Lisi Sterndorfer
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Predigt am Hohen Weihnachtsfest, Zweite Messe (Lukas 2,15-20) von Pater Christoph Stigloher (FSSPX)

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen.
Liebe Gläubige,
der Organist von St. Florian in Österreich hat in der Weihnachtsnacht wunderbar Orgel gespielt. Es war der berühmte Komponist Anton Bruckner. Nachher war er nicht nach Hause gekommen. Man suchte ihn und fand ihn am Morgen in der Kirche, wo er an der Krippe kniete. "Meister", so sagten seine Hausgenossen, "was habt Ihr hier die ganze Nacht gemacht?"
Und da gab Bruckner zur Antwort: "Ich habe immer nur vor mich hin gesagt: Er ist ein Mensch geworden! Er ist ein Mensch geworden! Und da bin ich vor Staunen nicht mehr fertig geworden."
Dieser große Künstler hat etwas vom Geheimnis der Weihnacht verstanden. Wer die Wirklichkeit der Menschheit und Gottes betrachtet, der wird wahrlich vor Staunen nicht mehr fertig. Und so sind wir wieder hier voll Freude, um die Geburt des Heilands zu feiern. Voll inneren Jubels stehen wir vor der Krippe unseres Erlösers und staunen über das, was hier geschehen ist.
An der Krippe feiert der Glaube seinen Triumph. Dieses stumme Kindlein und doch das allmächtige Wort des Vaters. Diese kleinen Händchen und doch die ewige Allmacht. Dieser schlafende Säugling und doch die ewige Weisheit. Dieses von Herodes schon bald verfolgte Kind und doch der König der Könige.
Während die Engel ihr Gloria singen, beten die Muttergottes, Josef, die Hirten, die drei Könige und zweitausend Jahre die Kirche das Credo. Kind in der Krippe, du bist wahrhaft der Sohn Gottes.
An der Krippe stärkt sich die Hoffnung. Jahrtausende langes Rorate-Rufen ist erhört. Der himmlische Vater hat sein Versprechen, das er im Paradies gegeben hat, von einem Erlöser, geboren aus der Jungfrau, eingelöst. Gott kam vom Himmel zur Erde, damit wir von der Erde zum Himmel kommen können.
Mit der Krippe ist aber auch das Kreuz verbunden. Die Armut und die Kälte im Stall von Bethlehem zeigen uns das. Der Heiland, er hat so viel getan für unsere Rettung. Diese Hoffnung, dass er uns heiligt und rettet ist fest verankert in unserem Herzen und gibt uns so viel Trost und Frieden.
An der Krippe des Heilands flammt auf die Liebe, die Königin aller Tugenden. Wie unermesslich groß zeigt sich die Liebe des himmlischen Vaters, dass er seinen vielgeliebten Sohn dahin gab. Wie brennend zeigt sich die Liebe des Sohnes, dass er uns zuliebe den armseligen Platz in der Futterkrippe annimmt. Wie lodernd zeigt sich die Liebe des Heiligen Geistes, der dieses Kind aus der Allerseligsten Jungfrau Maria gebildet hat. Aus Maria, der Mutter der schönen Liebe.
Bei dem Kind in der Krippe müssen wir niederknien und können nur anbeten: Mein Herr und mein Gott! Bei diesem Kind müssen wir demütig werden und können es nur lieben. Unser Gott, der sich für uns so klein gemacht hat, damit niemand zurückschreckt, zu ihm zurück zu kommen. Demut, Liebe und Staunen ist die einzig richtige Antwort. Daraus kommt Friede und Freude in unsere Seelen.
Ein Missionar hoch oben im Norden Amerikas vor vielen Jahren, er wurde zur letzten Stunde eines schwer kranken Indianers gerufen. Und der Missionar erzählt ihm von der Liebe Gottes und wie ihn diese Liebe dazu bewegt hat, Mensch zu werden und als kleines Kind in diese Welt einzutreten, schon mit der Absicht vor Augen, für uns zu sterben und uns zu erlösen. Denn, er möchte uns für immer bei sich im Himmel haben. Der gute, alte Indianer geht tief ergriffen auf alles ein und empfängt am Ende dieser ersten christlichen Unterrichtsstunde seines Lebens mit unbeschreiblicher Freude die heilige Taufe.
Endlich will der Missionar die Hütte verlassen, da rafft der greise Indianer alle seine Kräfte zusammen, er umfasst innig das Kreuz und blickt es mit tränenfeuchten Augen an und sagt: "Guter Jesus, wie tut es mir so leid, dass ich Dich erst so spät kennen gelernt habe. Hätte ich Dich früher gekannt, wie hätte ich Dich geliebt!" Hätte ich Dich früher gekannt, wie hätte ich Dich geliebt!
Wir haben ihn früher kennen lernen dürfen, wie sehr sollen und müssen wir ihn dann lieben. Möge an der Krippe unser Glaube wachsen und unsere Hoffnung gestärkt werden und unsere Liebe entzündet. Das wünsche ich Ihnen und Ihren Familien von Herzen: Gesegnete und gnadenreiche Weihnachten. Amen.
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen. Gelobt sei Jesus Christus. In Ewigkeit, Amen.