Ansprache zur Beerdigung von Herrn Dr. Rudolf Kaschewsky
Liebe Mitbrüder, verehrte Trauerfamilie, liebe Gläubige,
Schmerzerfüllt haben wir heute Morgen Herrn Dr. Rudolf Kaschewsky in St. Augustin zur letzten Ruhe gebettet. Lassen Sie mich an erster Stelle seiner Gemahlin und den Kindern unser aufrichtiges Beileid zum Ausdruck bringen. Es ist besonders schmerzhaft, wenn einer Familie der Vater, das Haupt entrissen wird.
Werfen wir einen Blick auf das Leben des Verstorbenen, auf seine wissenschaftliche Tätigkeit, sein familiäres Leben und insbesondere auf sein Zeugnis als gläubiger Katholik.
Geboren am 16. April 1939 in Köln besuchte er das Gymnasium mit Schwerpunkt Alte Sprachen (einschl. Hebräisch und Arabisch).
Nach dem Abitur 1959 studierte er katholische Theologie, Pädagogik, Semitistik, Indologie, Sprach- und Kulturwissenschaft Zentralasiens sowie Sinologie an den Universitäten Köln und Bonn, wo er 1963 das Diplom in katholischer Theologie ablegte.
Die Promotion 1967 legte er im Hauptfach Sprach- und Kulturwissenschaft Zentralasiens (Tibetisch und Mongolisch) und den Nebenfächern Indologie und Altes Testament ab. Am 22. Juni 1968 wurde er mit dem GEFFRUB-Preis ausgezeichnet.
Er lehrte als Akademischer Rat bzw. Akademischer Oberrat an der Universität Bonn von 1974 bis 2004. In dieser Zeit nahm er auch befristete Lehraufträge für Tibetisch am Sinologischen Seminar der Goethe-Universität Frankfurt wahr.
Bis Wintersemester 2012/2013 hatte er unvergütete Lehraufträge an der Universität Bonn. Er leitete einen Arbeitskreis zur tibetisch/mongolischen Übersetzungsmethodik, als dessen Ergebnis ein gemeinsamer Aufsatz Das Leben des Byams-chen chos-rje und die Entwicklung des Klosters Se-ra erschien.
Mehrere Forschungs- und Studienaufenthalte führten ihn in tibetischsprachige Gebiete Nepals und Indiens.
Die Vielfalt von Veröffentlichungen zeugt von seiner Arbeitskraft, von seinem Einsatz für wissenschaftliche Forschung und Erkenntnis.
In Dankbarkeit hatte er vor wenigen Jahren noch den Artikel „Wichtige Impulse, die ich Paul Hacker verdanke“ veröffentlicht. In seinem Schaffen stand für ihn das Ethos Wahrheit, Genauigkeit und intellektuellen Redlichkeit an erster Stelle.
Mit Paul Hacker, seinem Lehrer, mit Prof. Gnilka, Prof. Hoeres und anderen müssen wir ihn einreihen in die Großen deutscher Geistesgeschichte, deren Denken nicht Technik und naturwissenschaftlicher Fortschritt, nicht Nützlichkeitsstreben und schon gar nicht der Applaus der Masse prägte, sondern das absolute Sein und seine Erkenntnis sowie der Menschengeist als dessen Abbild.
Die Wissenschaft, das Geistesleben in Deutschland verliert mit seinem Tod einen überragenden Mann, Zeuge einer verlöschenden großen Vergangenheit.
Gehen wir jetzt mit wenigen Worten auf sein persönliches Leben ein, wobei uns allerdings wegen seiner großen Diskretion nur Spärliches bekannt ist. Seine erste Gemahlin verlor er bald durch Krebs; so heiratete er 1992 ein zweites Mal.
Er war seiner Familie ein treusorgender Ehemann und Familienvater, überall hilfsbereit, der das eigene Ich in den Hintergrund zu rücken verstand – im Gegensatz zur heutigen Mentalität der Selbstverwirklichung. Er wusste eben das Gemeinwohl über alle persönlichen Interessen zu stellen. So war er von den Seinen geliebt, von Kollegen und Studenten gleichermaßen geschätzt.
Wir sagen nicht zu viel, wenn wir Herrn Dr. Kascheswky als einen feinen diskreten Herrn, als einen Gentleman bezeichnen.
Was uns in diesem Leben und Sterben besonders nahegeht, das war und ist sein Zeugnis als gläubiger Katholik. Mit einer Prise rheinischen Humors hing er inmitten des konziliaren und nachkonziliaren Niedergangs dem Glauben seiner Taufe an:
• Dem Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit;
• der erlösenden Menschwerdung in Christus Jesus, geboren von der Jungfrau-Mutter, wahrer Gott und wahrer Mensch, gekreuzigt und auferstanden;
• der Kirche als Seiner sichtbaren Fortsetzung in Raum und Zeit mit ihrem Opfer und Priestertum, ihrer Lehre und ihren sieben Sakramenten.
Sehr bald hat er sich in den Kampf um die Rettung des Glaubens dieser Kirche, insbesondere in das Ringen um die Bewahrung der überlieferten Liturgie eingebracht. Von 1983 – 2009 redigierte er vorbildlich die UNA-Voce-Korrespondenz und brachte sie heraus.
Mit großer Dankbarkeit denken wir an seine kritischen Aufsätze zur neuen Liturgie, an seine großartige Unterstützung der Bischofskonsekration durch Erzbischof Lefebvre 1988; er war dabei der einzige namhafte Laie in Deutschland. Der Erzbischof erwähnt ihn lobend bei der Predigt anlässlich dieses epochalen Ereignisses.
Unvergessen ist sein humorvoller, überaus tiefgründiger Artikel „Der Kanarienvogelzüchterverein von Oberminzbach“ aus dem Jahre 1989, in dem er die Umdeutung der Kirche und den grassierenden Relativismus schonungslos geißelte.
Daneben stelle er jährlich den liturgischen Kalender für das betreffende Kirchenjahr zusammen; er tat dies noch mit letzten Kräften für das Jahr 2021; denn aufgrund von Lungenentzündungen, Herzproblemen und einer Gehirnblutung zerfiel der Leib immer mehr – doch der Geist blieb bis zuletzt hellwach.
Daneben waren ihm die Heilige Schrift, die Psalmen und die Kirchenväter Nahrung für seine christliche Seele. Am Herz-Jesu-Freitag, den 4. Dezember, hat ihn Gott in die Ewigkeit abberufen.
Herr Dr. Kaschewsky hat sich um die Kirche und ihre göttliche Liturgie verdient gemacht. In Dankbarkeit wollen wir den dreifaltigen Gott durch die Verdienste der Vermittlerin aller Gnaden bitten, seine Seele recht bald in Sein volles Licht und Seine Seligkeit eingehen zu lassen.
Dieser Todesfall soll uns allen aber auch wieder Mahnung sein: Gedenke, o Mensch, dass du Staub bist und zum Staube zurückkehrst. Wir werden alle eines Tages sterben, früher oder später, ohne zu wissen, wann, wo und unter welchen Umständen dies sein wird. „Der Mensch stirbt nur einmal, und danach kommt das Gericht“ sagt der hl. Paulus im Hebräerbrief (Kap. 9,27-28). Wird dies zu Hause im Kreis der Lieben sein oder im Krankenhaus oder auf der Straße bei einem Unfall? Wir wissen es nicht.
Es ist in der Vorsehung Gotte verborgen.
Noch wichtiger sind die geistlichen Umstände: Werden wir im Gnadenzustand, in der Freundschaft Gottes die Erde verlassen? Wird ein Priester uns die Sterbesakramente spenden können? Was nehmen wir mit in die Ewigkeit außer unserem Taufmerkmal und Firmcharakter, außer unseren Gebeten und guten Werken?
Die Totenliturgie ist einerseits so tröstlich: Da ist die Rede vom immerwährenden Licht Gottes, von den hl. Engeln, die die Seele ins Paradies, in die hl. Stadt Jerusalem geleiten, damit sie mit dem armen Lazarus ewige Ruhe habe. Christus selbst ist die Auferstehung und das Leben.
Andererseits ist diese Liturgie auch mahnend und warnend: Sie spricht vom ewigen Tode, vom Rachen des Löwen, von der linken Seite beim Gericht.
Dafür, und nur dafür sind wir auf Erden, um diese alles entscheidende Frage richtig zu beantworten und am Ende in die Herrlichkeit Gottes einzugehen, von der der Völkerapostel sagt: „Kein Auge hat je gesehen, kein Ohr hat je gehört, in keines Menschen Herz ist es gedrungen, was Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben.“ (1. Kor 2,9)
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.