegt, die …Mehr
Bußfertigkeit.

Bußfertigkeit, die Bereitschaft, Buße zu tun, ist sehr nahe verwandt mit der Opferbereitschaft. Buße zu tun ist jede Handlung, durch die man sich selbst eine Last auferlegt, die beabsichtigt ist, Sünden (von sich selbst oder von anderen) gegenüber Gottes Gerechtigkeit wieder gutzumachen. Während Opferbereitschaft oft auf die Bereitschaft verweist, etwas zu lassen, was man dennoch lieber schon haben oder tun möchte, verweist Bußfertigkeit in der Regel darauf, etwas, was man lieber nicht tun würde, dennoch zu tun. Die beiden Tugenden beruhen aber auf demselben Prinzip und gehören im Allgemeinen denn auch zusammen.

Der Büßer betrachtet Bußetun als höchstes Gut für die Seelen und strebt danach, alles, was ihm Genuss verschaffen kann, möglichst viel zu vermeiden. Man könnte sagen: „Er ist hart zu sich selbst“, auch wenn ich dabei sofort anmerken will, dass auch diese Seinsweise von dem abhängig ist, was man vom Leben erwartet. Dem Genuss zu entsagen, sogar nach relativer Selbstkasteiung zu streben (man braucht sich nicht notwendigerweise selbst geißeln, um bußfertig zu sein!), kann wie ein Balsam für die Seele empfunden werden, dadurch, dass es alle Verbindungskanäle mit Gott weit öffnet. Unter „relativer Selbstkasteiung“ verstehe ich hier: sich selbst nicht in Watte packen, keine Anstrengungen scheuen, nicht davor zurückweichen, Schmerz oder Ungemach zu ertragen, um für die Seele eines Mitmenschen Gnaden herabzubitten.

Eine solche Einstellung wirkt auf viele Menschen als mittelalterlich, uralten Klosterpraktiken eigen oder Einsiedlern vorbehalten, die für heilige Absichten schwärmten. Nichts ist weniger wahr. Vor allem in dieser Zeit relativen Überflusses ist Bußfertigkeit Gold wert, um zu helfen, die gemeinsame Sündenschuld der Menschheit abzubezahlen. Wer dies als einen geistigen Irrtum eines Sonderlings sieht, hat das wahre Leben mit Gott (und mit Maria) nicht verstanden und hat ebenso wenig begriffen, dass auch in unserer Zeit noch immer Seelen zum Weg der Mystik berufen werden, zum intensiven direkten Kontakt mit dem Himmel (Maria, Jesus), zu einem Weg, der gewöhnlich mit einer gnadenvollen Berufung zu strenger Bußfertigkeit einhergeht.

Bußetun reinigt die Seele. Diese Reinigung ist nötig, um zu wachsen. Ich habe bereits in dem Buch „Die Himmlische Hochzeit“ ausführlich über dieses System gesprochen und werde es an dieser Stelle nicht weiter ausführlich erörtern.

Ebenso wie für die Opferbereitschaft gilt auch für die Bußfertigkeit, dass sie von den meisten Menschen gescheut wird, und zwar aus demselben Grunde: Entsagungen und Opfer zu bringen, wird als nicht vereinbar mit einer Überflussgesellschaft betrachtet. Jahrhundertelang haben die meisten Menschen es schwer gehabt. Auch die Kriegsjahre im Zwanzigsten Jahrhundert haben viele Entbehrungen gebracht, und jene, die diese erlitten haben, sind von dem relativen Luxus der Nachkriegsperiode verleitet worden. Die Generationen, die danach gekommen sind, sind in diesem relativen Luxus aufgewachsen und sind oft auch von ihren Eltern verwöhnt worden, die wollten, dass es ihren Kindern besser ergehen solle als ihnen selbst.

Bedenken wir dabei, dass inzwischen den christlichen Werten immer weniger gefolgt wird, und wir verstehen, warum Bußfertigkeit von sehr vielen Seelen als ein ordentlicher Schritt zurückgesehen wird. Dies ist bedauerlich; denn das materielle Übermaß und die zunehmende Unfähigkeit, sich etwas zu entsagen, haben zahllose Seelen stark verunreinigt. Die alte römische Redensart „Mens sana in corpore sano“ (ein gesunder Geist in einem gesunden Körper) muss auch hierauf angewendet werden. Wir brauchen uns nur anzugewöhnen, regelmäßig religiöse Fasttage in unser Leben einzubauen, und wir werden erfahren, wie viel reiner wir alles zu empfinden beginnen. Fasten als Königin des Bußetun gießt vielseitige Gnaden in die Seele.

Bedenken wir außerdem, dass es noch eine Form von Bußetun gibt, die sehr wertvoll ist und uns doch (wenn wir aus gesundheitlichen Gründen nicht fasten dürfen) vom leiblichen fasten freistellen kann: das Bußetun des Geistes, des Mundes und des Herzens.

Ein paar Beispiele: Legen wir uns Zeiten des Schweigens auf (vor allem, doch nicht nur, wenn wir zu viel sprechen), verbieten wir uns selbst einen Tag lang (lieber ein Leben lang, aber ich will Sie nicht gleich entmutigen…), auch nicht ein einziges negatives Wort über unseren Mitmenschen zu äußern, legen wir uns selbst auf, gegen jemanden liebevoll zu sein, der uns eher schnell auf die Nerven geht, usw. Es dürfte uns überraschen, welch seliges Gefühl wir abends über den vergangenen Tag haben werden. Warum? Weil unsere Seele dann die wahre Verbindung zu Gott zurückgefunden hat.

Abgeschrieben aus dem Buch „DIE WISSENSSCHAFT DES GÖTTLICHEN LEBENS“
FRÜHLINGSBLÜTEN am Lebensbaum
Myriam van Nazareth
www.myriam-van-nazareth.net