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Besuche aus einer anderen Welt Offenbarungen an Fulla Horak. Besuche aus einer anderen Welt Offenbarungen an Fulla Horak Das Buch entstand in Zusammenarbeit mit dem Neffen von Fulla Horak, dem polnischen …Mehr
Besuche aus einer anderen Welt Offenbarungen an Fulla Horak.

Besuche aus einer anderen Welt

Offenbarungen an Fulla Horak


Das Buch entstand in Zusammenarbeit mit dem Neffen von Fulla Horak, dem polnischen Priester Dr. Tomasz Horak, Nowy Swieów. Bischof Twardowski von Lemberg hat 1939 dem Druck des Buches zugestimmt und in einem Presseartikel positiv über die Mystikerin geurteilt. Titel der polnischen Original‑Ausgabe: Heilige Frau

Druckerei Piotr Pyz & Co., Warschau, 1939, Deutsche Übersetzung: Waldemar Piotrowski

4. Auflage 1999 Verlag Claus P. Clausen, Druck: Verlagsdruckerei Josef Kral, 93326 Abensberg

4. Kapitel

"Auch ihr sollt bereit sein." (Lk 12, 40)

Alle Informationen über das zukünftige Leben, die ich von meinen heiligen Betreuern erhielt, wurden mir in klarer, verständlicher Form, sozusagen übersetzt in unsere begrenzte menschliche Begriffswelt, übermittelt. Meine Heiligen sagten mir jedoch auch, daß alles, was in der Welt des Geistes geschieht, irgendwie anders vor sich geht, größer und intensiver, unbegreiflich für uns. Es paßt in unseren Verstand, so wie er ist, einfach nicht hinein.
Ebenso wenig wie sich unsere Sinneswahrnehmungen beschreiben lassen, z. B. ein Geruch, eine Farbe oder wie sich etwas anfühlt, kann man einem Menschen den Zustand einer von der Materie befreiten Seele beschreiben. Man kann in diesem Zusammenhang höchstens Vergleiche mit Begriffen aus unserer Sinnes- und Vorstellungswelt anstellen. Folglich ist auch alles, was ich über diese Seelenzustände und das zukünftige Leben sagen kann, aus dem für uns Unbegreiflichen übertragen in die unbeholfene Enge unserer Vorstellungen und Begriffe.

Der Tod
Wenn die Seele den Körper verläßt, erlebt der Mensch für einen kurzen Augenblick, den Bruchteil einer Sekunde lang., den eigenen Tod bewußt. Dabei ist es gleich, ob er gerade in tiefer Ohnmacht liegt, ganz plötzlich oder im Schlaf stirbt.
In diesem einen entscheidenden Augenblick fühlt er, auch dann, wenn er sich vorher auf das Sterben vorbereitet, sich den Tod gewünscht hat und ohne Furcht war, ein mit nichts vergleichbares Grauen. Unmittelbar nach dem Tode steht die Seele vor dem höchsten Gericht. Die unerschöpfliche göttliche Barmherzigkeit hat nun ein Ende. Wer die Schwelle vom Leben zum Tod überschritten hat, sieht sich - nackt und allein - vor seine Gerichtsbarkeit gestellt und wartet auf das gerechte Urteil.
Bis zum Zeitpunkt der Beerdigung verbleibt die Seele noch auf der Erde. Es sind die letzten Momente vor dem Empfang entweder einer Strafe oder Belohnung, die sie unsichtbar bei den Menschen verbringen darf.
Unter den Worten "bis zum Zeitpunkt der Beendigung" ist der Zeitraum zu verstehen, der nach dem jeweiligen Brauch und vorgeschriebenen Ritus zwischen dem Tod und der Beerdigung eines Menschen liegen muß. Wird z. B. ein Katholik aufgrund irgendwelcher tragischen Umstände nicht am dritten Tag nach seinem Tode beerdigt, so entfernt sich seine Seele nach Ablauf von drei Tagen auch so von der Erde.
Verwandte und Freunde haben für eine zum Fegefeuer verurteilte Seele nicht die geringste Bedeutung, es sei denn, sie kann auf ihre Hilfe hoffen. Die einzige Form einer derartigen Hilfe ist das Gebet. Diesen Beweis der Liebe oder Freundschaft erhofft und erwartet die Seele des Verstorbenen von den Menschen.
Unbeschreibliche Qualen bereitet einer Seele die Tatsache, daß sie sich den Menschen nicht verständlich machen kann. Sie kann ihnen nicht sagen, daß ihre Tränen und all die Trauer ihr keinerlei Erleichterung oder Nutzen bringen, sondern diesen in seiner Bedeutung ohnehin schon schrecklichen Übergang noch erschweren, daß menschliches Leid nichts ist verglichen mit den Qualen, denen die Seele ausgesetzt ist, wenn die Menschen ihr die einzig mögliche Hilfe verweigern: Gebet und gute Taten.
Oh! Wenn diese Menschen wüßten! Wenn sie doch nachdenken, wenn sie versuchen wollten, die ausweglose, verzweifelte Situation einer solchen Seele nachzuempfinden! So ganz in der Nähe ihrer Lieben zu sein, sie anzuflehen, vergebens an ihr Gewissen und ihr Herz zu appellieren, zu wissen, daß diese letzten Augenblicke des Kontaktes mit der Welt bald unwiederbringlich zu Ende gehen, dieser starke Wunsch, ihren Lieben bei diesem Abschied noch laut zuzurufen, was Sie zu ihrer Rettung benötigt! Oft muß diese Seele jedoch mit ansehen, wie eben diese Lieben sich auf egoistische Weise ganz ihrem eigunen Schmerz hingeben, sich in ihre Trauer hineinsteigern und ihre Köpfe vor dem leeren Körper senken, dessen einziger Zweck nun nicht mehr in ihm weilt!
Wenn die Seele dann enttäuscht feststellen muß, daß sie auf Gebete von denen, die ihr nahestehen, nicht hoffen kann, sucht sie fieberhaft unter den anderen Menschen, sogar unter Fremden, nach jemandem, der für sie betet. Und wenn sie einen solchen Menschen gefunden hat, wie unendlich dankbar kann sie sein! Mit aller Kraft bemüht sie sich, n durch Inspiration in dieser Absicht zu bestärken. Sie bleibt bis zuletzt bei diesem Menschen, ohne auch nur für einen Augenblick zu den ihren zurückzukehren, die sie enttäuscht, traurig gemacht und in vollem Ausmaß den Egoismus der irdischen menschlichen Gefühle gezeigt haben.
Auch bei der Beerdigung ist die Seele meistens noch der Traurigkeit und dem Jammer ihrer Nächsten ausgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt ist Sie zum allerletzten Mal mit der Welt verbunden. Und was muß sie da .vor allem sehen? Ihre nächsten Angehörigen sind verzweifelt über ihre eigene Verzweiflung. Verwandte und Freunde schreiten mehr oder weniger gleichgültig hinter dem Sarg her und machen sich Gedanken darüber, wie sie so schnell wie möglich unbemerkt den Trauerzug verlassen und um die nächste Ecke verschwinden könnten. Die anderen besprechen noch eine Zeitlang ausführlich alle Begleitumstände dieses Todes und gehen dann zu allgemeinen Themen über. Man kann froh sein, wenn sie nicht auch noch schlecht über den Verstorbenen und seine Familie reden! Niemand denkt dabei an ein Gebet. Niemand kommt auf die Idee, für diese oft verzweifelte, erschrockene Seele, die noch in der Nähe verweilt, ganz bewußt zu schweigen oder ihr wenigstens den Weg zum Friedhof zu weihen! Niemand macht sich bewußt, daß sie alles sieht, hört und spürt und daß sie leidet, wie eine Seele nur leiden kann!
Sobald der Verstorbene bestattet ist, reißt jeglicher Kontakt der Seele zur Erde plötzlich ab, und sie begibt sich an den für sie durch das Urteil bestimmten Ort, wo entweder ihre Belohnung oder ihre Buße beginnt.

Vom ersten Augenblick an, nachdem sie ihren Körper verlassen hat, bekommt die Seele einen Eindruck von der unermeßlichen Größe und Macht der Welt, in die sie eingegangen ist, im Gegensatz zu dem Elend und der Geringfügigkeit von allem, was sie hinter sich ließ.
Sie ist auf einmal wie verzaubert. Alles, was sie mit ihrem menschlichen Verstand bis zu diesem Zeitpunkt als real existierend ansah - es existiert eben absolut nicht! All das wiederum, was sie zumeist als unwirklich, unreal und erfunden bezeichnete - es ist die einzige, unabänderliche und ewige Wahrheit!
Da ihr Urteilsvermögen durch nichts mehr getrübt ist, wird ihr nun mit: erschreckender Deutlichkeit bewußt, was sie verdient hat. Die dort herrschende unabänderliche, vollkommene Wahrheit, dieselbe, die dem Menschen auf der Erde oft so unbequem, so weit entfernt und problematisch erschien, wie einfach ist sie nun, da es keinen Ausweg mehr gibt, da man den Blick nicht mehr abwenden kann, wie zu Lebzeiten, um bestimmte Ziele zu erreichen!
Zwischen dem Tod und der Beerdigung weiß die zur Läuterung im Fegefeuer verurteilte Seele die ganze Zeit über genau, daß sie ihre ganze Schuld abbüßen und alle Versäumnisse abarbeiten muß. In der ersten Stufe des Fegefeuers verliert sie dann das Wissen über die Gesamtheit ihres Lebens, die Dauer der Strafe, die sie erwartet und die Beschaffenheit ihres ewigen Lohnes.
Und wie glücklich ist sie, büßen und wiedergutmachen zu dürfen! Sie weiß bereits, wie unverhältnismäßig einfach und leicht selbst das längste und unangenehmste Leben im Vergleich zu einem einzigen kurzen, im Fegefeuer verbrachten Augenblick ist. Mit welcher Freude würde sie wieder auf die Erde zurückgehen, zu dem Elend, zu der Mißachtung, zu all den Krankheiten und Erniedrigungen - und wie gewinnbringend würde sie all dies jetzt erdulden können! Auf der Erde kann man sich zu jeder Zeit Verdienste bei Gott erwerben, man kann sich um seine Gunst und Vergebung bemühen, während man dort nichts mehr für sich tun kann! Die Seele steht der Wahrheit gegenüber und hat zutiefst begriffen, daß sie nun die gerechten Folgen ihrer eigenen Sünden und Nachlässigkeiten vor sich hat. Die Möglichkeit, zu leiden, ist für sie eine Gnade und ein Beweis für Gottes unendliche Güte.
Sie hat jetzt den vollkommenen Überblick über ihre Fehler und erkennt all ihre Nachlässigkeiten, Unzulänglichkeiten, Versäumnisse, sie sieht genau, welche positiven Möglichkeiten sie ungenutzt verstreichen ließ. Es ist ihr auch deutlich bewußt, welche Vorteile sie durch das Ergreifen und Ausnutzen dieser Möglichkeiten erworben hätte. Man stelle sich vor, wie schrecklich jemandem zumute sein muß, der für ein paar Groschen ein Lotterielos abgegeben hat, auf welches dann der Hauptgewinn fällt! Ähnlich qualvoll empfindet die Seele nur ist das Leid, das sie sich selbst zugefügt hat, um vieles härter und schrecklicher. Sie hat freiwillig auf diesen "Hauptgewinn" verzichtet, der doch eigentlich für uns Menschen das Wichtigste sein müßte.
Sie sieht auch, daß jede, auch die kleinste, vom guten Willen aufgefangene Regung des Herzens zum Guten hin verzeichnet ist. Jede gute Tat und selbst der geringste Sieg über die eigene verdorbene Natur, jede Erhebung der Gedanken zu Gott wurde für sie gewertet, gutgeschrieben und von ihrer Schuld abgezogen.
Die Seele behält nach dem Tode weiterhin die Fähigkeit, zu fühlen. Da sie keinen Körper und keine Sinne mehr hat, kann sie keine physischen Schmerzen empfinden, es verbleiben ihr jedoch moralische Qualen. Über die Intensität und Sensibilität dieser Gefühle kann sich der Mensch nicht einmal andeutungsweise eine Vorstellung machen.
Zum Zeitpunkt des Todes, wenn die körperlichen Augen sich für immer schließen, öffnen sich für immer die Augen der Seele, die durch die ganze Ewigkeit hindurch nie mehr aufhören werden, zu sehen, mag ihnen dieser Blick nun Freude bereiten oder Qualen zufügen.
Es ist für einen Menschen möglich, sich sein Leben lang nicht mit seiner Seele zu befassen und für die irdischen Belange scheint dies nicht von Bedeutung zu sein. Nach dem Tode jedoch gibt es nur noch den Geist und sonst nichts! Genauso, wie zu Lebzeiten der Körper durch kleinste organische Fehler krank wurde, leidet nun die Seele für die geringste Abweichung von der nach göttlichem Plan gezogenen Linie, auf der sie sich hätte bewegen sollen.
Darüber hinaus bewundert sie mit jedem Gedanken, jeder Gefühlsregung die Gerechtigkeit Gottes und wehrt sich auch unter den härtesten Qualen nicht gegen sein Urteil. Deshalb würde sie auch niemals vorzeitig das Fegefeuer verlassen und in die himmlischen Freuden eingehen wollen, selbst wenn sie die Möglichkeit dazu bekäme, denn sie fühlt sich weder würdig noch reif genug dafür.
Ein Mensch, der in Armut lebt, nicht gebildet ist, sich nicht entsprechend kleiden und benehmen kann, würde auch nicht ohne weiteres auf einen Hofball gehen wollen! Und sollte er doch einmal unbemerkt in den Saal hineingeraten, könnte er an dein Fest nicht teilnehmen. Ebenso unwohl würde sich die Seele fühlen, wenn sie in die ewige Glückseligkeit eingehen müßte, bevor sie von ihren Sünden gereinigt und entsprechend reif geworden ist. Im Jenseits trägt man nämlich keine Toupets! Es ist nicht möglich, mehr zu scheinen als man ist, niemand kann und will durch irgendwelche äußerliche Formen etwas vortäuschen. Es gibt keinerlei Umstände, die berücksichtigt werden müßten. Es ist alles einfach nur so, wie es ist. Klar und deutlich sieht jede Seele im Lichte der Wahrheit, die man hier weder verzerren noch zur Seite schieben noch umgehen oder verpassen kann, welchen Reifegrad sie erreicht hat! Diese Wahrheit - sie ist ! Und außer der Wahrheit existiert absolut nichts .

Das Fegefeuer
Allzu flüchtig, leichtsinnig und sorglos gehen wir im allgemeinen mit Themen um, die mit dem Fegefeuer zu tun haben. Die Leute glauben, dieses Fegefeuer mit glühenden Feuerrosten und Kesseln voller Teer sei eine Erfindung, für Kinder und bigotte Weiber geeignet. Und sie haben recht! Das Fegefeuer ist ganz anders - und viel entsetzlicher als all das, was wir hier auf der Erde mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Welch eine schreckliche Überraschung wird es demnach für einen ungläubigen Menschen sein, was seine Seele nach dem Tode alles durchmachen muß! Man denkt so ungern darüber nach. Dabei läßt sich diese Gewißheit nur bis zum Zeitpunkt des Todes verschieben. Gedankenlosigkeit bewahrt den Menschen vor gar nichts. Den Kopf in den Sand zu stecken, ist eine höchst sinnlose Verschwendung von Zeit, die man nützlicher damit verbringen kann, den zu erwartenden Qualen wirksam vorzubeugen. Wozu wohl sonst hätte Gott den Menschen das Geheimnis der Existenz des Fegefeuers verraten? Diese, wenn auch nur allgemein gehaltenen Informationen hätte uns Gott nicht gegeben, wenn sie für das Wohl unserer Seele nicht unbedingt erforderlich wären! Da er sie uns jedoch erteilt hat, wäre es eine anmaßende Dummheit, diesen Vorteil nicht zu nutzen.
Welches sind die Leiden des Fegefeuers? Ungezählt und unvorstellbar ist die Vielfalt dieser Qualen, denn jede Schuld hat ein entsprechendes Gegenstück im jenseitigen Läuterungsprozeß.
Die schlimmste Qual ist für die Seele die Sehnsucht nach Gott, und diese empfindet sie ständig, mit Ausnahme der Zeit in einigen Kreisen des Fegefeuers, in denen es unmöglich ist, sich in Gedanken an Gott zu wenden, was dort wiederum die stärkste Qual für die Seele ist.
in allen übrigen Kreisen zieht es die Seele nach oben, zum Licht, zu Gott hin, und sie leidet, weil es ihr dank ihrer noch nicht verbüßten Schuld unmöglich ist, sich ihm zu nähern. Kein Verlangen, dessen ein menschliches Herz fähig ist, kann mit diesem verglichen werden; es ist das Verlangen einer wissenden, aus der Enge der Sinne bereits befreiten, unsterblichen Seele nach der Rückkehr zu ihrem Schöpfer und Herrn. Gott zieht sie an wie ein gewaltiger Magnet von ungeheurer, überwältigender Kraft. Von der Sehnsucht nach Gott kann sich die Seele nicht befreien, ebenso wie ein kleines, willenloses, blindes Metallteilchen sich nicht von einem Magneten lösen kann, der es mit seinen Polen anzieht. Diese Sehnsucht ist gewissermaßen der Grund, auf dem sich die verschiedenartigsten Arten und Formen der Leiden, Qualen und Zustände einer sich im Reinigungsprozeß befindlichen Seele abzeichnen.
Das Fegefeuer besteht aus unzähligen Kreisen verschiedenster Art. Manche kenne ich nur dem Namen nach, wie z. B. den Kreis des Hungers, der Angst, des Grauens und der Bedrängnis. Über andere habe ich von meinen heiligen Betreuern einiges erfahren. Bei meiner Schilderung des Fegefeuers werde ich die Qual der Sehnsucht zu Gott aussparen, da ja diese Sehnsucht der Grundzustand jeder büßenden Seele ist. Man könnte annehmen, da die Seele in ihrem Reinigungsprozeß in immer höhere und der ewigen Helligkeit nähere Kreise eingeht, die Qual der Sehnsucht würde angesichts der Hoffnung auf ihre nahende Befriedigung abnehmen. Aber nein! Die sich verringernde Entfernung von dieser Helligkeit bewirkt, daß das angestrengte Streben der Seele nach einer Verbindung mit ihr noch verstärkt wird; mit ungeahnter Kraft wird sie von dieser Helligkeit fast an sich gerissen, so daß die Sehnsucht nach Gott im letzten Fegefeuerkreis, wo außer dem Warten keine weiteren Leiden mehr zu erdulden sind, ihre höchste Intensität erreicht.

Der Kreis der Irrungen
Die erste und schrecklichste Fegefeuerstufe ist der Kreis der Irrungen. In dieser Zeit kreist die Seele in der Nähe der Erde umher, hat aber keinerlei Berührungspunkte mehr mit ihr.
Sie weiß weder, was in der Vergangenheit mit ihr los war, noch was in Zukunft mit ihr geschehen wird, sie kennt nur so etwas wie eine geisterhafte, quälende Gegenwart. Ein Ende ihrer gegenwärtigen Qualen sieht sie absolut nicht. Sie versteht überhaupt nichts. Sie weiß nicht, was mit ihr geschieht, wofür, wo, und für wie lange ...
Manchmal trifft sie auf ganze Scharen von anderen, ihr feindlich gesinnten, ebenfalls umherirrenden Seelen, mit denen sie sich nicht verständigen kann, vor denen sie sich fürchtet, denen sie jedoch nicht ausweichen kann. Es gibt für sie weder Rast noch Linderung. Nur die ständige Bewegung - ziellos, rastlos - eine unaufhörliche Suche, ohne zu wissen, wonach, und der Gedanke, daß das, was ist oder vielmehr das, was nicht ist, immer so weitergehen kann.
Das einzige, was für sie existiert, ist das in völliger Einsamkeit gemarterte, verschreckte, verirrte Bewußtsein der eigenen Persönlichkeit, das kein Gefühl für Zeit und Raum hat und weder einen Sinn noch ein Ziel sieht. Es ist die ununterbrochene Suche nach einem entsprechenden Ort und gleichzeitig die ständige Unmöglichkeit, einen solchen Ort zu finden.
In diesem Kreis befinden sich noch einige der Häscher Christi, die nicht für ewig verdammt sind.

Der Kreis der Dunkelheit
In dieser Fegefeuerstufe weiß die Seele immer noch nichts von Gott. Sie hat auch keine Ahnung davon, was sie in Zukunft erwartet. Dafür ist sie jetzt gezwungen, sich fortwährend und mit peinlicher Genauigkeit an ihre Schuld, an alle ihre Sünden, Fehler, Versäumnisse und Nachlässigkeiten zu erinnern. Es wird ihr bewußt, wie jämmerlich und nichtig der damals erzielte Nutzen im Vergleich zu dem jetzigen Verlust ist. Es ist das einzige, was sie versteht. Sie wird gequält von den ständigen Gedanken an Zeiten, in denen sie Böses getan hat, sowie von dem Gefühl ihrer eigenen Machtlosigkeit, da sie jetzt nichts mehr nachholen oder rückgängig machen kann. Durch den Blick auf das Verlorene und auf die Strafe dafür wird sie überwältigt von Reue und Verzweiflung. Ohnmächtige Verzweiflung, Bitterkeit und Wehmut, das Gefühl von Verlassenheit, Abscheu gegen die eigenen Taten; daraus besteht die nie erlöschende Glut, die sie verzehrt.

Der Kreis der Götzenanbeter
Alle jene, die irgendwann einmal gegen das erste Gebot verstoßen und an die höchste Stelle Menschen, die Wissenschaft, eigene Ambitionen, sich selbst oder irgendwelche Gegenstände gesetzt haben, sie haben jetzt das volle Bewusstsein der Existenz eines einzigen Gottes und mit einer verzweifelten, hoffnungslosen Sehnsucht sehnen sie sich nach ihm.
Sie sehen jedoch, wohin sie auch blicken, nur ihre früheren Götzen vor sich. So gern sie jetzt den wirklichen Gott anbeten und preisen würden, sie sehen ihn nicht, sondern erinnern sich ständig an ihre früheren, albernen Ehrenbezeugungen. Sie wollen Gott um Hilfe bitten, müssen sich jedoch damit an jene Götzen wenden, obwohl sie jetzt bereits die ganze Sinnlosigkeit einer solchen Bitte erkennen und verstehen. Sie möchten gern das Licht sehen, das sie irgendwo über sich spüren, aber all das, dem sie früher anstelle von Gott huldigten, schiebt sich wie eine feindliche Wolke vor diese Helligkeit und verdunkelt ihnen die Sicht. Jeder Gedanke an das zu Lebzeiten Versäumte, an die durch eigenen Willen herbeigeführte Verfälschung der Werte vertieft noch ihre Trauer und Qual.

Der Kreis der Mitschuldigen
Hier treffen sich diejenigen wieder, die einander zu Lebzeiten auf irgendeine Weise geholfen haben, zu sündigen. Obwohl ihnen dieses Zusammensein empfindliche Schmerzen bereitet, können sie sich nicht voreinander verstecken und haben einander ständig vor Augen.
Die meisten, die sich hier aufhalten, waren einmal in sündiger Liebe miteinander verbunden. Sie fühlen sich schuldig und durch den jeweils anderen benachteiligt. Sie sind einander böse - und haben gleichzeitig Gewissensbisse. Sie möchten einander gern aus ihrem Gedächtnis streichen, können aber nicht auseinandergehen. Wie elend, abscheulich und schmutzig erscheint ihnen jetzt das, was sie einmal verband. Wie deutlich können sie jetzt den wirklichen Wert eines Menschen erkennen! Sie verstehen absolut nicht, wie sie jemals so blind sein konnten. Wie gern würden sie die ganze Verantwortung auf die Person schieben, die ihnen zu Lebzeiten so vertraut und teuer war! Mit welcher Wut würde einer dem anderen die gemeinsam verübten Missetaten zuschreiben! Dabei können sie sich an jede Einzelheit, jeden Augenblick, jede schmutzige Regung ihres Herzens erinnern. Reue und Scham brennen in ihnen, Gefühle, die sie zu Lebzeiten nicht kannten!

Der Kreis der Erkennung von Konsequenzen
Dies ist eine unsagbar leidvolle Fegefeuerstufe! Wie durch einen geöffneten Vorhang kann die Seele die Erde und selbst die entferntesten Folgen ihrer Vergehen und Fehler beobachten.
Oft sieht sie ihr Lebenswerk in Trümmern liegen, und sie weiß jetzt, daß dies geschehen ist, weil der Grundstein dafür aus Sünde und Lastern bestand.
Sie sieht nun, daß jede Abweichung vom Gesetz Gottes sich an ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln rächt. Sie erkennt, welche Früchte das von ihr zu Lebzeiten gepflanzte schlechte Beispiel bringt, wie viele Seelen und Herzen mit dem Unkraut falscher Lehren, Begriffe und Grundsätze bewachsen sind, das sie ausgesät hat.
In diesem Kreis leidet die Seele nicht nur für sich, sondern für alle Sünden, die sie verursacht hat. Sie leidet gerade dadurch, daß sie jetzt alles versteht und mit ansehen muß, welche entferntesten und vielfältigsten Folgen ihre Sünden auf der Erde haben.

Der Kreis der Einsamkeit
In diesem Kreis leiden jene, die zu Lebzeiten in gedankenloser Weise stets nach viel Betriebsamkeit, Lärm und Unterhaltung Ausschau hielten und dadurch niemals Zeit gefunden haben, über den Wert der Seele nachzudenken, jene, die die kurze und kostbare Zeit ihres irdischen Lebens mit Dingen vertrödelten, die leer, nichtig, wertlos und damit auch übel und sündig waren.
In absoluter Einsamkeit grübeln sie jetzt über die traurige Leere der so verlorenen Stunden und Jahre. Gern würden sie jemanden zu sich rufen, ihre Not mit jemandem teilen, fühlen, daß jemand bei ihnen ist ... Von allen Seiten umgibt sie jedoch diese unfaßbare, unendliche, hoffnungslose Leere und Einsamkeit. Es ist, als befänden sie sich in einem leeren Haus ohne Fenster und Türen. Sie wissen auch nicht, ob und wann sie dieses Haus jemals verlassen werden.

Der Kreis des quälenden Lärms
Im Gegensatz zum Kreis der Einsamkeit halten sich hier die Seelen derjenigen auf, die zu ihren Lebzeiten den Menschen stets aus dem Weg gingen oder sie gar verachteten und die den anderen nie etwas von sich gegeben haben. Diejenigen, die sich und anderen dadurch Schaden zufügten, daß sie stets die Einsamkeit suchten und nur ihren eigenen Erlebnissen und Empfindungen Beachtung schenkten. Diejenigen, die z. B. den Gottesdiensten fernblieben, um dem allzu großen Gedränge zu entgehen. Diejenigen, die mit sich selbst geizten und sich stets schweigend zurückzogen, anstatt die Gaben ihres Geistes mit anderen zu teilen. Diejenigen, die sich in die enge, eingeschränkte Welt ihrer eigenen Gedanken und Belange einschlossen, weil sie bequem oder faul waren und keine Lust hatten, ihren Mitmenschen in irgend einer Weise zu dienen. Diejenigen, die ihren Frieden über alles schätzten und von ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung zur Nächstenliebe nichts wissen wollten.
Es sind also die Seelen der Menschen, die eher passiv als aktiv gesündigt haben, Menschen, die scheinbar nichts Böses taten, jedoch auch nicht das Gute vollbrachten, das sie hätten vollbringen können, aus Hochmut, Verachtung, Geiz und egoistischer Liebe zur Bequemlichkeit.
Ihre Seelen befinden sich jetzt in ständiger Unruhe und Bewegung. Nirgends ein ruhiger Winkel, nirgends Einsamkeit! Überall Scharen und Massen von Seelen, die sich nach Ruhe sehnen, während sie sich gleichzeitig gegenseitig ihrer Ruhe berauben. Von allen Seiten Blicke, überall ist jemand, man steht ständig unter Beobachtung. Bewegung. Lärm, Trubel, Trubel, Bewegung und Lärm, ununterbrochene, rastlose Bedrängnis bis zum Überdruss.

Der Kreis des Verlangens
Die Seelen derjenigen, die in Unkeuschheit lebten und ihre körperlichen Bedürfnisse durch Genuss, Entartungen und Wollust zu befriedigen suchten, müssen hier in vollem Bewusstsein der Abscheulichkeit ihrer Taten ständig darüber nachdenken, daß sie sich selbst den Weg zur wahren Quelle des Lebenswassers versperrt haben. In ihnen brennt ein fürchterliches, unauslöschliches Verlangen nach Reinheit. Sie fühlen sich beschmutzt, entehrt, niederträchtig und werden gequält von erstickendem Ekel auf sich selbst. Sie haben den dringenden Wunsch, sich zu waschen, zu reinigen, den Schmutz von sich zu spülen. Und um sie herum ist alles trocken, heiß und feindlich.
Diese Menschen haben zu ihren Lebzeiten aus verschmutzten Quellen getrunken, und nur durch lang andauerndes Leiden können sie sich jetzt reinwaschen, bevor sie aus einer sauberen Quelle trinken dürfen.

Der Kreis der Einbildungen
In diesem Kreis halten sich die Seelen der Menschen auf, die ihr Leben mit Gelüsten und Einbildungen verbrachten, die sich, ständig auf der Suche nach neuen Eindrücken und Erlebnissen, hinter falschen Posen versteckten und mit erfundenen Unglücken prahlten. Sie lebten nur in dem, was sie sich ausgedacht hatten und was ihnen - wie sie meinten - am besten "zu Gesicht stand".
Hierhin kommen die Seelen der Menschen, die die einfachsten, allgemein gültigen Regeln des wirklichen Lebens nicht kennen und beachten wollten. Sie haben sich eigene, künstliche, unpassende Regeln geschaffen, die für niemanden von irgendwelchem Nutzen waren. Hier werden ihre Seelen weiterhin nach ihren wertlosen Scheinbildern leben müssen, sie irren ziellos umher in einer ergebnislosen Suche nach dem wirklichen Sinn und nach wesentlichen Werten, verstricken sich in dem verworrenen, zwecklosen und nun absolut richtig bewerteten Chaos ihrer eigenen Scheinwelt.

Der Kreis der trügerischen Hoffnungen
Die Seelen der Menschen, die zu ihren Lebzeiten wortbrüchig waren und ihre Versprechen nicht einhielten, die in anderen Menschen vergebliche Hoffnungen weckten, die zwar eine Menge guter Vorsätze, Möglichkeiten und Regungen hatten, diese jedoch aus Nachlässigkeit nie zu Ende führten, die es immer auf einen späteren Zeitpunkt aufschoben, sich zu bessern oder wirklich zu beten, sie leiden in diesem Teil des Fegefeuers unter der Hoffnung auf ihre baldige Erlösung. Sie glauben ständig daran, dem Ende ihrer Qualen nahe zu sein, jeden Augenblick scheint sich für sie die Tür zur vollkommenen Glückseligkeit öffnen zu wollen, als brauchten sie nur ihre Hand auszustrecken, ein paar Schritte zu gehen, doch plötzlich finden sie sich inmitten von abgrundtiefer Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung.
Es ist eine ständige Wiederholung einer immer gleichen Hoffnung und Enttäuschung. Wie ein anstrengendes Klettern auf einer gläsernen, senkrechten Wand, dem ein ohnmächtiges Hinabgleiten auf den Grund folgt. Sie können ihre ständige Marter nicht unterbrechen. Unzählige Male beginnen sie von vorn und unzählige Male trifft sie wieder dieselbe Enttäuschung.
Dieses Geschehen wiederholt sich so lange, bis jede einzelne - auch die geringste - Schuld aus diesem Bereich getilgt ist.

Der Kreis der einzig wahren Buße
Es ist der, wenn man es so ausdrücken kann, am weitesten ausgedehnte Teil des Fegefeuers. Alle Seelen, die etwas zu verbüßen haben, müssen durch diesen Kreis hindurchgehen.
Wenn die Seele in den anderen Regionen des Fegefeuers an ihrem eigenen Schaden, an der Verzögerung ihres eigenen Glücks, an ihrem eigenen Schmerz leidet und mit Hilfe von Vorstellungen, die ihr selbst Qualen bereiten, Stufe um Stufe ihrer Läuterung entgegengeht, so denkt sie hier, im Kreise der einzig wahren Buße, in dem sie für alles noch einmal leidet, nur noch an das eine: daß sie ihren Schöpfer beleidigt hat! Das Bewusstsein des eigenen Schadens verschwindet in diesem Kreis spurlos. Es bleibt nur das umfassende, vollkommene Verstehen der vernachlässigten Pflichten, die jeder Gott gegenüber hat.
Hier erlebt sie noch einmal mit aller Deutlichkeit und Pein ihr ganzes Leben, Tag für Tag, jeden einzelnen Augenblick und jeden einzelnen Gedanken. Nicht die kleinste sündhafte Herzensregung bleibt ihr erspart - soweit sie nicht bereits auf der Erde durch bewusstes Leiden verbüßt worden ist.
Ganz klar sieht die Seele jetzt die Momente, in denen sie sich von ihrem falschen Weg hätte abwenden können, sie erkennt die Lichter, mit denen Gott sie auf die Jämmerlichkeit ihrer Handlungsweise aufmerksam machen wollte. Sie begreift, daß sie mit ihrem freien Willen Dinge gewählt hat, die Gott beleidigen und die ihm fern sind. Dabei hätte sie oft schon mit einer ganz kleinen Anstrengung und Überlegungen das tun können, was die Dinge gewandelt und Gott zur Ehre gereicht hätte.
Eine Tatsache, die der Mensch zu Lebzeiten oft anzuzweifeln wagt, wird für die Seele hier deutlich: Jeder Mensch hat von seinem Schöpfer genug Licht und Kraft empfangen, daß er sich beherrschen und damit verhindern kann, ihn zu beleidigen.
Mit unerbittlicher Konsequenz und Intensität laufen die Bilder ihres eigenen Lebens nun vor den Augen der Seele ab, während sie, durch nichts abgelenkt und einsichtig, die ganze Heiligkeit, Schönheit, Lieblichkeit, Macht, Vollkommenheit und Gerechtigkeit Gottes begreift, die sie beleidigt hat. In den vorhergehenden Kreisen hat sie sich von allen persönlichen Dingen geläutert, sie ist jetzt durch all die Leiden und Qualen wie umgeschmolzen, ihre irdischen Gewohnheiten sind wie ausgespült. Hier harrt sie aus, mit den Gedanken ständig bei ihrem Herrn und Schöpfer, und bedauert zutiefst, seine ewige Herrlichkeit gekränkt zu haben. Ihr Schmerz und ihre Verzweiflung sind um so stärker, je zartfühlender und begabter sie ist, je näher ihr Kontakt zu Gott hätte sein können und je leichter sie seine Sache hätte begreifen können. Mit nichts lassen sich die Qualen der Scham und Reue vergleichen, die die Seele hier durchmachen muß! Wenn sie sterben könnte, in diesem Kreis würde sie sterben! Wenn sie wahnsinnig werden könnte, hier würde sie es werden!
Das dauert solange, bis jede, auch die letzte Schuld, die letzte Verfehlung und der verborgenste Gedanke von dieser tiefen, idealen Reue verbrannt sind. Dann erst sieht die Seele in die letzte Fegefeuerstufe ein, in den Neutralen Kreis.

Der Neutrale Kreis
Welche Erleichterung, welches Glück, welche unerhörte Gnade ist es für die Seele, wenn sie endlich, nachdem sie durch alle ihrer Buße entsprechenden Kreise hindurchgegangen ist, hier eingeht!
Die beste Vorstellung von der Intensität der bisher durchlittenen Qualen kann man sich machen, wenn man bedenkt, daß es für die Seele eine Gnade ist, nun nichts mehr zu empfinden. Sie begrüßt diesen Kreis wie ein mit letzter Kraft schwimmender Schiffbrüchiger die rettende Insel.
In diesem Kreis leidet man nicht, sondern man wartet. Man weiß zwar nicht, wie lange dieses Warten dauern wird, aber man leidet trotzdem nicht.
Manche Seelen bleiben hier so lange, bis sie sich - wenn man es so ausdrücken kann - von den durchlebten Qualen erholt und neue Kraft für den Übergang in den ersten Kreis des Himmels geschöpft haben. Andere warten, nachdem ihre ganze Strafe verbüßt ist, so lange, ohne zu leiden, bis jemand auf der Erde das, was sie zerstört oder vernachlässigt haben, repariert.
Unter anderen halten sich hier Priester auf, die die hl. Messe unordentlich zelebriert haben und mit ihren Gedanken nicht bei der Sache waren. Sie warten darauf, daß jemand auf der Erde mit voller Andacht eine hl. Messe für die Seelen eben solcher unachtsamen Priester feiert. Hierhin kommen auch jene, die zu Lebzeiten ein Vermögen mit den Tränen und dem Unrecht anderer erworben haben. Wenn jemand das von ihnen zugefügte Unrecht nicht wieder gutmacht oder - falls dies nicht möglich ist - für den Schuldigen eine gute Tat vollbringt, die dem ehemals zugefügten Unrecht gleichwertig ist, werden die Seelen dieser Menschen erst dann in die nächsthöhere Fegefeuerstufe eingehen, wenn auf der Erde sämtliche Folgen ihrer Fehler erloschen sind.
Die Seelen von Schriftstellern, die sich gegen die Gesetze Gottes geäußert haben, warten hier, bis jemand auf der Erde ihre Inspirationen aufgreift und diese zur Ehre Gottes umwandelt und weiterführt. Dieses Wirken einer büßenden Seele mit dem Ziel der Wiedergutmachung ist jedoch nur aus dem Neutralen Kreis heraus und nur nach Gottes Fügung möglich.
Es ist möglich, daß die wartenden Seelen durch innige, mit Entsagungen und Taten angereicherte Gebete von Lebenden höher steigen, aber nur dann, wenn die Lebenden ihre Opfer bewusst einer bestimmten Seele weihen.
Seelen, denen Gott dank der Fürsprache der heiligsten Jungfrau Maria, ihres Patrons oder dank der Gebete und Taten von Lebenden, die Qualen der vorhergehenden Fegefeuerstufen verkürzt hat, harren hier aus. Die Beschaffenheit ihrer Buße wurde gleichsam verändert, die kurze und schmerzliche Strafe ist nun in eine längere und mildere umgewandelt. Hier bleiben sie bis zu ihrer vollkommenen Reife und Läuterung, bis es ihnen also möglich ist, in den ersten Kreis des Himmels, den Kreis der Erkenntnis, einzugehen.
Wenn der Seele eine solche Amnestie gewährt wird und sie dadurch vorzeitig aus einer schmerzlicheren Fegefeuerstufe in den Neutralen Kreis gelangt, weiß sie trotz allem genau, welche Strafen sie noch abzubüßen gehabt hätte, die ihr ohne eigenes Verdienst erlassen worden sind. Sie braucht diese Qualen zwar nicht mehr zu fürchten, doch das reine Bewusstsein dessen, was sie noch alles vor sich hatte und wovor sie bewahrt worden ist, zwingt sie zur Dankbarkeit denen gegenüber, die für sie gebetet und ihr dadurch zum vorzeitigen Verlassen der härteren Kreise verholfen haben.
Manche glauben, daß ein Mensch unmittelbar nach seinem Tode in das Himmelreich eingehen kann, wenn er nur vorher eine ehrliche Beichte abgelegt hat. Sie irren sich.
Das Fegefeuer ist nicht nur ein "Ort" der Läuterung, sondern auch der Reifung für alle, die zu Lebzeiten ihre inneren Lichter vernachlässigt oder gar nicht beachtet und dadurch ihren Geist nicht ausreichend entwickelt haben.
Im Fegefeuer entwickeln sie sich weiter durch das Leiden, das sie schließlich dazu fähig macht, den höchsten Punkt der Glückseligkeit zu erfassen, also zu erleben. Dieses Glück wartet seit ewigen Zeiten nach dem Willen Gottes auf sie. Da sie im Laufe ihres Lebens nicht reifen wollten, müssen sie nun, oft jahrhundertelang, im Leiden verharren und so erst nach ihrem Tode reifen.
Aus demselben Grunde müssen selbst die Menschen, die in ihrem Leben gut, opferbereit und edelmütig waren und stets nach ethischen Grundsätzen handelten, im Fegefeuer zunächst lernen, Gott zu lieben, wenn das Motiv ihres Handelns nicht in erster Linie in der Liebe zu Gott zu finden ist. Dann erst wird es ihnen - trotz ihrer zahlreichen und sogar verdienstvollen, jedoch aus anderen Beweggründen verübten Taten gegeben sein, ihn zu sehen.
Bei der Abrechnung im Jenseits wird nicht nur das zugrunde gelegt, was der Mensch in seinem Leben Gutes oder Böses getan hat, sondern es wird ebenfalls erwogen, ob er alle Möglichkeiten, Gutes zu tun, ausgeschöpft hat.
Was dann noch zur vollen Erfüllung der Ansprüche Gottes - je nach Ausstattung der Seele - fehlt, und was das Höchstmaß göttlicher Nachsicht unter Zugrundelegung der Schwäche des Körpers übersteigt, muss die Seele im Fegefeuer durch Qualen nachholen oder abarbeiten.
Nur sehr wenige Seelen umgehen das Fegefeuer, obwohl es jede könnte, wenn die Menschen sich nur folgendes klar bewusst machen wollten: Jede, auch die kleinste Sünde muss hier oder im Jenseits bewusst gesühnt werden.
Die bereitwillige Annahme seelischer oder physischer Leiden schon zu Lebzeiten, Demut und vertrauensvolle Ergebenheit in den Willen Gottes sind die erträglichsten Formen der Buße für alle Vergehen gegen sein Gesetz und der einfachste Weg zur Erlangung des Glücks nach dem Tode.
Wird Leiden schon zu Lebzeiten mit der Absicht der Buße angenommen, so gilt das als Beweis unseres guten Willens, und in diesem Fall verlangt Gott in seiner Barmherzigkeit für ein und dieselbe Sünde hier auf Erden eine leichtere und kürzere Buße im Fegefeuer.
Man könnte den Vorgang mit einer Dezimalwaage vergleichen. Wenn jemand in seinem Leben eine Schuld abbüßen will, kann er auf dieser Seite ruhig kleinere Gewichte auf die Waage legen, auf der anderen werden sie mehr als zentnerschwer sein! Genauso hat ein geringerer irdischer Verdienst "dort" den zehnfachen Wert. Auf derselben Dezimalwaage wiegt Gott jedoch auch die Schuld des Menschen. Für jede Sünde, die "hier" nicht gesühnt worden ist, wird man "dort" eine mehrfach schwerere Strafe erdulden müssen, um die Waage auszugleichen. Wer nämlich die Buße bis zum Fegefeuer aufschiebt, wo er gezwungenermaßen leidet, steht außerhalb der Barmherzigkeit Gottes und kann nicht auf Erleichterung hoffen.
Wie wunderbar groß und gewaltig ist die Macht des bewusst angenommenen und Gott geopferten Leidens! Und wie klar begreifen es nach dem Tode all jene, die sogar in der erlösenden Marter des Gottmenschen und im Martyrium seiner Anhänger nur einen mystischen Irrtum sahen!
Andere meinen, die Erhebung des Leidens zum Verdienst sei eine geniale Erfindung des "edlen Revolutionärs" aus Nazareth, der aus barmherzigen Motiven, um ihnen etwas zu versüßen, dem sie sowieso nicht entgehen können, den getrübten Geistern dieser Unglücklichen den trügerischen Glauben an eine ewige Belohnung für geduldig ertragene, irdisches Leid einredete. Man könne der Welt ihrer Ansicht nach straflos etwas versprechen, was sich erst nach dem Tode erfüllen sollte. Bei wem wollte man es wohl später einklagen?
Wie werden sich jene, die so denken, wundern, wie schrecklich wird es für sie sein, einmal Aug' in Aug' der Gerechtigkeit dessen gegenüberzustehen, der den Respekt vor seinen Versprechungen jederzeit einklagen kann!
Die Seelen im Fegefeuer können für sich nichts mehr tun, außer zu leiden. Leiden ist für sie Gebet, Arbeit und schließlich der Weg, auf den, sie sich ihrem Ziel nähern können.
Viel mehr hingegen können die Menschen für diese Seelen tun.
Gott lässt es in seiner Barmherzigkeit zu, daß die Streitende Kirche mit ihren Anstrengungen die schmerzhafte Passivität der Leidenden Kirche ausgleichen und ihr auf diese Weise helfen kann. Jede hl. Messe, jeder Gedanke, jedes Gebet, ein Verzicht oder Opfer in ihrem Sinne - all das hat für die Seelen im Fegefeuer eine geradezu enorme Bedeutung. Genauso unentbehrlich wie für den Körper die Nahrung, ist nämlich für die Seele das Gebet.
Die im Fegefeuer Leidenden sind wie Bettler. Sie warten, bis ihnen jemand ein Almosen hinwirft. Oft müssen sie ganze Jahrhunderte lang warten, und gäbe es nicht die ununterbrochen und für alle Seelen im Fegefeuer verrichteten Gebete der Kirche, würden viele dieser Unglücklichen vergeblich warten. Die Welt vergißt bald, die gegangen sind, dabei warten sie, nun von allen menschlichen Eitelkeiten, von ihrem falschen Stolz befreit, in unvorstellbar schmerzlicher Verlassenheit auf Hilfe! Sogar der bedauernswerteste, ärmste Mensch ist ein König gegen die leidende Seele. Durch Leiden, Krankheiten, Behinderungen, Hunger oder Verlassenheit kann man sich bei Gott noch verdient machen, kann, wenn man alles geduldig erträgt, seine Gnade erlangen und die eigene Schuld tilgen. Im Fegefeuer ist die Seele nur noch auf Almosen durch die Liebe und Erinnerung ihrer Lieben angewiesen, ein Almosen, um das sie nicht einmal mehr selbst bitten kann.
In einigen Kreisen des Fegefeuers haben die Seelen manchmal nach dem Willen Gottes die Möglichkeit, den Menschen im Traum oder am Tage zu erscheinen. Nur auf diese Art können sie um Hilfe bitten. Die Menschen beachten jedoch ihre Träume meistens nicht, und vor diesen unglückseligen Erscheinungen haben sie oft solche Angst, daß es nur selten jemandem in den Sinn kommt, für diese Seele zu beten, eine hl. Messe lesen zu lassen, ein Leid auf sich zu nehmen oder eine gute Tat zu vollbringen. Die Menschen kommen nicht darauf, daß uns ein Zeichen aus dem Jenseits nur mit dem Willen und der Erlaubnis Gottes gegeben werden kann und wir es aus diesem Grunde nicht missachten dürfen.
Für Verstorbene zu beten, liegt sozusagen im gemeinsamen Interesse derjenigen, für die gebetet wird, und derjenigen, die beten. Die Not der büßenden Seelen ist so groß, daß sie sich sehr dankbar erweisen und es niemals vergessen, wenn ihnen jemand hilft, aus dem Fegefeuer hinauszugelangen. Später, im Kreise der Erkenntnis, wird es deshalb ihre erste Tätigkeit sein, die Engel im Ersten Kreis des Lichts zu bitten, sich ihrer Wohltäter anzunehmen. Die Höheren Geister geben dieses Anliegen dann an den nächsten, höher gelegenen Kreis weiter, und so wie der Wind durch die Saiten eines Instruments, erklingt diese Bitte durch alle Kreise des Himmels bis hin zu dem Thron des Allerhöchsten.
Seelen, die erlöst sind, also die Hellen Geister, können einem Menschen bei verschiedenen geistigen, aber auch bei materiellen Angelegenheiten auf ausgesprochen lohnende Weise behilflich sein.
Nichts belastet eine Seele im Fegefeuer mehr als Groll oder Hass der auf der Erde Zurückgebliebenen. Im Gegensatz zu dem beiderseitigen Nutzen, den das Gebet für den Verstorbenen bringt, ist ein solcher Hass für beide Seiten schädlich.
Wer in seinem Herzen Hass nährt, auch wenn dieser Hass durch einst erlittenes Unrecht begründet ist, wird seinen Schöpfer nicht eher sehen, bis er die gleichen Qualen durchlitten hat, die er seinem Missetäter durch eben diesen Groll beschert hat.
Es bringt der büßenden Seele enorme Erleichterung, wenn man - aus Liebe zu Gott und zueinander - einem Verstorbenen verzeiht. Gleichzeitig gewinnt man dadurch die Gnade Gottes. Wir sollten deshalb zu unseren Lebzeiten alles verzeihen, damit auch uns nach dem Tode alles verziehen wird.
Die barmherzigste, liebevollste und mächtigste Fürsprecherin der Seelen im Fegefeuer ist die heiligste Jungfrau Maria.
Voller Erbarmen beugt sie sich über das schreckliche Gedränge aus unaussprechlichen Qualen, und ihr überaus gutes Herz hat - obwohl sie die Gerechtigkeit Gottes demütig anerkennt - Mitleid mit diesen Unglücklichen und betet ohne Unterlass für sie.
Sie genießt hohe Privilegien und hat das Recht und die Macht, an jedem ihrer wichtigeren Feiertage einige Seelen aus dem letzten Kreis des Fegefeuers zu befreien oder auch aus einem härteren Fegefeuerkreis in einen milderen zu befördern. Es gibt einen wundervollen Tag im Jahr, an dem alle Qualen des Fegefeuers für vierundzwanzig Stunden ausgesetzt werden. Es ist das Fest Allerseelen.
An diesem Tag herrscht in all den unzähligen Regionen, auf allen Ebenen und Etagen dieses riesigen Abgrundes aus Qualen festliche Stille und festlicher Friede. Die Seelen ruhen sich aus. Sie leiden nicht. Das an diesem Tage besonders intensive gemeinsame Gebet der Streitenden Kirche kühlt sie wie ein frischer Luftzug. Welch eine Erleichterung! Welch ein wohltuendes Aufatmen' Die gesamte christliche Welt betet in einem einzigen großen Anflug aus Mitleid, Sehnsucht und Liebe zum Himmel um die Gnade des Ewigen Lichts für die Verstorbenen.
Sogar Menschen, die sonst nie an ihre Verstorbenen denken, gehen an diesem Tag auf den Friedhof, um wenigstens kurz zu beten oder ein Lichtlein anzuzünden.
Wer an diesem Tage jedoch nicht zum Friedhof gehen kann, kann genauso gut fern von ihren Gräbern für die Verstorbenen beten und ihnen dadurch helfen. Das Wichtigste ist dabei die Opferbereitschaft. Die Anwesenheit am Grab ist nicht unbedingt notwendig. Ein aufrichtiges Gebet findet immer die entsprechende Seele und mildert ihre Qualen. Sehr wichtig ist auf einem Friedhof das richtige Benehmen. Durch den Friedhofseingang geht man gleichsam in das Haus der Verstorbenen ein, dort gelten ihre Rechte. Es tut den Seelen weh, wenn man die Andacht dieses Ortes gedankenlos durch laute Unterhaltung stört. Sie leiden darunter und fühlen sich gekränkt.
Am Allerseelentag wirken Geister besonders häufig und stark in der Welt. Wer fähig ist, seine volle Aufmerksamkeit dieser anderen, überirdischen Welt zuzuwenden, wird so manches verspüren.
Jedes Opfer, sei es moralischer, physischer oder materieller Natur, ist für die Seelen im Fegefeuer immer, besonders aber am Allerseelentag, von großem realem Wert. Sogar Kleinigkeiten kann man für sie opfern. Allein schon die Mühe des Gangs zum Friedhof, das Tragen des Blumenschmucks, das Gedränge in der Straßenbahn, Frieren, Naßwerden - alles! Man muß es ihnen nur bewußt weihen. Die Absicht erst verleiht jeder Anstrengung Gewicht und Bedeutung. Genauso wird das oft mechanisch gesprochene Gebet eines alten Bettlers, dem man ein Almosen gibt mit der Bitte, für einen Verstorbenen zu beten, durch die mitleidige Absicht geheiligt. Auch das Anzünden der kleinen Lichter hat als Opfer eine wichtige Bedeutung.
Der Mensch bringt Gott dieses Lichtlein dar - denn nur dieses kann er ihm geben - mit der Absicht, den Seelen der Verstorbenen Erleichterung zu verschaffen. Im Austausch dafür bittet er Gott um ewiges Licht für die Verstorbenen. Gott nimmt das Opfer an und tauscht das physische Licht in geistiges Licht um, mit dem er die qualvolle Dunkelheit dieser Seelen erhellt. Es gibt nämlich einen geheimnisvollen Zusammenhang zwischen dieser lebendigen, durch die Absicht geheiligten kleinen Flamme und der Dunkelheit der jenseitigen Welt.
Auch physische Schmerzen kann man für die Seelen im Fegefeuer auf sich nehmen. Ich kenne einen Fall, bei dem sich einige Personen opferten und bereiterklärten, am Allerseelentag zu leiden, um den Seelen ihrer Verstorbenen Erleichterung zu bringen. Obwohl sie vorher vollkommen gesund waren, wurden alle gleichzeitig krank, sobald sie diesen Entschluß gefaßt hatten. Es traten Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Kreuzschmerzen auf, Reißen in den Gelenken, Krämpfe. Pünktlich um 12 Uhr in der Nacht verschwanden alle diese Beschwerden - wiederum gleichzeitig.
Von meinen heiligen Betreuern weiß ich, daß Gott für diese leichten und kurzen Leiden, die die Lebenden auf sich nehmen, um den büßenden Seelen zu helfen, den Verstorbenen oft langwierige und strenge Strafen erlässt.
Von ihnen weiß ich auch, was man tun kann, wenn man Gott für eine ganz bestimmte Tat eines Verstorbenen um Verzeihung bitten will. Man muss eine Überwindung opfern, die in genauem Gegensatz zu dieser Verschuldung steht. Für einen Geizhals z. B.: eine milde Gabe, für einen Atheisten ein aufrichtiges und inniges Gebet, für einen Lästerer Schweigen.
Die stärkste Wirkung haben Gebete von Kindern, durch sie wird den im Fegefeuer leidenden Seelen die größte Gnade zuteil. Ein Martyrium, dass jemand aus Liebe zu Gott bewusst auf sich nimmt, löscht sofort alle Fegefeuerstrafen aus.

Der Himmel
Sehr viele Seelen verbleiben, nachdem sie den Neutralen Kreis verlassen haben, im Kreis der Erkenntnis - für immer.
Höheres zu begreifen, wären sie nicht fähig, mehr könnten sie nicht fassen. Sie sind mit Glück voll ausgefüllt und können deshalb nichts mehr wollen. Sie wissen einfach nicht, daß es noch einen höheren Glückszustand geben könnte als den, in dem sie sich befinden. Gleichzeitig begreifen sie, daß diese Belohnung, die Gott in seiner Liebe und Weisheit für sie bestimmt hat, überaus groß ist - sie haben sie noch nicht einmal verdient!
Gott hat den Seelen, an die er höhere Ansprüche gestellt und die er deshalb mit höheren geistigen Gaben ausgestattet hat, auch einen höheren Platz im Himmel zugewiesen, falls sie ihn nicht enttäuschen. Wenn sie zu ihren Lebzeiten nicht alle Anforderungen Gottes erfüllen, müssen sie sich durch das Leiden im Fegefeuer bis zur Erreichung der dem göttlichen Plan entsprechenden Stufe läutern. Diese Seelen gehen nach einem längeren oder kürzeren Aufenthalt im Kreis der Erkenntnis in den nächsten Kreis ein, den Ersten Kreis des Lichts.
Es geht dann immer so weiter. Entweder bleiben sie auf ewig, wo sie sind, oder sie steigen höher und höher, um für immer in dem Kreis des Himmels zu verbleiben, in dem die absolute Fülle des erreichten Glücks ihrem geistigen Fassungsvermögen entspricht.
Geradezu unübersehbar groß ist die Anzahl und unvorstellbar die Qualität dieser Hellen Kreise. Je höher, desto heller und schöner ist es in ihnen und desto mehr kann man in ihnen über Gott erfahren. So wie ein Klang auf einer Tonleiter konsequent, Ton für Ton, seinen höchsten Punkt erklimmt, werden viele Seelen eine helle Stufe der Vollkommenheit nach der anderen hochklettern, mit stets gleichbleibender Sehnsucht, durch immer höhere Kreise. So werden sie sich nach und nach an eine immer nähere Erkenntnis Gottes gewöhnen und den Punkt anstreben, an dem sie die vollkommene Erkenntnis und Seligkeit erreichen.
Auf diese Weise erreicht schließlich jede erlöste Seele, auf der Grundlage absoluter Gerechtigkeit, die sie versteht, anerkennt und achtet, die Stufe der ewigen Glückseligkeit, die dem göttlichen Plan entspricht. Nach einer ganzen Reihe von Kreisen des Lichts folgt der Kreis der Freude. In ihm halten sich die Seelen verstorbener Kinder und Seelen von Erwachsenen auf, die sich trotz ihres Alters ein kindliches Verhältnis zu Gott bewahrt haben, dass voller Vertrauen, einfach und vollkommen ist.
Dem Kreis der Freude folgen der Kreis der Freiheit, des Lichts, der Güte und viele, viele andere.
Diese ranghohen Himmelskreise sind Aufenthaltsorte der Heiligen, und zwar nicht nur derjenigen, die heiliggesprochen sind. Ganze Scharen von stillen und auch schon zu ihren Lebzeiten Gott ergebenen Seelen, von deren Heiligkeit die Welt nichts weiß, bewundern und preisen in eben diesen ranghohen Kreisen des Himmels Gottes Allmacht und Heiligkeit.
Die hl. Magdalena-Sofia erzählte mir z. B. von einer Waschfrau, die heilig ist. Sie hat ihr ganzes Leben am Waschzuber verbracht und verdiente durch ihre schwere Arbeit das karge tägliche Brot für sich und ihre Familie. Sie wehrte und beklagte sich nicht, sondern nahm voller Demut alles als Gottes offensichtliche Fügung an. Bei der Arbeit lobte sie Gott ohne Unterlass mit jeder Anstrengung, mit ihrer Müdigkeit und allen Entbehrungen, ohne große Worte, still, unbemerkt, einfach. Sie lebte mit dem ständigen Gedanken an seine Gegenwart, für seine Liebe überstand sie frohgelaunt eine lange Reihe von Jahren voller Demütigungen und Mühsal. Dafür wurde sie von Gott belohnt, und ihre Seele darf sein Antlitz sehen. Diese Wäscherin ist heute eine Heilige im Himmel ...
In den Kreis der göttlichen Weisheit gehen die Heiligen ein, die ihre ganze Kraft, all ihr Verständnis und Wissen auf der Erde dafür verwendet haben, die Belange Gottes zu vertreten.
Im Kreis der Gaben des Hl. Geistes verweilen jene, die durch Gebet, Sehnsucht und Verzicht die Gaben des Heiligen Geistes in ihrer Seele voll zur Wirkung bringen konnten und dadurch schon zu Lebzeiten die höchstmögliche geistige Reife erreichten.
Der höchste Kreis, den eine menschliche Seele erreichen kann, ist der Kreis der Liebe oder der Jungfräuliche Kreis. Hier verweilen jene Heiligen, die die Liebe Gottes im heiligsten Herzen Jesu über alles stellten, die für ihn dem Leben entsagt haben und niemals mit der gewöhnlichen Liebe in Berührung kamen.
Der letzte, allerhöchste Kreis des Himmels ist der Kreis der Herrschaft der heiligen Dreifaltigkeit. Ihre Heiligkeit und unmittelbare Macht erfüllt den ganzen Himmel mit unaussprechlichem Glück. Eine starke konzentrierte Helligkeit, aus der drei eng miteinander verbundene Flammenherde lodern, wirkt mit unbeschreiblicher Liebeskraft. Der Schein dieser Liebe - das heißt des Lichts und der Macht ergießt sich aus dem konzentrischen Flammenherd in die benachbarten Kreise der höchsten Hellen Geister.
Mit zunehmender Entfernung vom Zentrum wird die Wirkung des Lichts immer schwächer, denn die entlegeneren Himmelsbereiche könnten die so überaus stark konzentrierte Heiligkeit nicht ertragen. Gott - die ewige Helligkeit - ist demnach überall gleichzeitig, er erfüllt, durchdringt, durchstrahlt und heiligt alles mit seiner göttlichen Gegenwart. Nur Jesus und seine unbefleckte Mutter halten sich in ihren Körpern im Himmel auf. Die Seelen aller anderen Menschen warten erst auf das Jüngste Gericht und den Tag der Auferstehung, um sich dann wieder mit ihren Körpern zu verbinden. Für die heiligste Mutter Maria gibt es im Himmel keinerlei Beschränkungen. Sie ist die höchste der Heiligen, die Königin des Himmels und genießt deshalb absolute Ausnahmerechte und Privilegien. Genauso wie sich einst die Erlösung der Welt zuerst in ihrem unbefleckten Körper konzentrierte, um dann durch ihn in die Welt einzugehen, müssen sich heute die Strahlen der Gnade, die vom Himmel auf die Erde herabfließen, zuerst - wie in einem reinen Prismakristall - in ihr konzentrieren und vereinigen. Erst dann verbreiten sie sich wie zu einem Farbspektrum auseinandergefaltet in der Welt.
Wie ist der Himmel? Will man es "auf unsere Art" ausdrücken, muß man zuallererst sagen, daß der Himmel farbenfroh ist. Alles ist dort nämlich in Farben übersetzt.
Die Welt der menschlichen Sinne kennt nur einen verschwindend geringen Teil der im Universum vorkommenden Farben, nämlich den, den unsere sterblichen Augen wahrnehmen können. Die Augen der Seele können dagegen eine unendliche, unfaßbare Anzahl von Farben aufnehmen. Im Vergleich zu ihnen sind die Farben auf unserer Erde grau und schmutzig. Ihre Skala und Vielfalt sind so groß, daß wir uns nicht die kleinste Vorstellung davon machen können.
Heiligkeit ist weder schwach noch grau, sondern fröhlich und bunt! Genauso wie jedes Regiment seine eigenen Farben auf den Uniformen trägt, kann man im Jenseits an der jeweiligen Farbnuance die Beschaffenheit, den Charakter, die Art und Stufe der Heiligkeit erkennen. Für jede Eigenschaft, jede Tugend, jedes Verdienst findet man in der überreichlichen Skala der himmlischen Farben eine Entsprechung.
Die Seelen der Heiligen, die sich gegenseitig durchdringen, erkennen einander an ihren Farben. Man kann es mit dem Mischen von Farben bei uns vergleichen: Wir wissen z. B., daß Grün eine Mischung aus Gelb und Blau ist. Genauso erkennen die Geister an der Zusammensetzung der Aura, die den jeweiligen Heiligen umgibt, welche guten Eigenschaften zu seiner Heiligkeit beigetragen haben. Die Zusammenstellung und Intensität der jeweiligen Farben ergeben für jeden von ihnen ein individuelles, charakteristisches Licht. Aus diesem Grunde ist der Himmel farbenfroh.
Weil die schwache, unbeholfene Vorstellung des Menschen keine andere Beschreibung findet, sagt man, das ewige Glück bestehe aus Gesang, der die Ehre Gottes verkündet, und aus ununterbrochenem Schauen in das Antlitz Gottes.
Der Himmel ist alles andere als Stillstand und Tatenlosigkeit! Das "Schauen in das Antlitz Gottes" ist ein Unvermögen, irgend etwas anders als seinem Willen gemäß zu tun. Um es etwas verständlicher für uns auszudrücken, könnte man den Zustand einer erlösten Seele mit einem gehorsamen, zielgerichteten und schöpferischen Kreisen ihres Bewusstseins im Herzschlagrhythmus der göttlichen Allmacht vergleichen. Welch ein Glück ist das!
Die erlöste Seele sieht und versteht, kennt und bewundert die Macht, Güte, Heiligkeit und Weisheit Gottes, und an dieser Weisheit erfreut sie sich, sie schöpft und lebt von ihr. Der Verstand kann, nachdem er durch das Erkennen der Wahrheit erhellt und vom Hl. Geist durchdrungen ist, nicht anders, als nur im Einklang mit der Weisheit Gottes zu denken. Ein hörender Mensch kann seine Ohren nicht so fest verdecken, daß das Donnern von Geschützen z. B. sie nicht erreichen würde. Sein Gehör muß dieses Geräusch naturgemäß aufnehmen. Genauso kann eine Seele, die mit Gnade bedacht und vom Hl. Geist durchdrungen ist, nicht aufhören, aufmerksam zu sein. Sie kann nichts anderes fassen. Das aufmerksame Betrachten, Verstehen und Bewundern der großartigen Harmonie und Ordnung der göttlichen Pläne, vollkommene Zufriedenheit und Begeisterung für sein Gesetz - das ist der Himmel! Alles ist gerecht. Alles ist gut und hell. Jeder besitzt das, was ihn ausfüllt, das, nach dem er sich während seiner irdischen Wanderung gesehnt hat, und das, nach dem er sich aufgrund geistiger Unzulänglichkeiten nicht sehnen konnte.
Hier auf der Erde verwirklicht sich alles, was wir uns vorstellen können. Alle Gedanken des Menschen nämlich, selbst die phantastischsten, sind kaum mehr als ein blasser, entfernter Reflex des göttlichen Erfindungsreichtums. Gottes Phantasie kennt keine Grenzen, und jeder Gedanke von ihm ist gleichzeitig ein schöpferischer Akt.
Im Himmel findet die Seele alles, was sie ersehnt und findet es in vollkommener Form. Sie entdeckt sogar, was unbeachtet als eine Sehnsucht in ihrem Innersten gelegen hat.
Nachdem die Seele alles besitzt, was sie bis an den Rand mit Glück ausfüllt, empfindet sie eine überaus große Liebe zum Spender dieser Gaben. Darüber hinaus bewirken die ständige Verbindung zu ihrem Schöpfer und der Empfang immer weiterer Gaben, daß das geistige Leben eine einzige Kette von Dankbarkeit und Begeisterung ist. Die Verbindung zu Gott ist um so intensiver und stärker, je mehr der Mensch ihn zu seinen Lebzeiten geliebt hat.
Die Menschen können außer der allmächtigen Fügung Gottes und der überaus liebevollen, großen Fürsprache der heiligsten Jungfrau Maria auch noch die Hilfe von himmlischen Geistern jeder Rangordnung für sich in Anspruch nehmen. Diese sind, um die Ehre Gottes zu mehren, jederzeit bereit, den Menschen auf der Erde zu helfen.
Die Triumphierende Kirche ist eine grenzenlose Sphäre der Helligkeit, des Glücks und der Macht, angefangen mit der heiligen Dreifaltigkeit bis hin zu der ärmsten, mit nur wenigen Gaben ausgestatteten Seele, die ihren Platz am äußersten Rand des Kreises der Erkenntnis hat. Aus dieser unermesslichen Fülle hat Gott bestimmte Kräfte, bestimmte Kreise und bestimmte Kategorien der Geister zum unmittelbaren Wirken auf der Erde eingeteilt.
Auf diese Weise genießt in erster Linie der Mensch die Fürsorge von Schutzengeln, Patronen, Betreuern und einer ganzen Schar Heller Geister. Helle Geister sind die Seelen erlöster Menschen, die gemeinsam mit den Heiligen für die Ehre und Liebe Gottes "arbeiten". Sie suchen sich auf der Erde Menschen aus, die ihren Fähigkeiten entsprechen, und diesen wollen sie helfen, Gott mit Freude zu dienen. Auf diese Weise wollen sie die ihnen nach dem Grad ihrer Heiligkeit, Helligkeit und Macht zuerkannten Möglichkeiten nutzen und zum Einsatz bringen.
Nachdem ein Heller Geist einen Menschen gefunden hat, der in seiner geistigen Entwicklung mit der Wirkung dieses Hellen Geistes übereinstimmt, bemüht er sich, ihn durch Inspiration für die Belange Gottes zu gewinnen. Wenn sich der Mensch von seinem guten Willen leiten lässt und vertrauensvoll dem Einfluss des Hellen Geistes unterwirft, entwickelt er sich geistig weiter und mit zunehmender geistiger Entwicklung gewinnt er auch an Fähigkeiten. Dann wechseln die ihn betreuenden Geister. Die einen haben ihre Aufgabe erfüllt und verabschieden sich, andere, stärkere, schweben herbei, um schließlich die Grundlage für den endgültigen und ständigen Betreuer der Seele herzustellen, der gewöhnlich ein Heiliger ist.
Der Geist des heiligen Betreuers muss in seinem Charakter und seinen Fähigkeiten der Wesensart des Menschen entsprechen, den er unter seine Obhut nimmt.
Der Heilige, der aufgrund seiner Verdienste eine bestimmte Stufe der Vollkommenheit erreicht hat, wirkt aus diesem hohen Niveau heraus. Er schöpft gewissermaßen von dem Kapital, über das er nach dem Willen Gottes verfügen darf, und in einer ihm ähnlichen und verwandten Seele kann er leichter und schneller wirken. Durch die Wärme und das Licht, die im Wirken des hl. Betreuers enthalten sind, entwickeln sich in dem Menschen alle die guten Anlagen, die Gott in seine Seele gesät hat.
Der Heilige kann ohne Wissen des Menschen zum Betreuer werden, wenn er weiß, daß dieser Mensch die Sache Gottes auf Erden wirkungsvoll vertreten und in diesem Zusammenhang, gefördert durch diese unverdiente Gnade, viel Gutes tun kann. Das kann aber auch geschehen, wenn der Mensch einen bestimmten Heiligen in sein Herz schließt und diesen andächtig bittet, sein Betreuer zu werden.
Ist ein Mensch innerlich schwankend und unentschlossen, hat er offensichtlich noch keinen starken Betreuer, oder - was noch schlimmer ist, er hat gleich einige davon, und diese kommen aus der Welt der Dunkelheit. Wenn der Mensch nämlich keinen starken Willen zum Guten hat, siegt in ihm meistens das Böse, oder er bleibt bis zu seinem Tode bestenfalls "lauwarm". Zu einem Menschen ohne guten Willen der sich noch nie, nicht einmal versuchsweise, bemüht hat, diesen in sich auszubilden, hat der Heilige keinen Zugang. Durch Gebete und durch Liebe zu einem der Heiligen kann ein Mensch, auch wenn er noch so unsicher ist, einen starken Betreuer gewinnen und das Wirken dieses Betreuers lässt jegliche Unsicherheit bald spurlos verschwinden. Wenn man einen Heiligen um Betreuung bitten will, muss man eine willkürlich gewählte Novene, eine neuntägige Gebetsandacht, zu ihm verrichten. Man beendet sie mit der Beichte und der hl. Kommunion. Die ganze Zeit hindurch muss man aufrichtig und innig zu dem gewählten Heiligen beten. Wenn das Gebet von Herzen kommt, in reiner Absicht und ausschließlich an einen Heiligen gerichtet ist, geschieht es oft, daß man am neunten Tag, vollkommen real und deutlich, die Anwesenheit des hl. Betreuers neben sich spürt.
Ein Mensch mit verschiedenen Begabungen und Interessen kann auch mehrere Heilige - je nach ihren Fähigkeiten - wählen und sie alle gleichzeitig um Betreuung bitten. Es ist jedoch leichter, sich an einen einzigen hl. Betreuer zu gewöhnen und mit ihm vertraut zu werden. Es sollte der Heilige sein, zu dem uns unser Herz am stärksten hinzieht. Ein Namenspatron ist nicht automatisch der Betreuer seines Namensträgers auf der Erde. Er kann jedoch zum Betreuer werden, wenn man ihn im Gebet darum bittet. Doch auch vorher kennt der Namenspatron bereits jeden Menschen auf der Erde, der seinen Namen trägt und er kann mit seiner Inspiration den Wunsch nach einer ständigen Betreuung durch ihn in einem Menschen fördern.
Wenn ein Namenspatron zum Betreuer einer Seele wird, ist sein Wirken besonders stark und wird nach dem Tode fortgesetzt.
An dem Tag, an dem die Kirche das Fest eines bestimmten Heiligen begeht, werden alle innerhalb des letzten Jahres erreichten Ergebnisse seines Wirkens auf der Erde belohnt und der Heilige gewinnt an Ehre. Das "Namenstagskind" steigt dann bis zu den untersten Kreisen des Himmels herab, um die Huldigungen und Danksagungen der Seelen entgegenzunehmen, denen er bei der Erreichung ihrer Glückseligkeit geholfen hat. An diesem Tag hat er außerdem die Möglichkeit, Gott um Gnade für die Seelen zu bitten, die noch unter großen Qualen im Fegefeuer leiden und die ihm zu ihren Lebzeiten besondere Verehrung entgegengebracht oder seinen Namen getragen haben.
Es ist von großer Bedeutung, eine hl. Messe für die Seele eines Verstorbenen am Tag seines Namenspatrons lesen zu lassen.
In dem gleichen Augenblick, in dem Gott die Seele eines Menschen erschafft, teilt er ihr auch einen Schutzengel zu. Ein Schutzengel ist ein Geist, dessen Begabungen eng an die Begabungen der Seele angepaßt sind, die er betreuen soll.
Der Schutzengel, ein Wesen, das mit Gott verbunden ist und Gott begreift, besitzt aus eben diesem Grunde einen absolut unabhängigen, vollkommenen Verstand. Da er jedoch ein ständiger Begleiter des Menschen in allen Lebenslagen sein soll, ist die Intelligenz eines Schutzengels flexibel und in der Lage, sich jedem Lebensalter und jeder Entwicklungsstufe des Menschen anzupassen. Man könnte deshalb sagen, daß ein Schutzengel mit dem Menschen wächst, obwohl diese Bezeichnung natürlich nicht ganz richtig ist.
Wenn die Menschen ihr geistiges Leben voll ausschöpfen würden, könnten sie ihren überaus freundlichen, am besten zu ihnen passenden Begleiter neben sich wahrnehmen. Vom Säuglingsalter an - über Kindheit. Jugend, Erwachsensein bis zum Greisenalter - die ganze Zeit über könnten sie mit ihm zusammenleben wie mit einem besonders treuen, ergebenen und zuverlässigen Freund. Durch die Tatsache jedoch, daß die materielle Welt dem Menschen die Sicht auf die geistige Welt fast völlig verdeckt, kennt nur noch der Säugling den wundervollen Kontakt zu seinem Engel. Ein Lächeln, das fast unbemerkt über das Gesicht eines schlafenden Kindes huscht, ist der Abglanz dieses freudigen Kontaktes. Später verwischt sich dann durch die Schuld und Unvollkommenheit der menschlichen Natur, dieser deutliche Kontakt und nur in sehr seltenen Fällen schafft es ein Mensch, ihn wiederherzustellen.
Die Fürsorge des Schutzengels für den Menschen beschränkt sich darauf, ihn vor dem zu schützen, was ihm nach göttlicher Fügung begegnen könnte. In diesen Fällen hat der Schutzengel das Recht, bei der göttlichen Vorsehung zu intervenieren, und er kann den Menschen durch seine Fürsprache vor so manchem bewahren. Das kann jedoch nur dann geschehen, wenn der gute Wille des Menschen, zumindest im Unterbewusstsein, auf die inneren Eingebungen und Warnungen seines Schutzengels hört.
In psychischer Hinsicht hat der Schutzengel die Pflicht, den Menschen an die Eingebungen und Lichter zu erinnern, die ihm Gott durch die Vermittlung von Heiligen herabschickt, diese Eingebungen und Lichter festzuhalten und zu vertiefen, die der Mensch ohne das Wirken des Engels noch häufiger übersehen und vernachlässigen könnte, als es leider auch trotz dieses Wirkens geschieht.
Da der Schutzengel ständig mit einem Menschen zusammen ist, setzt ihn der Mensch großen Schmerzen, großer Traurigkeit und Qual aus, wenn er sündigt. Als ein Wesen, das Gott liebt und dessen Liebe zu Gott bewusst und absolut ist, kann er die Atmosphäre der Sünde nicht ertragen. Nach dem Willen Gottes jedoch reißt die Verbindung des Engels mit der Seele auch dann nicht ab, wenn der Mensch der Sünde verfällt, im Gegensatz zu der Verbindung mit Gott oder den Heiligen, die durch bewusste Wahl des Bösen getrennt wird. Ein Schutzengel liebt die Seele des Menschen wie eine Zwillingsschwester und wünscht ihre baldigste Erlösung, denn schließlich hängt der Grad seiner eigenen Glückseligkeit davon ab.
Wenn eine Seele ihre Fegefeuerstrafe verbüßt, wartet ihr Schutzengel sehnsüchtig auf sie auf der höchsten für sie bestimmten Stufe des Himmels, auf dem Niveau, das die Seele nach ihrer Läuterung erreicht. Er ist weiterhin mit ihr verbunden. Als vollkommener Geist kann er zwar nicht mit ihr gemeinsam leiden, aber solange der göttliche Plan in Bezug auf diese bestimmte Seele nicht ganz erfüllt ist, wird der Schutzengel auch kein absolutes Glück erleben.
Ein Schutzengel kann niemals eine höhere Stufe der ewigen Glückseligkeit erreichen als die ihm anvertraute Seele. Hier gilt gewissermaßen das Gesetz miteinander kommunizierender Gefäße. Sobald jedoch beide auf dem höchsten Punkt der ewigen Glückseligkeit angelangt sind, verändert sich ihr Verhältnis zueinander auf bestimmte Weise. Der Verstand einer erlösten Seele hat aufgrund des absoluten Begreifens und der Nähe zu Gott dieselbe Reife erreicht, die der Verstand des Schutzengels von Anfang an schon von Natur aus besaß. Man könnte es mit der Situation zweier Brüder vergleichen, von denen der eine um vieles älter ist als der andere. In der Kindheit und Jugend ist der Unterschied zwischen beiden auffällig, wenn jedoch beide eine gewisse Altersstufe überschritten haben, verwischt sich dieser Unterschied ganz.
Ein Schutzengel wird die erlöste Seele, die er beschützt hat, niemals verlassen. Er bleibt für die ganze Ewigkeit bei ihr. Da jedoch der Engel von Natur aus die Erkenntnis Gottes besitzt, die Seele sich dieses Glück aber durch ihre - gnädig unterstützten - Verdienste erarbeitet hat, wird der Schutzengel, sobald sie ihre Erlösung erreicht hat, der Seele in Freude, Liebe und unaufhörlicher Anbetung Gottes "dienen". Gleichzeitig wird er für sie ein Führer durch die himmlische Glückseligkeit sein.
Das Band, das die Seele mit ihrem Schutzengel verbindet, ist so stark, daß die ewige Verdammnis der Seele - und nur die allein - es für immer durchreißen kann.
Der verwaiste Engel erhält dann von Gott eine andere Seele zur Pflege. Die Erinnerung an die erste, die sich trotz seiner Bemühungen, trotz Gottes Gnade und Hilfe, eigenwillig für das Böse entschieden hatte, verschwindet aus dem Bewußtsein des Schutzengels.
Neben der Betreuung von Menschen haben die Heiligen und Hellen Geister die Aufgabe, die Eucharistie auf der Erde ununterbrochen zu verehren. In jeder Kirche und Kapelle, in der das heiligste Sakrament aufbewahrt wird, wechseln sich - außer den Engeln - verschiedene Heilige in der Bewachung des Tabernakels ab. Diese Ehrenwache wird - voller Stolz und mit Liebe - am häufigsten vom Patron der jeweiligen Kirche gehalten. Nicht einen Augenblick lang sind der heiligste Leib und das heiligste Blut unseres Herrn ohne diese unsichtbare Assistenz.
Solange das Reich Gottes nicht auf die Erde kommt und unser Herr Jesus nur ein Gefangener des Tabernakels bleibt und nicht in allen menschlichen Seelen und Herzen zugegen ist, solange wird die Triumphierende Kirche dafür sorgen, daß die geheimnisvolle Gegenwart Gottes in Brot und Wein nicht einen Augenblick lang ohne Anbetung bleibt. Die unsichtbare Welt ist voll von Geistern verschiedener Art. Läßt ein Mensch freiwillig und für immer einen Geist, welcher Art auch immer an sich herankommen, wird dieser Geist zum Vertrauten, Ratgeber, Betreuer des Menschen - und schließlich zu seinem Herrn.
Es ist ein Irrtum zu glauben, daß unsere Gedanken - ob gut oder schlecht - unsere eigenen Gedanken seien. Ohne sich dessen bewußt zu sein, lauscht der Mensch jederzeit den Einflüsterungen der geistigen Welt, denen er entweder nachgibt oder widersteht.
Alle Wünsche, Gedanken, Ideen, schöpferischen Kräfte, die sich in jede beliebige Richtung bewegen können, all das, was der Mensch "sein" zu nennen pflegt, es wird ihm lediglich von der ihn von allen Seiten umgebenden übernatürlichen Welt eingegeben.
Nicht ein einziger Gedanke entsteht in seinem Gehirn von selbst. Das Gehirn ist bloß ein - wenn man so sagen kann - Empfänger der im Jenseits ausgesandten Wellen. Die Urteilskraft des Menschen und sein freier Wille entscheiden lediglich darüber, ob er sich der jeweiligen Welle unterwirft, ob er sie akzeptiert und ihrem Wink folgt oder nicht. Die Geister, gute oder böse, können uns höchstens dies oder jenes raten, eingeben, können uns zureden, sie können uns jedoch zu nichts zwingen. Das einzige, was der Mensch nämlich wirklich besitzt, ist sein freier Wille. Nicht einmal Gott nimmt ihn uns weg, da er ihn uns einst mit voller Absicht zuerkannt hat.

Die Hölle
Wie der Himmel und das Fegefeuer, ist auch die Hölle in unzählige verschiedene Kreise eingeteilt. Je niedriger ein Kreis, desto schwerer und schrecklicher ist die Qual, die man in ihm erleidet. Eine zur ewigen Verdammnis verurteilte Seele weiß von der Größe Gottes, von all seiner Macht und Schönheit, und gleichzeitig weiß sie mit Sicherheit, daß sie ihn niemals sehen wird. Sie ist sich dessen bewußt, da ihr Leiden ewig dauert und daß diese Marter durch nichts verringert oder gelindert wird.
Es brennt in ihr ein unauslöschliches Feuer des Verlangens und der Sehnsucht nach dem Glück, das ihr niemals zuteil wird. Dieses Feuer frißt und zehrt an der verurteilten Seele, wird sie jedoch niemals ganz verzehren oder zerstören. Von allen Seiten lauert irgendein schreckliches, unerbittliches Niemals.
Die verurteilte Seele begreift vollkommen, welchen Schaden sie sich eigenwillig zugefügt hat, und sie hat auch volles Verständnis für die Gerechtigkeit der Strafe, die sie getroffen hat. Sie kann Gott nicht lieben, obwohl sie von seiner Macht und Vollkommenheit weiß. Sie kann weder Reue noch Wehmut empfinden. Diese Gefühle würden ihr Linderung bringen und den Eindruck erwecken, daß sie die Schuld, die sie der Liebe Gottes gegenüber auf sich genommen hat, wenigstens zu einem geringen Teil abzahlt. Lediglich negative Gefühle sind dieser Seele zugänglich, Verzweiflung, Schmerz, Hilflosigkeit, Verlassenheit, vor allem jedoch ein permanenter, quälender, grenzenloser Haß auf sich selbst und alles andere!
Wer zu seinen Lebzeiten bewußt Gott von sich weist, der wird nach seinem Tode durch ihn abgewiesen! Seine Seele wird in die "äußerste Dunkelheit" eingehen, wo "Heulen und Zähneknirschen" herrschen. Von dort gibt es kein Zurück und keine Erlösung. Qualen, die man mit Worten nicht beschreiben kann, bewußte, hoffnungslose, haßerfüllte und ewige Qualen - ein Zustand, aus dem sich die verurteilte Seele niemals mehr befreien kann.
Das ist die Hölle! Jeder Mensch ist, auch wenn er dieses nicht verspürt, ununterbrochen der Wirkung von Geistern aus der übernatürlichen Welt ausgesetzt. Da gibt es z. B. die Heiligen, Helle und besonders Helle Geister, aber auch armselige, besonders armselige oder böse Geister und schließlich Teufel, je nachdem, welchem von ihnen der Wille des Menschen zustimmt.
Ein Dämon oder Teufel ist ein ehemaliger Engel und hat als solcher die höchsten Fähigkeiten, jedoch in Gott entgegengesetzter Richtung.
Er stellt der Liebe den Haß entgegen, dem Guten das Böse, der Demut den Hochmut, dem Vertrauen die Verzweiflung, der Hoffnung die endgültige Verzweiflung. Er verfügt über die absolute Intelligenz eines vollkommenen Geistes, nur daß er seinen Sinn für das Gute nicht einsetzen will und kann.
Seine Kraft liegt einzig und allein im Bösen. Er hat das volle Bewußtsein der Größe und Macht Gottes und erinnert sich an die himmlische Glückseligkeit. Er hat göttliche Gerechtigkeit erfahren und haßt sie. Er liebt auch nicht das Böse, denn er kann überhaupt nichts lieben. Hochmütig wie er ist, muß er sich dem Willen des Allerhöchsten unterwerfen, der sein Wirken einschränkt und nur zu einem bestimmten Grad zuläßt. Unaussprechliche Pein bereitet ihm der Gedanke an die Vollkommenheit Gottes, die er kennt und die er glaubt untergraben zu können durch die Ausübung des Bösen, das er ebenfalls haßt. Andere Empfindungen passen in ihn nicht hinein. Er haßt seinen Haß genauso wie er sich selbst haßt. Von der erschreckenden Kraft dieses Hasses kann man sich ebenso wenig eine Vorstellung machen wie von dem Ausmaß seines Leidens. Er weiß auch, daß er die ganze Ewigkeit hindurch leiden muß und daß es für ihn Rettung nicht geben kann. Er hat das volle Bewußtsein seiner eigenen Böswilligkeit und seiner Schuld gegenüber der höchsten Macht, und am liebsten würde er - aus Haß und Rache - die ganze Menschheit zu sich in den Abgrund von Leid und Unglück hinabziehen, in dem er sich von Ewigkeit zu Ewigkeit quält. In dieser Richtung unternimmt er alle seine gewaltigen Anstrengungen.
Wenn die Menschen jedoch wüßten, welche grenzenlose Verachtung er für den empfindet, der ihm erliegt! Wie er diesen Menschen wegen seiner Schwäche, Erbärmlichkeit, Unterwürfigkeit und Dummheit haßt! Auf welch erschreckende Weise er sich dann - sobald er sein Ziel erreicht hat - an den Qualen dieser Seele weidet! Ein Dämon ist nämlich Gott gegenüber gerecht, weil er Angst hat; dem Menschen gegenüber fühlt er sich jedoch nicht zur Gerechtigkeit verpflichtet.
Es gibt unter den Dämonen mächtigere und schwächere Geister. Die Hierarchie in dieser Welt der Dunkelheit ist sehr umfangreich. Jeder Teufel hat seinen eigenen unverwechselbaren Charakter, seine Besonderheit. Die meisten von ihnen sind Vertreter irgendeines Triebes, wie Minister, die über dem Bösen amtieren; und jedem steht eine ganze Abteilung geschulter und ergebener Untertanen zur Verfügung.
Sehr selten und nur in Ausnahmefällen arbeitet ein Teufel - wenn man so sagen kann - persönlich an dem Untergang einer Seele. In der Regel schickt er, sobald er eine geeignete Seele erspäht hat, zunächst die armseligen Geister vor, die gewissermaßen eine Grundlage schaffen sollen. Nach ihnen schickt er dann stärkere und immer bösere Geister, und erst dann, wenn der Mensch schon äußerst geschwächt und schwankend ist, nähert er sich selbst einer Seele.
Es ist der Zeitpunkt, an dem der Mensch zum ersten Mal z. B. an ein Verbrechen denkt. Eine kleine Weile, ein kurzes Aufleuchten und schon zieht sich der Teufel wieder zurück. Der Mensch ist zunächst überrascht, erschrocken, hat für eine bestimmte Zeit die Orientierung verloren. Aus der einfachen Angstreaktion heraus ist er in einem solchen Augenblick bereit, zurückzuweichen und seine Gedanken sogar Gott zuzuwenden. So weit darf man es nicht kommen lassen. Dieses Mal erhalten die armseligen Geister den Auftrag, den Eindruck, den der vom Dämon eingegebene Gedanke hervorgerufen hat, abzuschwächen. Schenkt der Mensch ihnen Gehör, beginnt er nach einer gewissen Zeit, die gefühlsmäßigen Folgen des verbrecherischen Gedankens zu bagatellisieren und sich zuweilen darüber lustig zu machen. Indem er auf diese ihm vom Teufel aufgezwungene Weise an die Sache herangeht, gewöhnt er sich - nun entwaffnet und jeglicher Wachsamkeit beraubt - nach und nach an diesen Gedanken. Wenn dann der Dämon mit dem fertigen Plan für das Verbrechen an ihn herantritt, findet er den Menschen schon so sehr mit dieser Möglichkeit vertraut vor, daß eine Rückzugsreaktion nicht mehr zu befürchten ist. Nachdem er das Seine getan hat, zieht sich der Teufel wieder zurück und überläßt diese Seele der ständigen Obhut einer ganzen Schar von bösen Geistern. Diese, arbeitsam und unauffällig wie Termiten, untergraben dann und höhlen das ganze Moralgebäude des Menschen von innen aus, bis es in Trümmern liegt.
Nur dann, wenn die Gefahr bestehen sollte, daß sich der Mensch noch besinnt und aufgerüttelt wird, wenn er zögert und unruhig wird, wenn sein vergiftetes Gewissen, durch welchen Einfluß auch immer, sich zu regen beginnt, erscheint der Teufel zum dritten Mal. Falls nötig, ruft er noch mehr Teufel mit verschiedenen anderen Fähigkeiten zu Hilfe, sammelt ganze Horden böser Geister um sich und startet einen Generalangriff.
Falls der Teufel eine Niederlage erleidet, weil jemand für diesen Menschen gebetet hat oder durch andere segensreiche Einwirkung, leidet er in dem Maße, in welchem Helle Geister leiden, wenn sie den Untergang eines Menschen, den sie vorher betreut haben, mit ansehen müssen. Mit dem Teufel leiden alle in diesem Komplott verwickelten Geister. Der Teufel verliert durch diesen Mißerfolg genauso an Kraft, wie der Heilige an Ehre im Himmel gewinnt, wenn er jemandem hilft, sich aus dem Morast der Sünde zu erheben.
Wenn der Teufel einen Menschen durch seinen Generalangriff erobert hat, will er ihn in der Sünde festigen und verschafft ihm für einige Zeit Lebensbedingungen, die der Weiterentwicklung des Bösen förderlich sind. Erst dann, wenn der Mensch eine gewisse Grenze überschritten hat und sich in der Regel nicht mehr zurückziehen kann, entfernt sich der Teufel von ihm und liefert ihn der Verzweiflung und Einsamkeit aus. Die guten Geister haben ihn längst schon verlassen und die bösen wissen genau, daß er ihnen nicht mehr entkommt und sie quälen ohne jegliches Mitleid dieses nun wehrlose und ihnen voll und ganz ausgelieferte Opfer. Genauso wird diese Seele die ganze Ewigkeit hindurch von dem Gedanken an ihren freiwilligen Sturz ins Verderben gequält. Hinzu kommt noch das klare Bewußtsein dessen, daß es dabei nur auf ihren Willen ankam und sie einen anderen, zum wahren und ewigen Glück führenden Weg hätten wählen können.
Somit stammt jede Todsünde, vom ersten Aufflackern eines sündigen Gedankens an, direkt von einem Teufel. Die bösen und armseligen Geister verstärken diesen Gedanken im Menschen nur. Durch ihre Einwirkung schwächt der Teufel, sofern ihn der Mensch nicht rechtzeitig von sich stößt, mehr und mehr die geistigen Bestrebungen im Menschen zugunsten der materiellen Belange. Er befiehlt den bösen Geistern, den Konsumdrang in ihm zu entfesseln, ihn in dem Verlangen des Körpers nach gehobenem Komfort zu bestärken, seine Ambitionen zu nähren, ihn unaufhörlich zu bedrängen, die schier grenzenlosen Möglichkeiten des technischen Fortschritts jeder Art auszuschöpfen. Dem Dämon geht es dabei einzig und allein darum, dem Menschen keine Zeit für den Gedanken an seine Seele zu lassen. Der Dämon ist der Motor und die Konzentration des Bösen und als solcher läßt er es nicht zu, daß der Mensch rastet und ruht, denn schließlich erlebt auch er selbst niemals einen Augenblick der Ruhe.
Ein einziges Mal noch kommt der Teufel "persönlich" zu dem Menschen, den er als seinen Besitz ansieht. Es kommt nämlich vor, daß sich sogar der größte Sünder noch im letzten Augenblick seines Lebens besinnt. Bestürzt durch seine eigene Sünde, ist er bereit, alles noch zu widerrufen und zurückzuziehen, ist bereit, zu bereuen und um Verzeihung zu bitten. In diesem Fall unternimmt der Teufel noch einen letzten Versuch, da er nicht gewillt ist zuzulassen, daß sein Opfer diesen großartigen Akt der Reue vollzieht, der seine ganze Arbeit zunichte machen könnte.
In diesem entscheidenden Augenblick will er den Menschen zum Aufgeben bewegen, indem er ihn an der Gnade Gottes zweifeln läßt. Er will ihm, wie einem Ertrunkenen, den schweren Stein der Sünde gegen den Hl. Geist um den Hals hängen, um ihn endgültig zugrunde zu richten.
Und sollte ihm dieses auch nicht gelingen, weil der Mensch die vollkommene Reue in sich erweckte oder die Beichte ablegte, so hat der Teufel - leider - auch so schon sein Ziel, nämlich die verspätete Ankunft des Reiches Gottes auf Erden zu einem großen Teil erreicht. Das ganze Leben dieses Menschen wurde vergeudet, viele gute Fähigkeiten hat er in sich zerstört, das schlechte Beispiel hat noch das Seine dazugetan, und auf seine Seele wartet eine schwere, oft jahrhundertelange läuternde Strafe.
Böse Geister sind die verurteilten Seelen von Menschen, die einst von Gott reichlich mit Gaben ausgestattet worden sind. Aus diesem Grunde sind sie auch so mächtig und stark in ihrer Wirkung, sobald sie in einem Menschen die geringste Neigung zum Bösen wahrgenommen haben. Sie eilen gern mit bequemen Ratschlägen zu Hilfe, wenn jemand lange überlegt und sich nicht entscheiden kann, welchen Weg er zu gehen hat. Auf diese Weise ziehen sie einen großen Nutzen aus menschlicher Unentschlossenheit.
Böse Geister sind in ihrer bösen Art hochrangige Geister und wirken bewußt, gekonnt, zielsicher. Genau wie ein Teufel, beschäftigen sie sich nur sehr selten mit einem Menschen, der schwach und leicht zu besiegen ist. Sie überlassen ihn den armseligen oder sehr armseligen Geistern. Diese haben ein leichtes Spiel mit ihm, reichen ihn dann an immer niedrigere Geister weiter, bis zu einer Stufe, auf der man so oder so zum Diener des Dämons wird.
Ein böser Geist wirkt demnach meistens in der Nähe von Menschen, die stark, begabt und sehr fähig sind, Menschen, die viel Übles auf der Welt tun und ihn damit in der Förderung des Reiches der Dunkelheit unterstützen können, nachdem sie sich einmal seiner Herrschaft unterstellt haben. Wie geschickt agiert der böse Geist, um einen solchen Menschen zu gewinnen! Sein ausgezeichnetes psychologisches Wissen, seine Kenntnis von den Neigungen und erblichen Belastungen des Menschen kommen ihm dabei sehr zugute. Welche erstaunliche Mühe er sich geben kann, dem Menschen ständig zu helfen und ihm alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen!
Damit wäre die Tatsache zu erklären, warum es schlechten Menschen oft so gut geht in der Welt. Sagen, Legenden, Volkserzählungen und Märchen enthalten manchmal viel mehr mit Poesie umkleidete Wahrheit und Weisheit, als es auf den ersten Blick scheint. Es ist in Märchen oft von diesem Menschen die Rede, der dem Teufel seine Seele verkauft und dafür überraschend reich wird. Damit sind die schmutzigen Spekulanten, Ausbeuter und schließlich all jene gemeint, die auf unehrlichem und unsauberem Wege ein Vermögen gemacht haben. Diese Leute irren sich, wenn sie glauben, ihren Erfolg der eigenen Pfiffigkeit, ihrem "glücklichen Händchen" oder der günstigen Konjunktur zu verdanken. Manchen von ihnen ist es aus eigener Schuld und Unachtsamkeit nicht klar bewußt, wem sie dienen. Und in dem Glauben, stets gerade das zu tun, was sie selbst wollen, lassen sie sich vom bösen Geist führen. Andere haben sich bewußt und freiwillig für das Böse entschieden und tun, was der böse Geist ihnen zuflüstert, in der Überzeugung, er werde ihnen dafür weiterhin in allem behilflich sein.
Auf die Hilfe eines bösen Geistes können die Menschen jedoch nur solange zählen, solange sie sich für seine Belange als nützlich erweisen und bis sie erfüllt haben, was die Hölle von ihnen verlangt. Hinabgestoßen in einen Abgrund, aus dem sie sich in der Regel nicht mehr hocharbeiten können, werden sie auf ewig zu den jämmerlichsten Dienern der dunklen Mächte!
Wenn also ein Mensch behauptet, er lasse sich von keinem Glauben einschränken und keine Fesseln anlegen, er sei frei und gehöre nur "sich selbst", ist er schon längst zu einem Sklaven des grausamsten aller Herren geworden!
Der böse Geist, in dessen Gewalt er sich befindet, verwischt in ihm jeglichen Gedanken an ein zukünftiges Leben und bestärkt ihn in der Überzeugung, daß mit dem Tode alles vorbei sei, damit sein Opfer ihm nicht noch im letzten Augenblick entkommt, wenn es sich entsetzt bewußt macht, was es erwartet.
Wenn sich so ein Mensch rechtzeitig daran erinnern würde, daß ihn die höchste Macht erschaffen hat, um ein wichtiges Ziel anzustreben, daß das Leben nur der Vorraum zu einer besseren Welt, eine Prüfung, ein manchmal verworrenes Rätsel ist, nur mit gutem Willen zu lösen, und daß man das Gesetz dieser höchsten Macht nicht frech und gedankenlos verletzen darf, um später nicht zur Verantwortung gezogen zu werden, er würde sich mit großer Verzweiflung wehren und weglaufen!
Leider hängt vor seinen Augen ein Vorhang, den er selbst zugelassen hat und dieser ist so dicht, daß es einer gewaltigen, bewußten Anstrengung bedarf, um ihn zur Seite zu schieben.
Armselige oder sehr armselige Geister sind niedrige verurteilte Seelen von wenig begabten Menschen, die ihr Leben in Faulheit und blasser Durchschnittlichkeit verbrachten und ihre Begabungen verkümmern ließen. Durch ihre Passivität haben sie das Böse zugelassen und nicht nur, daß sie die für sie bestimmte Stufe der Vollkommenheit nicht erreichten, sie haben sich auch nicht im geringsten darum bemüht. Ihr Bewußtsein ist genauso eingeschränkt wie ihr Wirken. In ihrem Wirken liegt so etwas wie Zufälligkeit und deshalb ist ein Mensch, der sich von ihnen beherrschen läßt, innerlich unentschlossen und unklar. Zuweilen versammeln sich ganze Scharen dieser armseligen Betreuer um einen Menschen, und da sie in verschiedenen Richtungen wirken, erwecken sie in seiner Seele Wünsche, Auffassungen und Bestrebungen, die ebenso verschiedenartig wie unvereinbar sind.
Die armseligen Geister sind es auch, die dem Menschen scheinbar vernünftige, nüchterne und sachliche Argumente zuflüstern, wenn sich sein Gewissen einmal deutlich zu Wort meldet. Sie weisen den Weg des geringsten Widerstandes und schieben jegliche Skrupel und Unsicherheiten beiseite.
Auf diese Weise ziehen die armseligen Geister einen Menschen, der seinen Willen nicht auf das Gute ausrichtet, seine Weiterentwicklung ablehnt und somit ständig zurückgeht, sozusagen automatisch in die Tiefe. Für die Psyche ist Bewegung genauso unerläßlich wie für den Körper: Wer sich nicht aufrichtet, muß fallen. In der unsichtbaren Welt sind armselige Geister so etwas wie Wasserpflanzen, denn sie erscheinen zunächst schwächlich, können jemanden aber umschlingen, hoffnungslos lähmen und so zu seinem Untergang beitragen. Sie sind sich ihres verwerflichen Tuns nicht einmal voll bewußt, wie der Teufel oder die bösen Geister, sondern sie tun es aus ihrer armseligen Natur heraus - genauso wie ein Mensch mit einem schwachen und minderwertigen Charakter seine Umgebung in die Passivität drängt und ihr auf diese Weise Schaden zufügt, da er keinen aktiven Einfluß auf sie hat.
Die bösen und armseligen Geister sind auch diejenigen, die bei spiritistischen Sitzungen am ehesten Kontakt zu den Menschen aufnehmen, obwohl es auch manchmal vorkommt, daß sich eine büßende Seele meldet.
All diese Seelen leiden und sind ständig auf der Suche nach Erleichterung. Wenn es ihnen gelingt, Kontakt zu einem Menschen zu knüpfen, spüren sie ihr Leiden nicht, solange dieser Kontakt andauert. Um diese Momente nach Möglichkeit zu verlängern, antworten sie bereitwillig auf alle während einer spiritistischen Sitzung gestellten Fragen. Böse Geister führen die Menschen dann bewußt in die Irre, während die armseligen, deren Bewußtsein eng eingegrenzt ist, irgend etwas dahersagen, nur um das Interesse der Menschen wachzuhalten und so lange wie möglich den Kontakt zu den Lebenden zu spüren, der ihnen Linderung und eine Atempause verschafft.
Es gibt einen anderen Weg, um Kontakt mit dem Jenseits herzustellen: Der aufrichtige, innige, ausschließliche Wunsch nach Erkenntnis, verbunden mit ausdauernden Gebeten, findet immer Anklang. Die Antwort kann in einer inneren Empfindung oder durch ein äußeres Zeichen zum Ausdruck kommen, wenn nur der Wunsch stark, rein und vollkommen ist.
Es irren sich jene, die behaupten, daß die Leiden ihrer Seele nicht ihre eigenen Leiden sein werden. Weil es so bequem ist, versuchen diese Menschen sich selbst einzureden, sie würden nach dem Tode das Gefühl des Einsseins mit ihrer - ob nun leidenden oder frohlockenden - Seele verlieren. Sie sagen, eine ewige Belohnung, die nicht sie selbst, sondern irgendein fremdes Bewußtsein erleben werde, gehe sie nichts an, und ebensowenig hätten sie die Absicht, aus Angst vor einem sozusagen fremden Leiden auf irgend etwas in ihrem Leben zu verzichten.
Der Mensch verliert seine Persönlichkeit niemals. Er wird in alle Ewigkeit wissen, wer er ist, welche Belohnung er erfahren hat oder wofür er leidet. Ein Schmetterling mag vielleicht nicht wissen, daß er einmal eine Raupe, ein Maikäfer nicht, daß er einmal ein Engerling war. Die unsterbliche Seele jedoch weiß und erinnert sich stets deutlich daran, daß sie dasselbe "Ich", dieselbe Persönlichkeit ist, wie einst als Mensch.
Ein Mensch wird niemals gefragt, ob er leben will, und es wird ihn auch nie jemand fragen, ob er gewillt ist, die Konsequenzen seines Seins zu tragen. Tragen muß er sie so oder so. Einmal erschaffen, kann er sich diesem "Kreislauf" nicht entziehen, denn genauso wie der Tod des irdischen Körpers, so ist auch das ewige Leben seiner unsterblichen Seele eine unvermeidliche Folge der Entstehung des Menschen. Es gibt Menschen, die behaupten, wenn sie in ihrem Leben Böses getan haben, müsse dies offensichtlich ihre Bestimmung gewesen sein. Einen größeren Irrtum gibt es nicht! Bestimmung - das ist die Qualität und Quantität der Fähigkeiten, die der Mensch von Gott erhalten hat. Diese Fähigkeiten kann er nach eigener Wahl zum Guten oder zum Bösen einsetzen. Eben darauf beruht der freie Wille!
Die Seele beginnt ihren weiteren Weg nicht an dem Punkt, an dem sie der Tod überrascht, denn Gott ist gnädig und erlaubt ihr, von ihrer höchsten im Leben erreichten Entwicklungsstufe auszugehen. Dies kann jedoch nur dann geschehen, wenn die Summe aller Bemühungen des menschlichen Willens zum Guten hin die Summe seiner bewußten Stürze nicht überschreitet und wenn er nicht im Zustand einer Todsünde stirbt.
Allein die göttliche Gerechtigkeit und Allwissenheit ist in der Lage, solche Berechnungen mit mathematischer Präzision durchführen und genauso macht sie es auch!
Manche Menschen wollen in der Möglichkeit der Reinkarnation die Weisheit und Gerechtigkeit Gottes sehen. Reinkarnation gibt es nicht!
Die Seele kehrt niemals in einem anderen Körper auf die Erde zurück.
Jeder Mensch kann und sollte im Laufe eines Lebens das erfüllen, was Gott von ihm erwartet, d. h. alle seine Fähigkeiten bewußt einsetzen, um die für ihn bestimmte Stufe der ewigen Glückseligkeit zu erreichen. Es ist nicht wichtig, in welcher gesellschaftlichen Stellung er lebt, ob er begabt ist oder nicht, ob er gesund oder behindert ist, in welcher Umgebung oder in welchem Land er lebt und welche Lebensbedingungen er vorfindet. Der Mensch hat die Pflicht, im Rahmen seiner Möglichkeiten Gutes zu tun.
Die Ansprüche Gottes an jeden einzelnen Menschen richten sich nach den Begabungen, mit denen er den Menschen ausgestattet hat. Gott wird niemals mehr von einem Menschen verlangen, als dieser ihm geben kann. Der Mensch muß Gott jedoch alles geben, was er zu geben vermag! Die höchste Verpflichtung Gott gegenüber hat somit ein Mensch, der begabt, gesund und reich ist, im Gegensatz zum Behinderten und Armen, der Gott am wenigsten schuldet. Sogar ein Wahnsinniger empfängt in ausreichendem Maße Licht, sei es auch nur in einem kurzen Aufleuchten seines Bewußtseins. Wenn er es mit seinem guten Willen aufgreift, kann er, unter Umgehung der Fegefeuerstrafe, jene höchste, seit ewigen Zeiten für ihn bestimmte und seiner geistigen Kapazität genau angepaßte Stufe der ewigen Glückseligkeit erreichen.
Im göttlichen Plan war die Verurteilung einer Seele zur ewigen Verdammnis niemals vorgesehen.
Gott weiß zwar im voraus, da er ja allwissend ist, welche Seele zu welchem Zeitpunkt aufgrund ihrer eigenmächtigen Handlungen, das heißt nach ihrer Wahl, erlöst oder verurteilt wird. Dieses göttliche Wissen hat jedoch nicht den geringsten Einfluß auf den freien Willen eines Menschen.
Im ewigen göttlichen Plan ist klar und unumstößlich festgelegt, wie die Seelen beschaffen sind, die auf einer bestimmten Stufe des Himmels sein Lob verkünden sollen; es steht jedoch nicht genau fest, um wessen Seele es sich im einzelnen handelt. Indem er jede neu erschaffene Seele entsprechend mit allen erforderlichen Fähigkeiten und Vorzügen ausstattet, legt er gleichzeitig fest, daß diese Seele diesen und keinen anderen Platz im Himmel einnehmen soll. Im Austausch dafür verlangt er von ihr, diesen und keinen anderen Ton innerhalb seines himmlischen Chores mitzusingen. Von der Wahl des Menschen hängt es jedoch ab, ob es gerade seine Seele sein wird, die diesen für sie vorgesehenen, noch fehlenden und von Gott benötigten Ton annimmt.
Gott gibt jeder Seele Chancen, er kann aber seine göttlichen Pläne und ewigen Ziele nicht davon abhängig machen, wie sich der eigenwillig handelnde Mensch entwickelt. Davon unabhängig jedoch ist für jede Seele seit ewigen Zeiten ein Platz im Himmel vorgesehen.
Wenn die Seele, indem sie sich bewußt für das Böse entscheidet, den für sie vorgesehenen und ihr zugänglichen Gipfel nicht erreichen will, wird sie verdammt und findet sich in der Tiefe der Hölle, deren Dunkelheit und Qual genau dem Licht und Glück entspricht, das sie von sich stieß. Dabei gelangt auch sie bis an ihren höchsten Punkt, nur in der dem Licht entgegengesetzten Richtung, wie ein sich im Wasser spiegelnder Berggipfel; je höher in Wirklichkeit, desto tiefer im Spiegelbild.
Gott in seiner Allmacht erschafft anstelle der verurteilten Seele eine andere, die in gleichem Maße ausgestattet ist und die gleichen Möglichkeiten hat, damit sie irgendwann diesen leeren, seit Ewigkeiten auf eine solche Seele wartenden Platz im Himmel ausfüllt. In der großen Symphonie der Seelen, die die Ehre Gottes in Ewigkeit verkünden sollen, darf nämlich kein einziger Ton fehlen.
Die Seele, die bis zu ihrer höchsten Stufe hinaufgekommen ist, weiß nichts von der Existenz höhergelegener Kreise. Das Begreifen eines Glücks, das umfangreicher ist als das, welches sie erlebt, übersteigt ihr Verständnis.
Dafür sieht sie alle unter ihr gelegenen Kreise. In ihnen kann sie helfend wirken, genauso wie sie mit göttlicher Erlaubnis den im Fegefeuer leidenden Seelen und den Menschen auf der Erde durch ihre Fürsprache bei Gott helfen kann. Wie die körperlichen Augen einst Licht, Formen und Farben wahrnehmen konnten, sehen die Augen der Seele jetzt auf geistige Weise alles, was in der Welt des Geistes geschieht. Sie erkennen Verwandte und Bekannte, was ganz einfach für sie ist, denn die eine Seele ist für die andere Seele das, was der eine Mensch für den anderen Menschen ist. Jede Seele behält ihre Form, Farbe und Eigenschaften. Die Seelen von Menschen, deren Bestrebungen sich auf gleichem Niveau bewegten, halten sich später in dem gleichen Himmelskreis auf. Entscheidend hierbei sind weder Intelligenz noch Blutsverwandtschaft oder Gefühle, die ihre Herzen zu Lebzeiten verbanden, sondern in erster Linie ihre gemeinsamen geistigen Bestrebungen.
Die Intensität der Liebe zu Gott, die Willensanstrengungen, mit denen sie in seine Richtung strebten, die Anzahl und Qualität der ihm zu Lebzeiten geweihten Entsagungen und Opfer - daraus besteht die einzige Brüderschaft, Verwandtschaft und Gemeinsamkeit, durch welche eine so starke Bindung an eine andere Seele möglich ist, daß man sie sogar in der Ewigkeit wiedererkennt.
Wenn die Seelen zweier Menschen, die sich auf Erden geliebt haben, später getrennt werden, weil es ihnen bestimmt ist, ihr ewiges Leben in zwei verschiedenen Kreisen zu verbringen, so wird diese Trennung das Ausmaß ihrer ewigen Glückseligkeit keinesfalls verringern. Das Glück der Seele hängt nämlich ausschließlich von ihrem Verhältnis zu der höchsten Vollkommenheit ab, und nur aus diesem Blickwinkel kann sie alles wahrnehmen. Folglich würde ihr die Nähe einer Seele, in der die Liebe zu Gott nicht in dem gleichen Maße ausgeprägt ist, nur Schmerz, Qualen und Unruhe bereiten. Das ewige Glück jedoch muß vollkommen sein!
Der Blick einer erlösten Seele auf die Erde ist durchdringend wie Röntgenstrahlen. Er gelangt durch die Materie in die Seele eines lebenden Menschen und sieht sie so, wie sie wirklich ist. Die Augen der Seele haben dann uneingeschränkten Einblick in diese andere Seele. Eine solche Betrachtung ist frei von Gefühlsregungen jeder Art. Es ist dann nicht mehr möglich, jemanden falsch zu beurteilen, sich in ihm zu täuschen oder ihn zu über- oder zu unterschätzen. Die unvollkommenen menschlichen Gefühle können die Sicht nicht trüben oder verstellen. Die erlöste Seele weiß alles über die Seele eines Lebenden, sofern Gott ihr diesen Blick gestattet.
Die Seele eines Selbstmörders, der in geistiger Umnachtung handelt und somit für seine Tat nicht voll verantwortlich ist, wird dank der vollkommenen Gerechtigkeit Gottes nicht auf ewig verdammt.
Er muss aber in einer schmerzlich-traurigen Verlassenheit, die darüber hinaus im Hinblick auf sein künftiges Glück völlig nutzlos ist, die gleiche Anzahl von Jahren abwarten, die der Mensch bis zu seinem natürlichen Tode noch zu leben gehabt hätte. Erst dann kann sie an die Bewältigung der ihr gebührenden und gerechten Strafe herangehen.
Ein Selbstmörder kann also weder vor irgendwelchen Leiden davonlaufen noch Zeit gewinnen. Er tauscht lediglich einen geringeren Schmerz, den er kennt, gegen einen neuen, unvorstellbar starken aus. Er streicht einige der Verdienste, die er sich bis zu diesem Zeitpunkt bereits erworben hatte, fügt den überstandenen irdischen Sorgen und zukünftigen Qualen im Fegefeuer (oder gar den ewigen!) freiwillig jene Jahre hinzu, die ihm noch bis zu einem natürlichen Tod gefehlt hätten und die bestimmt mit größeren Leiden ausgefüllt sind, als die, die er zu vermeiden suchte.
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Heilwasser
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