Geht alle zu Josef! - Der hl. Josef in der Tradition - Teil 2 (fsspx)

Josefs Traum, Gemälde von Gaetano Gandolfi, 1790

Die Gestalt des hl. Josef ist mit einer seltenen Nüchternheit in den Evangelien gezeichnet, aber die Gestalt ist höchst wirklich, keineswegs konstruiert oder beliebig ausgedacht. In den ersten Jahrhunderten verschwindet er hinter den strahlenden Glanz des Herrn und seiner Mutter. Die Volksfrömmigkeit fand sich aber nicht ganz ab mit dem großen Schweigen der Evangelien über die Kindheit des Herrn. Am Rande des kanonischen Textes erscheinen bald, etwa vom 2. Jahrhundert an die Apokrypen, die die Kirche mit Recht als Erdichtungen abgelehnt hat. In einem dieser Texte, dem sogenannten Protoevangelium des Jakobus erscheint auch der hl. Josef.

Unter den Kirchenvätern finden wir Mitte des 2. Jahrhunderts beim hl. Justinus zum ersten Mal eine Bemerkung über den hl. Josef, später reden von ihm gelegentlich Irenäus von Lyon, Eusebius von Cäsarea, Athanasius, Cyrillus von Jerusalem, Maximus von Turin, Fulgentius von Ruspe, Gregor der Große, Leander und Isidor. Erklärungen der Schriftworte, etwa die Behandlung von Fragen zur Genealogie oder auch Homilien über diese Schrifttexte, welche meist zu den Festen der Geburt des Herrn oder Mariä Verkündigung verfasst sind, finden wir unter anderen bei Hilarius, Ambrosius, Hieronymus, Augustinus, Petrus Chrysologus, Johannes Chrysostomus, Nilus und Cyrillus von Alexandrien.

„Einige wenige von den Vätern haben sich allerdings mit der bloßen Erklärung der Schriftworte nicht begnügt, sondern sie haben diese Gelegenheit benutzt, um ihre große Achtung vor dem Heiligen kundzutun und in zuweilen begeisterten Worten dessen Lob zu verkünden“1, so etwa Ephrem der Syrer, der bei der Betrachtung der Geburt Christi nicht minder Josef als Maria preist oder Johannes Chrysostomus, der die Tugendgröße dieses Mannes verherrlicht. „Hierher dürfen wir wohl auch den hl. Augustinus rechnen, der die wahre Ehe zwischen Maria und Josef sehr energisch vertritt, ebenso den gelehrten Hieronymus, der die beständige Jungfräulichkeit dieses Bräutigams der Gottesmutter behauptet.“2

Neben der Frage der Abstammung des hl. Josef und der Frage welches Handwerk er ausübte, um die Heilige Familie zu ernähren, wie der Ausdruck der Heiligen Schrift, die ihn faber, „Arbeiter“ nennt, zu präzisieren ist, waren es vor allem die Fragen über das Verhältnis Josefs zu Maria und Jesus, die Gründe der Vermählung mit Maria und seine Jungfräulichkeit, die die Väter erörterten. Das stille Familienleben des Heiligen im Verkehr mit Jesus und Maria fand bei der Väterliteratur keine Beachtung. Nur der syrische Diakon Ephrem hat in kurzen Andeutungen darauf hingewiesen: „Das Weib dient sonst dem Manne, weil er sein Haupt ist; Josef aber machte sich auf, um vor Maria zu dienen, die seinen Herrn trug. Als Priester diente er vor deiner Bundeslade, um deiner Heiligkeit willen. Moses trug einst die steinernen Tafeln, die sein Herr geschrieben hatte, und Josef ehrte feierlich die reine Tafel, worin der Sohn des Allerhöchsten wohnte.3 Wenn man in der reichen Literatur der Väter die spärlich verstreuten Bemerkungen über den hl. Josef zusammenfasst, so wird dadurch das Bild des Heiligen gegenüber den Evangelien nicht wesentlich erweitert, der Fortschritt zeigt sich hauptsächlich in der schärferen Fassung und klareren Deutung der Berichte aus der Heiligen Schrift.

Quelle: Pater Johannes Regele

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