Jesajafuture
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Mgr. Lefebvre: Über die Verhandlungen mit Rom

Freitag, den 19. April 2013 um 14:14 Uhr

Am 18. November 1978 empfing Papst Johannes-Paul II. Erzbischof Lefebvre in Audienz. In der Folge beauftragte der Papst Kardinal Šeper und die Glaubenskongregation, "die Dinge mit Mgr. Lefebvre in Ordnung zu bringen". Im Verlauf des Spätherbstes und Winters kam es zu mehreren Gesprächen zwischen einer Kardinalskommission und Erzbischof Lefebvre. Als im Schoß der FSSPX gegen diese Verhandlungen Kritik aufkeimte, nahm unser Gründer dazu in einem Vortrag an die Seminaristen von Ecône am 15.1.1979 folgendermaßen Stellung:
Ich möchte die Beziehungen mit Rom und die Schritte, die ich unternommen habe, näher erklären, denn ich fürchte, dass nicht alle von Ihnen gut verstehen oder überhaupt nicht verstehen.
Ich bedauere dies, aber ich sage Ihnen offen: ich glaube, dies ist eine Tendenz zum Schisma. Jene, die glauben, es sei möglich, einfach keine Kontakte mehr zu haben mit Rom, mit den Bischöfen, haben eine schismatische Tendenz. Ich aber möchte nicht ins Schisma gehen; ich möchte in der Kirche bleiben. Und wenn es in der Kirche Schwierigkeiten, Gefahren, Prüfungen gibt, so ist das kein Grund zu sagen: "Also ich gehe davon, sie können machen was sie wollen, ich gehöre nicht mehr zu dieser Bande!" Das ist eine schismatische Haltung! Zu welcher Kirche werden sie gehen? Wohin, zu wem, zu was? Es gibt dann nichts mehr, keine Autorität mehr!
Weil es in der Kirche Kranke gibt, weil die Autorität krank ist, darf man deswegen nicht sagen, dass diese Autorität nicht mehr existiert. Wenn es Kranke gibt, dann muss man doch versuchen, ihnen zu zeigen, wo die Heilmittel sind, man muss ihnen versuchen, Gutes zu tun.
Das war die Haltung jener, die in der Kirche im Verlauf der Geschichte Rom Widerstand geleistet haben, die dem Papst oder den Bischöfen widerstanden, die sich den Häresien entgegensetzten, die im Umlauf waren.
Bei der unerbittlichen Haltung Rom gegenüber macht man es sich zu einfach. Denn dann gibt es keinen Kampf mehr, keinen missionarischen Geist, keinen priesterli-chen Geist mehr. Man verlässt das Kampffeld und über-lässt den Kampf den anderen alleine. Das ist Feigheit, schlicht und einfach! Das bedeutet, den Kampf aufgeben, den Wunsch aufgeben, den anderen Gutes zu tun.
Wenn die Oberen Kranke sind, dann muss man ihnen in aller Ehrfurcht und Festigkeit die Irrtümer vorhalten, deren sie sich schuldig gemacht haben. So sagt es auch der hl. Thomas.
"Ah nein, für mich gibt es keine Oberen mehr, ich erkenne keine Oberen mehr an, mit denen will ich nichts zu tun haben etc."
Ja, warum sind Sie dann überhaupt hier, als Seminaristen hier im Seminar, wenn Sie eine solche Haltung haben? Dann ist es besser, das Seminar zu verlassen. Dann hat es keinen Wert zu bleiben. Wenn Sie es vorziehen, keine Oberen zu haben, ohne Obere in der Kirche zu leben, dann ist es schwerwiegend, sehr schwerwiegend. Denn Sie stellen mich vor ein Gewissensproblem, wenn es darum geht, solche Seminaristen zu weihen.
Man muss absolut gegen einen solchen Geist kämpfen. Das ist ein schlechter Geist, das ist kein christlicher, kein priesterlicher Geist. Da heißt es vorsichtig sein. Ich habe es schon gesagt, ich wiederhole es und werde es auch künftig sagen. Aber es gibt welche, die in ihrem Geist starr sind und nicht hören wollen, nichts annehmen wollen. Darum ist es für mich eine Gewissensproblem, sol-che Seminaristen zu weihen.
Was mich betrifft, ich weihe Priester, Missionare, solche, die die Welt bekehren wollen. Ich will solche weihen, die bereit sind, überall hinzugehen, mit allen möglichen Menschen Kontakt aufzunehmen, mit Kommunisten, Protestanten etc., um mit ihnen zu diskutieren, sie zu bekehren, sie zu U. H. Jesus Christus zu führen.
Selbstverständlich kann es vorkommen, dass wir unsere Türen verschließen müssen, dass man den Protestanten die Kommunion verweigert, dass man die heiligen Dinge Menschen, die den Glauben nicht haben, nicht mitteilt. Das ist eine ganz andere Sache. Aber darum handelt es sich hier nicht. Sondern es geht darum, die Menschen zu bekehren, sie zu Christus zu führen. Und das ist genau das Gegenteil des Ökumenismus, des falschen Ökumenismus. Wir sind Missionare, keine Ökumeniker. Wir wollen nicht alle verschiedenen Auffassungen vermischen und Kompromisse machen zwischen Katholiken und Protestanten. Das wollen wir nicht. Wir wollen den Glauben bekennen, wir wollen darauf hinarbeiten, dass die Seelen sich vorbereiten, die Gnade zu empfangen, ihren Irrtümern abzuschwören.
Das ist der Grund, warum ich nach Rom gehe, so wie die hl. Jeanne d'Arc auf jene zugegangen ist, die sie verur-teilt hatten. Ich bilde mir nicht ein, die Kraft und Tugend der hl. Jeanne d'Arc zu haben, aber ich glaube trotzdem, dass der liebe Gott mir helfen wird, vor diesen Leuten zu sprechen, vor jenen, die mich ausfragen und verhören, und ihnen die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie sie nicht hören wollen.
Manche sagen: "Monseigneur dürfte nicht nach Rom gehen. Denn diese Leute in Rom sind nichts, also hat man mit ihnen nichts zu tun." Aber was soll das: "Diese Leute sind nichts!" Es ist unfassbar, es ist ein zerstöreri-scher Geist, weil er den missionarischen Geist tötet!
Nein, das ist nicht der Geist der FSSPX, und ich will nicht, das dies der Geist der FSSPX werde.
Ich habe zu jenen, die mich fragten, ob ich es gut fände, wenn sie ihren Bischof besuchten, immer gesagt: "Ja, wenn Sie die Absicht haben, ihren Bischof zu bekehren, und nicht die Absicht, sich nicht von ihm zu seinen Ideen bekehren lassen, wenn er liberal ist. Ja klar, statten Sie ihm einen Besuch ab, wenn Sie die Gelegenheit haben. Ich sage nicht, dass Sie die Gelegenheit suchen müssen, dass sie immer beim Bischof seien. Aber wenn sich eine Gelegenheit ergibt und der Bischof sagt: "Ja ich bin gerne bereit, Sie zu empfangen und mit Ihnen zu sprechen", dann gehen Sie.
Er wird Ihnen vorhalten: "Ah, Sie dürften nicht nach Ecône gehen, Ecône ist schismatisch, Ecône ist dieses und jenes." - Nun dann diskutieren Sie mit dem Bischof, erklären Sie ihm was Ecône ist, was Ihr Glaube ist, was die Verteidigung des Glaubens bedeutet.
Sagen Sie: In Ecône macht man, was man immer gemacht hat. Wenn also Ecône schismatisch ist, ja dann ist die 2000jährige Kirche auch schismatisch, und alles, was Sie früher gemacht hat, ist schlecht, und was er, der Bischof, gemacht hat, als er jung war, ist auch schlecht...
Man diskutiert mit ihm. Die Tatsache, dass er Sie gesehen hat, dass Sie eine respektvolle und ehrfürchtige Hal-tung eingenommen haben, jedoch fest blieben in Ihren Grundsätzen, in Ihrem Glauben, wird ihm zu denken geben. Auch wenn Sie beim Fortgehen den Eindruck haben, dass er nichts verstanden hat und gegen Sie ist und Sie vollständig verurteilt, Sie können sich täuschen. Er wird sich vielleicht nachher, wenn er die Sache über-denkt, sagen: "Also dieser Seminarist, nach allem muss ich anerkennen, dass er gut ausgebildet ist, und dann ist er respektvoll und fest in seinen Prinzipien." Er wird es Ihnen nicht direkt ins Gesicht sagen, aber er wird viel-leicht in seinem Inneren so denken. Und dann haben Sie ihm Gutes tun können.
Sagen Sie also nicht: "Aber was soll man denn bei diesem Bischof machen? Er ist ein Häretiker, ein Schismatiker etc."
Man muss doch immerhin mit diesen Leuten auskommen, mit denen Gott uns leben lässt. Wir leben in dieser unseren Welt, nicht in einer imaginären, sondern in einer reellen Welt.
Man muss also Acht geben. Übrigens erfinde ich da nichts, Sie können dies bei allen geistlichen Autoren finden. Sie alle sprechen von diesem Geist, diesem Geist, dem es an Liebe fehlt, der kein Geist der Liebe ist, der die Lieb dorthin legt, wo sie nicht ist.
Ich gebe Ihnen ein kleines, vielleicht bedeutungsloses Beispiel. Nehmen Sie einen Seminaristen, der seine eigene Art von Frömmigkeit hat und sagt:
"Also ich finde, dass 10 Minuten Danksagung nicht ausreichend ist. Für mich genügt das nicht, man müsste mehr Zeit haben, 25 Minuten. Und anstatt die Kapelle um 8 Uhr zu verlassen, werde ich künftig um 8.15 Uhr gehen, denn das ist für mich angemessener. Und nicht nur für mich, auch für die anderen wäre dies das Richtige. Wenn sie es nicht tun, fehlt es ihnen eben an Frömmigkeit."
Und dann sehen Sie ihn um 8.15 zum Frühstück kommen, natürlich als Letzter. Die Tischdiener sind bereits da und warten, bis er fertig ist; sie warten bis dieser Herr sich würdige, sein Frühstück zu beenden, damit sie endlich arbeiten können.
"Ich brauche 25 Min für die Danksagung. Es ist mir egal, was die Tischdiener denken, die können den Tisch ja später aufräumen..."
Sie sehen, dieser Seminarist lässt es an Liebe fehlen. Er hat vom Reglement nichts verstanden. Es gibt nur das eigene Ich, die eigene Weise zu denken und zu handeln. Alle anderen haben das Nachsehen.
Das sind hier nur kleine Details. Aber das Leben besteht daraus. Es geht nicht um meine Frömmigkeit, sondern um das Reglement, die Unterordnung unter das Reglement, unter das, was Gott von uns will.
Aber unbedingt sein eigenes Reglement haben wollen, seine eigenen Ideen durchsetzen wollen, behindert die Mitmenschen und verstößt gegen die Liebe. Man glaubt vollkommener zu sein als die anderen, und dabei ist es nur der kleine persönliche Stolz! Das ist eine falsche Frömmigkeit, wie Sie dies bei Dom Marmion und anderen Autoren nachlesen können. [...]
Über die Möglichkeit einer Verurteilung oder Anerkennung durch den Papst
Da man uns in Rom gefragt hatte, was wir wünschten und wie wir die weitere Entwicklung der Bruderschaft sähen, haben wir unsere Vorschläge eingereicht. Er (Papst Johannes-Paul II.) wird sie annehmen oder nicht. Was mich betrifft, ich kann keine Kompromisse machen.
Mgr. berichtet sodann, dass er mit aller Entschiedenheit vor der Kardinalskommission seine Ablehnung der Neuen Messe ausdrückte, was Kardinal Seper zur Äußerung veranlasste: "Ah! Dann wird aber eine Lösung sehr schwierig sein!"
Die Messe ist nach wie vor der Stein des Anstoßes. An ihnen ist es zu wählen. Ich stelle die Bedingungen, ich kann es nicht ändern. Man wird sehen, wie der Papst entscheiden wird. Falls der Papst sagen wird: "In einem solchen Fall ist kein Abkommen möglich", dann wird uns vielleicht eine härtere Verurteilung treffen. [...] Vielleicht werde ich exkommuniziert... Aber ich habe vor dieser Exkommunikation keine Angst, weil ich weiß, dass sie wirkungslos sein wird, wie auch alle anderen Strafen wirkungslos waren.
Ich versuche mir aber auch das Gegenteil vorzustellen: Der Papst akzeptiert und lässt uns die Freiheit. Ich versichere Ihnen, das wäre für die Kirche eine außerordentliche Sache. Denn die Tradition würde dann in der Kirche wieder die Oberhand gewinnen. Wir haben nicht das Recht, eine Chance wie diese zu verfehlen! [...] Stellen Sie sich vor, dass wir morgen unsere Messe in den Kirchen frei zelebrieren können, mit den Gläubigen, die kommen möchten! Das würde unmittelbar und gewaltig die ganze Situation der Gläubigen und der Kirche ändern. Man darf dies also nicht als unbedeutsam einstufen, wenn wir an all die Seelen denken, die sich so leichter retten könnten...