Labre
1554

Predigt zum EIDGENÖSSICHEN (Schweiz) DANK-, BUS- UND BETTAG v. Kaplan A. Betschart

Der Predigt zum heutigen Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag möchte ich folgendes Wort des Heilandes voranstellen, das nie an Aktualität einbüsst, ein Wort, das zeitlos ist, das auch für unser Land Gültigkeit besitzt. Es lautet:

“Hütet euch vor den falschen Propheten; sie kommen zu euch wie Schafe, in Wirklichkeit aber sind sie reissende Wölfe” (Mt 7,15).

Falsche Propheten und falsche Lehrer sind z. B. diejenigen, die versuchen, die von Gott gegebene und auf der Heiligen Schrift beruhende Wahrheit zu ändern, die die Heiligkeit der Ehe, der Familie und die wesentliche Lehre von der sittlichen Reinheit leugnen. Sie befürworten eine neue Begriffsbestimmung von Sittlichkeit, um Unzucht, Ehebruch und homosexuelle Beziehungen zu rechtfertigen. Manche treten offen für die Legalisierung sogenannter “gleichgeschlechtlicher Ehen” ein. Sie lehnen unwandelbare Gesetze Gottes ab, die Ehe und Familie schützen. Diese falschen Propheten sind heute Legion geworden, es wimmelt von ihnen auf Kanzeln und Lehrstühlen, in der Wissenschaft und in der Politik. In dramatischer Weise liegt heute so vieles im Argen, wie es die Welt seit der Geburt Jesu Christi noch nie gekannt hat.
Schon vor über 150 Jahren hat der große spanische Staatsmann Donoso Cortés prophetisch gesagt:

Die europäische Gesellschaft liegt im Sterben ... Sie ist dem Untergang geweiht, weil wir aus unseren Söhnen keine Christen mehr machen wollen und weil wir selbst keine wahren Christen mehr sind.”

Wie recht hat er, ja sogar noch vielmehr, als er es sich selbst vorstellen konnte. Von der sexuellen Revolution und vom Genderwahnsinn von heute hatte er damals noch keine Ahnung, auch vom rasenden Glaubensabfall nicht. Gemäss seinem sehr besorgten Aufruf, der auch heute noch wahr ist, müssten wir also Christen sein, nicht bloss in schönen Gedanken, sondern in unseren Worten und Taten.
Auf welche Grundhaltung müssten wir Christen ganz besonders Gewicht legen, damit das Christentum wieder an Profil und Durchschlagskraft gewinnen würde? Der große Däne Sören Kierkegaard hat einmal gesagt:

“Christ sein kann man nur im Widerspruch!”

Dieses Wort gilt heute mehr denn je, weil die würdelose Anbiederung der Christen an die Welt zur grossen Mode geworden ist.
Der christliche Widerspruch lässt sich leicht durch die Heilige Schrift belegen, denn Christus selbst ist zum Zeichen des Widerspruchs geworden. Er begann bereits bei der Geburt unseres Herrn Jesus Christus. Bei Seiner Darstellung im Tempel sagte der greise Simeon über IHN:

“Siehe, dieser ist gesetzt zum Falle und zur Auferstehung vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird” (Lk 2,34).

Und es wurde dem Herrn widersprochen, selbst im Kreise Seiner Verwandten.

“Er ist von Sinnen” (Mk 3,21),

sagten sie. Es wurde Ihm widersprochen von Seinen Jüngern, als sie murrten:

“Diese Rede ist hart. Wer kann sie hören?” (Joh 6,60).

Die sichtbarste Gestalt des Widerspruches aber wurde Er selbst durch das Kreuz, an das man den Herrn nagelte.
So muss auch der Jünger Christi das Kreuz, das bis zum Ende der Zeit das hoch aufgerichtete Zeichen des Widerspruches bleiben wird, täglich auf sich nehmen. Christus verlangt denn auch, dass wir uns entscheiden:

“Wer nicht mit Mir sammelt, der zerstreut” (Lk 11,23).

Christus kennt keine Neutralität. Entweder gehören wir Ihm an oder der Welt. Wenn uns Christen nicht mehr widersprochen wird, müssten wir uns betroffen fragen, ob wir überhaupt noch in der Nachfolge Christi leben.
Dante Alighieri, der Schöpfer der GÖTTLICHEN KOMÖDIE, teilte die Unentschlossenen, die Feigen und die Anbiederer, die sich besonders klug vorkommen, dem ersten Kreis der Hölle zu. Möglicherweise hat er sich gar nicht so stark geirrt. Die Anbiederung an die Welt ist eine der tiefsten Ursachen für die Krise des Christentums unserer Zeit. Denn sie hat notwendigerweise die Säkularisierung, die Verweltlichung der Christen zur Folge, was sich allenthalben zeigt in der Entfremdung Gott gegenüber und dem blinden Verfallensein an eine neuheidnische Lebensauffassung.
Papst Pius XII. hat wiederholt gesagt, dass die Kirche, in welcher der Heilige Geist wirkt, das Lebensprinzip der menschlichen Gesellschaft ist. Kirche aber sind wir als Getaufte in Verbindung mit Jesus Christus. Wie viele Christen aber weigern sich heute, den Heiligen Geist in sich wirken zu lassen und verfehlen damit ihre höchste Berufung. Sie sind nicht mehr das Salz der Erde, das reinigt, und nicht mehr das Licht, das die Finsternis erhellen sollte. Dieses Versagen von uns Christen bewirkt den Zerfall in den verschiedenen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens. So sind z. B. sogenannte christliche Staaten am Zerfallen, weil sie die Einheit mit Christus verloren haben. Die sozialen Bindungen lösen sich auf und es entsteht der Klassenkampf. Die einzelnen Gruppen und Gemeinschaften wollen nicht mehr Glieder eines Ganzen sein und sind deshalb auch nicht mehr bereit, das Leben nach einer gottgewollten Ordnung zu gestalten.
Dadurch zerfällt auch das öffentliche Recht. Es ist der Willkür der Menschen ausgeliefert, anstatt eingebaut zu sein in den Willen Gottes und in Sein ewiges Gesetz. Man muss sich nicht wundern, wenn Terroristen, Mörder und Gewaltverbrecher mit Samthandschuhen angefasst werden, sosehr, dass Schweizerpolizisten vor einigenJahren die Richter öffentlich auffordern mussten, die Gesetze wieder konsequenter anzuwenden. Der Wille und die Absicht dagegen, die Wehrlosesten, die Ungeborenen, gesetzlich straffrei morden zu dürfen - mit Unterstützung durch die “Krankenkassen” -, wirkt wie kalter, zynischer Hohn auf Recht und Gerechtigkeit. Dies wirft ein grelles Licht auf die Morbidität, den Fäulniszustand und den Verdorbenheitsgrad unserer Gesellschaft, auch unseres Landes.
Auch die sexuelle Krise von heute hat ihre letzten Ursachen in der Unchristlichkeit von uns Christen, in unserer Gottverlorenheit. Wir müssten uns doch ganz anders zur Wehr setzen gegen die lautstarke Propagandamaschinerie, welche die Befriedigung - und nicht die Beherrschung der Begierden - uns täglich in Wort und Bild ins Hirn hämmert. Mit diesem Wehren müsste man vor dem Fernsehen in der eigenen Familie und im persönlichen Leben vor dem Internet beginnen!
Gemäss dieser antichristlichen Propaganda ist z. B. die sakramental vor Gott geschlossene Ehe ein Hindernis für die Selbstverwirklichung, für die persönliche Freiheit. Man degradiert sie zu einer rein bürgerlichen Institution, wenn überhaupt noch, die mühelos wieder getrennt werden kann. Bei dieser Abwertung der Ehe, die nicht mehr dem Willen Gottes unterstellt ist, sondern dem Gutdünken des einzelnen, gibt es auch keine Garantie mehr für eheliche Treue, keinen sicheren Schutz für das ungeborene Leben und kein Interesse mehr an einer christlichen und gottgläubigen Erziehung der Jugend. Eltern dagegen, die heute noch christlich leben und handeln wollen, die bereit sind, in verantwortungsbewusster Weise auch mehreren Kindern das Leben zu schenken, werden verlacht und verspottet.
Insgesamt können wir die Früchte dieses offenkundigen Zerfalls Tag für Tag ernten. Dies alles ist wie ein Zeitzünder für die Familie, für den Staat und für die Kirche, der die Bombe eines Tages explodieren lässt, wenn wir Christen nicht ernsthaft beginnen, diesem chaotischen Strom Widerstand zu leisten. Wir müssen es tun, es ist dies unsere christliche Berufung, auch dann, wenn der Dank der Welt nur Ablehnung und Hass sein wird. Für einen Christen gibt es eben keine Freundschaft mit der Welt. Der hl. Apostel Jakobus sagt:

“Wisst ihr nicht, dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, erweist sich als Feind Gottes” (4,4).

Der christliche Widerstand besteht nicht bloss in der Verneinung. Er ist letztlich sehr bejahend, und zwar dann, wenn wir nach den Forderungen Christi leben. Diese Forderungen lauten in ihrer Kurzform: leben aus dem Glauben und aus der Gottes- und Nächstenliebe. Es ist das, was uns Christen mit Gott und untereinander verbindet. Es gibt nichts Beglückenderes, als mit Christus verbunden zu sein und ganz in IHM zu leben. Die herrlichen Früchte eines solchen Lebens, das auch für die Mitmenschen zur Freude und zum Heile gereicht, sind nach dem hl. Paulus die folgenden:

“Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Langmut, Sanftmut, Treue, Mässigkeit, Enthaltsamkeit und Keuschheit” (Gal 5,22).

Solche Früchte würden das “Antlitz der Erde erneuern”. Christus braucht für die Verbundenheit mit IHM das Gleichnis vom Weinstock und den Rebzweigen. Nur in Verbindung mit dem Weinstock kann der Rebzweig blühen und Früchte tragen. Wenn die Hauptsache bei uns Christen geordnet ist, also das Leben aus dem Glauben und aus der Liebe, dann wird daraus von selbst die Ordnung der Einzelbezirke des Lebens erfolgen: für die Familie, für den Staat und für die Kirche.
Um diesen notwendigen Widerstand leisten zu können, müssen wir uns um die Standhaftigkeit bemühen. Standhaftigkeit ist nicht etwas Angeborenes, sondern sie ist letztlich Gnade und zugleich eine Tugend, um die man beten und ringen muss. Der heutige Christ muss wieder der standhafte Mensch werden, auf den Verlass ist, der nicht wankt und nicht heute so und morgen anders denkt. Wenn er sein Leben auf Christus gründet, vermögen weder Drohung noch Gewalt ihn dahin zu bringen, etwas von seiner Überzeugung preiszugeben. Wie Felsen müssen die Christen in einer tosenden und lärmenden Brandung sein, an denen sie sich brechen muss.
Ein solch herrliches Beispiel eines christlichen Lebens gab der hl. Thomas Morus, Familienvater und Staatsmann, der 1535 für seine Überzeugung in London den Märtyrertod erlitt. Damals versagten viele Bischöfe, Geistliche und Mönche mit wenigen Ausnahmen, zu denen Thomas Morus und der Bischof John Fisher gehörten. Ausser diesen kapitulierte schmählich das gesamte Parlament und die Kirche Englands vor einem sexbesessenen Diktator in Königsgewändern und einem ehrsüchtigen Weibe. Niemand der Höhergestellten hatte den Mut, zu seiner Überzeugung zu stehen und zu widersprechen. Hurtig beeilten sich alle, kirchliche wie staatliche Würdenträger, die Gunst des Diktators ja nicht zu verlieren.
Sind wir heute nicht in einer ähnlichen Situation? Wer hat eigentlich noch die Zivilcourage, dem neuen Diktator, dem alles auflösenden Zeitgeist, einem gottlosen Neuheidentum, sich mutig und entschlossen entgegenzustemmen? Das würde bedeuten: “Immer zuerst auf Gott achten”, wie der hl. Thomas Morus sagte, also in vielem unzeitgemäss und unmodern sein, und klar bekennen, dass man den gottlosen Trend nicht mitmacht. Unsere Zeit braucht jene Christen wieder bitter nötig, die die Standhaftigkeit der Heiligen besitzen und nicht gleich beim leisesten Hauch eines modernen Lüftchens wie Kartenhäuser zusammenfallen.
Um die Standhaftigkeit müssen wir mehr denn je beten, damit wir ausharren im Martyrium, das heisst im täglichen Zeugnisgeben gegen eine gottentfremdete Welt - für Christus und Sein Reich. Mit einem Wort von P. Werenfried van Straaten möchte ich schliessen:

“Wir tanzen um ein Pulverfass und merken es nicht. Die Tage Noe’s scheinen zurückgekehrt zu sein. Die Hure von Babylon ist in die Kirche eingedrungen. Jetzt, da staatliche Behörden und allzu viele Priester versagen, muss das einfache Volk Gottes betend auf die Barrikaden steigen. Gedenket der Vergangenheit! Die Mauern Jerichos wurden eingerammt durch die Kraft des Gebetes. Betet darum täglich den Rosenkranz (wie es die Muttergottes in Fatima gewünscht hat) ! Betet für die Bekehrung des Westens! Betet für eure Bischöfe, Eure Staatsmänner, Eure Ärzte, Eure Priester! Betet für die Sünder, die Schwachen, die Untreuen, die falschen Propheten, die Mörder! Und betet wieder das alte abgeschaffte Gebet, das früher nach der Hl. Messe zum Himmel stieg: ‘Heiliger Erzengel Michael, beschirme uns im Kampfe!’”

Amen.

Quellenhinweis:

▸ Graber R., Verkünde das Wort, Regensburg 19692.

▸ Hornstein / Faller, Gesundes Geschlechtsleben - Handbuch für Ehefragen; Olten u. Freiburg i. Br. 1955, 2. Auflage.

Bildmontage:

Grosser und kleiner Myten über dem Dorfe Schwyz mit Schweizerfahne und den Wappen der drei Gründerkantone Uri, Schwyz und Unterwalden.
Melchiades
Nun, von Moselanus Anmerkung mal abgesehen, ist dies etwas, was sich nicht nur die Schweizer, sondern auch der Rest der westlichen Katholiken, aber so etwas von.. unter die Ohren schreiben könnten ( eigentlich sollten !).
Und am Besten. Jeder zieht sich erst einmal selbst an dem Ohren. Tut zwar weh, aber vielleicht hilft es, so als erster Schritt in die richtige Richtung.