Schriftgestützte Erörterung: Wird es eine "Entrückung" i.S. der Evangelikalen geben?

Die üblicherweise angegebenen Textstellen aus den Paulusbreifen oder auch in der Apokalypse erscheinen mir bzgl. dieses Themas einer zwischenzeitlichen(!) Entrückung klar vor dem Ende der Welt irrelevant zu sein. Bei diesen geht es um das letzte Ende, ganz am Schluss, wenn Schicht im Schacht ist und ALLES finito sein wird.

Die Apologeten einer Entrückung im Sinne evangelikaler Bibelauslegung zitieren auch Mt.24,40 bzw Lk.17,34, jedoch meist isoliert. Man muss aber Lukas 17 von Vers 22 bis Vers 37 lesen. Dort ist u.a. die Frau des Lot erwähnt, die mit den Leuten aus Sodom zusammen das selbe Schicksal erfuhr. SIE wurde von der Erde entfernt, also "mitgenommen" (Einheitsübersetzung) bzw. "hinweggenommen" (Kürzinger), nicht aber Lot und seine beiden Töchter. Diese wurden auf der Erde im normalen Leben zurückgelassen.

Ich habe IMMER in all den Jahren, sooft ich diese Stelle(n) in Mt24 bzw. Lk17 las oder hörte, sie so verstanden, dass die Mitgenommenen die zu bestrafenden Menschen sind, die dann tot sein werden. Und wer hier bleibt, der bleibt am Leben, weil er Gott wohlgefällig gelebt hat.

Wenn man allerdings in die nova vulgata schaut (hatte ich bisher hierzu noch nicht), so steht dort "unus assumitur, et unus relinquitur"(Mt.) bzw. "unus assumetur, et alter relinquetur"(Lk.)

assumere, assumo, assumpsi, assumptum (kons. Konjugation)
assumetur: 3. Pers. Sg. Fut. I Ind. Pass.
nehmen, aufnehmen, annehmen, an sich nehmen, hinzunehmen
zu Hilfe nehmen, sich zum Freund nehmen, herbeiziehen
gewinnen, sich aneignen, erwerben, bekommen, beanspruchen, sich anmaßen, wählen, ergreifen, dazunehmen, zusätzlich annehmen;
Daher auch die Bezeichnung In Assumptione B.M.V. für das Hochfest am 15. Aug. . Jedoch ist die Aufnahme Mariens in den Himmel keine Entrückung im Sinne der Evangelikalen!

Sowie
relinquere, relinquo, reliqui, relictum (kons. Konjugation)
relinquetur: 3. Pers. Sg. Fut. I Ind. Pass.
zurücklassen, hinterlassen, übrig lassen, lassen, überlassen, verlassen, im Stich lassen, hinter sich lassen, aufgeben, zurückbleiben, übrig bleiben (Pass.)

Die übliche deutsche Übersetzung scheint mir also stark einer evangelikalen Entrückung zu widersprechen, die nova vulgata eher zu ihren Gunsten lesbar. Da ich kein Altgriechisch/Koine beherrsche, bitte besser Gebildete vor:
λέγω ὑμῖν, ταύτῃ τῇ νυκτὶ ἔσονται δύο ἐπὶ κλίνης μιᾶς, ὁ εἷς παραλημφθήσεται καὶ ὁ ἕτερος ἀφεθήσεται

Aber warum (wenn doch rechtzeitig eine Entrückung stattfindet) rät Jesus: "Betet darum, dass ihr nicht im Winter oder an einem Sabbat fliehen müsst." (Mt.24,20) Denn wenn wir doch entrückt sein würden, wäre eine Flucht nicht mehr nötig, noch möglich, noch sinnvoll. Oder warum muss die Zeit der Drangsal abgekürzt werden, wenn doch dann nur noch die Frevler übrig sein sollten. Denn extra "um der Auserwählten willen wird jene Zeit verkürzt werden." Also sind die (guten!) Auserwählten noch da und nicht entrückt oder alle tot.

Es heißt in Vers 22 übrigens nicht, dass sonst kein Mensch "überleben" würde, sondern "wenn jene Zeit nicht verkürzt würde, dann würde kein Mensch gerettet." Gerettet kann aber statt des irdischen Lebens (leiblich) die Seele und die Rettung für die Ewigkeit meinen. Die Vulgata sagt "salva", von salvus a um
gesund, heil, unversehrt, wohlbehalten, gerettet, unverletzt, sicher, unverletzt.

Bleibt noch die Frage nach dem Ort einer etwaigen Entrückung. Der Himmel kann es nicht sein, da jeder der dort ist, für ewig dort ist. Ist es ein weiterer Limbus, nach dem Limbus patrum (befindet sich jetzt dort jemand? wer? Hennoch und Elias? Wäre das nicht ungerecht, wenn doch alle anderen bereits daraus erlöst sind?) und dem Limbus puerorum (ist dieser ewig?) noch ein dritter Limbus? Es gibt diesbezüglich keine katholische Lehre, nicht mal eine Diskussion gibt es darüber, wie es sie bei anderen theologischen Fragen gibt, die für uns jetzt nicht endgültig klärbar sind.

In der Exegese wird oft geschaut, welches konkrete Wort im Original verwendet wird und wo (welchem Kontext) es sonst noch verwendet wird. Oder auch gerade nicht verwendet wird, sondern ein anderes Wort, obwohl sich doch auch dieses dort anbieten würde. Und so ist in Hinblick auf die Wortwahl 1.Thess.4,17 dann doch interessant: "deinde nos, qui vivimus, qui relinquimur, simul rapiemur cum illis in nubibus obviam Domino in aera, et sic semper cum Domino erimus."
"dann werden wir, die Lebenden, die noch übrig sind, zugleich mit ihnen auf den Wolken in die Luft entrückt, dem Herrn entgegen. Dann werden wir immer beim Herrn sein."
"ἔπειτα ἡμεῖς οἱ ζῶντες οἱ περιλειπόμενοι ἅμα σὺν αὐτοῖς ἁρπαγησόμεθα ἐν νεφέλαις εἰς ἀπάντησιν τοῦ κυρίου εἰς ἀέρα· καὶ οὕτως πάντοτε σὺν κυρίῳ ἐσόμεθα."

"WIR", die dann noch übrig sein werden, werden mit demselben Wort bezeichnet wie bei Mt und Lk die Zurückgelassenen: "relinquimur". Also sind diejenigen, die nicht zurückgelassen werden, jene die nicht zu uns gehören. Aber laut Vulgata bzgl. "entrücken" heißt es "simul rapiemur cum illis in nubibus"

rapere, rapio, rapui, raptum (kons. Konjugation auf -io)
rapiemur: 1. Pers. Pl. Fut. I Ind. Pass.
raffen, hastig ergreifen, eilig ergreifen, reißen, schnell abräumen
beschleunigen, rasch annehmen, abreißen, ausreißen, zerreißen, fortreißen, rauben, mit sich reißen, mit sich fortreißen, schleppen, plündern, verwüsten, verführen, entführen, retten, vor Gericht schleppen, dahinraffen, forteilen, durcheilen, sich eilends begeben

Gerade eine der wichtigsten Stellen, welche die Apologeten einer Entrückung im Sinne evangelikaler Bibelauslegung anführen, scheint mir also in Wirklichkeit gerade gegen deren Position zu sprechen.

Wer also einen besonderen Schutz im geografischen Sinne aufsuchen will, der sollte seinen Wohnort z.B. nach Altötting, Fatima, Lourdes oder den Monte Sant Angelo o.ä. verlegen. Im geistlichen Sinne jedoch, und überall auf der Welt(!), wird (ist schon) das Unbefleckte Herz Mariens der Zufluchtsort sein, indem man entweder für die Zeit nach der Reinigung auf dieser Erde dem irdischen Leben nach bewahrt werden wird. Oder aber man wird, falls man dem Leib nach der Verfolgung zum Opfer fallen sollte, eines seligen Todes sterben, ohne das der böse Feind eine Chance haben wird. Dann schätze ich, gehören diese zu den in Offb.20,4 Erwähnten. Denn ausdrücklich wird dort nicht von "Entrückung" gesprochen, sondern von enthaupten (decollatorum), also vom Martyrium.
GOKL015
Entrückung heißt, Menschen in Sicherheit zu bringen. An dafür vorgesehene Orte die schon dafür vorbereitet wurden und werden.Jene die mit dem Siegel bezeichnet sind werden eintreten können.Für die Sicherheit werden Engel sorgen. Jedoch darf man dort keinen "Gedeckten Tisch" erwarten! Das Leben dort wird ein Überlebenskampf sein, der vor allem mit dem Glauben und Vertrauen an Jesus Christus …Mehr
Entrückung heißt, Menschen in Sicherheit zu bringen. An dafür vorgesehene Orte die schon dafür vorbereitet wurden und werden.Jene die mit dem Siegel bezeichnet sind werden eintreten können.Für die Sicherheit werden Engel sorgen. Jedoch darf man dort keinen "Gedeckten Tisch" erwarten! Das Leben dort wird ein Überlebenskampf sein, der vor allem mit dem Glauben und Vertrauen an Jesus Christus Sicherheit bietet. Dann nach einer best. Zeit werden die Entrückten und alle in die "Lüfte" erhoben und Gott wird das Angesicht der Erde erneuern und das Neue Jahrtausend unter der Herrschaft Christi, das Reich des Friedens und der Heiligkeit wird beginnen. Dies ist die erste Auferstehung, selig wer an ihr Anteil hat .....!
Klaus Elmar Müller
DANKE für diese Argumente! Ich füge an: Die Ehre der Märtyrer ist ihr Martyrium. 2000 Jahre lang wurden Christen gequält: letztlich zu ihrer ewigen Ehre. Und plötzlich soll es einen Ausflug für Christen ins leidlose Paradies geben? Angeblich sollen die Juden dann Jesu Botschaft auf der Welt weitersagen. ---Kitschige Phantasie der verdorrenden, weil vom Weinstock getrennten Reben (Joh 15, 6).