Guntherus de Thuringia
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[106] Das Leben Jesu nach den vier Evangelisten

8. Die Selbstoffenbarung Jesu am letzten Tage des Laubhüttenfestes

(Joh. 7, 37-53)

An dem letzten, dem großen Tage des Festes aber trat Jesus auf und rief: „Wenn einer dürstet, so komme er zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, Ströme lebendigen Wassers werden, wie die Schrift sagt, aus seinem Innern fließen.“ Das sagte er aber von dem Geiste, den diejenigen empfangen sollten, die an ihn glauben würden. Denn noch war der Geist nicht gegeben, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war.

Einige aus dem Volke sagten, als sie diese seine Worte hörten: „Dieser ist wahrhaftig der Prophet.“ Andere sagten: „Dieser ist Christus.“ Wieder andere sagten. „Soll denn Christus aus Galiläa kommen? Sagt nicht die Schrift: Christus kommt aus dem Geschlechte Davids und aus dem Flecken Bethlehem, wo David war?“ Es entstand also unter dem Volke Spaltung um seinetwillen. Einige aber von ihnen wollten ihn ergreifen, allein niemand legte Hand an ihn.

[ Jacob Jordaens: Christ instructing Nicodemus ]

Es kamen nun die Diener zu den Hohenpriestern und Pharisäern. Und diese sprachen zu ihnen: „Warum habt ihr ihn nicht hergebracht?“ Die Diener antworteten: „Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch.“ Da antworteten ihnen die Pharisäer: „Seid auch ihr etwa verführt? Hat denn wohl einer von den Vorstehern an ihn geglaubt oder von den Pharisäern? Aber dieser gemeine Haufe da, der das Gesetz nicht kennt, verflucht sind sie!“

Da sprach Nikodemus zu ihnen, derselbe, der des Nachts zu ihm gekommen, der einer aus ihnen war: „Richtet denn unser Gesetz den Menschen, bevor es ihn verhört und erkannt hat, was er tut?“ Sie erwiderten ihm: „Bist etwa auch du ein Galiläer? Durchforsche die Schrift und sieh, dass aus Galiläa nimmer ein Prophet ersteht!“ Darauf gingen sie weg, ein jeder in sein Haus.

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