Vered Lavan
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Bürgermeister schickt Merkel Rechnung für Flüchtlingskosten

Bürgermeister schickt Merkel Rechnung für Flüchtlingskosten

Freibergs Oberbürgermeister Sven Krüger (SPD) hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Rechnung für die Kosten bei der Versorgung und Unterbringung von Asylsuchenden geschickt. Diese hätten sich 2016 auf 736.200 Euro belaufen. „Ich bitte um Ausgleich der Kosten“, schrieb Krüger laut einem Bericht der Freien Presse an Merkel.

Die sächsische 42.000-Einwohner-Stadt sei bei Versorgung und Integration der 1.700 Asylsuchenden in Vorleistung gegangen. „Sie haben mehrfach betont, daß es für die Finanzierung der Flüchtlingskosten weder Steuer- noch Schuldenerhöhungen geben wird und darüber hinaus keine zusätzlichen Belastungen auf die kommunalen Haushalte zukommen“, erinnerte der Oberbürgermeister Merkel an ihr Versprechen.
Mehr als 700.000 Euro seien eine Menge Geld für eine kleine Stadt wie Freiberg, begründete Krüger seinen Brief, den er als symbolische Tat sieht.

Im Herbst 2015 habe Freiberg monatlich mehr als hundert Asylsuchende vom Landkreis zugewiesen bekommen. Dazu sei noch eine Sporthalle mit Großzelt als Erstaufnahmeeinrichtung des Freistaates Sachsen eingerichtet worden. „Uns war klar, man muß versuchen, mit der Situation umzugehen.

Aber es war auch klar, es wird Geld kosten – deswegen haben wir von Anfang an die entstehenden Kosten auf eine separate Haushaltsstelle gebucht, um Transparenz zu erzeugen und mit der Hoffnung, daß wir dieses Geld auch zurück bekommen“, erläutert Krüger auf Facebook.

Interview
Herr Krüger, was war der Anlass für Ihren Brief an die Kanzlerin?
Sven Krüger: Die Kanzlerin hat mehrfach versprochen, dass es für die Finanzierung der Flüchtlingskrise weder Steuer- noch Schulderhöhungen geben werde und darüber hinaus auf die kommunalen Haushalte keine zusätzlichen Belastungen zukämen. Genau daran wollte ich sie erinnern.
Es gibt rund 14.000 Kommunen in Deutschland, von denen viele Flüchtlinge aufgenommen haben. Wie kommt es, dass ausgerechnet Sie für Freiberg in einem Brief an Bundeskanzlerin Merkel Flüchtlingskosten zurückfordern?
Krüger: Freiberg zählt zu jenen Kommunen, die am meisten Flüchtlinge aufgenommen haben. Bei uns leben zurzeit 1700 Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge – das entspricht einem vierprozentigen Anteil an unserer Einwohnerzahl. Im Bundesdurchschnitt ist es nur etwa ein Prozent.
Krüger: Bei diesen Kosten handelt es sich ausschließlich um Ausgaben für die Integration, nicht um Dinge des täglichen Bedarfs wie etwa um Unterbringungskosten, die ja vom Land übernommen werden. Es geht um ganz konkrete Dinge, die Integration aktiv fördern. Dazu zählen zusätzliche Kita-Plätze, ein internationaler Kindergarten, die Stelle einer Integrationsbeauftragten sowie zusätzliche Schulplätze für Deutsch als Zweitsprache .

Und wie kommen Sie auf den genauen Betrag?
Krüger: Wir haben dafür extra einen eigenen Haushaltsposten eingerichtet, um volle Transparenz gewährleisten zu können.
Warum macht sich Ihre Partei – die SPD – nicht dafür stark, den Kommunen die Integrationskosten zu erstatten?
Krüger: Ich bin Oberbürgermeister einer kleinen Stadt und kümmere mich um die direkten Auswirkungen der Politik, nicht um die große Parteipolitik. Und in der Flüchtlingspolitik sind es die Kommunen, die die Hauptlast tragen.
Funktioniert die Integration denn in Freiberg, oder fühlen Sie sich durch die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung überfordert?
Krüger: Dank eines enormen Einsatzes zahlreicher haupt- und ehrenamtlicher Helfer haben wir schon viel bei der Integration erreichen können. Wir verstehen eine gelungene Integration auch als große Chance für alle Beteiligten – auch für unseren Arbeitsmarkt. Dazu brauchen wir aber mehr Unterstützung vom Bund.
Glauben Sie wirklich, dass die Kanzlerin Freiberg die 736.200 Euro geforderter Integrationskosten überweisen wird?
Krüger: Es geht mir nicht nur um Freiberg oder hauptsächlich ums Geld, sondern ganz besonders darum, dass endlich eine ehrliche, öffentliche Debatte über diese hohe Belastung in den Kommunen geführt wird. Ein Diskurs, der das angemessen würdigt und für eine bessere Ausstattung der Kommunen sorgt. Deshalb habe ich den Brief geschrieben.
Hat die Kanzlerin denn schon geantwortet?
Krüger: Nein. Ich habe aber gehört, dass sie das „zu gegebener Zeit“ machen wolle.
(Pravda-TV, 12. April 2017).

Textquelle: www.pravda-tv.com/…/buergermeister-…
Bildquelle: Ebd.
Tina 13
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