M.RAPHAEL
1,4 Tsd.

Unschuld, Kunst, Wahrheit

Gestern nach der Heiligen Messe ging ich noch ein paar Meter, als ich plötzlich eine Großmutter, eine Mutter und ihre sehr kleine Tochter vor mir wahrnahm. Die Mutter und die Tochter hatten Kleider aus dem gleichen Stoff. Das Kind lachte und rannte einfach so hin und her. Es genoss den Spaziergang. Das Wetter war sehr schön. Das Mädchen war die reine Unschuld. Wir bemerkten uns, lächelten und winkten kurz. Reine Herzen erkennen sich gegenseitig. Dann ging ich weiter. Ich war glücklich.

Unschuld ist unvorstellbar wichtig. Es gibt niemanden im Himmel, der nicht geradlinig unschuldig ist. Schlauberger, Modernisten und Zyniker verachten deshalb das Heilige. So doof sind sie nicht. Manche besuchen Gloria TV auch deshalb, um sich ein wenig über die Einfalt zu amüsieren und sich noch mehr als Gott zu fühlen. Es gibt nicht wenige Frauen, die es genau deshalb auf Priester und Mönche absehen. Diese Naiven machen kontrollierbare und sensible Männer, die man am Nasenring hinterher ziehen kann. Das ist übrigens auch der Grund für Klostermauern. Sie sperren nicht ein, sondern schützen die radikale Verwundbarkeit vor der gierigen Außenwelt.

In Seiner unergründlichen Liebe für die Menschen hat Gott den Menschen einen Spiegel geschenkt. Es ist die Kunst. In ihr kann sich der Mensch in seiner umfassenden Wahrheit reflektieren. Man erinnere sich auch an „Das Bildnis des Dorian Gray“. Viele Menschen wollen nicht ihre Wahrheit sehen, sondern ihr Wunschbild. Sie produzieren ideologische „Kunst“. Natürlich ist sie schlecht, weil sie nicht der objektiven Position des Menschen innerhalb der Conditio Humana entspricht. Aber der Spiegel, die Kunst, zeigt eben auch diese Wahrheit der Selbstlüge. Maria Lassnig hat ihr ganzes Leben in den Spiegel geschaut und immer neue Bilder ihres Körpergefühls gemalt. Cindy Sherman porträtiert sich immer wieder neu in Posen traditioneller Kunst. Sie betreibt damit eine Art feministische Uminterpretation der Kunstgeschichte. Jeff Koons produziert glitzernde und leicht konsumierbare Kunstikonen (z.B. in 2019 einen orangefarbenen „Balloon Monkey“), die alle mehr oder weniger aussehen wie aufgeblasene Ballons. Was zeigt der Spiegel der Conditio Humana in seinem Fall? Die Kunst verdeutlicht den klaren oberflächlichen Aspekt der menschlichen Geldgier. Die humanistische Tiefe des modernen Denkens reicht nur bis zum nächsten Glitzer. Niemand hilft den Afrikanern wirklich. Der moderne Sammler gibt Millionen aus für Luftballons und die Armen verrecken.

Wichtig ist, die Kunst ist ein Spiegel der Wahrheit für die Menschen. In ihr gibt es keinen Gott.

Wenn Gott ruft und der Mensch antwortet, geschieht etwas Merkwürdiges. Der Mensch beginnt über den Rand des Spiegels hinaus zu schauen. Er erhebt seinen Blick. Der Bauchnabel, die Kunst, ist nicht mehr so interessant. Jetzt sieht der Mensch, dass Gott den Spiegel der Kunst in der Hand hält. Jetzt schaut der Mensch nicht mehr auf sich, sondern auf Gott. Welches Glück, welche Herrlichkeit. Heilig, Heilig, Heilig. Nur noch knien.

Entscheidend ist, nur das reine Herz, nur die Unschuld, kann Gott sehen, weil Er selbst die absolute Reinheit ist. Unschuld bedeutet Vertrauen und Geradlinigkeit. Das Sein ist, was es ist. Alles Leben nimmt liebevoll die ihm zugewiesene Position ein. Niemals will ein Proton ein Elektron sein, oder umgekehrt. Wir alle sagen: FIAT! Unschuld bedeutet die übereinstimmende Überzeugung: „Genau so und nicht anders!“ Mit den Augen der kindlichen Liebe erkennen wir/schauen wir (Kontemplation)/am wichtigsten WOLLEN wir die Schönheit und Unüberbietbarkeit der Heiligkeit Gottes. Es ist wirklich großartig und kann von Worten nicht eingefangen werden.

Es ist das perverse und heimtückische Böse, das das nicht will. Der Schlauberger akzeptiert seine Position im Leben nicht. Er will mehr. Er will es anders. Er kann nicht in den Himmel. Für ihn gibt es keine Erlösung, obwohl er lieb ist und es gut meint.